Als Hüttengehilfin auf der Dossenhütte
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Als Hüttengehilfin auf der Dossenhütte

In rund 40 SAC-Hütten in der ganzen Schweiz schnuppern Jugendliche während der Sommersaison als Hüttenhilfen. Im Verlauf von - im allgemeinen - zwei Wochen erhalten sie so Einblick in die vielfältigen Arbeiten der Hüttenwartinnen und Hüttenwarte und gehen ihnen mit Kochlöffel, Besen und viel Elan zur Hand.

Der Aufstieg vom Rosenlaui zur Dossenhütte im Berner Oberland ist lang und anstrengend. Mit Drahtseilen und Eisenleitern gesichert, führt der Weg über Moränen und auf Felsbändern hinauf zur Hütte, die wie ein Adlerhorst auf dem Grat zwischen dem Gstelli- und dem Dossenhorn thront. Wer vom Rosenlaui aus die ca. 1300 Höhenmeter geschafft hat, wird auf dem Grat von lustig flatternden tibetischen Gebetsfahnen begrüsst. Gleich vor dem Hütteneingang wartet als nächste Überraschung der Dossengeist, eine Skulptur aus rostigen Steigeisen und anderem Eisenzeug. Dies ist das Reich von Monika Fawer und ihren Gehilfen und Gehilfinnen.

Seit einer Woche arbeitet Yvonne Vögeli im Rahmen der SAC-Hüttenwochen für Jugendliche an der Seite der Hüttenwartin Monika Fawer. Am Ende ihres Aufenthalts - für sie nach weiteren zwei Wochen - wird sie damit einen guten Einblick in den Tagesablauf und die Arbeiten in einer SAC-Hütte gewonnen haben. Zu tun gibt es genug: Yvonne schneidet frisch gebackenen Apfelkuchen und serviert Kaffee, Bier und Suppe. Dazu muss Feuerholz in die Küche getragen und im Herd nachgelegt werden.

Am Samstag des zweiten Juliwochenendes begrüssen Monika und Yvonne die erstmals in grosser Zahl eintreffenden Gäste. Nach einer langen Schlechtwetterperiode ist für das Wochenende nämlich schönes Wetterangesagt, und sämtliche Plätze in der Dossenhütte sind reserviert. Um dem bevorstehenden Ansturm gewachsen zu sein, haben Monika und Yvonne bereits für das Abendbrot vorgekocht und Brot gebacken. So haben sie Zeit, auch Wünschen nach Ansichts- und Jasskarten gerecht zu werden oder Fragen zu den Verhältnissen auf den umliegenden Gipfeln zu beantworten.

Beide freuen sich, dass endlich etwas läuft. « Letzte Woche haben wir vor allem Schnee geschaufelt, die Hütte geputzt und für die Saison vorbereitet », erzählt Yvonne. Bisher gab es wenig Gäste, und so hatte Yvonne sogar Zeit, mit einer Gruppe eine Bergtour auf das Dossenhorn zu unternehmen.

Von den Hüttenwochen für Jugendliche hat Yvonne aus den ALPEN erfahren. Nachdem die 21 jährige Geografie- und Geologiestuden-tin im vergangenen Jahr drei Monate in Kanada und Alaska verbracht hatte, wollte sie diesen Sommer in der Schweiz verbringen. Vom Jugendbeauftragten des SAC wurde sie danach an die Hüttenwartin der Dossenhütte vermittelt. Dies war eine der vier « Wunschhütten », die Yvonne bei ihrer Anmeldung angegeben hatte.

Mittlerweile ist es 18 Uhr, die rund 50 Gäste sitzen im Aufenthaltsraum und warten auf das Abendbrot. Jetzt ist Hektik angesagt: Monika steht am Herd und füllt Spätzli und Poulet Stroganow in grosse Schüsseln. Yvonne eilt mit Stapeln von Tellern und den dampfenden Schüsseln zwischen der Küche und dem Aufenthaltsraum hin und her. Dazwischen verlangt jemand Wein, andere wollen Bier oder Mineralwasser.

Kaum sind alle Gäste bedient, füllen die beiden Frauen eingemachte Die Dossenhütte, ein Adlerhorst auf dem Grat zum Dossenhorn Birnen und Schokoladecreme in Des-sertschälchen, und wieder rennt Yvonne mit vollen Tabletts und leeren Schüsseln hin und her. Bei so vielen Gästen könnte Monika das Arbeitspensum nie alleine bewältigen.

« Eigentlich sollte ich zur Zeit noch eine weitere Hüttenhilfe haben », teilt uns Monika mit, doch kurz vor Saisonbeginn hat sie abgesagt. Von Monika entsprechend informiert, erklärte sich daraufhin Yvonne bereit, mit der Hüttenwartin zusammen während dreier Wochen die Arbeit von drei Personen zu bewältigen.

Dafür soll Yvonne auch entsprechend entlöhnt werden. Dies ist im Rahmen der Hüttenwochen für Jugendliche sonst nicht vorgesehen. Als Dank erhalten die fleissigen Helfer und Helferinnen nebst Kost und Logis einen Hüttenpass, mit dem sie während eines Jahres in über 50 SAC-Hütten gratis übernachten können.

In der Küche stapeln sich inzwischen Berge von schmutzigem Geschirr. Yvonne schrubbt die grossen Kochtöpfe - igitt, angehockt! Den hartnäckig klebenden Resten der Käsespätzli rückt sie mit der Rösti-schaufel zu Leibe. Zum Glück helfen ein paar Gäste beim Abwaschen, sonst wären die zwei Frauen wohl am Montag noch an der Arbeit. Doch auch nach dem Abwasch ist der Feierabend für das Hüttenpersonal noch lange nicht in Sicht. Bereits sammeln sich Dutzende von Feld- und Thermosflaschen auf dem Küchentisch; auf dem Herd kocht Wasser für den Marschtee. Gleichzeitig verlangen die Gäste nun « Dossenkaffee » mit Schlagrahm und Schnaps, Bier und wiederum Jasskarten. Yvonne und Monika haben alle Hände voll zu tun.

Um zehn Uhr gibt es endlich Abendbrot für die Hüttenwartin und ihre Gehilfin. Nach diesem turbulenten Tag doch etwas müde, verzehren die zwei Frauen gewärmte Käsespätzli und gebratenen Fleischkäse.

Bei « Dossenkaffee » und Kuchen haben die beiden Frauen nun endlich Zeit zum erzählen. Yvonne ist nicht erstaunt über die vielen verschiedenen Arbeiten, die in einer SAC-Hütte anfallen. Auch hat sie erwartet, sehr früh aufzustehen und bis spät in die Nacht zu arbeiten. « Aber es ist halt schon anstrengender als studieren », stellt sie fest. Vor allem Arbeiten wie Holz hacken und Schnee schaufeln ist sie nicht gewohnt. Dementsprechend ist sie abends meist todmüde und ab und zu froh, wenn Monika frühmorgens die Gäste alleine weckt.

Yvonne ist nicht die erste Jugendliche, die auf der Dossenhütte arbeitet. Bereits im letzten Jahr verfügte Monika im Rahmen der Hüttenwochen für Jugendliche über zwei Helferinnen. « Der einen hat es so gut gefallen, dass sie dieses Jahr wiederkommt », erzählt die Hüttenwartin. Sie war selbst während mehrerer Jahre Hüttengehilfin und findet, dieses Projekt sei eine gute Idee.

Die Nacht einer Hüttengehilfin ist kurz. Bereits um halb vier ist Yvonne Morgendlicher Aufbruch Richtung Dossenhorn wieder auf den Beinen und bereitet zusammen mit Monika das Frühstück vor. Um vier Uhr weckt sie die ersten Gäste. Ein wunderschöner Sonnenaufgang lässt auf ein erfolgreiches Tou-renwochenende hoffen. Etwa zwei Stunden später ist der grosse Ansturm vorbei, und die letzten Bergsteiger brechen in Richtung Dossenhorn auf.

Yvonne hat kurz Zeit, ein paar Fotos zu schiessen, dann erwarten sie in der Küche bereits wieder schwindelerregend hohe Türme schmutziger Tassen und Teller.

Beim Frühstück in der Küche um sieben Uhr kehrt endlich etwas Ruhe ein. Beim Kaffee besprechen Monika und Yvonne die anstehenden Arbeiten des Tages. Der Aufenthaltsraum und die WCs müssen gereinigt werden. Im Schlafraum müssen die hastig zusammengelegten oder noch zerwühlten Wolldecken ordentlich gefaltet und in Reih und Glied auf die Matratzen gelegt werden. Auch ist das Holzlager in der Küche bereits wieder leer, weshalb Yvonne als erstes mit der Hütte mehrere Ladungen Holz, Lebensmittel und Getränke aus dem neben der Hütte gelegenen Vorratsschuppen in die Küche trägt.

Trotz dieses anstrengenden Wochenendes macht ihr die Arbeit als Hüttenhilfe aber weiterhin Spass: « Ich könnte mir vorstellen, wieder einmal als Hüttenhilfe zu arbeiten. » Den ganzen Sommer über als Hüttenwartin tätig sein möchte sie jedoch nicht. Nun freut sie sich auf ihren wohlverdienten Hüttenpass und hofft, damit viele schöne Ski- und Bergtouren unternehmen zu können.

Rund 100 Jugendliche werden diesen Sommer während etwa 170 Wochen in verschiedenen SAC-Hütten als Hüttenhilfe arbeiten. Das Projekt der Hüttenwochen für Jugendliche entstand 1996 als eine von verschiedenen Aktionen in Rahmen des « SAC-Jahres der Jugend ». « Da dieses Projekt bei den Jugendlichen im letzten Jahr ein grosser Renner war, haben wir beschlossen, es weiterzuführen », berichtet Flaviano Medici, der Jugendbeauftragte des SAC. Auch ist bereits klar, dass diese Hüttenwochen im nächsten Jahr erneut stattfinden werden.

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