Alfons Imseng, Holzschnitzer
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Alfons Imseng, Holzschnitzer Menschen in den Bergen

Auf dem Höhenweg von Gspon nach Saas Grund, dem so genannten « Gsponer », trifft man als Wanderer auf ein Original, das bei allen einen unauslöschlichen Eindruck hinterlässt. Beim « Obere Schwarze Wald », oder kurz « Schwarzwald », lebt in der warmen Jahreszeit Alfons imseng, ein behäbiger Mann mit grau-weissem Haar, Bart, Lederhut und Arbeitsschürze. Er geniesst seit 14 Jahren jeden Sommer die fantastische Lage und klösterliche Abgeschiedenheit einer alten Alphütte. Nicht als Älpler, sondern als Holzschnitzer - und Teesieder.

Durch dichte Bestände von Lärchen und Arven und einen geröllbeladenen Graben, der von einer hängenden Wasserleitung überspannt wird, treten wir auf einen kleinen, geneigten Rücken mit einer grossartigen Rundsicht in die Berge des Saastals: Schwarzwald. Dort steht eine schmucke Alphütte, die aber nicht mehr als solche genutzt wird. « Nebst Schafen lassen sich hier nur noch Steinböcke, Gämsen, Luchse und Füchse blicken », erklärt Alfons, der gerade ein paar Steinplatten auf dem Dach des Hauses zurechtrückt, die das Steinwild im Frühjahr etwas verschoben hatte. « Diese schweren Tiere haben keine Angst, aber die Gämsen verschwinden, sobald sich Schafe zeigen », fügt er hinzu. Schon sitzen wir auf dem gedeckten Vorplatz beim Eingang zur heimeligen Behausung. « Kräutertee ?», fragt Alfons und saugt an seiner Pfeife.

Alfons erzählt aus seinem Leben. Sein Grossvater « wanderte » seinerzeit von Saas Fee nach Stalden « aus ». Damals versprach der Strassenbau dort unten neue Arbeitsplätze. Alfons selbst arbeitete als Metzger, bis Die einsame Alphütte im « Obere Schwarze Wald »; in der Ferne Allalin- und Rimpfischhorn, rechts Lammenhorn und Balfrin ihn ein schwerer Unfall zur völligen Neuorientierung zwang. Der Siebzigjährige lebt im Winter in Stalden, im Sommer hier auf Schwarzwald, wo er die Hütte der Alpgenossenschaft verwaltet. « Früher war hier intensiver Alpbetrieb, der mangels Grossvieh eingestellt wurde », erklärt Alfons und zeigt uns die Küche, wo früher Alfons Imseng, der Holzschnitzer, am Werk Käse gemacht wurde. Der eiserne Schwenkhaken und die zum Ofen umfunktionierte Feuerstelle sind noch zu sehen. Das Haus aus roh behauenen Lärchenbalken auf einem wuchtigen Sockel aus Gneis stehend ist einfach und gemütlich eingerichtet.

« Interessant sind die Begegnungen mit Weitwanderern, die - oft allein -die Alpen traversieren », leitet Alfons zu einem anderen Thema über. Er erzählt von Menschen, die monatelang unterwegs sind, allen Gefahren und der Unbill der Berge trotzen, praktisch eins werden mit ihnen. Seine Erfahrungen mit Touristen sind vielschichtig. « Die kommen zu langsam, die haben kein Tempo, die gehen nicht weit », kommentiert er fachkundig vorbeischlendernde Spaziergänger. Aber er bemerkt auch sofort, wenn die Wanderer zu schnell gehen. « Es gab hier auch traurige Schicksale », beginnt Alfons einen Exkurs über ungeklärte Bergunfälle im Saastal. « Vor Jahren ist ein 76-jähriger Gast in Visperterminen losmarschiert », erzählt er. Dieser Mann sei aber nie in Saas Grund angekommen und gelte deshalb als verschollen. « Vermutlich hat er sich verirrt », schliesst Alfons dieses Kapitel lakonisch ab.

Alfons zündet seine Pfeife an, setzt sich und ergreift eines seiner vielen Schnitzwerkzeuge, um am Schild mit der gotischen Aufschrift « Schwarzwald 2200 m ü. M. » zu arbeiten. « Das Holz hat mich immer inspiriert », sinniert er. « Es lebt, hat Gesichter und Gestalt », fügt er hinzu und zeigt uns einige Fratzen in Arvenholz, die aus seiner Werkstatt stammen. Erst jetzt nehmen wir die Zäune und Pfosten im Umfeld des Hauses wahr, die er bearbeitet hat; einige unter ihnen grinsen oder blicken misstrauisch, hämisch und dämonisch in die Welt. Bei manchen Gesichtern hat man wirklich das Gefühl, sie seien von der Natur vorgegeben gewesen, und Alfons habe sie mit ein paar geschickten Handgriffen sichtbar gemacht. Das Rohmaterial für seine schöpferischen Aktivitäten findet er übrigens im Wald bei der Hütte, gleich neben den Kräutern für seinen unvergleichlichen Tee.

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