Bergnotfälle Schweiz 2007. Erneute Zunahme
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Bergnotfälle Schweiz 2007. Erneute Zunahme

Erneute Zunahme

Bergnotfälle Schweiz 2007

In den Schweizer Alpen und im Jura gerieten 2007 insgesamt 2154 Personen in Bergnot. 171 Personen kamen dabei ums Leben. Damit stiegen die Zahlen der Not- und Todesfälle weiter an. Gründe dafür könnten die ebenfalls zunehmende Anzahl der Berggänger sowie die häufig schwierigen Tourenbedingungen sein.

Gemäss MeteoSchweiz zählt das Jahr 2007 zu den fünf wärmsten seit Messbeginn, und in den meisten Gebieten war es im Durchschnitt sonniger als normal. In den Alpen führte dies aber nur teilweise zu guten Tourenbedingungen. Zu Jahresbeginn herrschte bei frühlingshaften Temperaturen weithin akuter Schneemangel. Nach einer fast sommerlichen Periode im April erhielten die Hochalpen erst im Mai ergiebig Schnee. Die Hochsommermonate Juli und August waren von starken Gewittern geprägt, und nach nur kurzen Schönwetterphasen gab es in den höheren Lagen mehrmals ergiebige Schneefälle.

Im Schnitt sechs Notfälle pro Tag

Die im Jahresvergleich wiederum höheren Notfallzahlen weisen darauf hin, dass eine Anpassung der Berggänger an die schwierigen Bedingungen nicht immer gelang. So waren in den Schweizer Tödliche Bergunfälle 2007 2006 2007 Anzahl Opfer Total 104 123 Tätigkeit Bergwandern 40 44 Hochtouren 21 34 Klettern 4 4 Skitouren 12 17 Variantenabfahren 19 15 Anderes 89 1 Ursachen Sturz 66 84 Spalteneinbruch 4 5 Wechtenabbruch 2 1 Steinschlag 1 2 Eisschlag 0 1 Blitzschlag 0 0 Lawine 22 22 Blockierung/Erschöp- 4 3 fung/Verirren Andere Ursache 55 2 2006 2007 Anzahl Opfer Total 104 123 Identität Männer 90 105 Frauen 14 18 Schweizer 56 71 Ausländer 48 52 SAC-Mitglieder 14 15 Alterstufen bis 10 Jahre 1 1 bis 20 Jahre 7 5 bis 30 Jahre 17 24 bis 40 Jahre 16 23 bis 50 Jahre 17 17 bis 60 Jahre 10 23 bis 70 Jahre 15 15 über 70 Jahre 19 12 unbekannt 2 3 2006 2007 Anzahl Opfer Total 104 123 Umfeld Organisierte Touren 11 14 Private Touren 60 66 Alleingänger 33 43 Region Hochalpen 39 55 Voralpen 64 65 Jura 1 3 Gelände Weg 3 24 17 Gras/Geröll 15 25 Felsen 19 20 Schnee/Firn/Eis 37 52 Gletscher 7 5 Anderes Gelände 24 4 1 Jagd=5, Schneeschuhläufer=3, Strahler=1 2 Felsabbruch=2, vermisst=2, eingeklemmt=1 3 Wanderweg=7, Bergweg=7, alpine Route=3 4 Schlucht=2, vermisst= 2 Foto:

Bruno Jelk Alpen und im Jura im Kalenderjahr 2007 insgesamt 2154 Personen von einem Bergnotfall 1 betroffen. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahr einer Zunahme von rund 5%. Markant stiegen die Notfallzahlen beim Bergwandern, Klettern, bei den Skitouren und den Aktivitäten, die unter « Andere Bergsportarten » zusammengefasst werden. Die häufigsten Ursachen für eine Alarmierung der Rettungskräfte waren Sturz oder Absturz, gefolgt von Blockierungen 2 und Erkrankungen. Im Berichtsjahr 2007 mussten rund 670 Berggänger hospitalisiert werden, was einer absoluten Zunahme von 100 Personen entspricht.

Weiterer Anstieg der Todesfälle

Leider verloren letztes Jahr 171 Personen ihr Leben in den Bergen. 37 Berggänger erlagen dabei einer Krankheit, zumeist als Folge eines Herz-Kreislauf-Problems. Durch Unfälle beim Bergsport im engeren Sinne 3 kamen im Berichtsjahr 2007 bei insgesamt 108 Ereignissen 123 Personen ums Leben. Dies entspricht einer Zunahme von gut 18%. Mehr Bergtote gab es beim Bergwandern, auf Skitouren und vor allem bei den Hochtouren. Insgesamt 68 der tödlich Verunfallten waren Schweizer. In 35% der Todesfälle waren die Betroffenen alleine unterwegs. 3 Als Bergunfälle im engeren Sinne werden in dieser Statistik vor allem die Ereignisse des klassischen Bergsteigens verstanden. Neue Formen des Bergsports werden nur eingeschlossen, wenn zu deren Ausübung kein Transportgerät verwendet wird. Deshalb sind bei den hier ausgewiesenen Zahlen insbesondere die Todesfälle beim Delta- und Gleitschirmfliegen, beim Base-Jumping und bei der Benutzung von Mountainbikes nicht berücksichtigt. So sind die Zahlen mit denjenigen früherer Jahre vergleichbar.

1 Der Begriff « Bergnotfall » umfasst alle Vorkommnisse, bei denen Berggänger die Hilfe der Bergrettungsdienste beanspruchen. Dies betrifft auch Erkrankungen und Evakuationen von unverletzten Personen. « Bergunfälle » – als Untermenge der Notfälle – sind Ereignisse, die der allgemeinen Definition eines Unfalls entsprechen. 2 Als Blockierung werden alle Notfälle bezeichnet, bei denen Berggänger infolge Erschöpfung, Überforderung, Materialverlust oder anderer Missgeschicke nicht mehr in der Lage sind, ihre Tour aus eigener Kraft zu beenden. Ein an einem Hirnödem erkrankter Alpinist im Rifugio Margherita ( Signalkuppe ) muss mit einem Schlitten abtransportiert werden.

Hochtouren

Winterliche Verhältnisse im Sommer Der Bergsommer 2007 war den Hoch-tourengängern nicht wohlgesinnt: Wiederholt verursachten Kaltlufteinbrüche mit lokal ergiebigen Schneefällen winterliche Bedingungen. Die dazwischenliegenden Schönwetterphasen waren meist von kurzer Dauer und wurden rasch von Gewitterlagen abgelöst. Die Möglichkeiten für Hochtouren waren damit eingeschränkt. Dies spiegelt sich auch im Notfallgeschehen: Die Zahl von 331 betroffenen Personen entspricht einem Rückgang von knapp 17% im Vergleich zum Vorjahr.

Nicht angepasste Tourenplanung Die häufigste Ursache für einen Notfall auf Hochtouren waren Blockierungen. Die 124 Fälle waren bedingt durch schwierige Verhältnisse, ein zu optimisti-sches Zeitbudget, aber auch durch Lawinengefahr. Ungünstige Wetterverhältnisse liessen teilweise die Situation eskalieren und brachten auch die Bergretter mehrmals in eine schwierige und gefährliche Lage, so zum Beispiel am Mönch. Zum Auftakt einer Hochtourenwoche wollte hier eine achtköpfige Tourengruppe den Gipfel über den Westgrat erreichen. Die Wetterprognose kündigte nach Föhnende gegen Abend eine markante Kaltfront an. Die Gruppe nahm dementsprechend den ersten Zug auf das Jungfraujoch. Doch sie kam nur langsam voran, und gegen Abend brach eine Person noch vor dem Gipfel bewusstlos zusammen. Dadurch war die ganze Gruppe im Gipfelbereich blockiert und schutzlos der nun eintreffenden Schlechtwetterfront ausgeliefert. Ein erster terrestrischer Rettungsversuch musste wegen eines heftigen Gewitters abgebrochen werden. Gegen drei Uhr nachts besserte sich das Wetter so weit, dass eine Gruppe von 16 Bergführern einen erneuten Rettungsversuch starten und die Blockierten bei Tagesanbruch erreichen konnte. Durch die Unterkühlung schwebten inzwischen drei Teilnehmer der Gruppe in Lebensgefahr. Schliesslich gelang es trotz Wind und Nebel, die betroffenen Alpinisten in einer fliegerischen Höchstleistung mit dem Helikopter zu bergen.

Markant mehr tödliche Unfälle Obwohl es bei den Hochtouren im Jahresvergleich allgemein weniger Notfälle gab, hat die Zahl der Bergtoten mit insgesamt 34 Opfern stark zugenommen. Dafür verantwortlich sind mehrere Unfälle mit drei oder mehr Todesopfern. Bereits im Hochwinter kamen bei zwei Unfällen am Matterhorn je drei Personen ums Leben. Ein Unfall mit schwerwiegenden Folgen geschah an der Jungfrau. Im Juli stürzten hier sechs Teilnehmer einer Militärgruppe, die von einem Schneebrett mitgerissen wurden, tödlich ab. Die häufigste Ursache der tödlichen Unfälle mit insgesamt 24 Opfern waren Spezielle Konstruktionen erleichtern die Spalten-bergungen für die professionellen Retter. Bild einer Rega-Übung Einsatz im Schneesturm für blockierte Alpinisten am Mönch Foto: Toni von Allmen bei den Hochtouren jedoch wiederum Stürze oder Abstürze. Dazu zählen sechs Mitreissunfälle mit zehn Toten. Es stürzten aber auch acht Alpinisten tödlich ab, die trotz Begleitung nicht angeseilt waren. Zu einem schweren Unfall mit zwei Todesopfern kam es, als am Chli Leckihorn unter einer Dreierseilschaft eine ganze Felsmasse wegbrach. Dabei fanden zwei Alpinisten den Tod, eine Frau überlebte mit schweren Verletzungen. Dieses Ereignis erinnert fatal an einen ähnlichen Unfall im Jahr 2006, als am Obergabelhorn eine Seilschaft auch wegen einer abbrechenden Felszone in die Tiefe gerissen wurde. Die Ursache für solche unvorhersehbaren Vorfälle ist vermutlich der auftauende Permafrost.

Bergwandern

Weitere Zunahme der Notfälle Während der letzten Jahre hat die Zahl der Bergwanderer, die in eine Notlage gerieten, stetig zugenommen. Letztes Jahr waren es insgesamt 971 Personen, was im Jahresvergleich einer Zunahme von gut 15% entspricht. Diese Entwicklung muss primär vor dem Hintergrund dieser weitaus populärsten Bergsportart betrachtet werden. Aufgrund von Schätzungen ist davon auszugehen, dass die Zahl der Bergwanderer beispielsweise mehr als zehnmal höher ist als diejenige der Hochtourengänger. So gesehen, kann man das Bergwandern sicher nicht den risikoreichsten Spielarten des Bergsteigens zuordnen. Weitaus am meisten entstand eine Notfallsituation mit insgesamt 435 Personen durch Sturz oder Stolpern. Von den auf diese Weise Verunglückten erlitten 260 Betroffene mittlere bis schwere Verletzungen, die eine Hospitalisation erforderten. 191 Wanderer mussten wegen einer Erkrankung gerettet oder geborgen werden. Von diesen starben 28 Personen, meistens als Folge eines Kreislaufversagens. Zahlreicher als im Vorjahr waren wiederum Notfälle durch Blockierung oder Verirren. Solche Situationen entstanden meistens dadurch, dass sich Wanderer im unwegsamen Gelände verstiegen hatten, sich bei Nacht oder Nebel verirrten oder wegen Erschöpfung nicht mehr in der Lage waren, die Wanderung fortzusetzen.

Alleingänger und ältere Personen Von den insgesamt 44 tödlich verunfallten Bergwanderern waren 24 alleine unterwegs; von diesen wiederum waren 21 Personen über 50 Jahre alt. Mit einer Ausnahme ( Erdrücken durch Felsblock ) starben alle Opfer durch Sturz oder Absturz. Auf markierten Berg- oder Wan- Foto:

Christian P err et derwegen waren dies 14 und auf alpinen Routen drei Personen. Die anderen Abstürze ereigneten sich im weglosen Gelände, davon betroffen waren auch drei Pilzsucher. Die Frage, weshalb es beim Berg- und Alpinwandern zu einem tödlichen Absturz kommt, lässt sich in den wenigsten Fällen schlüssig beantworten. Als Folge einer kurzen Unaufmerksamkeit kann auf einem exponierten Pfad oder im abschüssigen weglosen Gelände schon ein Stolpern oder Ausrutschen zu einem fatalen Absturz führen. Wie bei den andern Bergsportarten führt aber auch beim Bergwandern nicht selten eine Verkettung von ungünstigen Konstellationen zu einem schwerwiegenden Unfall. So zum Beispiel im Churfirstengebiet: Mitte Mai unternahmen eine Frau und ein Mann am Nachmittag eine Bergwanderung vom Voralpsee zum Höchst. Es herrschte noch eine aufgehellte Föhnlage. Für den Abend jedoch kündigten die Wetterdienste eine Kalt- front an. Die Frau war nur mit Turnschuhen und leichten Kleidern, der Mann mit Bergschuhen, T-Shirt und kurzen Hosen ausgerüstet. Das Mobiltelefon liessen sie im Auto zurück. Gegen Abend verschlechterte sich das Wetter rasch, und nach Einbruch der Dunkelheit wurden von der Alpsiedlung Lüsis her Hilferufe vernommen. Aufgrund der nun äusserst prekär gewordenen Witterungsbedingungen musste die eingeleitete Such- und Rettungsaktion wieder abgebrochen werden. Innerhalb der nächsten zwei Tage wurden die beiden Wanderer in der sehr steilen und von Schrofen durchsetzten Südflanke des Höchst tot geborgen. Aufgrund der angetroffenen Situa tion ergab sich vermutlich folgender Unfallablauf: Die Frau war auf dem exponierten und heiklen Pfad im Gipfelbereich ausgerutscht und in die Steilflanke abgestürzt, wo sie in einer Rinne liegen blieb. Beim Versuch, seiner Begleiterin zu helfen, musste der Mann zu Tode gestürzt sein. Die Untersuchung ergab, dass die Frau den Absturz zunächst bewusstlos überlebt hatte. Sie ertrank schliesslich, weil durch die einsetzenden Niederschläge Wasser durch die Rinne floss, in der sie mit dem Gesicht zum Boden lag.

Klettern

Häufig Blockierungen 2007 gerieten beim Klettern insgesamt 114 Sportler in eine Notfallsituation. Das entspricht im Jahresvergleich einer Zunahme von 16%. Im alpinen Gelände mussten für 72 Personen, auf vollständig abgesicherten Routen für 26 und in Klettergärten für 16 Personen die Rettungskräfte aktiviert werden. Die häufigste Ursache in 51 Fällen war eine Blockierung, aus der die Kletterer meistens unverletzt befreit werden konnten. Solche Situationen entstanden häufig als Folge eines zu knappen Zeitbudgets. Wegen einbrechender Dunkelheit alarmierten die Betroffenen dann die Bergrettung. Aber auch missglückte Abseilmanöver – verklemmte Seile, Abseilpiste verfehlt, zu kurzes Seil – führten häufig dazu, dass sich die Beteiligten nicht mehr aus eigener Kraft aus ihrer misslichen Situation befreien konnten. Stürze führten in 38 Fällen zu Verletzten, die gerettet werden mussten. Dabei fällt auf, dass sich die Sturzunfälle am zahlreichsten in Klettergärten ereigneten. In einigen Fällen waren sie die Folge einer Fehlmanipulation oder eines Missverständnisses beim sogenannten Topropeklettern, bei dem die kletternde Person vom Boden aus gesichert und wieder abgelassen wird. Wenige tödliche Unfälle Beim Klettern sind bei drei Ereignissen vier Berggänger tödlich verunfallt. Auf einer grossen alpinen Tour stürzten am Westpfeiler des Scheidegg-Wetterhorns zwei Kletterer tödlich ab. Die Sturzbahn und das in den Seilen vorgefundene mobile Sicherungsgerät ( Friend ) lassen vermuten, dass die beiden Alpinisten im oberen Abschnitt dieser Tour ohne Standplatzsicherung gemeinsam geklettert sind. Ein weiterer tödlicher Absturz ereignete sich beim Topropeklettern an der Balmflue im Jura: Beim Ablassen hatte sich der Anseil-Achterknoten des Kletterers gelöst. Der dritte Unfall mit tödlichen Folgen geschah auf der Abseilpiste am Zervreilahorn. Wegen einer Fehlmanipulation beim Wechsel von den Seilenden zum nächsten Stand kam es zum tödlichen Absturz einer Person.

Die Bergretter sind auch in der Lage, Verunglückte aus überhängenden Felspartien zu bergen. Hier ein Bild einer Rega-Übung Foto:

Christian P err et

Ski- und Snowboardtouren

Zunahme von Sturz- und Lawinenunfällen Zu Jahresbeginn lag in den Schweizer Alpen sehr wenig Schnee. Meistens war es viel zu mild, und der Niederschlag fiel mehrmals bis gegen 2000 Meter hinauf als Regen. Der so entstandene, vielerorts ungünstige Schneedeckenaufbau sorgte häufig für eine eher schwierig zu beur-teilende Lawinengefahr. Die etwas ergiebigeren Schneefälle im März vermochten diese generell eher ungünstige Situation nicht wesentlich zu entschärfen. So waren auch die Gletscher während der Hauptsaison im Frühling kaum eingeschneit, wodurch eine erhebliche Spaltensturzgefahr bestand. Deshalb rechneten die Rettungsorganisationen mit vielen Spaltenstürzen. Diese Befürchtungen haben sich glücklicherweise nicht bewahrheitet, und die Bilanz mit insgesamt fünf betroffenen Personen kann als sehr günstig eingestuft werden.

Die ungünstige Schneesituation schlug sich aber bei der Entwicklung der Bergnotfälle bei Ski- und Snowboardtouren nieder: Insgesamt waren 244 Personen ( 238 Skifahrer und sechs Snowboarder ) betroffen. Geringe Schneehöhen und harte Schneeoberflächen führten dazu, dass Sturzunfälle mit 109 betroffenen Berggängern die weitaus häufigste Unfallursache darstellten. Diese Situation hatte meistens klassische Skiverletzungsmus-ter ohne Lebensgefahr zur Folge, die jedoch eine ärztliche Behandlung oder eine Hospitalisation erforderten. Die Faustregel, dass in schneearmen Wintern oftmals mit einer erhöhten Lawinengefahr zu rechnen ist, spiegelte sich auch beim Unfallgeschehen. So gerieten 2007 insgesamt 65 Personen aufgrund einer Lawine in eine Notlage ( Vorjahr 39 ). Mehrmals waren grössere Gruppen betroffen. Nur mit viel Glück und dank einer effizienten Rettung überlebten bei diesen Ereignissen alle Beteiligten, beispielsweise am Lauenenhorn in den Berner Alpen. Hier befuhr eine neunköpfige Tourengruppe bei der Gefahrenstufe « erheblich » während der Abfahrt den rund 37 Grad steilen Nordwesthang unterhalb des Gipfels zunächst einzeln. Doch nach rund 100 Höhenmetern versammelte sich die Gruppe. Als der Leiter wieder losfuhr, löste sich oberhalb der Gruppe ein 150 bis 200 Meter breites Schneebrett. Dieses riss sieben Teilnehmer mit und verschüttete drei Personen ganz. Hauptsächlich Lawinenopfer Von den insgesamt 17 tödlich verunfallten Ski- oder Snowboardtourenfahrern kamen bei sieben Ereignissen acht Skifahrer in einer Lawine ums Leben. Fünf dieser Unfälle ereigneten sich bei der Gefahrenstufe « erheblich » und zwei bei « mässiger » Lawinengefahr. Bei einem dieser Unfälle war das Lawinenverschüt-teten-Suchgerät des Opfers nicht eingeschaltet. Vier Personen starben durch einen Sturz, davon drei zu Fuss im Aufstieg. Ein Tourenfahrer stürzte im Sommer beim Versuch, die Nordwand der Aiguille d' Argentière herunterzufahren, tödlich ab. Je ein Ski- und ein Snowboardfahrer kam durch einen Spaltensturz ums Leben. Beide Unfälle ereigneten sich während der Abfahrt. Grosses Pech hatte der Tourenfahrer, der dem Steinschlag beim Fussabstieg vom Gipfel des Monte Leone zum Opfer fiel. Eine Frau starb zudem an Erschöpfung, und eine Tourenfahrerin stürzte mit einer Wechte ab. Spaltensturz am Grand Combin: Ein unangeseilter Skitourenfahrer erleidet bei einem 40-Meter-Sturz tödliche Verletzungen.

Foto: Maison François-Xavier Bagnoud du Sauvetage, Sion Lawinengefahr im Sommer: Sechs Alpinisten lösen an der Dufourspitze ein grosses Schneebrett aus. Sie werden nur teilverschüttet und können sich aus eigener Kraft befreien.

Foto:

Bruno Jelk Bergnotfallzahlen – eine Teamarbeit Die Zusammenstellungen und Auswertungen dieses Berichtes stützen sich auf folgende Personen und Institutionen: Alpine Rettung Schweiz: Elisabeth Müller, Andres Bardill; Rega: Robert Kaspar, Hans Jacomet, Werner Schnider, Paul Ries; Walliser Bergrettungsorganisation KWRO: Pierre-Alain Magnin; Bergrettung Zermatt: Bruno Jelk; Maison du Sauvetage Sion: Dominique Michellod; bfu: Monique Walter; Bergrettung Graubünden: Forti Niederer, Marco Salis; Rettungsstation Grindelwald: Kurt Amacher, Christian Brawand; Bergrettung Air Glaciers Lauterbrunnen und Gesellschaft für Gebirgsmedizin: Bruno Durrer; Air Glaciers Gstaad – Saanenland: Isabelle von Grünigen; SLF: Benjamin Zweifel; Kapo St. Gallen: Andreas Brunner.

Variantenabfahrten

Auch bei den Variantenabfahrten waren die Möglichkeiten aufgrund des Schneemangels zu Saisonbeginn stark eingeschränkt. Im Gegensatz zu den Skitouren kam es aber bei dieser Sportart im Jahresvergleich zu deutlich weniger Notfällen. Von den insgesamt 174 betroffenen Personen waren 131 Skifahrer, also dreimal so viele wie Snowboarder. Häufigste Notfallursache war ein Sturz oder Absturz. Anders als bei Skitourengängern stürzten ungleich mehr Variantenfahrer in Gletscherspalten. Waren es 2006 nur drei, stürzten 2007 elf ab.

Diese auf den ersten Blick nicht plausiblen Entwicklungen dürften zu einem wesentlichen Teil auf regionale Unterschiede zurückzuführen sein: Einerseits war durch den Schneemangel zu Jahresbeginn in vielen Schneesportgebieten der Betrieb mit mechanischen Transportanlagen eingestellt oder stark eingeschränkt. Dadurch dürften während dieser Zeit vielerorts auch wesentlich weniger Variantenfahrer unterwegs gewesen sein. Die Skitourenfahrer hingegen waren bei der Wahl der Tourenziele nicht auf solche Transporthilfen angewiesen und konnten in höher gelegene Tourengebiete ausweichen. Andererseits dauert die « Freeride-Saison » in den erschlossenen Gletschergebieten bis weit in den Sommer hinein und begann nach den ersten Schneefällen bereits wieder im Herbst.

Todesfälle: überwiegend Ausländer Insgesamt sind bei Variantenabfahrten 15 Personen tödlich verunfallt. Die häufigste Unfallursache mit sieben Opfern war eine Lawinenverschüttung; alle hier Betroffenen waren mit den Ski unterwegs. Bei Sturz oder Absturz waren von den insgesamt sechs tödlich Verunfallten vier Snowboarder betroffen. Bei den tödlichen Gletscherspaltenstürzen sind bezüglich des Sportgerätes keine Unterschiede erkennbar: Bei solchen Unfällen starb je ein Ski- und ein Snowboardfahrer. Wie bereits im Vorjahr waren auch 2007 bei tödlichen Unfällen in diesem Bereich mit gut 70% überwiegend ausländische Staatsbürger betroffen.

Andere Bergsportarten

Wie in den Vorjahren waren bei den unter der Rubrik « Andere Bergsportarten » zusammengefassten Tätigkeiten wiederum die Notfälle beim Mountainbiken mit insgesamt 64 Beteiligten am zahlreichsten. Auch 2007 entstanden diese am häufigsten durch Sturzunfälle, deren Folgen eine Hospitalisation erforderten. Drei Biker fanden wegen akuten Kreislaufversagens und eine Person durch einen Sturz den Tod.

Klettersteige: konstante Zahlen trotz Boom Beim Klettersteiggehen ist die Zahl der Betroffenen mit insgesamt 27 Personen im Jahresvergleich nahezu konstant geblieben. Dies ist – in Anbetracht des an- Schneeschuhlaufen im verschneiten alpinen Gelände erfordert Erfahrung bei der Lawinenbeurteilung.

Fotos:

Ueli Mosimann haltenden « Booms » in dieser Sparte – bemerkenswert. Häufigste Notfallursache mit 14 Betroffenen waren wiederum Blockierungen als Folge von Erschöpfung oder Überforderung. Des Weiteren verletzten sich acht Klettersteiggänger bei einem Sturz, vier Personen prallten infolge einer unsachgemässen Handhabung einer Tyrolienne gegen den Fels, und eine Person wurde durch Steinschlag verletzt.

Schneeschuhlaufen: Notfälle steigen an Immer mehr Berggänger sind mit Schneeschuhen unterwegs. Dies spiegelt sich auch beim Notfallgeschehen: Seit dem Jahr 2004, als das Schneeschuhlaufen in der Bergnotfallstatistik erstmals gesondert erfasst wurde, hat sich die Zahl der Notfälle bei dieser Tätigkeit mit total 43 Beteiligten annähernd vervierfacht! Von diesen fanden vier Betroffene den Tod. Eine Person starb an den Folgen eines Sturzes. Auch einer von sieben Schneeschuhläufern, die in eine Lawine gerieten, fand den Tod. Sechs Personen erlitten einen Krankheitsfall. Von diesen starben zwei durch Kreislaufversagen. Da es noch keine zuverlässigen Schätzungen über die Zahl der Akteure gibt, wäre es voreilig, aus den vorhandenen Notfallzahlen schliessen zu wollen, dass beim Schneeschuhlaufen besonders viele schlecht vorbereitete oder unvorsichtige Berggänger unterwegs sind. Sicher ist hingegen, dass eine Schneeschuhtour im winterlichen Gelände höhere und mehr Kompetenzen erfordert als eine Bergwanderung auf einem markierten Weg im Sommer. Richtlinien über die Anforderungen und Tourenbeschreibungen können hier wertvolle Unterstützung bieten.

Mehr Berggänger, steigende Rettungszahlen

Seit nunmehr drei Jahren steigt die Zahl der Personen, die von der Bergrettung evakuiert, gerettet oder geborgen werden mussten, stetig an. Werden die Bergsteiger unvorsichtiger, oder sind die Berge aufgrund der immer häufiger auftretenden Klimakapriolen gefährlicher? Bevor man solche Fragen beantwortet, muss man die Tatsache zur Kenntnis nehmen, dass immer mehr Leute in den Bergen unterwegs sind. Die meisten davon sind gut ausgerüstet, informiert und in der Regel auch besonnen genug, die Tourenziele den persönlichen Ressourcen und den aktuellen Verhältnissen anzupassen. Wenn dies misslingt, kann mit den heutigen Kommunikationsmitteln von sehr vielen Standorten aus Hilfe angefordert werden. Diese Möglichkeit, die man sich noch vor wenigen Jahren in dieser Dimension kaum vorstellen konnte, hat allerdings zwei Gesichter. Einerseits kann so bei einem Missgeschick die Bergrettung nötigenfalls intervenieren, bevor ein schlimmer Unfall geschehen ist, oder ein Patient kann in kurzer Zeit optimal versorgt werden. Andererseits aber kann dies auch dazu verleiten, die Option eines jederzeit möglichen Hilferufs bereits bei der Planung miteinzubeziehen. Dies sollte vermieden werden. So ist nach wie vor nicht von jedem Standort aus eine Mobiltelefonverbindung gewährleistet. Dazu kommt, dass die Bergrettung nicht selten nur wegen eines unrealistischen Zeitbudgets um nächtliche « Taxidienste » gebeten wird oder dass sich die Rettungskräfte infolge extremer Wetterverhältnisse in sehr gefährliche Situationen begeben müssen. Dies kann und darf nicht zum Regelfall werden. Jeder Berggänger sollte sich bewusst sein, dass ein gesunder Respekt gegenüber der alpinen Natur der beste Garant dafür ist, nach einem schönen Bergerlebnis wieder gesund nach Hause zurückzukehren. a Ueli Mosimann Arbeitsgruppe Statistik SAC Immer mehr Leute auf Klettersteigen: Bergnotfälle entstehen bei solchen Anlagen meist durch Blockierungen.

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