Der Sonne entgegen
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Der Sonne entgegen

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Jean Sesterno, Genf

Genf, am Heiligen Abend: es schneit und regnet abwechslungsweise. Ein grauer Wolkenmantel liegt schwer und düster über der Stadt, dies schon seit anfangs Dezember. In den ersten Nachtstunden brechen wir Richtung Süden auf, Kilometer um Kilometer abspulend. Nur hie und da halten wir vor einer grell erleuchteten Tankstelle.

kende Grau des Himmels noch weiter verstärkt wird, kommen wir zum Stadteingang von Victoria.

Dieser, erst im Verlauf des zweiten Weltkrieges entstandene Ort, breitet sich jetzt vor uns aus, beherrscht von den im Hintergrund hochragenden Raffinerien und anderen petrochemischen Industrien - ein Geschenk der deutschen Besetzung. Es ist zwei Uhr nachmittags, der Himmel öffnet erneut seine Schleusen, während uns das Hotel seine Pforten verschliesst, zu spät zum Essen! Um einen Kaffee zu bekommen, soll man es gegenüber versuchen. Da drängen sich die Leute am Bäckerei-Eingang. Im Lebensmittelladen gibt es nichts zu kaufen. Wir beschliessen nun, so schnell wie möglich zum nächsten Bahnhof zu gelangen, um von dort nach Sibiu zurückzufahren.

Mit dem Eintreffen im kleinen mittelalterlichen Marktflecken Sibiu haben wir, nach dem Ausflug in die Fagaras-Kette, unsern Ausgangspunkt wieder erreicht. Die weitere Reise durch den Norden des Landes fuhrt uns dann zur Moldau und in die Zeit Etiennes des Grossen, aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Aus dem Französischen übersetzt von E. Profos-Sulzer Marseille, sein Hafen und seine Lichter empfangen uns im Morgengrauen. Mit unseren zwei Fahrzeugen begeben wir uns unverzüglich zum Verlad, und bald kriechen wir die Rampe hinauf in den Schiffsbauch. An Bord der Fähre, die uns nach Algier bringen soll, herrscht ein unbeschreibliches Gewimmel. Verspätung haben wir auch schon. Ausserdem zieht jetzt von Nordwe- sten her ein Sturm auf und verjagt die Sonne, mit der uns die Mittelmeerküste so freundlich empfangen hat. Der Himmel verdüstert sich, der Wind frischt böig auf, und schon drei, vier Stunden nach dem Auslaufen erfasst er uns mit Sturmstärke to, d.h. mit einer Geschwindigkeit von rund hundert Kilometern. Die Wellenkämme werden zu Gischtkronen zerfetzt, schrecklich schlingert und stampft das Schiff. Brecher fegen über das Vorderdeck, zerstieben und peitschen waagrecht gegen die Kommandobrücke, von wo die Szenerie apokalyptisch anmutet. Nun, wir können beruhigt sein: Die Schiffsoffiziere haben uns ganz im Vertrauen zugeflüstert, unsere Nussschale sei durch und durch morsch!

Ich möchte Luft schnappen. Doch wegen des Drucks von aussen lässt sich die Tür zur Lauf-brücke nur mit grösster Mühe öffnen... und schon schlägt sie mit voller Wucht wieder zu, meine Finger im Türspalt — eine richtige Guillotine! Heftiger Schmerz durchzuckt meinen linken Ringfinger, Blut spritzt heraus, und ich laufe zum Schiffsarzt. Das äusserste Fingerglied hängt nur noch an einem Stücklein Haut und lässt sich wie ein Do-sendeckel aufklappen, so dass ich es mit der anderen Hand festhalten muss. Der Arzt tut unter den gegebenen Umständen sein möglichstes, doch was das heisst, kann man sich unschwer vorstellen! Jedenfalls ist es eine Schinderei für ihn wie für mich. Unter anderem wird er während der Arbeit mehrmals von seinem Stuhl geworfen. Aber vielleicht kann man die Fingerspitze noch retten.

Anderntags zeigt sich die Sonne wieder. Wir erreichen Algier in der Dämmerung. Die Zollformalitäten ziehen sich in die Länge, die Fahrzeuge werden gründlich durchsucht ( « Führen Sie Waffen mit sich? Bomben, Handgranaten?... » !). Schliesslich können wir, schon bei Nacht, zum Spital fahren. Dort erleben wir aber eine böse Überraschung: Um bei der Notfallstation eingelassen zu werden, müssen wir anstehen und warten! Endlich werde ich untersucht. Man bittet mich, meinen Verband zu entfernen, eine wegen des geronnenen und verklebten Blutes recht schmerzhafte Angelegenheit. Behilflich ist mir dabei niemand! Desinfiziert wird in einer vor Schmutz starrenden Schale, die kein Hund angerührt hätte. Ein weiterer Arzt tritt hinzu, wirft einen oberflächlich prüfenden Blick auf die Wunde und erklärt mit überheblicher Bestimmtheit, eine Röntgenaufnahme erübrige sich, da der Knochen nicht in Mitleidenschaft gezogen sei. Wahrhaftig ein Hellseher! In Tat und Wahrheit wird sich nach meiner Rückkehr in Genf herausstellen, dass das äusserste Glied des Fingerknochens arg zertrümmert ist. Ein Pfleger in schmuddeliger Bluse ( oder handelt es sich etwa um einen Garagisten im Overall ?) legt mir zum Schluss einen neuen Verband an. Dies in einem mit alten Gazefetzen übersäten Raum. Ja, es lebe das kostenlose staatliche Gesundheitswesen!

Die Fahrt ins südliche Algerien führt uns zuerst durch die zwei hügeligen Ketten des Atlas, der hier nur eine geringe Höhe erreicht. Wir durchfahren einige ausgedehnte Nebelbänke. Eingeborene mit ihren Eseln tauchen aus dem Nichts auf und verlieren sich ebenso rasch wieder in der weissen Unendlichkeit. Die ausgezeichnete Strasse führt uns schnurgerade nach Süden. Anfänglich weist die umliegende Steppenlandschaft noch eine mit Steinen durchsetzte Grasnarbe auf doch nach und nach wird das Grün spärlicher. Wir passieren mehrere Oasen: zunächst das tief in einer Schlucht verborgene Ghardaïa, dann El Golea, inmitten einer Sand- und Steinebene gelegen, schliesslich das von Dünen umschlossene Ain Salah. Wir sind froh, haben wir uns bereits mit Datteln eingedeckt, denn just in der Siedlung, die als der Garten für diese Frucht gilt, ist das « Brot der Wüste » unerschwinglich. Trotz der zahlreichen Dattelpalmen ist das Angebot nämlich gering, da der Ertrag offenbar in den benachbarten Niger exportiert wird.

Mittlerweile hat die Landschaft ein anderes, strengeres Aussehen angenommen: ringsum nichts als die unendliche schwarze oder gelbe Weite. Manchmal jedoch bricht das Plateau brüsk ab und setzt sich fünfzig oder hundert Me- ter tiefer fort; dies so weit das Auge reicht. Zu Beginn erheben sich noch ein paar Mesas ( Tafelberge bildende Lavaschilde ), dann ist alles topfeben. Auf uns wirkt das jedoch keineswegs monoton, denn Grosse und herbe Schönheit dieser Landschaft schlagen uns immer von neuem in ihren Bann.

Die Abende gleichen sich: Weg von der Piste, sobald uns die Umgebung zusagt, sei es wegen der Sanddünen, in denen sich die Kinder tummeln können, sei es wegen interessanter Gesteinsauf-schlüsse, zu denen sich unser hammerbewehrter Geologe aufmachen kann, um den im Winde singenden Wüstensteinen ihre bis anhin eifersüchtig gehüteten Geheimnisse zu entlocken. Langsam aber sicher nähern wir uns dem Äquator. Vor uns liegt nun ein letzter Strassenabschnitt von 650 Kilometern bis Tamanrasset, dem Tor zum Hoggar. Die Umgebung wirkt jetzt unendlich karg und dürr. Ausgedehnte Regs ( praktisch vegetationslose Steinwüsten ) wechseln mit sandigen Weiten, überragt von Dünen, Mesas oder bizarren Felsformationen, deren schwarze oder violette Silhouetten die einförmige Horizontlinie durchbrechen. Der Strassenzustand verschlechtert sich zusehends, und die Fahrbahn hebt sich kaum mehr von ihrer steinigen Umgebung ab. Zudem sind wohl mehrere Abschnitte in den Fluten des Wadi Arak verschwunden, als dieser im Sommer 1981 für kurze Zeit heftig anschwoll. Somit riskieren wir ab und zu, im Sande steckenzubleiben. Stets findet sich jedoch einer der hier sehr hilfsbereiten Fernfahrer, um uns ein Abschleppseil zuzuwerfen, und so dem Treibsand zu entreissen. Manchmal fahren wir auch durch den « fech-fech », ein Sand so fein und konsistenzlos wie Mehl- oder Ze-mentstaub. Bei der geringsten Bewegung wirbelt er in überall eindringenden Staubwolken auf. Pascal weiss ein Liedchen davon zu singen: Nur einmal hat er die Wagenfenster zu schliessen vergessen, bevor er durch ein besonders schlimmes Stück « fech-fech » fuhr, und noch heute ist er — erfolglos - damit beschäftigt, das Wageninnere zu reinigen!

Die Hitze lastet auf uns, und um die Mittagszeit ertragen wir kaum mehr als kurze Hosen. Selbst die Nächte sind mild. Den heutigen Abend verbringen wir in Moulay-Hassan. Drei liebenswürdige Tuaregs im Geländefahrzeug haben uns unterwegs auf diesen Flecken aufmerksam gemacht, wo vor langer Zeit ein muslimischer Eremit gelebt hat. Heute ist die Einsiedelei des Heiligen ein beliebter Wallfahrtsort. Niemand, der hier vorbeikommt, versäumt es, sie dreimal zu umschreiten, will er sich einer Reise ohne Zwischenfälle versichern.

Granitkuppeln ragen über uns in den Himmel, dazu eine Wasserstelle, die eben ausreicht, um ein paar Hirten zu versorgen. Am prasselnden Feuer werden in aller Ruhe die drei traditionellen Tee-sorten geschlürft. Einer der Tuaregs -seines Zeichens Bäcker - knetet einen geschmeidigen Teig, den er in eine sandige Vertiefung neben dem Herdfeuer wirft und mit Glut bedeckt. Der Fladen geht wunderbar auf und wartet nur darauf, zwischen die Zähne geschoben zu werden. Dazu essen wir Kamelfleisch. Erinnerungen werden hervorgekramt, Gedanken, die der Rauch mit sich nimmt, zum Firmament hinauf trägt und zerstreut. Schliesslich rollt sich ein jeder in seine Decke und überlässt den Himmel den Sternen.

Auf den letzten hundert Kilometern vor Tamanrasset, einer kleinen Stadt auf 1400 Meter im Herzen des Hoggar, verschlechtert sich der Strassenzustand dramatisch. Die Fahrbahn besteht buchstäblich nur noch aus Schlaglöchern, die nicht selten kopfgross sind. Brüsk bremsen, durchgeschüttelt werden, wieder beschleunigen, das Steuerrad herumreissen, und das ohne Unterlass: eine richtige Nervenprobe, denn begreiflicherweise erfordert ein solches Fahren unablässige und gespannteste Aufmerksamkeit.

Tamanrassets Existenz ist heute in hohem Masse bedroht. Zahlreiche Nomaden, die sich noch vor wenigen Jahren an den verstreut in der Wüste liegenden Wasserstellen versorgten, haben sich mittlerweile hier niedergelassen, angezogen von den « Vorteilen » der grossen Stadt. Zudem versucht man, ein paar Industriebetriebe aufzubauen und den Tourismus zu fördern - doch damit stellt sich unweigerlich das Wasserproblem. Der Atakor im Zentrum des Hoggar, ein vulkanisches Massiv, dessen steinerne Finger auf annähernd 3000 Meter emporragen, stellt das Wasserschloss der Region dar. Im Wadi Tamanrasset, das aus diesem Gebirgsstock herausführt, wälzen sich die ocker- und goldfarbigen Fluten aber einzig zur Zeit der kurzen und heftigen Sommergewitter zu Tal; allenfalls geschieht das noch während der seltenen Schlechtwetterperioden im Winter, wenn ein kurzlebiger Schneefall für ein paar Stunden alles weiss überzuckert. Wie reissend der Wasserstrom anfänglich auch ist, sehr bald wühlt er sich tief in das sandige Flussbett. Nur noch langsam fliesst dann das Wasser im Schwemmaterial des Wadi. Eben dieses Wasser wird aber in zu grosser Menge gefasst, um den unmittelbaren Bedarf der Stadt zu decken. Infolgedessen sinkt der Grundwasserspiegel ab, da man mehr heraufpumpt, als durch Versickern nach-fliesst. Schliesslich kommt es zur Situation, wie wir sie jetzt im Januar 1982 antreffen: zwei Stunden fliessendes Wasser pro Tag, und keine Hoffnung auf Regen! Während nun die Touristen im Erstklasshotel weiterhin Bäder und Duschen nehmen, stehen die Eingeborenen Schlange, um einen Kanister Wasser zu ergattern — und auch uns ergeht es nicht besser. Eine seltsame Welt!

Allen Schwierigkeiten zum Trotz gelingt es uns schliesslich dennoch, unsere Behälter zu füllen, teils an privaten Zisternen, teils am öffentlichen Brunnen auf dem grossen Platz. Jetzt folgt auf einer guten Piste die Fahrt hinauf zum Atakor, genauer gesagt zum Kulminationspunkt der Strasse auf der Assekrème-Hochebene ( 2700 m ), wo sich auch die Einsiedlerklause des Père de Foucauld befindet. Urplötzlich ragen vor uns die gewaltigen Lavazapfen gen Himmel, die den Ruf dieses Gebirges begründet haben: die Adriane, der Iharen, die Daouda, der Taridalt, dann die Tezou-laig-Spitzen und die Sahouinen. Unterwegs ra- sten wir kurz an zwei Gueltas. Die eine dieser Wasserstellen, Inlaoulaouen, liegt geschützt in einer Schlucht, wo eine Gesteinsschicht das Wasser zum Austreten zwingt. Zwar befindet sich nur noch wenig vom kostbaren Nass in einer Mulde; dafür sind die Touristen um so zahlreicher, die sich lautstark bemerkbar machen. Sie haben ihre meist in Tamanrasset gemieteten Fahrzeuge so nahe wie nur möglich an das Wasserloch herangebracht und - wie könnte es anders sein - hier schon ganze Abfallberge aufgehäuft. Die zweite Guelta, Afilale, wird von einem klaren Bächlein gebildet, das sich von einem Becken ins andere ergiesst und dabei der Linie folgt, welche eine jüngere Basaltdecke von dem mehrere hundert Millionen Jahre alten Granitsockel trennt, den hier die Erosion freizulegen vermocht hat. Wir finden - Überbleibsel aus einer Zeit, in der ein feuchteres Klima herrschte — eine Anzahl Fische sowie einen ganzen tierischen und pflanzlichen Mikrokosmos, der sich rings um diese grün sich schlängelnde Lebensader gebildet hat, dies inmitten einer fast leblosen Steinwüste.

Wir errichten unser Lager in einer Senke am Fuss der Sahuinen. In dieser ersten Nacht des Jahres 1982 fällt die Temperatur auf nur wenige Grad über Null, doch der Himmel bleibt weiterhin unverändert tiefblau, und tagsüber herrscht noch immer die selbe Hitze. Die paar wenigen Tage hier oben verbringen wir mit Ausflügen, um die Gegend und ihre karge und eben deswegen packende Landschaft in uns aufzunehmen. Daneben gelingen uns auch ein paar « klassische » Besteigungen: die Sahouinen und der Tezoulaig. Am Fuss dieser Lavatürme entdecken wir das farbenfrohe Mosaik der Biwakzelte einer vielsprachigen Klettererschar. Ab und zu wohnen wir einem amüsanten Schauspiel bei: Ein Fahrzeug, dessen überflüssiger Komfort und Wüstenuntaug-lichkeit in die Augen springe, müht sich in den letzten Haarnadelkurven unterhalb des As-sekrème-Passes ab, bis es schliesslich den Geist aufgibt und seine Verwünschungen ausstossenden Insassen nötigt, mit Muskelkraft die noch kurz zu- vor so spielerisch mit Pferdestärken beförderten Lasten hinaufzuschieben. Einmal erspähen wir gar einen deutschen Bus, pompös « Rollendes Hotel » genannt, der die grossartige Landschaft mit seiner grotesken Silhouette verunziert.

Eine Gruppe von Tuareg-Hirten hat, vor allzu neugierigen Augen geschützt, ihr Zelt nicht weit von unserem Lager aufgeschlagen. Sie laden uns für heute abend zum Tee ein. Spontan nehmen wir an. Wir wissen es sehr zu schätzen, dass uns einer der so seltenen Augenblicke der Begegnung mit Einheimischen zuteil wird; zeigen sich die Tuaregs doch im allgemeinen recht zurückhaltend und lassen sich kaum fotografieren.

Im Schein des zunehmenden Mondes erreichen wir ihre Behausung im Felsenversteck. Alles ist still, abgesehen vom Gebell eines Wachhundes, der sich bei unserem Näherkommen davonmacht. Immerhin hat er seine Pflicht getan und die Ankunft von uns Eindringlingen angekündigt.

Die Ziegen ruhen, aber die zwei Frauen und der Sohn, ein schwarzhäutiger Junge, sind noch wach. Das Familienoberhaupt arbeitet in Tamanrasset und ist noch nicht zurück. Vor einem grossen Zeltdach, das über den Raum zwischen drei Trockenmäuerchen gespannt ist und von ein paar zugeschnittenen Akazienstämmchen gestützt ist, rollt man für uns Gäste eine Matte am Boden aus. Das Feuer im Herd aus gebranntem Ton wird wieder angefacht, und bald schon brodelt das Wasser im Teekessel. Das Gebräu wird von hoch oben in die Gläser gegossen, dann wieder zurück in den Kessel, bis es schäumt und mit viel Zucker getrunken werden kann. Das Gespräch geht mühsam vonstatten, da die Nomaden nur über sehr elementare Französischkenntnisse verfügen. Dennoch vergeht die Zeit im Flug, und schon heisst es von unseren Gastgebern Abschied nehmen.

Unerbittlich hat die Sonne ihre Bahn gezogen, und der Augenblick ist gekommen, wo wir diesen Ort verlassen müssen. Die Rückkehr nach Tamanrasset versüssen wir uns mit einem langen Zwischenhalt an der Guelta Afilale. Schliesslich muss man sich auch wieder einmal schön machen! Auf dem Markt stocken wir unsere Dattel-vorräte auf und nehmen dann den langen Weg zurück in den kalten Norden in Angriff.

Auf der nicht enden wollenden Strasse kommen wir zuerst wieder nach Ain Salah, dann zur schönen Oase El Golea. An der dortigen Tankstelle erwarten uns die Kinder scharenweise und wollen Sandrosen ( für die Gegend typische Formen von verhärtetem, mehr oder weniger sandigem Gips ) gegen Kugelschreiber, Sonnenbrillen, Tonband-kassetten, Schuhe oder Kleidungsstücke tauschen. Etwas später, vor dem Markt, werden wir von neuem umringt. Da aber treffen wir einen Verkäufer wieder, den wir auf unserer ersten Durchfahrt kennengelernt haben, und der führt uns dorthin, wo man die in der Kruste ausgetrockneter Salzseen entstandenen Versteinerungen findet. Schon wühlen wir selbst im Sand, und in etwa zwanzig bis dreissig Zentimetern Tiefe stossen wir auf diese Rosen, eigentlich von Sand umhüllte Knollen, die man nach dem Waschen sehr sorgfältig behandeln muss. Ganz in der Nähe gibt es auch eine Fundstelle für farbige Steinwerkzeuge: Klingen, Schaber, Pfeilspitzen, von Menschen bearbeitete Kiesel, die Jahrtausende alt sind.

Auch Strausseneierschalen liegen überall herum, obwohl dieser Vogel infolge des unwirtlicher werdenden Klimas die Gegend schon vor langem verlassen hat.

Schliesslich erreichen wir Ghardaïa. Das Städtchen mit seinen natürlich gewundenen Gässchen und seinen blauen und rosafarbenen Häusern prangt im Festschmuck ( wir schreiben den 7.Ja-nuar, Tag, an dem der Besuch der Könige stattfindet ). Vor uns liegt Algier, letzte Station vor der Überfahrt: Noch glänzt die Sonne, aber schon etwas matter, noch ist der Himmel blau, aber etwas blasser, die Leute beginnen bereits wieder zu hasten, und der Lebensrhythmus ist schon fast so hektisch wie im nahen Europa, das uns morgen wieder haben wird.

Aus dem Französischen übersetzt von Ch. Rohr, Oberhofen

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