Der Einfluss des Deutschen und Französischen auf die englische Fachsprache des Alpinismus
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Der Einfluss des Deutschen und Französischen auf die englische Fachsprache des Alpinismus

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Hans Fässler, St. Gallen

Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester j6lj7 als Seminararbeit an der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich geschrieben. Die Leitung des Seminars hatte Prof Dr. E. Leisi, dem an dieser Stelle für seine Überprüfung der Arbeit sowie für seine Anregungen und Literaturhinweise herzlich gedankt sei. Für den Abdruck in den « Alpen » wurde die Arbeit vom Verfasser leicht abgeändert.

Inhaltsverzeichnis 1Einleitung1 70 1.1 Methodologische Vorbemerkungen171 1.2Theoretische Grundlagen171 1.3Fragestellung1 72 2Entlehnung in der englischen Terminologie des Alpinismus 1 73 2.1Lehnwörter 1 74 2.2Lehnprägungen 177 3Sozio-kulturelle Betrachtung des Sprachkontakts 1 78 3.1Englischer Alpinismus bis zum Beginn des « Golden Age » 1 78 3.2Das « Golden Age » 1 79 3.3Englischer Alpinismus bis zum Ersten Weltkrieg 1 79 3.4Englischer Alpinismus seit dem Ersten Weltkrieg 183 4Schluss 183 4.1Ergebnis 184 4.2Offene Fragen 184 5Anhang 184 Glossar alpinistischer Termini184 Illustrationen ( Im Text vorverlegt)180-183 6Literaturverzeichnis185 6.1Sprachwissenschaftliche Werke185 6.2Werke zur Geschichte des Alpinismus[85 6.3Alpine Lehrbücher185 6.4Alpine Primärliteratur185 6.5Glossare186 Bilder 16 bis 23 I EINLEITUNG Der Anteil an deutschem Lehngut im heutigen Englisch, d.h. der gesamte Einfluss, den die deutsche Sprache auf das Englische ausgeübt hat, erscheint gering, wenn man ihn etwa mit dem französischen oder skandinavischen vergleicht. So beträgt zum Beispiel der Anteil der romanischen ( d.h. französischen und lateinischen ) Lehnwörter rund zwei Drittel des heutigen englischen Wortschatzes. Setzt man als Massstab gar das umgekehrte Phänomen an, nämlich den Anteil an angelsächsischem Lehngut ( Englisch und Amerika-nisch ) in der modernen deutschen Sprache, so wird der Einfluss des Deutschen auf das Englische völlig unbedeutend. Dieser Unterschied wird einem bewusst, wenn man etwa in einer deutschen Zeitung nach englischen Ausdrücken sucht und auf Anhieb Dutzende von Beispielen findet ( Pick Pay, Hit, City, Shop, Discount, Leasing, Spot, usw. ), in einer englischen Zeitung bei der Suche nach deutschen Ausdrücken jedoch praktisch leer ausgeht.

Trotzdem - oder gerade deshalb ist die Frage nach den Bereichen des Wortschatzes, in denen das Englische deutschsprachigen Einfluss zeigt, hochinteressant. Die Bereiche, die in der Literatur immer wieder genannt werden, sind: :'Mine-ralogie ( Beispiele: gneiss, cobalt, nickel ), Philosophie ( Beispiele: Zeitgeist, Weltanschauung ), militä-risch-politischer Bereich im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg ( Beispiele: blitz, blitzkrieg, shocktroops, snorkel,flak, hinterland ) und Psychologie ( Beispiele: gestalt, angst ). So konnte man, um eines der genannten Wörter in einem Beispiel zu verdeutlichen, im Jahre 1940 lesen: « The complete 1 Beispiele aus Ernst Leisi, Das heutige Englisch, Heidelberg 1969, S. 50, und aus Der Spiegel, Nr. 1/2/1977, S. 7.

failure of the Soviet Blitzkrieg an Finland2. » ( Der vollständige Misserfolg des russischen Blitzkrieges gegen Finnland. ) Die Beschäftigung mit dem modernen Alpinismus in Praxis und Theorie führte mich zu der Vermutung, dass das Vokabular des Bergsports ein weiterer Bereich sei, in dem deutsches Sprachgut ins Englische eingedrungen ist. Aus dem Versuch, diese Vermutung zu erhärten, das heisst zu beweisen, dass sie richtig ist, ist die folgende Arbeit entstanden.

/./ Methodologische Vorbemerkungen Meines Wissens ist über das von mir behandelte Gebiet noch keine Arbeit erschienen. Diese Tatsache stellt einerseits einen Anreiz dar, bringt andererseits aber verschiedene methodische Schwierigkeiten mit sich:

Die verfügbare Literatur gruppiert sich um die beiden Schwerpunkte « Sprachwissenschaft » und « Geschichte des Alpinismus ». Das von mir gewählte Thema liegt in einem Zwischenbereich und wird in den entsprechenden Werken nur am Rande berührt.

Die wichtigste Quellengruppe für meine Arbeit die Wörterbücher - gibt oft nur unvollständig Auskunft. Mehrere Wörter sind überhaupt nicht verzeichnet, d.h. Jahrzahlen, die besagen, wann ein Wort das erstemal auftritt, Belege ( Textbeispiele, in denen das betreffende Wort enthalten ist ) und Etymologie ( Angaben darüber, aus welcher Sprache ein Wort ursprünglich stammt und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat ) müssen erst mühsam erarbeitet werden, wenn dies überhaupt möglich ist. Bei den Einträgen im Oxford English Dictionary ( OED ), dem umfangreichsten englischen Wörterbuch, müssen ausserdem Angaben über Aussprache, Sprachschichtung und Jahrzahlen mit Vorsicht aufgefasst werden, da dieses Werk 1888-1928 entstanden ist und deshalb nicht auf dem neuesten Stand der Forschung sein kann.3Arbeiten über Fachsprachen befassen sich meist mit solchen aus Technik und Wissenschaft. Diese Fachsprachen oder Terminologien sind aber in jedem Fall umfangreich4 2 Shorter Oxford English Dictionary, Oxford 1975, Band II, S.2606.

1 So erwies sich etwa die Datierung von avalanche ( Lawine ) auf 1789 als falsch. Richtig ist 1744!

1 So belief sich etwa die Zahl der Termini der Elektrotechnik im Jahre 1930 bereits auföoooo!

und deutlich strukturiert. Dies trifft jedoch für die Fachsprache des Alpinismus nur zum Teil zu. Die beiden Bereiche der Sprachwissenschaft, die in meiner Arbeit berührt werden, nämlich die Sprachschichtung und die sprachliche Interferenz ( der Einfluss einer Sprache auf eine andere ), sind erst in neuerer Zeit zum Gegenstand systematischer Forschung geworden.

Diese Liste der Schwierigkeiten, denen ich im Laufe der Arbeit begegnet bin, soll zwar keine Entschuldigung, doch wenigstens eine Erklärung sein für die Fehler, die unweigerlich an der einen oder andern Stelle auftreten werden.

1.2 Theoretische Grundlagen Der eigentlichen Untersuchung des Lehngutes müssen noch einige begriffliche Klärungen und theoretische Erörterungen vorausgehen. Dies betrifft einmal die beiden Begriffe « Terminologie » und « Alpinismus ».

Unter « Terminologie » versteht man den Fach-wortschatz eines Wissenschaftsgebietes; die Gesamtheit der Termini eines Fach- oder Sachgebiets, die einen besonderen Bereich im Lexikon einer Sprache bildet5.

Das Sachgebiet in diesem Fall ist das des Alpinismus, worunter ich den Bereich des sportlichen Bergsteigens im weitesten Sinn verstehe. Der Begriff « Alpinismus » hat ja heute die Bedeutungs-komponente « sich auf die Alpen beziehend » verloren, so dass man auch vom « Alpinismus im Himalaya » sprechen kann.

Ein weiterer zentraler Begriff ist der des « Terminus », der bereits oben in der Definition der Terminologie aufgetaucht ist. Ein Terminus ist ein Wort ( oder ein ganzer Ausdruck ), das irgend einen Gegenstand oder Begriff in einem speziellen Wissensgebiet bezeichnet6.

Um die Frage, ob es sich bei einem Ausdruck um einen Terminus handelt, beantworten zu können, sind noch folgende drei Begriffe zu erklären:

5 Th. Lewandowski, Linguistisches Wörterbuch3, Heidelberg 1976, S. 730 f.

6 Hans Peter Stoffel, Studien zur Geschichte der russischen Skisportterminologie, Bern 1975, S. 2 1 f.

Terminologisierungsschwelle Wird ein Wort bei verschiedenen Autoren oder Sprechern zu verschiedenen Malen verwendet, so überschreitet es die Terminologisierungsschwelle und tritt in den Untersuchungsbereich ein7. Entterminologisierung8 Ein Terminus kann die Terminologie verlassen und in übertragener Verwendung in die Gemeinsprache eindringen. In diesem Fall verlässt er den Untersuchungsbereich. Beispiel: Der Terminus avalanche ( Lawine ) wird enttermi-nologisiert in an avalanche of letters ( eine Lawine von Briefen ), weil er jetzt nicht mehr einen Gegenstand aus dem Sachgebiet « Alpinismus » bezeichnet. Professionalismus9 Ein Professionalismus bezeichnet ebenfalls einen Gegenstand oder einen Begriff aus einem bestimmten Sachgebiet. Im Unterschied zum Terminus ist er aber raschem Wandel unterworfen und von regionalen und sozialen Sprecher-gruppen abhängig. Man könnte die Professionalismen den Slang der Fachsprache nennen.

Beispiele:

Terminus Professionalismen SeilFaden, Strick stürzenfliegen, einen Flug tun, verreisen SkiBretter, Latten'0 Da die zwei mir zur Verfügung stehenden Glos-sare11 sich als unvollständig erwiesen, stellte sich mir die Aufgabe, aufgrund der bisher genannten theoretischen Voraussetzungen ein Korpus 12 « Englische Terminologie des Alpinismus » zu schaffen, das dann Objekt meiner Untersuchung sein würde. Dabei zeigte es sich bald, dass dies nur durch eine inhaltliche Gliederung zu bewältigen sein würde. Diese Gliederung wird nachfolgend dargestellt. Ich bin mir der Problematik der von i siehe », S.ayf.

" Ebd., S.33.

» Ebd., S.3of.

10 Beispiele aus Stoffel, Skisportterminologie, S.30.

" Max Oechslin ( Hrsg. ), Wörterbuch für Bergsteiger, Bern 1966, und Alpin-Diktionär Englisch-Deutsch, in: Alpinismus ro/71, S.59f.

12 Unter Korpus versteht man in diesem Fall die Gesamtheit der zu untersuchenden Wörter.

mir gewählten Aufteilung bewusst. Insbesondere stellen sich die folgenden Probleme:

Abgrenzung zur Gemeinsprache: Gehört mountain zur Terminologie?

Die Gliederung in sozusagen objektiv vorhandene, geologische Gegebenheiten und technische Begriffe ist nicht ganz befriedigend. Viele Ausdrücke sind durch die Notwendigkeit einer feineren Aufgliederung der aussersprachlichen Wirklichkeit durch die Sprache im Rahmen der alpinistischen Erschliessung entstanden. Ist nun also foothold ( Tritt ) eine geologische Gegebenheit oder ein technischer Begriff?

- Die Unterteilung der Alpinen Technik in « Bewegungen » und « Technische Begriffe » läuft eigentlich auf eine Einteilung in Wortarten ( Substantive und Verben ) hinaus, da auch unter den technischen Begriffen Bewegungssubstan-tive sind ( mantleshelf ungefähr: Klimmzug ). Die Seilknoten würden eigentlich zu den technischen Begriffen gehören; da ich sie aber nicht behandeln werde, habe ich sie ausgegliedert.

Von den erwähnten drei Problemen fallen die letzteren zwei für meine Arbeit nicht eigentlich ins Gewicht, da es ja nur um Verschiebungen innerhalb der Terminologie geht. Das erste Problem hingegen ist schwerwiegender, da es die Gefahr mit sich bringt, unzulässige Untersuchungsmethoden anzuwenden. Will man nämlich einen bestimmten Sachverhalt beweisen, so tendiert man dazu, diejenigen Dinge, die dem Beweis förderlich sind, überzubetonen und die Tatsachen, die dem Sachverhalt widersprechen, zu vernachlässigen.

Aus zeitlichen und methodischen Gründen habe ich mich in meiner Arbeit auf die durch dickere Umrandung gekennzeichneten Bereiche beschränkt, was aber immer noch die stattliche Anzahl von rund 230 Termini ergab. ( Siehe Darstellung Seite 173. ) 1.3 Fragestellung Das aufgrund der in 1.2 aufgezeigten theoretischen Grundlagen gewonnene Korpus von etwa 230 Termini musste nun im Hinblick auf die in der Einleitung noch vage formulierte Problematik untersucht werden. Der Ausgangspunkt ist die folgende Fragestellung:

Stimmt es, dass der Einfluss des Deutschen und Englische Terminologie des Alpinismus1 Alpine AuarüMuiu Alpine Umwelt Bekleidung breeches ( Kletterhoseì anorak Anorak ( Seil ) ice-axe Pi. kr!

edelweiss ( Edelweiss ) alpenrost ( Alpenrose ) Steinbock 1 Steinbock: chamois ( Gemse ) Allgemeine Formation. l>r,lk ( Spitzel ( Gipfel glacier ( Gletscher sérac i Scrac 1 Mg, ( Band ) diedre ( Verschneid ung storm ( Sturm ) alpenglou'( Alpenglühen!

Französischen, d.h. der Anteil an Lehngut aus diesen Sprachen, in der englischen Terminologie des Alpinismus ( genauer in den untersuchten Bereichen der Terminologie ) im Vergleich zu der Gemeinsprache signifikant gross ist?

Daraus ergeben sich die zwei Teilfragen:

1. Welches sind die den sprachlichen Kontakt erweisenden Elemente? ( 2.1 und 2.2 ) 2. Welches sind die aussersprachlichen, soziokul-turellen Bedingungen für diesen Kontakt? ( 3-1 » 3-2, 3.3 und 3.4 ) 2 ENTLEHNUNG IN DER ENGLISCHEN TERMINOLOGIE DES ALPINISMUS Nach Gneuss14 und anderen Autoren teilt sich das Lehngut in Lehnwörter und Lehnprägungen ein. Im Fall des Lehnworts dringt das betreffende Alpine Technik

1

Beweg ingen b Technische Begrifft'sb Sciiknoten ( klettern ) in layback ( dülfern ) piuk ( Seilllnge ) trux Schlüsselstelle!

lape knot Bandschlingrn- k not en | bowline Bulinknoten ) Glaziologischc Formationen Geologische Meteorologische Gegebenheiten Wort in seiner mehr oder weniger unveränderten Lautgestalt oder Schreibung in die Kontaktspra-che ein und erfahrt dort einen Assimilationspro-zess. Von Lehnprägungen spricht man hingegen, wenn eine Sprache x unter dem Einfluss einer Sprache y aus eigenem Material neue Formen bildet. Für den Bereich des Wortschatzes ergibt sich schliesslich folgende Gliederung des Lehngutes:

13 Sofern die vorgenommene Gliederung dem Gegenstand angemessen ist, müsste sie sich auch auf die Terminologien des Alpinismus in anderen Sprachen anwenden lassen.

14 Helmut Gneuss, Lehnbildungen und Lehnbedeutungen im Alt-englischen^ Berlin 1955.

Die wichtigeren Formen des Lehngutes seien noch durch Beispiele verdeutlicht:

Fremdwort: Park-and-ride, Recycling Assimiliertes Lehnwort: Garage, Hit Lehnbedeutung: Das deutsche Ente bekam die Zu-satzbedeutung ,falsche Zeitungsmeldung'unter dem Einfluss des französischen canard.

Lehnschöpfung: Kraftwagen für Automobil, Fernsprecher für Telephon.

Lehnübersetzung: Kurzgeschichte für engl. short story Ich werde mich in meiner Arbeit vor allem dem Lehnwort-Bereich, zuwenden, da dieser natürlich leichter zu erfassen ist als der Bereich der Lehnprägungen.

2.1 Lehnwörter Ich treffe hier vorläufig keine Unterscheidung zwischen Fremdwort und assimiliertem Lehnwort, da der Übergang fliessend ist und die Kriterien zur Beurteilung der Assimilation nicht eindeutig sind. .'5 Aus methodischen Gründen habe ich mich darauf beschränkt, das Korpus auf Entlehnungen, die in der Zeit nach 1500 stattgefunden haben, zu untersuchen. Eine Ausdehnung der Analyse auf die mittelenglische Periode würde noch eine Anzahl Wörter aus dem Grenzbereich « Terminolo-gie/Gemeinsprache » zutage bringen ( mountain, summit, face, usw. ), der Aussagewert dieser Ent- 15 Ein Ansatz zu brauchbaren Kriterien könnte vielleicht die in diesem Abschnitt aufgestellte Stufenleiter sein ( s. S. I 76.

lehnungen wäre aber im Rahmen meiner Fragestellung gering, da ihr soziokultureller Hintergrund kaum zu rekonstruieren ist und auch nicht im Zusammenhang mit einer beginnenden Erschliessung der Bergwelt steht.

Die Untersuchung, die mit Hilfe der im Oxford English Dictionary verzeichneten Etymologie durchgeführt wurde, hat nun ergeben:

Das oben erwähnte Korpus von ca. 230 Wörtern enthält ( ohne Zusammensetzungen und Ableitungen ):

14 Lehnwörter aus dem Deutschen ( ca. 6% ) 16 Lehnwörter aus dem Französischen ( ca. 7% ) Dabei handelt es sich um folgende Wörter:

( sb = Substantiv, vb = Verb ) Lehnwort Erster Ableitungen, Flexions- Beleg Zusammen- formensetzungen, Abkürzungen Lehnwörter aus dem Deutschen abseil ( sb ) 1933 abseil ( vb ) we abseiled ( Abseilen, ( abseilen ) ( wir seilten Abseilstelle ) abseil block ab ) ( Abseilblock ) abseil ring Abseilring abseil rope ( Abseilschnur ) abseil sling ( Abseilschlinge ) ab ( sb ) ( Abseilstelle ' ) alpenstock 1829 alpenstock«- alpenstocks ( Alpenstock ( Bergsteiger zur Alpenstörke Zeit des A. bergfall 1856 ( Bergsturz bergshrund 1843 shrund bergshrunds ( Bergschrund ( Bergschrund ( Bergschrunde 16 Da dem Pluralzeichen -s bei den französischen Lehnwörtern nicht dieselbe Bedeutung zukommt wie bei den deutschen, sind hier keine Pluralformen verzeichnet.

Lehnwort Erster Beleg Ableitungen, Zusammensetzungen, Abkürzungen Flexionsformen dulfer ( vb ) ( dülfern ) -j I dulfered ( ich dülferte ) fiffi ( Finifirn ( Firn ) 853 firnification ( Verfirnung ) firns Firnfelder ) gletcher ( Gletscher ) 1762 griff-fiffi ( Griff-Fifli ) karabiner ( Karabiner ) 932 crab ( Karabiner ) karabiners karabincrs crabs ( Karabiner ) kernmantel rope ( Kernmantelseil ) kernmantel ropes ( Kernmantelseile ) klettergürtel ( Klettergürtel )?

prusik ( vb ) ( prusikenprusiking ( Prusiken ) prusik knot ( Prusikknoten ) prusik loop ( Prusikschlinge ) he prusiked ( er prusikte ) randklui't ( Randkluft ) 7 Lehnwörter aus dem Französischen arete ( Rippe ) avalanche ( sb ) ( Lawine )'744 avalanche ( vb ) ( als Lawine niederstürzen ) avalanchy ( lawinös )'75 Lehnwort Erster Beleg Ableitungen, Zusammensetzungen, Abkürzungen Flexionsformen cirque! Kar. Kessel ) 874 col ( Sattel )'853 couloir ( Couloir, Rinne )'855 crevasse ( sbGletscher-spalte 1823 crevasse ( vb ) 1 Gletscherspalten bilden ) crevassed spaltenrcich ) descendeur'Abseilgerät 0 diedre ( Verschneidung )?

etrier 1 Trittleiter ) glacier ( Gletscher ) 744 glaciery ( vergletschert! glacierist ( Glaziologe ) glaciered ( vergletschert ) glacierization ( Vergletscherung ) moraine ( Moräne ) 789 mousqueton 1 Karabiner?

névé ( Firn ) 843 piton ( Haken ) 1920 piton hammer ( Kletterhammer ) Lehnwort Erster Beleg Ableitungen. Zusammensetzungen, Abkürzungen Flexionsformen sérac ( Sérac ) i860 verglas ( Wassereis ) verglassed ( mit Wassereis bedeckt ) Ausgehend von den schriftlichen Belegen für die in der obigen Liste angeführten deutschen und französischen Lehnwörter, habe ich versucht, eine Stufenleiter der Assimilation von Fremdwörtern aufzustellen. Ich bin mir dabei bewusst, dassdie StufcnbegrifFe nicht sehr treffend sind,die Reihenfolge der Stufen nicht zwingend ist,bei der Anwendung der Kriterien die orthographischen Gewohnheiten des Autors, die Druckgewohnheiten des Verlags, die Art der Literatur17 und noch andere Faktoren in die Überlegung einbezogen werden müssen,in einer weiteren Analyse auch die Entwicklung in der Aussprache miteinbezogen werden sollte.

i.Stufe: Explizite Kommentierung Erklärende Umschreibung im Text oder in einer Fussnote Beispiele:... the whole ridge was thus defended by a profound chasm, called in Switzerland a bergschrund. ( Der ganze Grat war so durch einen tiefen Spalt abgetrennt, der in der Schweiz « Bergschrund » genannt wird. ) One ofthose projecting pieces of rock which are called gendarmes.

( Eines dieser herausragenden Felsstücke, die « Gendarmen » genannt werden. ) 17 So kann man natürlich aus der Tatsache, dass ein Wrort in einem alpinen Lehrbuch oder einem Werk, das sich an Laien auf dem alpinen Gebiet richtet, explizit kommentiert ist, nicht schliessen, dass es erst am Beginn des Assimilations-prozesses steht.

2.Stufe: Implizite Kommentierung Kursivdruck, Anführungszeichen, Grossschrei-bung Beispiele:... they... gladly trusted themselves to the very abrupt masses of névé in the ravine. ( Erfreut vertrauten sie sich den schroffen Firnmassen in der Schlucht an .) the party turned aside to an arête,.. ( die Seilschaft wandte sich gegen den Grat,... ) I perceived an enormous Bergschrund... ( Ich gewahrte einen gewaltigen Bergschrund... ) j.Stufe: Kommentarlose Verwendung Beispiele: Steadily I worked away and arrived at a point in the diedre where... ( Gleichmässig bewegte ich mich weiter und gelangte zu einer Stelle in der Verschneidung, wo... ) I stood in the étrier and the cord stretched... ( Ich stand in der Trittleiter und das Seil dehnte sich... ) 4. Stufe: Orthographische Assimilation Veränderung sprachfremder Buchstabenkom-binationen, Weglassung fremder diakritischer Zeichen ( è é ê etc. ) Beispiele:... the upper lip of a bergshrund may be... ( Der obere Rand eines Bergschrundes kann... ) Joe Brown climbed the incipient diedre... ( Joe Brown erkletterte die Anfangsverschneidung j. Stufe: Morphologische Assimilation Einbau des Wortes in das neue Flexions- und Wortbildungssystem ( Pluralbildung, Personal-und Zeitendungen bei Verben, Vor- und Endsilben usw. ) Beispiele: Siehe Liste der Lehnwörter, Spalten 3 und 4!

2.2 Lehnprägungen Wie ich schon oben erwähnt habe, ist der Bereich der Lehnprägungen wesentlich schwieriger zu bearbeiten als der des Lehnworts. Ich folge deshalb in diesem Abschnitt nicht weiter der eingangs aufgestellten Gliederung des Lehngutes, sondern teile ein in sichere, wahrscheinliche und vermutete Fälle von Lehnprägungen.

Der einzige Fall, bei dem ich sicher bin, dass es sich um eine Lehnprägung handelt, ist die Lehnübersetzung four thous ander 18 von deutsch Viertausender. Ausserdem gibt es eine Anzahl von Termini, bei denen wahrscheinlich Lehnbedeutung vorliegt. Es sind dies Ausdrücke, die schon früh aus dem Französischen ins Englische gelangten, die aber erst später, eben wahrscheinlich unter dem Einfluss der entsprechenden französischen alpinen Termini, eine Bedeutungserweiterung im alpinen Sinn erfuhren. Ich habe diese sechs Termini in einer Tabelle zusammengestellt; zuerst aber soll die folgende graphische Darstellung das Gesagte verdeutlichen:

( « Steigeisen » ) y, crampon ( 1789 ) N ( « Steigeisen»Frz.

S /,crampon ( 1490Y,«Enterhaken » ) N crampon ( « Enterhaken » ) N 1 Terminus Bedeutung als Erst- Alpin. Lehn- Erst- Lehnwort Iii'Icl; bedeutung beleg bivouac Nachtwache 1706 Nacht unter 853 einer Armee freiem Himmel ( « Biwak » ) cornice Kranzgesimse, 1563 Wächte 1871 Kranzleiste crampon Klammer, 1490 Steigeisen >789 Enterhaken 18 Daneben gibt es auch sixlhousander, seventhousander usw.

T77 Terminus Bedeutung als Erst- Alpin. Lehn- Erst- Lehnwort beleg bedeutung beleg debris Bruchstücke, 1708 Geröll 1802 Trümmer ( fig. ) gendarme Berittener !55° hinderlicher 1883 Soldat Gratturm ( « Gendarme » ) rappel Zum Rückzug 1848 abseilen blasen ( mil. ) Alle folgenden Fälle sind fraglich, da sie nicht auf systematischer Untersuchung beruhen, sondern auf Vermutungen:

Lehnübersetzungen: ice-axe ice-stake ice-peg ice-screw abseil ring abseil block glacier-gate snow bridge Lehnübertragungen:

to rope off to rope down to double-rope down mountaineering boots mountain boots climbing harness Lehnschöpfungen: snap-link climbing iron snow plume spring snow corn snow spring corn black ( blue ) ice ice covered ( Eisbeil ) ( Eisstichel ) ( Eishaken ) ( Eisschraube ) ( Abseilring ) ( Abseilblock ) ( Gletschertor ) ( Schneebrücke ) ( abseilen ) ( Kletterschuhe ) ( Klettergürtel ) ( karabiner ) ( crampon ) ( cornice ) ( firn, névé ) ( verglasverglassed ) 3 SOZIO-KULTURELLE BETRACHTUNG DES SPRACHKONTAKTS Es versteht sich von selbst, dass es nicht möglich ist, auf den folgenden Seiten eine vollständige Geschichte des Alpinismus zu schreiben. Es kann sich lediglich um einige summarische Hinweise handeln, in deren Verlauf ich versuchen werde, mich auf diejenigen Aspekte zu konzentrieren, die den Hintergrund liefern können für die vorausgegangene sprachwissenschaftliche Betrachtung. Es sind dies v.a.

Entwicklung der alpinen Technik ( im Hinblick auf die Termini des Inventars und der alpinen TechnikErschliessung der Alpen ( im Hinblick auf die Termini der alpinen UmweltSoziologische Gesichtspunkte ( im Hinblick auf die beteiligten Sprachen Englisch, Deutsch und Französisch ) j.i Englischer Alpinismus bis zum Beginn des « Golden Age » Im 17.Jahrhundert wurde das Interesse an der Berglandschaft, das im 16.Jahrhundert in Europa erwacht war 19, infolge der politisch-religiösen Konflikte wieder begraben. Erst im 18.Jahrhun-dert machte das neue Naturgefühl ( Haller, Rousseau ) das Alpenerlebnis zum grossen Schauspiel der Zeit. Es begann die Epoche der Alpenreisen, an der auch englische Touristen massgeblich beteiligt waren. So schreibt Wäber20, dass von 20 Gästen in einem schweizerischen Gasthaus in den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts 14 Engländer gewesen seien. Zwei Personen sind hier von besonderem Interesse: William Windham und William Coxe.

William Windham führte im Jahre 1741 eine Expedition nach Chamonix und eröffnete so diese wichtige Region für den Touristenstrom. Drei " Die wichtigsten zwei Namen aus dieser Zeit sind: Conrad Gesner ( « De montium admiratione », 1541 ) und Josias Simler.

211 A. Wäber, Landes- und Reisebeschreibungen 1847-go, Bern 1899, zitiert in: G.R. de Beer, Alps and Men, London 1932, S. 16.

Jahre später erschien die Schrift « An account of the Glacières or Ice Alps in Savoy, in two letters, one from an English gentleman to his friend at Geneva, the other from Peter Martel, Engineer, to the said English gentleman », in der Windham seine Reise beschreibt. In diesem Brief finden sich auch die ersten Belege für glacier und avalanche.

William Coxe unternahm insgesamt vier Reisen in die Schweiz, und zwar in den Jahren 1 776, 1779, 1785 und 1786. Über seine Reise durch Graubünden und andere Teile der Schweiz berichtete er in seinem Buch Travels in Switzerland and in the Country of the Grisons21. Auch hier finden sich wieder zwei Erstbelege, nämlich für crampon und moraine.

In der ersten Hälfte des 18.Jahrhunderts sind aber eigentliche Besteigungen noch sehr selten; erst die zweite Hälfte bringt eine Anzahl von Gipfelbesteigungen, an denen Engländer aber noch keinen Anteil haben. Der krönende Abschluss dieser ersten Phase von Gipfelerfolgen ist die Besteigung des Mont Blanc durch den Kristallsucher und Gemsjäger Jacques Balmat und den Dorfarzt von Chamonix, Michel Paccard. 1739 Titlis ( durch zwei Klosterleute aus Engelberg ) 1742 Schesaplana ( ein Pfarrer aus Seewis ) 1770 Mont Buet ( durch die Genfer Brüder Deluc ) 1784 Dent du Midi 1786 Mont Blanc In der folgenden Zeit ist es vor allem der Mont Blanc, der die englischen Besucher mit magischer Kraft anzieht. Bereits 1787 steht der erste englische Alpinist, ein gewisser Colonel Beaufoy, auf dem höchsten Berg Europas. Von 1802 bis 1851 waren es insgesamt 22 Engländer, die die begehrte Spitze erreichten. Unter dem Einfluss der steigenden Flut von englischen und auch kontinentalen Bergsteigern begann sich nun in den führenden Zentren des Alpinismus ( Mont Blanc, Walliser Alpen, Berner Alpen und mit einiger Verspätung auch in den Ostalpen ) eine Schicht 21 Coxe, Travels in Switzerland and in the Country of the Grisons, London 1791.

von berufsmässigen Bergsteigern heranzubilden. Diese rekrutierte sich aus Gemsjägern, Strahlern und Bergbauern, die von ihrem Beruf her eine besondere Kenntnis vom Gebirge hatten und die sich schon immer als Führer den Fremden angeboten hatten. Man darf nicht vergessen, dass damals ein ausländischer Bergsteiger auf diese einheimischen Führer absolut angewiesen war, denn es gab keine rechten Karten, keine gedruckten Führer, nur wenige Wege und Hütten. Für die Bergbewohner hingegen tat sich hier natürlich plötzlich eine finanziell interessante Möglichkeit auf, und so bildeten sich bald ganze Dynastien von Bergführern. Im Jahre 1821 schlössen sich die Bergführer von Chamonix zur « Société des guides de Chamonix » zusammen.

Entscheidend ist also, dass der beginnende englische Alpinismus auf dem Kontinent auf eine bereits mehr oder weniger ausgebildete alpinistische Technik und damit die englische Sprache auf eine bereits bestehende ( deutsche oder französische ) Terminologie des Alpinismus traf. Diese Tatsache erklärt zwar noch nicht alle Detailfragen in der sprachwissenschaftlichen Problematik, wohl aber doch den grossen Einfluss des Deutschen und Französischen auf diesen Teilbereich des englischen Vokabulars.

Die steigende Flut englischer Alpenreisender steht natürlich in wechselseitiger Abhängigkeit zu Entwicklungen in der Malerei ( Brockedon, Turner, u.a. ), Literatur ( Byron, Shelley, Wordsworth ) und Publizistik ( W. Brockedon, Illustrations of the Passes of the Alps, London 1828 ). In diesem Zusammenhang zeigt das Beispiel von Albert Smith sehr schön den Weg, auf dem fremdes Sprachgut in das Bewusstsein einer grösseren Schicht eingedrungen sein könnte. Albert Smith bestieg im Jahre 1851 mit vier Gefährten den Mont Blanc. Von diesem Jahr an hielt er nun bis 1857 in der Egyptian Hall am Piccadilly Vorträge über sein Abenteuer 22. Die Bühne war zu einem Schweizer Chalet ausgebaut worden; an der Vor- « Siehe Bild 18.

derseite befand sich ein Teich mit Granitblöcken, und die Wände zierten Fahnen der Kantone, Bilder und alpine Ausrüstungsgegenstände. Auch Königin Viktoria liess sich diesen Anlass nicht entgehen.

3.2 Das « Golden Age » Die bis jetzt beschriebene Entwicklung kulminierte im sogenannten « Golden Age » des Alpinismus. Darunter versteht man die Jahre von 1855 bis 1865, in denen die Zahl der Bergbesteigungen sprunghaft zunahm 23. Es waren vor allem englische Bergsteiger, die in Begleitung einheimischer Führer ( Schweizer und Franzosen, später auch Italiener, Österreicher und Deutsche ) an diesem fast unheimlich anmutenden Rennen auf die letzten jungfräulichen Gipfel beteiligt waren. Karl Ziak schreibt:

« Denn darin, wie die Engländer, vor allem von 1859 bis 1865, um die Gipfel der Alpen kämpften, vielfach im Wettlauf mit anderen Nationen- man denke nur an den Kampf um das Matterhorn -, dürfen wir wohl etwas von dem englischen Imperialismus erblicken, der sich eben Indien endgültig unterworfen hatte und auch in den Alpen Kolonialland - wenn auch nur ideelles — sah. (... ) Vielfach Angehörige des Lehrbe-rufes, also über Zeit und Mittel verfügend, kamen sie Sommer für Sommer in die Schweiz, dangen sich hier die besten Führer und belagerten oft wochenlang einen Gipfel, bis sie ihn erobert hatten, oder zogen auch monatelang kreuz und quer durch die Berge, bis tief in die Ostalpen hinein, überall bestaunt wie eine fremde Kriegerschar, überall auftretend wie eine siegreiche Armee, anständig bezahlend, was sie verzehrten, und, ihrer Überlegenheit bewusst, auf eine Fühlungnahme mit den einheimischen Alpinisten verzichtend2* ».

Für ein weiteres beredtes Zeugnis aus jener Zeit halte ich das Bild « Der englische Alpenklub 1864 » von Edward Whymper25.

3-3 Englischer Alpinismus bis zum Ersten Weltkrieg Die Zahl alpiner Unternehmungen steigt auch nach dem « Golden Age » weiter steil an, der Alpi- « Siehe Bild 19.

2* K. Ziak, Der Mensch und die Berge, Wien 1937, S. 90 f.

« Siehe Bild 20.

Legenden zu den Illustrationen 1-20 1Steigeisen ( ca. 15 der wirklichen Grosse ) 2Eishaken ( >l5 ) 3Eisschraube ( >l 4 ) 4Eisstichel, ) 5Bong ( l/6 ) 6Eispickel ('lg ) 7Karabiner, ) 8Alpenstock ('125 ) 9Rurp-Haken ( ca. natürliche Grosse ) 10 Klettergürtel 12 Kernmantelseil, Aussenansicht und Querschnitt ( ca. natürliche Grosse ) 13 Bandschlingenknoten 14 KletterhammerJ 15 Verschiedene Haken ( il5 ) 16 Kletterschuh 17 Trittleiter 18 Ein Steigeisen um ijoo ( R. Oppenheim, Die Entdeckung der Alpen, Frauenfeld 1974, S.g$ ) 19 Graphische Darstellung des « Golden Age », sieheSeile 182 20 Erläuterung der wichtigsten glaziologischen Termini ( aus A. Heckmair, Bergsteigen für Anfänger und Fortgeschrittene, München igy^, S.31 .), siehe Seite iSj nismus fächert sich zusehends auf und wird zu einer gewaltigen Bewegung. Ich beschränke mich deshalb auf das Aufzeigen gewisser Tendenzen für die restliche Zeit.

— In den sechziger Jahren nimmt die touristische Erschliessung und Eroberung der Alpen ein vorläufiges Ende, da alle wesentlichen Gipfel bestiegen sind. Als Folce davon vollzieht sich eine Neuorientierung im Alpinismus: Nicht mehr der jungfräuliche Gipfel ist das Ziel, sondern die unberührte Wand, der unbezwungene Grat oder Pfeiler.

— Der Bergführer, der in der Vergangenheit mit seinem « Herrn » die bedeutendsten Touren gemacht hat, verliert allmählich an Bedeutung, und es entwickelt sich im Rahmen besserer Transportmittel, Führerund Kartenwerke ein neuer Typ des Bergsteigers: der « Führer-lose»26.

— Der Alpinismus beginnt in Form des reinen Felskletterns auch in England selbst Fuss zu fassen. Schottland, Wales und der Lake District entwickeln sich zu Zentren des britischen Bergsteigens, und noch vor dem Krieg verlagert sich das Hauptgewicht von den vegetationsreichen « gullies » auf die schwierigeren Wände und Pfeiler.

— In steigendem Masse beginnt der Alpinismus auf aussereuropäische Gebirge auszugreifen ( Kaukasus, Afrika, Himalaya, Anden usw. ).

— Kurz vor dem ersten Weltkrieg erfährt das Felsklettern in den Ostalpen einen gewaltigen Aufschwung durch die Einführung des Hakens und des Karabiners, welche eine erhebliche Verbesserung der Sicherung ermöglichen. Das Schwergewicht des Alpinismus verlagert sich aus den Westalpen in die Ostalpen.

26 In Einzelfällen gab es allerdings schon früher « Führerlose »; so der junge Geistliche Stefan Steinberger, der Benedik-tinerpater Placidius a Spescha aus Disentis, der St. Galler J.J. Weilenmann oder der « Übermensch » Hermann v. Barth.

tin

Das « Golden Age » des Alpinismus, 50 Bernina dargestellt an den Erstbesteigungen 54 Flctschh.

von Viertausendern, in Beziehung 55 Weissmies zu den Erstbelegen der Termini des 55 Dufoursp.

Alpinismus im Englischen.

56 Laquinhorn 57 Mönch 57 Gr. Combin fj8 Nadelhorn 58 Dom 59 Aletschh.

60 Gr. Paradiso61 Schrcckh.

61 Nordend 61 Weisshorn 61 Lyskamm /4A ' ' 62 Gr. Fiesch.

y 62 Dent Bl.

62 Täschh.

63 Zupò 63 Dent d' H.

64 Les Ecrins 64 Zinal-Roth.

\ i i Jungfrau 65 Matterh.

12 Finsteraarh.

65 Ag. Verte 82 Dent du G.

84 Dòme du G.

19 Vincentpyr.

42 Signalk.

Of ) Gr.Jor.

85 Ag. Blanche 86 Mt. Blanc 20 Zumsteinsp.

48 Grenzgipfel 65 Obergabelh.

87 Steckn. h.

V 79'1810 1890 3-4 Englischer Alpinismus seit dem Ersten Weltkrieg Der Alpinismus entwickelt sich nach dem Ersten Weltkrieg immer mehr zu einer Massenbewegung, und je näher wir der Gegenwart kommen, umso schwieriger wird es, Gültiges auszusagen. Die folgenden Tendenzen sind auch deshalb mit Vorsicht aufzufassen, weil es noch fast keine Werke gibt, die den Alpinismus der neuesten Zeit als Hauptthema behandeln und ich mir darum das Folgende weitgehend selber zusammenstellen musste.

- Die vor dem Krieg begonnene Entwicklung technischer Hilfsmittel setzt sich fort: Zu Karabiner und Haken kommen Trittleiter, Eishaken, Eisschraube und Bohrhaken. Diese genannten Hilfsmittel erfahren auf dem Kontinent eine rasche Verbreitung, und es bildet sich ein eigentlicher Trend zur technischen Kletterei aus.

- In England hingegen erfahren diese Neuerungen eine vehemente Ablehnung. Haken, Karabiner, Trittleitern usw. werden als « unfair means » geächtet und kommen erst in den fünfziger Jahren in eigentlichen Gebrauch. Als Folge davon erreicht das Freiklettern in England einen ausserordentlich hohen Stand.

- In jüngster Zeit werden englische und amerikanische Bergsteiger führend und leiten von ihren Ländern aus eine Renaissance des Freikletterns ein.

- Amerikanische Alpinisten entwickeln v.a. in den Routen des Yosemite Valley neue Hilfsmittel und Techniken27. Erst nach einiger Zeit wagen sich auch europäische Bergsteiger an die Wände des Yosemite und stellen fest, dass das amerikanische Bergsteigen dem europäischen zumindest ebenbürtig ist. Es kommt zu einem « Umkehrphänomen », d.h. die führende Rolle der Amerikaner schlägt sich sprachlich nieder, wie das im 18. und 19.Jahrhundert bei der Überlegenheit der Schweizer und Franzosen geschehen ist. Englische Lehnwörter in der deutschen Terminologie des Alpinismus sind: Rurp, Bong, skyhook, hauling-bag und big-wall-climbing.

4 SCHLUSS Zum Schluss werde ich noch einmal versuchen, das Ergebnis dieser Arbeit zusammenzufassen und einen Ausblick auf noch offene Fragen zu geben. Dabei ist es nicht von Belang, dass sich das Ergebnis den offenen Fragen gegenüber eher bescheiden ausnimmt, zumal was den Raum be- 27 Siehe Bilder 22 und 23.

16 Der Alpenforscher Hugi mit Gefährten auf dem Weg ins Rottal im Jahre 1828: « A group of alpenstockers inaction » Tilrllilatt von « Naturhistorische Alpenreise » von F.J. Hugi; Solothurn 1830 11 William Windham, der Leiter der Expedition nach Chamonix im Jahre 1741 in: G. R. de Beer, « Early Travellers in the Alps », S. too; London 1930 18 Albert Smith bei seinem Vortrag in der Egyptian Hall am Piccadilly in: R. Oppenheim, « Die Entdeckung der Alpen », S. 159; Frauenfeld 19^4 trifft, den diese beiden Abschnitte einnehmen. Da ich mir ja die Aufgabe gestellt habe, eine Vermutung zu beweisen, kann das Ergebnis nur in einer positiven oder negativen Antwort bestehen, was jedoch nichts über den Weg aussagt, der zu diesem Ergebnis geführt hat.

4.1Ergebnis Als Ergebnis dieser Arbeit lässt sich eine Antwort auf die in 1.3 formulierte Fragestellung geben:

Der Anteil an französischem und vor allem an deutschem Lehngut in der englischen Terminologie des Alpinismus ist aussergewöhnlich gross. Dieses Phänomen lässt sich durch sozio-kulturelle Faktoren hinreichend erklären.

4.2Offene Fragen Probleme, die sich im Laufe der Arbeit gestellt haben und deren Lösung mir interessant erscheint, seien hier noch stichwortartig notiert:

- Wie sieht der Sprachkontakt bei genauerer Analyse aus? Wie steht es mit der Zweisprachigkeit ( Bilingualismus ) bei Führern und Her-ren?28Wie hoch ist der Einfluss von Führerliteratur und Übersetzungen deutscher und französischer Primärliteratur einzuschätzen?

- Wie werden die von mir genannten Termini heute ausgesprochen? Liesse sich eine entsprechende Stufenleiter der Assimilation auch für die Aussprache aufstellen?

- Wie ist die Verwendung der Termini in den folgenden Paaren ( d.h. wann wird der eine und wann der andere Terminus verwendetkara-biner/mousqueton, firn/névé, glacier/gletcher, abseil/rope down, abseil/rappel, piton/peg2l ), arête/rib. Warum hat sich beim Bergschrund 28 Whymper schreibt z.B., dass Croz nur französisch, Almer nur deutsch habe sprechen können. Auch Bennen, Tyndalls Leibführer, konnte nur Deutsch.

20 piton scheint mehr offiziell, peg eher umgangssprachlich zusein.

19 William Coxe, der im 18. Jahrhundert vier Reisen in die Schweiz unternahm in: G.R. de Beer, « Early Travellers in the Alps », S. 141; London 1930 20 Mitglieder des englischen Alpenclubs in ^ermatt in: E. Whympcr, « Scrambles amongst thr Alps in the Years 1860-1869 ». S. 263; London 1871 21« The Bergschrund on the Dent Blanche » in: E. Whymper, « Scrambles amongst the Alps in the Years i860 1869 », S.277; London 1871 der deutsche Ausdruck und nicht das französische rimaye ins Englische verschoben ?30 - Weshalb ist der Einfluss anderer Sprachen auf die englische Aipin-Terminologie verschwindend klein? ( Italienisch: direttissima, Schot-tisch: corrie ( Kar ), Keltisch: cwm ( Kar, Kessel ), Tibetisch: sherpa ) 5 ANHANG Glossar alpinistischer Termini Abseilachter: Metallene Vorrichtung, durch die das Seil durchgezogen wird, wodurch beim Abseilen genügend Reibung entsteht.

Abseilblock: Felsblock, um den das Seil beim Abseilen gelegt wird.

Abseilring: Im Fels fixierter Ring, durch den das Seil gezogen wird.

Alpenstock: Langer Stock, der in der Pionierzeit des Alpinismus bei der Begehung von Gletschern und auch im Fels Verwendung fand. Der Alpenstock ist der Vorläufer des modernen Eispickels.

Bandschlingenknoten: Aus England stammender Knoten zur Verbindung von Bandschlingen, bei denen die herkömmlichen Knoten ( Spirenstich, Achter usw. ) nicht genügen.

Bergschrund: Spalte, die zwischen dem fliessenden Teil des Gletschers und den ruhenden, steileren Eisfeldern im Nährgebiet entsteht.

Big wall climbing: « Grosswand-Kleltern »; dieser Ausdruck stammt aus dem Yosemite-Nationalpark in Kalifornien und bezeichnet das mehrere Tage dauernde Durchsteigen dergrossen Wände dieses Klettergebiets ( El Capitali, Half Dome, Cathedral Rock usw. ).

Bong: Grosser Metallkeil Couloir: Rinnenartige Vertiefung in einer Bergflanke, die natürliche Bahn für Steine und Lawinen.

dülf'ern: Im Deutschen: Eine bestimmte Technik, Risse durch Gegendruck zwischen Armen und Beinen zu erklettern. ( Im Englischen wird dafür lo layback verwendet. ) Im Englischen ( to dulfer ): eine bestimmte Technik des Abseilens, benannt nach ihrem Erfinder Hans Dülfer.

Eishaken: Langer, mit Kerben versehener Haken zur Sicherung im Eis.

Eisschraube: Meist hohle Schraube, die die unangenehme Sprengwirkung des Eishakens aufhebt und ebenfalls zur Sicherung im Eis verwendet wird.

3(1 Eine mögliche Erklärung wäre die Tatsache, dass berg-shrundim Englischen mit iceberg ( Eisberg ) verwandt ( konsozi-iert ) ist; rimaye hingegen würde völlig isoliert dastehen ( Disso-ziation )!

22 Am Standplatz ( auf einer Yosemite-Tour ) Ph Homhrmrr. Alma 23 MateriaLsortimeni für einen « Big-wall-climb » in Yosemite Valley Photo Hornberger, Arosa Eisstichel: Metallener Dorn mit einem Griff, der bei der Begehung steiler Eiswände zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts in der linken Hand gehalten wird.

Fiffi: Kleiner Haken, der an der Trittleiter befestigt ist und durch eine dünne Schnur mit dem Kletterer verbunden wird. Ist an dem Haken zusätzlich noch ein Griff vorhanden, spricht man von einem « Griff-fiffi.

Firn: Die Zwischenstufe zwischen Schnee und Eis, entstanden durch die Veränderung ( Metamorphose ) der Kristallstruktur des frisch gefallenen Schnees in eine körnige Struktur.

Gendarme: Hinderlicher Felsturm auf einem Grat.

Gletschertor: Austrittsstelle des Gletscherbaches an der Stirnseite eines Gletschers.

hauling-bag: I n den grossen Wänden des Yosemite-Kletterge-biets verwendeter Materialsack zum Nachziehen der alpinen Ausrüstung.

Himmelsfinger: Kleiner metallener Haken, der an geeigneten Rissen und Löchern im Fels eingehängt werden kann und so der künstlichen Fortbewegung dient.

Karabiner: Ovaler Schnappring zur Verbindung des eingeschlagenen Hakens mit dem Seil.

Kernmantelseil: Moderne Seilkonstruktionsart, bestehend aus einem Kern von endlosen Kunststoffasern und einem geflochtenen Mantel zum Schutz des Kerns vor äusseren Einwirkungen.

Klettergürtel: Seilkonstruktion, durch die der Körper des Kletternden anatomisch günstig mit dem Seil verbunden wird.

Moräne: Der durch den Gletscher in einem Wall angehäufte Schutt.

prusiken: Die Fortbewegung an einem fixierten Seil mittels Prusik-Klemmknoten.

Randkluft: Spalt, der durch Abstrahlung von Wärme zwischen einer Felswand und einem angrenzenden Schneeoder Eisfeld entsteht.

Rurp-Haken: Abkürzung für « Realised ultimate reality piton », ein in Amerika entwickelter Spezialhaken für extrem feine Risse.

Schneebrücke: Mehr oder weniger zerbrechliche Überdeckung von Gletscherspalten, oft die einzige Möglichkeit der Überwindung einer Spalte.

Sérac: Durch Zerbersten des Gletschers in einer Gefällsstufe gebildete Eistürme und -trümmer.

Trittleiter: Meist dreistufige Leiter aus Reepschnur und Metallsprossen oder aus Band, die in einen geschlagenen Haken eingehängt wird und so erlaubt, auch griff- und trittlose Wandstellen zu überwinden.

Verschneidung: Felsformation, die durch zwei in einem Winkel aufeinandertreffende Wände gebildet wird.

Wassercis: Dünner, meist durchsichtiger Eisfilm, der den Fels bedeckt.

Illustrationen Q bis © 26 siehe Seiten 180, i8i, 182, 183 24 Mexiko: Die erste Kugel lag auf einer Krete 25 Zwei Kugeln, durch eine dritte, tieferliegende verbunden, .sehen ans wie eine überdimensionale Hantel 26Wie Spielbälle für Götter und Giganten liegen diese Steinkugeln dutzendweise auf der Sierra de Ameca Photos Chlaus Lutscher, Littau D LITERATURVERZEICHNIS 6.1Sprachwissenschaftliche Werke Drozd L. und Seibicke, Deutsche Fach- und Wissenschafts-sprache, Wiesbaden 1973.

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