Atmung – bewusst entspannen und aktivieren | Schweizer Alpen-Club SAC
Unterstütze den SAC Jetzt spenden

Atmung – bewusst entspannen und aktivieren Wie du deine Psyche bergfit machst

Mentale Stärke ist am Berg gefragt. Mentale Stärke braucht es aber auch im Alltag. Mentaltraining nützt allen, egal, ob motivierter Wandervogel oder ambitionierte Bergsteigerin. In einer 4-teiligen Artikelserie zeigt Maya Lalive, Co-Autorin des Buches «Mental stark am Berg», wie du deine Psyche gezielt beeinflussen kannst: Über die Atmung (zur Entspannung und Aktivierung), über die Vorstellung (zum Vorstellen von Situationen, Zielen und Bewegungen), über Selbstgespräche (zur Beeinflussung unserer Gedanken und inneren Gespräche und damit auch deiner Gefühle) und über die Aufmerksamkeit (Steuerung der Konzentration).

Kennst du dies? Vor Anspannung stockt dir der Atem oder du hechelst im Stress wie ein durstiger Welpe. Dein Blick irrt umher. Was als Nächstes tun? Jeder und jede – egal welcher Kompetenzstufe – kommt einmal an seine oder ihre Belastungsgrenze und bei fast allen äussert sich dies unmittelbar in der Art und Weise wie sie atmen.

Zwischen Atmung und emotionaler Befindlichkeit besteht ein direkter Zusammenhang. Wenn wir Angst empfinden oder gestresst sind, wird die Atmung oft flacher (Brustatmung) und schneller. Umgekehrt atmen wir langsamer und tiefer (Bauchatmung), wenn wir uns sicher fühlen und entspannt sind. Mangelnde Atmung führt zu weniger Sauerstoff für Hirn und Muskeln, was Denkblockaden und Krämpfe auslösen kann. Du weisst nicht mehr, worauf du dich konzentrieren sollst, deine Bewegungen sind fahrig und unkoordiniert, du fühlst dich unsicherer.

Die Fertigkeit, die eigene Atmung bewusst zu beeinflussen, ist deshalb eine wichtige Voraussetzung, um Ruhe, Konzentration und die Kontrolle über den eigenen Bewegungsablauf sicherzustellen, oder um dich zu aktivieren, wenn du lustlos und müde oder unkonzentriert bist

Wenn du dir dessen bewusst bist, kannst du – auch unter widrigen Umständen mittels Entspannens oder Aktivierens – rasch und unkompliziert wieder deine Handlungsfähigkeit zurückgewinnen.

Beachte, dass «richtig» und «bewusst» atmen gelernt sein will. Wenn du Yoga oder autogenes Training machst, sind dir die grundlegenden Atemtechniken geläufig. Ansonsten findest du Anleitungen dazu im Buch «Mental stark am Berg»

Wir zeigen wir dir jetzt zwei einfache «Atem-Werkzeuge» für unterwegs, die «Pusch!-Aktivierung» und die «Pffhhh-Entspannung», die beide auch gut mit Kindern eingeübt werden können. Du kannst sie am Berg oder im Alltag nutzen, immer dann, wenn es schnell gehen muss oder bei eingegrenztem Bewegungsspielraum: Vor dem Steilhang, am Stand oder vor einer Prüfung.

Sofort-Aktivierung «PUSCH!»

Aktiviert, steigert die Konzentration und Handlungsbereitschaft.

  • Atme bewusst schnell und tief ein, halte kurz den Atem an, stosse dann den Atem kurz aus und sprich dazu bewusst laut oder in Gedanken «PUSCH!». Der Fokus liegt auf dem schnellen und tiefen Einatmen und dem stossweisen Ausatmen (Stelle dir dabei beispielsweise einen Blasbalg vor).
  • Mache dies ein bis maximal zehn Atemzüge lang.
  • Du kannst die Übung durch aktivierende Bewegungen verstärken, beispielsweise durch Wippen (mit Skiern), Trippeln, Stampfen, Schütteln der Arme beim Klettern, Schulter- oder Augenrollen.
  • Drei- bis fünfmal wiederholen, je nach Situation.
  • Fokussiere dich nun auf die anstehende Handlung.

Sofort-Entspannung «PFFhhh»

Beruhigt bei akutem Stress, Nervosität, Unsicherheit, fördert die Aufnahmefähigkeit.

  • Atme langsam durch die Nase oder den Mund ein und tief in den Bauch hinein und spüre, wie dieser grösser wird. Versuche, den Körper ruhig zu halten.
  • Schliesse allenfalls kurz die Augen und sprich dazu in Gedanken «einundzwanzig». Halte dabei kurz den Atem an (sprich in Gedanken «zweiundzwanzig»).
  • Atme langsam und bewusst durch die Nase oder den Mund mit einem hörbaren «Pfffhhh» wieder aus (wie ein Ballon, der in sich zusammensackt) bis du keine Luft mehr im Bauch spürst und dieser ganz flach wird. Sprich dazu in Gedanken «zweiundzwanzig».
  • Der Fokus liegt auf dem tiefen und langsamen Ein- und Ausatmen. Achte immer darauf, dass du dich zwar entspannst, aber nicht deine Körperspannung verlierst! Dein Grundmuskeltonus muss erhalten bleiben, damit du sofort weitersteigen oder -fahren kannst.
  • Drei- bis fünfmal wiederholen, je nach Situation.
  • Fokussiere dich nun auf die anstehende Handlung.

Trainiere die «PUSCH» und «Pfffhhh»-Atmung zu Hause ein, auch im Wechsel, bis du sie jederzeit und überall abrufen kannst. Übe anfangs mehrmals täglich und in verschiedenen Positionen (stehend, sitzend, liegend, kauernd) und Situationen (Zug, Schule, Sport etc.). Die Geräusche «PUSCH» und «Pfffhhh» dienen dir als Erinnerungsanker, quasi als «short cut».

Übung macht den Meister

Mentale Fertigkeiten erwirbst du nicht über Nacht. Auch wenn es sich einfach liest. Wissen heisst nicht Können. Nur regelmässiges und diszipliniertes Technik- und Feldtraining macht dich stark.

Mach deine Psyche bergfit - mit dem Buch «Mental stark am Berg»

Autor / Autorin

Maya Lalive

Maya Lalive, lic. Phil. I, ist als Coach für Privatpersonen und Führungskräfte sowie als Motivationsrednerin tätig. Sie ist Wander- und J+S Leiterin. In ihrer Freizeit ist die ehemalige Publizistin, Unternehmerin und Politikerin im Gebirge beim Klettern anzutreffen, wo sie sich auch für ihre Kunsttätigkeit inspirieren lässt.

SAC-Kurs «Mentales Training»

Deine mentalen Fähigkeiten kannst du auch im SAC-Grundausbildungskurs «Mentales Training (wie) funktioniert das?» trainieren.
Feedback