Bergverlag Rother: 75jähriges Jubiläum mit zwei interessanten Neuerscheinungen
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Bergverlag Rother: 75jähriges Jubiläum mit zwei interessanten Neuerscheinungen

Im November 1995 feierte der Bergverlag Rother in München mit einem grossen Fest das 75jäh-rige Firmenjubiläum. Bereits seit 1920 versorgt das Verlagshaus, das seit ein paar Jahren dem traditionsreichen österreichischen Kartographieunternehmen Frey-tag-Berndt & Artaria gehört, die Bergsteiger- und Wanderzunft mit einer umfangreichen Palette von Büchern. Zu seinem Jubiläum hat der Verlag zwei in ihrer Art ganz eigene Werke herausgebracht: den Bildband « Rock Stars » von Heinz Zak und das Lese- und Geschichtenbuch « Auf Abwegen » des Autors Malte Roeper.

Prominenz, Autoren und Presse an der Feier Zum Jubiläumsfest in München erschienen nicht nur Medienvertreter aus dem In- und Ausland, eine grosse Zahl von Autoren, die Mitarbeiter des Verlags, sondern auch viel Prominenz aus der Alpinszene: Hans Kammerlander, « Sicherheitspapst » Pit Schubert, die Sportkletterer Alexander und Thomas Huber und viele mehr liessen es sich nicht nehmen, dem Verlag ihre Reverenz zu erweisen. Der Bergsteiger und Buchhändler Rudolf Rother sen. legte mit der Publikation des Buches Tat und Traum ( Oskar Erich Meyer ) im Jahre 1920 den Grundstein für den alpinen Fachverlag, der es sich von Anfang an zur Aufgabe machte, möglichst verschiedene Sparten des Alpinismus zu dokumentieren. So erschien z.B. bereits 1921 die Lehrschrift Das Klettern im Fels ( F. Nieberl ) in dritter Auflage. Nach einer schwierigen Anfangszeit entwickelte sich der Rother-Verlag kontinuierlich aufwärts; der Zweite Weltkrieg setzte dieser Entwicklung allerdings ein jähes Ende. Einerseits brach diese Zeit 1 Zak, Heinz: Rock Stars; die weitbesten Freikletterer ( Fr. 98., München 1995 ) und Roeper, Malte: Auf Abwegen - Bergsteigen und andere Zwischenfälle ( Fr. 24.80, München 1995 ) Am Fuss der Aiguille d' Orny die Beziehungen innerhalb der Berg-steiger-Welt ab, anderseits wurde bei einem Luftangriff das Verlagsge-bäude zerstört und dabei eines der wertvollsten und umfangreichsten Archive alpiner Literatur fast gänzlich vernichtet. 1951 erschien - nach mühsamer Aufbauarbeit und nachdem die Zusammenarbeit mit den Alpenvereinen beschlossen worden war - der erste « Alpenvereinsführer » ( F.. " " .März und H. Klier ) über das Karwendelgebirge.

Vielseitiges Verlagsprogramm Auch den traditionsreichen Bergverlag Rother trafen die verschärften Wettbewerbsbedingungen, die seit einigen Jahren den Buchmarkt prägen, sehr hart. So wurden von der Mitte der achtziger Jahre an nacheinander die verlagseigene Versandbuch-handlung, die Zeitschrift Bergwelt sowie die hauseigene Druckerei verkauft. 1990 endete mit dem Verkauf des Verlages an Freytag-Berndt & Artaria schliesslich die Ära des Berg-verlages Rother als Familienunternehmen.

Seither ist das Verlagsprogramm ausgebaut und modernisiert worden. Rother publiziert verschiedene Werke und Reihen: Bildbände und Bergbücher, die Reihen der Wander- ( Einband rot ), Rad- und Trekkingführer ( gelb ), Ski-(blau)und Alpenvereinsführer, dann die Bände « Rother Selec-tion » zu ausgewählten Themen ( z.. " " .B. Klettersteigatlas Alpen oder Wanderungen im Südwesten der USA ) sowie neuerdings Programmdisketten ( « TourenDisk » ) mit Tourenvorschlägen. Rother vertreibt überdies seit längerer Zeit auch die Bücher aus dem SAC-Verlag in Deutschland. Zur Zeit laufen Bestrebungen, die Zusammenarbeit zwischen den beiden Verlagen neu zu überdenken.

Zwei interessante Neuerscheinungen zum Jubiläum Rechtzeitig zum 75-Jahre-Jubiläum erschienen die zwei Bücher Rock Stars ( Heinz Zak ) und Auf Abwegen ( Malte Roeper ). Beide stiessen in der Kletterszene auf grosses Interesse. Heinz Zak begleitete für seinen Bildband fünf Jahre lang siebzig der besten Kletterer der Welt mit der Kamera. Er fotografierte sie in ihren Toprouten und entwarf ihre Porträts anhand vieler persönlicher Gespräche. Das nach Ländern gegliederte und mit begeisternden, teilweise allerdings schon zuvor publizierten Bildern illustrierte Werk dokumentiert auf ausführliche und spannende Weise die aktuelle Vielfalt des Sportkletterns, die unterschiedlichen Lebenseinstellungen der « Cracks » und deren wichtigste Erstund Rotpunktbegehungen.

Ganz anders Malte Roeper: In seinem kleinen Büchlein Auf Abwegen - Bergsteigen und andere Zwischenfälle erzählt der Alpinist, der auf eine Reihe extremer kombinierter Touren und Erstbegehungen zurückblicken kann, viele Kurzgeschichten, die in Ton und Art an Reinhard Karl erinnern. Er lässt die Lust am Abenteuer aufleben, schildert Träume, Exzesse, Tramper- und Bergerlebnisse mit Selbstironie und feinem Humor. Die lockere Erzählart und die teilweise unglaublichen, witzigen Geschichten fesseln und zeigen auf, was ein moderner Spitzenalpinist über Freude und Leistung hinaus am Berg erleben kann. Auf Abwegen und Rock Stars sind völlig verschiedene gelungene Bücher, die in der alpinen Bücher-schwemme zwei erfrischende Punkte darstellen.

Christine Kopp, FlüelenAm schönsten wirkt nicht das Grosse, der Blick auf den Biancograt, die Kalkwände des Rätikon oder die Zacken aus Bergeller Granit, schön ist das Kleine, das Unscheinbare. Auch das zeigt Peter Donatsch aus der Höhe, da wirkt es leichter, flüchtiger. Ein gutes Buch, lobte Adolf Muschg wieder und blätterte weiter. Die Bilder sind keine Idyllen, das Bündnerland ist bewohnt und überbaut mit Strassen, Bahnen, Brücken und Häusern. Auch sie sehen aus der Ikarus-schau anders aus. Der Fotograf schwebt über der Tardisbrücke, der Autobahneinfahrt, dem Heidiland, einer Landschaft aus Kurven, eindimensional, Pfeile geben die Fahrtrichtung an. Kirchen und Friedhöfe erinnern ja auch an eine andere Schau unserer Welt: Fliegen - Flüchtigkeit -Vergänglichkeit. Ein gutes Buch, wiederholte Muschg wieder.

140 Kurztexte zu 200 Bildern. Wo ist das? Danach wird nicht gefragt. « Name ist Schall und Rauch » ( Goethe ). Man hat schreibenden Menschen die Bilder gezeigt und sie gebeten zu sagen, was sie beim Betrachten empfinden. Das Buch ist dreisprachig, vielleicht noch mehr: vielsprachig, vielfältig, aber nicht bunt, es hat eine Linie, ein klares Anliegen: Graubünden! Ohne Schminke, ohne Schönfärberei, aber auch ohne den Wahn, alles besser machen zu wollen. Graubünden aus der Sicht eines Fotografen, der sein Land liebt und Bilder zeigt, die längst Bekanntes einmal anders vorstellen. Auch die Texte zeigen neue Blickwinkel. Ein gutes Buch, sagte Muschg am Schluss nochmals, und ich meine, ein wertvolles Buch.

Paul Meinherz, Maienfeld

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