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«Die Abstimmung ermöglicht uns einen gemeinsamen Start» Das Klimaschutzgesetz

Am 18. Juni stimmt die Schweiz über das Klimaschutzgesetz ab. Das ist der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative, die auch vom Schweizer Alpen-Club unterstützt wird. Was im Gesetz steckt, erklärt Christian Zeyer, Co-Geschäftsleiter von swisscleantech, im Interview.

Die Gletscherinitiative ist vielen ein Begriff. Aber was genau steckt hinter dem indirekten Gegenvorschlag, der am 18. Juni zur Abstimmung kommt?

Christian Zeyer: Das Hauptelement des Klimaschutzgesetzes ist das Ziel, 2050 klimaneutral zu sein. Wir haben das Pariser Klimaabkommen verabschiedet, aber in der Schweiz braucht es für eine verlässliche Klimapolitik einen klaren Rahmen, einen, der mindestens vom Parlament oder sogar vom Volk verabschiedet worden ist. Wenn man in der Schweiz etwas beschliesst, setzt man es auch um.

Was wäre an der Gletscherinitiative besser gewesen als am Gesetz, über das wir jetzt abstimmen?

Der Unterschied zwischen der Gletscherinitiative und dem Gesetz ist klein. Er besteht einzig darin, dass es im Gesetz kein Verbot von fossilen Energien gibt. Das ist nicht matchentscheidend. Entweder schaffen wir es, aus den Fossilen rauszukommen, oder wir haben versagt in der Klimapolitik.

Ist das Gesetz der effizienteste Weg?

Es ist wie beim Wandern: Wenn Sie beim Wegweiser stehen und es zwei Wege auf den Gipfel gibt und Sie stehen bleiben, weil Sie nicht wissen, welchen Sie nehmen sollen, kommen Sie nicht auf den Gipfel. Es wird ein steiler Weg, den wir da vor uns haben, aber jeder Weg ist ähnlich schwierig, und die Aussichten sind eigentlich gut, auch für die Wirtschaft. Die Abstimmung ermöglicht uns einen gemeinsamen Start, um loszumarschieren.

Neben den verbindlichen Klimazwischenzielen gibt es Fahrpläne zu netto null Emissionen für Unternehmen und Branchen und Massnahmen zur Förderung neuartiger Technologien und Prozesse. Aber Bürger und Konsumenten werden nicht in die Pflicht genommen. Warum nicht?

Ein wichtiger Teil betrifft die Hauseigentümer mit dem Ersatz der Ölheizungen. Und: Konsumenten haben extrem viele Möglichkeiten, die Wirtschaft auf dem Weg zu unterstützen. Kaufentscheide, zum Beispiel weniger Fleisch- und Milchprodukte zu kaufen, haben einen direkten Effekt.

Vor zwei Jahren wurde das revidierte CO2-Gesetz an der Urne abgelehnt, unter anderem wegen der Abgabe auf Flugtickets. Bedauern Sie es, dass es nicht möglich ist, über Lenkungsabgaben zu steuern?

Wir werden über solche Massnahmen in Zukunft wieder nachdenken müssen. Es braucht eine Kombination von Lenkung und Förderung. Ökonomisch gesehen wären Lenkungsabgaben richtig und mit Rückverteilungen auch sozial gerecht, weil sie zwischen Ärmeren und Reicheren sogar etwas ausgleichen. Nach wie vor gibt es aber einen signifikanten Anteil von Leuten, die sagen, das Ganze gehe sie nichts an.

Wahrscheinlich gibt es sie auch im SAC.

Ich war schon mit meinem Vater in den Bergen, in den 1970er-Jahren habe ich zum ersten Mal Gletscher gesehen. Und ich sehe, wie sie zurückgehen. Das tut extrem weh. Ich kann nicht verstehen, wie Menschen, die in den Bergen unterwegs sind, sagen können, der Klimawandel gehe sie nichts an. Seit mehr als 30 Jahren bin ich an den Klimakonferenzen. Ich höre immer das Gleiche, nur werden die Prognosen immer detaillierter.

Was ist, wenn das Gesetz an der Urne nicht angenommen wird?

Das Problem wird nicht verschwinden. Und die Schweiz wird beim Klimaschutz hinten abfallen. Zudem würden ärmere Länder wohl sagen: Warum sollen wir uns anstrengen, wenn sogar die reiche Schweiz nichts tut?

Autor / Autorin

Anita Bachmann

Zur Person

Christian Zeyer ist Co-Geschäftsführer von swisscleantech. Der Wirtschaftsverband zählt 600 Mitglieder aus rund 30 Branchen. Die Mitglieder setzen sich fürs Klima ein und haben eine Charta unterzeichnet. Christian Zeyer ist Chemieingenieur ETH. Der 61-Jährige ist verheiratet, Vater von zwei erwachsenen Kindern und wohnt in Ostermundigen. In seiner Freizeit ist er oft in den Bergen unterwegs, allerdings ohne Gipfelehrgeiz.

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