Die Reproduktion der Landeskarten
A. Rytz
Ausgrabungen und Funde zeigen uns, dass der Mensch immer Mittel und Wege suchte, das Wahrgenommene in seiner Umgebung in irgendeiner Form festzuhalten. Triebfeder dazu war wohl das Bedürfnis, sich in der Umwelt zu orientieren und das Erkannte den Nachkommen zu übermitteln. Schon die alten Ägypter und Baby-lonier stellten auf Papyrus und Tonplättchen einfache Wegkarten dar. Alle Wiedergaben von Vorkommnissen auf der Erdoberfläche wurden von Hand gezeichnet und sind als eigentliche Kunstwerke zu bezeichnen. Wer eine Kopie davon wollte, musste die Karte eben abzeichnen. Erst die Erfindung des Buchdruckes ermöglichte die Herstellung einer Reproduktion auf mechanischem Weg. Von gesetzten Lettern und später von Holzschnitten und Kupferstichen ( Photo 18 a ) wurde es möglich, direkt vom Original Abzüge, also Reproduktionen, herzustellen. Als Reproduktion bezeichnet man eine genaue Nachbildung oder Wiedergabe eines Originals.
Die Abteilung Reproduktion der Eidgenössischen Landestopographie hat die Aufgabe, die einzelnen Kartenoriginale herzustellen, diese auf druckfähige Platten zu übertragen und zu drucken. An diesen Arbeiten sind verschiedene Berufe, die sehr eng zusammenarbeiten und voneinander abhängig sind, beteiligt. Die Abteilung gliedert sich in: die allgemeine Kartographie, die Spezial-kartographie, die Reprophotographie und die Druckerei. Der Kartographie fällt die Aufgabe zu, für jede in einer Karte enthaltene Farbe ein Original herzustellen. Die Photographie, als Drehscheibe im Ganzen, besorgt alle Aufnahmen und Kopierarbeiten. In der Druckerei erfolgt der Druck und die Ausrüstung der Karten.
Der komplizierte Arbeitsablauf einer Kartenherstellung von der Originalgravur bis zum Druck sei nachfolgend geschildert.
Die Kartengrundlagen Einem neuen amtlichen Kartenwerk müssen Aufnahmen des Geländes zugrunde liegen. Diese werden normalerweise im grössten Massstab des ganzen Kartenwerks - das ist in unserem Falle i: 25000 - durchgeführt. Die vom Topographen messtechnisch genau bearbeiteten Geländeaufnahmen müssen in der Kartographie in eine gra- phisch und künstlerisch ansprechende, gut lesbare Karte umgearbeitet werden. Man kann diese Umarbeitung « Veredlungsprozess zwischen Grundlagenmaterial und Karte » nennen.
Je nach der Lage eines Blattes im Jura, im Mittelland, in den Alpen oder im Tessin können die Vermessungsgrundlagen ausÜbersichtsplänen: 10000, von privaten Geometern erstellt,Messtischaufnahmen i: 25 000 der Landestopo-graphie,Auswertungen aus Luftaufnahmen durch die Landestopographie,ausländischen Karten im Grenzgebiet bestehen. Als erste Arbeit wird das massstäblich und inhaltlich teilweise recht verschiedenartige Grundlagenmaterial eines ganzen Blattes in der Kamera aufgenommen und in den einheitlichen Massstab 1 125000 gebracht. Auf eine lichtempfindlich gemachte Glasplatte wird dann ein Koordinatennetz kopiert, das als Einpassunterlage dient. Auf diese kann man die einzelnen Positive des Grundlagenmaterials genau einpassen und ebenfalls aufkopieren ( Photo 12b ). Zwei blasse Kopien auf Papier von diesem neuen Positiv dienen als Redaktionsunterlage und als Basis für die Schriftvorlage, die beide in der Topographie erstellt werden.
Das Schichtgravurverjahren Die ersten Landeskarten wurden noch in Kupfer gestochen ( Karte 7, Photo 18a ). Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich in Amerika die sogenannte Schichtgravur auf Glas oder Kunststoff-Folien. Heute werden die Kartenoriginale vorwiegend nach diesem Verfahren hergestellt. Die an unsere Landeskarten gestellten qualitativen Anforderungen verlangen einen harten, massbeständigen Originalträger. Diese Bedingung erfüllen die von uns verwendeten plangeschliffenen, blasenfreien Spiegelglasplatten. Im Jahre 1953 erfolgte eine vollständige Umstellung auf dieses neue, der Zeichnung und dem Kupferstich qualitativ und quantitativ weit überlegene Schichtgravur-Verfahren.
Eine kurze Beschreibung soll das Prinzip der Schichtgravur erklären. Um auf die erwähnte glatte Spiegelglasplatte kopieren zu können, muss diese zuerst mit einer weissen Haftschicht überzogen werden. Dann wird in einer Tournette ( Photo 22 a ) eine von der Landestopographie selbst entwickelte 0,003 Millimeter dicke, rot gefärbte Gravurschicht darüber gegossen. Ein zusätzlich aufgetragener Lack schützt diese einigermassen vor Beschädigung. In diese durchscheinende, aber lichtundurchlässige Schicht lässt sich mit eigens für diesen Zweck konstruierten Geräten das Kartenbild eingravieren ( Photo 19a ). Die hauchdünne Schicht erlaubt die Gravur von absolut randscharfen Linien bis zu einer Feinheit von 0,05 Millimeter. Auf diese Weise entsteht ein von Hand hergestelltes Negativ, von dem im Kontakt direkt ein Positiv kopiert werden kann ( Photo 17 ).
Die Herstellung der einzelnen Kartenoriginale Da von einer Platte nur eine Farbe gedruckt werden kann, müssen jeweils so viele Originale, wie in einer Karte Farben vorkommen, angefertigt werden. In der Landeskarte 1: 25000 sind das 4 Strich- und 4 Flächenfarben, also 8 Originale ( Karte 13 ). Grundsätzlich erfolgt bei uns jede Originalherstellung im Publikationsmassstab. Um die Erstellungszeit einer Karte von der Feldaufnahme bis zum Druck zu reduzieren, gravieren wir halbblattweise. Mit der Herstellung der Gravurplatte für das Schwarz beginnt die Arbeit in der Reproduktion. Das in ein Negativ umgewandelte Positiv der Vermessungsgrundlagen überträgt man mittels Sepiakopie auf eine mit der Haftschicht überzogene Spiegelglasplatte ( Photo 22 a ). Bei verschiedenen übereinanderliegenden Grundlagen -z.B.. Übersichtsplan und Auswertung kann man die Kopien in aufeinanderfolgenden Kopiervorgängen je nach Belichtungszeit farblich abstufen und dadurch besser unterscheiden.
Die Arbeit des Kartographen In einer Karte ist es unmöglich, die Naturformen in ihrer vielfältigen und feinen Gliederung wirklichkeits- und grundrisstreu darzustellen. Es würde zu einer Verdichtung und Verfeinerung des Inhaltes und zu einer Unmenge kaum sichtbarer Bewegungen in der Lineatur führen. Was aber von blossem Auge nicht mehr eindeutig erkannt werden kann, muss graphisch vereinfacht und lesbar gemacht werden. Deshalb ist es unumgänglich, unsere Landeskarten zu generalisieren.
Vor allem ist darauf zu achten, dass qualitativ Gleiches überall gleich behandelt wird und alle Blätter des gleichen Massstabes ein ausgewogenes Gesamtbild aufweisen. Um diese Einheitlichkeit der Landeskarten zu gewährleisten, musste zuerst ein Zeichenschlüssel erarbeitet werden. Die in der Karte vorkommenden Masse für Liniendicken und Signaturgrössen sind auf 0,01 Millimeter genau festgelegt und verbindlich. Generalisieren heisst also: den Karteninhalt dem Massstab entsprechend selektiv auf das Mögliche reduzieren, Wichtiges eher hervorheben und Unwichtiges zurückdrängen. Durch die Verbreiterung der Kartenelemente im Verhältnis zur Natur finden auch Verdrängungen und Verschiebungen statt. Jede Verbreiterung einer Signatur zieht aber die Verschiebung aller angrenzenden Elemente nach sich. Bei linearer Reduktion auf die Hälfte nimmt zudem die Fläche eines Massstabes im Quadrat ab. Dem Kartographen obliegt daher während der Gravur ein hohes Mass an Entscheidungen bei der Gestaltung der Kartenelemente. Auf einer von der Topographie erstellten Redaktionsvor-lage sind die Strassenklassierung, die Wegaus-wahl, die Löschungen und andere durch Feldbegehung erhobene Gegebenheiten eingetragen. Auch die Fliegeraufnahmen sind ein Hilfsmittel, das uns zur Lösung darstellerischer Fragen gute Dienste leistet.
Die erste Arbeit auf jeder Gravurplatte besteht im Gravieren von Passkreuzen. Diese sind für alle nachfolgenden Arbeiten verbindlich und müssen jeweils übernommen werden. Die Schwarzplatte, Situation genannt, enthält: Siedlungen, Bauwerke, Strassen, Wege, Eisenbahnen, Grenzen, Fels, Geröll und die Einzelsignaturen. Die ganze Arbeit kann den Bearbeiter, je nach Inhalt und Region, Monate beanspruchen. Mit den erwähnten Instrumenten graviert der Kartograph anhand der durchscheinenden Vermessungsgrundlagen die Kartenelemente in die Schicht ( Photo 18b ). Für einfache, doppelte und dreifache Linien sind auf 0,01 Millimeter genau geschliffene Stahlstichel geschaffen worden. Die Qualität und vor allem die absolute Parallelität der geraden und gekrümmten Doppellinien sind tadellos. Zu diesen Vorzügen gesellt sich noch eine merkliche Zeiteinsparung und dadurch auch eine Reduktion der Kosten. Das ameisenhafte Liniengewirr einer Situationsplatte wird durch systematisches Vorgehen etwas entwirrt. Zuerst graviert man mit Hilfe von Schablonen die trigonometrischen Punkte und die übrigen Höhenkoten. Als nächstes folgen die Hauptstrassen und Eisenbah- nen, die unser Kartenbild schon etwas unterteilen und gliedern.
Besonders an steilen Ufern und in engen Tälern mit Verkehrslinien ist auf eine alle Elemente berücksichtigende Verdrängung zu achten. Siedlungen und Städtebilder stellen an das darstelleri-sche Können höchste Ansprüche. Es ist schwierig, mit gröberen und zahlenmässig verringerten Mitteln den wirklichen Bebauungscharakter in der Karte zu erhalten. Altstadtkerne, Industrieanlagen, Wohnblöcke und Einfamilienhäuser sollten auch im kleinen Kartenbild wieder in ihren richtigen Grössenverhältnissen erkannt werden können.
Es ist aber nicht möglich, den Generalisierungs-grad rein mathematisch festzulegen. Einzelhäuser, Clubhütten und Wege in einsamen Gegenden müssen auch im kleinen Massstab als Orientierungshilfe und Information enthalten sein. Im Zuge der Linienvereinfachung verschwinden auch Einzelformen in Zickzackbewegungen der 1:25000 Wege und Strassenkurven. Gemachte Fehler lassen sich mit einer schwarzen Paste zudecken; nötigenfalls ist eine Neugravur möglich. Alle gestrichelten Linien werden durchgezogen und mit Feder und Deckpaste unterbrochen ( Photo 17 ). Die feine Filigranarbeit zwingt den Kartographen, den ganzen Tag mit einer starken Lupe zu arbeiten. Auf die im Schwarz noch fehlenden Felsen und die Schrift kommen wir später zu sprechen.
Das Gewässeroriginal, als nächster Arbeitsgang, soll alles enthalten, was in der Karte blau gedruckt ist. Auf diese zweite Gravurplatte kopiert man die Vermessungsgrundlagen hellgrau und die schon gravierte Situation schwarz. Anhand dieser Kopien können die Bäche und Flüsse der Situation angepasst und in den Strassen unterbrochen werden. Wichtig ist ein richtiges Anschwellen des Striches von der Quelle bis zur Einmündung in das nächste Gewässer. Ein nicht ungefährliches Element in unseren Alpen sind die Gletscher mit der stets ändernden Oberfläche. Zum Teil bilden sie sanfte Hänge, dann sind sie mit Spalten durchfurcht oder von hohen Abbruchen zerrissen. Je nach Schneehöhe und Zeitpunkt der Flugaufnahme ändert sich zudem das Naturbild. Wir wissen alle, dass Gletscher in Bewegung sind und dass sich Spalten öffnen und schliessen. All dies sollte vom Kartographen so naturgetreu wie möglich wiedergegeben werden, auch wenn er kein Alpinist ist. Mit einer selbstge-schliffenen Dreikantnadel graviert er diese Eisbrüche, Quer- und Längsspalten vereinfacht, aber möglichst anschaulich. Für Hochspannungsleitungen, blaue Kurven und Seeufer wird wiederum das normale Gravurwerkzeug verwendet.
Ein grosser Teil unserer schönen Heimat besteht aus Bergen, die jährlich viele Menschen aus aller Welt in ihren Bann ziehen. Die schweizerischen Kartenhersteller waren daher gezwungen, sich mit der graphischen Gestaltung dieser Gebirgswelt zu befassen. Es ist ein langer Weg von der Schraffentechnik in der Vertikalperspektive bis zur heutigen messtechnisch genauen Felsdarstellung, die uns die Formen anschaulich und gut interpretierbar zeigt. Für die Karte 1:25000 haben verschiedene Versuche zu einer Lösung mit 100-Meter-Kurven im Fels und Felsschraffen geführt ( Photo 15 ). Man fragt sich vielleicht, warum die Felsen als Teil der Schwarzplatte nicht direkt in diese graviert werden. Erstens braucht man das gravierte Gewässer als Anhaltekopie, und zweitens würde die Situationsgravur qualitativ zu stark leiden. Wir stellen darum eine neue Gravurplatte für die Felsgravur her. Als Grundlage wird aufkopiert: der reduzierte Übersichtsplan hellgrau, eventuelle Neuauswertungen der Kurven dunkelgrau und die fertigen Situationsund Gewässergravuren schwarz.
Das Umgestalten von dreidimensionalen Felsformen in die Kartenebene setzt ein gutes Vorstellungsvermögen und zeichnerisches Können voraus. Um zu einem einheitlichen Resultat zu kommen, bildete die Landestopographie Felsspezialisten aus ( Photo 19 b ). Es musste nach bestimmten Gesetzen für das Beleuchtungsprinzip, die Stricharten und die Generalisierung vorgegangen werden. An der Nahtstelle von zwei Blatthälften oder zum Anschlussblatt darf keine persönliche Auffassung der Bearbeiter sichtbar werden. Vor der Umstellung vom Kupferstich auf die Glasgravur testeten wir zuerst die Eignung der neuen Gravurschicht für die Felsgravur. Es zeigte sich, dass in der Schicht mit bewegten, zittrigen Schraffen die rauhe oder verwitterte Felsoberfläche eher besser charakterisiert werden kann.
Es ist allgemein bekannt, dass man durch Schattierung eines gezeichneten Gegenstandes einen plastischen Eindruck vortäuschen kann. In der Kartenebene muss der plastisch-räumliche Effekt der Felsformen mit graphischen Mitteln erzeugt werden. Um eine Schattenwirkung zu erzielen, braucht es eine Beleuchtung. In der Karte hat man die Schrägbeleuchtung von NW gewählt. Die plastische Wirkung linearer Abbildungen können wir mit unterschiedlichen Strichstärken und Strichdicken hervorrufen. Diesen Eindruck erzielt man mit zunehmender Licht- und Schattenwirkung nach oben, sowohl auf der Licht- wie auf der Schattenseite. Die Hell-Dun-kel-Kontraste sollen nach oben stärker und nach unten schwächer werden. Zwei Stricharten sind grundsätzlich zu unterscheiden: Die Kontur- und Strukturlinien geben die Form der Felsen wieder, und die Füllstriche dienen zur Darstellung der Flächen. Der Liniencharakter hängt von der rauhen oder glatten Gesteinsart ab. Da mit jedem Strich eine Form, eine Kante, ein Riss, eine Verschneidung oder bestimmte Felsarten dargestellt werden müssen, sind die Anforderungen an das zeichnerische Können hoch. Die durchgezogenen, messgenauen 100-Meter-Kurven werden analog dem angrenzenden Fels schattiert und sollen sich störungsfrei ins Gesamtbild einfügen. Auch Geröllkurven und Schutthalden unterliegen den erwähnten Schattierungsgesetzen. Um die Einheit im Gesamteindruck zu erreichen, sind für Füllschraffen auf der Schattenseite 7-8 und auf der Lichtseite 7-5 Striche auf 2 Millimeter vorgeschrieben. Allein auf Grund der ausgewerteten Kurven wäre es kaum möglich, die Felsen naturgetreu ins Kartenbild umzusetzen.
Als wertvolles Hilfsmittel stehen die aus der Zeit der terrestrischen Photogrammetrie stammenden Ansichtsaufnahmen zur Verfügung ( Photo 12 a ). Mit dem Stereoskop betrachtet, geben diese Bilder einen guten Einblick in den Formenreichtum der Felswände und die im Luftbild teilweise schlecht erkennbaren Strukturen. Von Topographen im Gelände gezeichnete Felsen werden ebenfalls zu Rate gezogen. Die fertige Felsgravur muss nun auf kopiertechnischem Wege mit der Situation vereinigt werden.
Wir nehmen anschliessend die braune Kurvenplatte in Angriff. Auf der neuen Gravurplatte den wir wiederum dieselben Vermessungsgrundlagen hellgrau plus die Situation, die Gewässer und die Felsen schwarz aufkopiert. Obwohl Höhenkurven nur ein graphisches Hilfsmittel sind, bilden sie das wichtigste Element der Geländedarstellung. Ihre geometrische Aussagekraft erlaubt uns, die topographischen Verhältnisse, die Geländeformen und die Höhe über Meer aus der Karte zu lesen. Aus der Kurvenscharung lässt sich auch die Neigung erkennen oder errechnen. Für die Landeskarte dienen als Unterlage hauptsächlich Übersichtspläne und Auswertungen. Es ist unmöglich, in einer topographischen Karte die Bewegungen und Zerknitterungen der Erdoberfläche im Kurvenbild genau wiederzugeben. Der Kartograph eliminiert während der Gravur isolierte Kleinformen, bringt benachbarte Kurven-bewegungen miteinander in Beziehung, um die Erosionslinien hervorzuheben, und ist bemüht, Kanten, Mulden und andere Geländeformen zu erhalten oder zu verdeutlichen. Vor allem gestaltet er mit den Kurven Flächen. Alle Anschlüsse an Geröllkurven, Felsen, rechtwinklige Übergänge über Strassen und Anpassungen an die schon gravierten verbreiterten Elemente sind peinlich genau auszuführen.
Wir sind nun bei der letzten Gravurplatte, den grünen Waldkonturen, angelangt. Die gleichen Anhaltekopien wie auf der Kurvenplatte plus die gravierten Kurven dienen hier als Grundlage. Als Orientierungsmittel stellen die Wälder ein sehr wichtiges Kartenelement dar. Da ihre Struktur je nach Landschaft sehr verschieden ist, bereitet ihre naturgetreue Abbildung in der Karte oft grosse Probleme. Unzusammenhängende und aufgelöste Waldgebiete ohne Waldränder sind schwer darzustellen. Auch hier findet eine Vereinfachung und Auswahl statt, wobei die senkrechten Luftaufnahmen dem Kartographen bei seinen Entscheidungen wertvolle Dienste leisten.
Nach Abschluss aller Gravurarbeiten beginnt in der Positivkopie die weitere Verarbeitung. Die io Gravurplatten werden im Kontakt-Kopier-verfahren auf lichtempfindliche Trockenplatten kopiert. Die durch Belichtung und Entwicklung entstandenen seitenverkehrten Positive kopieren wir einzeln in der jeweiligen Kartenfarbe auf eine weisse Astralonfolie. Zum erstenmal liegt nun das ganze lineare Kartenbild vor uns. Auf dieser Farbkopie kontrolliert der Korrektor das Zusammenspiel der Kartenelemente, sucht Fehler und trägt letzte Mutationen ein. Anhand dieses Kor-rekturbogens führt der Kartograph alle Korrekturen auf den Gravurplatten aus. Von diesen wird jetzt der definitive Satz Positive kopiert, die farb-weise auf Lackplatten zum Publikationsformat zusammenkopiert werden müssen.
Die Flächentöne und die Beschriftung Für die noch herzustellenden Flächentöne, Masken und das Relief brauchen wir vom linearen Bild Anhaltekopien. Das Koordinatennetz, die beiden Fels-, Gewässer- und Kurvenplatten-positive müssen nacheinander auf eine Lackplatte kopiert werden. Von dieser wird eine blasse Kopie auf Papier für die Reliefherstellung kopiert. In die erwähnte Lackplatte müssen zusätzlich noch die Situationen und die Waldkonturen übertragen werden. Je eine blaue Kopie von diesem linearen Kartenbild dient als Unterlage für den Seeton, den Waldton, die Strassen- und die Felsmaske. Die Flächentöne und Masken zeichnen die Bearbeiter mit Tusche auf Lackplatten im Publikationsformat. Mit der Strassenmaske wird der Reliefton in Seen und Strassen, mit der Felsmaske der Gelbton in Fels und Geröll auf den Maschi-nenplatten wegbelichtet.
In jeder Karte bildet die Beschriftung eine sehr wichtige, aber auch umstrittene Informationsquelle. Die Namen sollen der Örtlichkeit eindeutig zugeordnet und leicht lesbar sein und den übrigen Inhalt möglichst wenig stören. Die Schreibweise und die Lage ist in der Schriftvorlage festgelegt. In einem Lichtsatzgerät wird das ganze Namengut in der angegebenen Grösse und Schriftart auf dünne Filme gesetzt. Unterlage für die Plazierung bilden ein waagrechtes Liniennetz, das lineare Kartenbild und die Schriftvorlage, die in verschiedenen, lasierenden Farben auf eine Glasplatte kopiert sind. Speziell ausgebildete Setzerinnen kleben Namen um Namen mit grösster Sorgfalt auf diese Platte. Die plazierte und korrigierte Schrift können wir anschliessend mit den entsprechenden Kartenfarben durch Zusammenkopie vereinigen.
Die Herstellung der Repro-Originale Diese für die Qualität sehr wichtige Arbeit wird immer mit der Schwarzplatte begonnen. Die provisorisch addierten linearen Kartenelemente müssen als blaue Einpasskopie auf eine Lackplatte kopiert werden. Als zweite Kopie folgt die Schrift, die schwarz eingefärbt wird. Blaue und braune Namen und Zahlen werden wegmaskiert. Als nächstes folgt die Kopie einer Felshälfte. Nach der Entwicklung können die Felsen, die auf der Schrift liegen, mit einer Paste zugedeckt werden. Bei der nachfolgenden Einfärbung bleiben diese Stellen ohne Farbe. Wir trennen auf diese Weise gleichfarbige Schrift und Kartenelemente, die sich kreuzen. Dieser Vorgang wiederholt sich während der Einkopie der andern Felshälfte und der beiden Situationen. Als letzte Kopien folgen noch der Standardrand und die Randeinteilung. Die Gewässer-, Kurven- und Waldkonturenplat-ten entstehen ebenfalls durch Vorkopie der entsprechenden Schrift und Abdecken der Kreuzungsstellen beim Einkopieren der beiden Blatthälften. Wir sind jetzt mit diesen neuen Lackplatten und den gezeichneten Flächenfarben in der Lage, eine farbige Zusammenkopie auf eine Folie auszuführen. Diese Colorkopie dient zur Korrek-turlesung und ersetzt zugleich den Andruck. Nach der Ausführung der Korrekturen auf den Lackplatten sind die Reprooriginale von 6 der 8 Farben hergestellt.
Die ReliejlierStellung Aus dem reinen Kurvenbild ist es schwierig, die Geländeformen zu erkennen. Mit dem Reliefton kann man Hügel und Berge hervortreten, das heisst plastisch erscheinen lassen. Dem Kartenbenützer wird mit diesem Hilfsmittel die topographische Gestaltung eines Geländes anschaulicher gemacht. Kantige und runde Formen, steiles und flaches Gelände und deren Übergangsformen sollen genau dem Kurvenbild entsprechen. Das Beleuchtungsprinzip deckt sich mit dem der Felsen, das heisst wir nehmen den Lichteinfall ebenfalls von NW an. Das erzeugt in der Karte eine Schräglicht-Schattierung, die den besten Formeneindruck und die reichste Gliederung des Geländes hervorruft. Durch geschickte lokale Lichtabdrehungen kann der Kartograph die schattenplastische Wirkung in ungünstig beleuchteten Gebieten erhöhen. Verbindlich für die Formen bleibt aber stets das Kurvenbild. Gearbeitet wird auf Bromsilberpapier, das auf Aluminium aufgezogen ist. Eine blasse Kopie der Kurven, des Gewässers und der Felsen dient als Anhaltekopie. Mit einem Aerographen ( Präzisions-Spritzpistole ) und mit Pinsel und Tusche wird ein reproduktionsfähiges Relieforiginal auf das Papier gespritzt und gemalt ( Photo 20a ). Die grosse Schwierigkeit für den Kartographen liegt darin, die für die photographische Reproduktion nötigen Übertreibungen der Tonwerte herauszuarbeiten. Die Hell- und Dunkelwerte müssen stark übertrieben werden, da beim anschliessenden Druck nur noch 15% der Schwarzwirkung erhalten bleiben. In einem komplizierten Aufnahmeverfahren rasten wir das fertig geschummerte Original auf ( Photo 20b ). Es wird in un- zählige kleine Punkte zerlegt, die man als verlaufende Töne drucken kann. Dieses Filmpositiv dient dann als Kopiervorlage für die Maschinen-platte. Die Herstellung der Lichtseite des Reliefs ist ein rein photomechanischer Vorgang. Das auf-gerasterte umgekehrte Negativ vom Reliefton drucken wir als Gelbton auf der Lichtseite und erzielen so etwas mehr hypsometrische Wirkung. Schliesslich stehen wir am Ende eines langen Weges vom Rohmaterial des Topographen über die Originalherstellung zu den fertigen Repro-Originalen.
Der Kartendruck Das letzte Glied in der Reproduktion bildet die Druckmaschine. Kartenautoren und Kartographen waren in der Wahl der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel weitgehend vom Stand der Drucktechnik abhängig. Die Erfindung der Lithographie am Ende des 18. Jahrhunderts eröffnete dem Kartendruck ganz neue Möglichkeiten. Die auf glatten, polierten und gekörnten Litho-steinen gezeichneten und gravierten Karten konnten von diesen Originalen auf andere Litho-steine übertragen und in grösserer Anzahl gedruckt werden. Die Erfindung der Steindruck-schnellpresse mit einer Stundenleistung von 600 Bogen brachte eine enorme Steigerung des Aufla-gedruckes. Das 20. Jahrhundert kennzeichnet sich durch die Entwicklung der Maschinen mit Stun-denleistungen bis zu 10000 Bogen. Der im Kartendruck angewandte Offsetdruck ist ein chemisches Verfahren und hat sich für Karten mit vielen feinen Linien, Rastern und Tönen qualitativ und wirtschaftlich am besten bewährt. Der Druckvorgang beruht auf der gegenseitigen Ab-stossung von Fett und Wasser, das heisst, die Druckfarbe haftet nur dort auf dem befeuchteten Druckträger, wo ein Bild aufkopiert ist. Unsere Landeskarten werden alle auf Bogenoffset-Maschinen gedruckt ( Photo 22 b ).
Die seitenverkehrten Kopien der Repro-Origi-nale müssen in der Plattenkopie im Kontakt-Kopiervorgang auf o,3 Millimeter dicke, lichtempfindlich gemachte Druckplatten aus Aluminium kopiert werden. Der Kopiervorgang beruht auch hier auf der Lichthärtung der Kopierschicht, der Entwicklung und Einfärbung. Der Maschinenmeister spannt die biegsamen Druckplatten in der Offsetmaschine genau auf den Druckzylinder. Das zu druckende Bild wird von der Druckplatte auf einen in der Gegenrichtung laufenden, mit einem Gummituch überzogenen Zylinder übertragen. Von hier übernimmt das Papier, das zwischen diesem Zylinder und einem Gegendruckzylinder durchläuft, die Farbe von der elastischen Oberfläche des Gummituches. Das Papier wurde vorher durch einen Einlegeap-parat vom Stapel in die Maschine eingeführt und vom Greifersystem übernommen. Ein Auslegeap-parat befördert die bedruckten Bogen aus der Maschine und stapelt sie für den nächsten Druckgang oder für die Schneidemaschine. Auf den teilweise sehr grossen Formaten ist es schwierig, 6-19 Farben - je nach Massstab - ganz genau aufeinander zu drucken. Unsere Karten werden auf drei Zweifarben- und einer Vierfarbenmaschine gedruckt, das heisst, die Maschinen sind mit zwei oder vier Farbwerken ausgerüstet und drucken pro Papierdurchlauf entsprechend viele Farben.
Bei einem Angebot von fast 400 verschiedenen Karten aller Massstäbe und Sonderkarten durch die Landestopographie ist die Aufstellung des Druckprogramms jeweils keine leichte Aufgabe. Dabei sind die Ausrüstung der Armee, der zivile Verkauf, der nach Regionen sehr unterschiedliche Kartenabsatz, die Einzel- und Gesamtnachführungen, die Aufträge der Bundesstellen und der privaten Auftraggeber in die Planung einzubeziehen. Wir hoffen auf das Verständnis unserer Kunden, wenn unseren Anstrengungen zum Trotz einmal ein von ihnen gewünschtes Blatt gerade vergriffen sein sollte.
Die verwendeten Druckfarben müssen verschiedene Anforderungen erfüllen. Ihre Leuchtkraft ist auch bei den sehr feinen Kartenelemen-ten gut. Die Lichtechtheit der Farben hat sich ebenfalls wesentlich verbessert. Die von den Fabriken gemischten Standardfarben genügen auch auf dem rauhen Offsetpapier allen Ansprüchen. Mitkopierte Farbskalen erlauben eine genaue Messung und Abstimmung der Farbtöne.
Die grosse Beanspruchung einer Karte macht die Sonderanfertigung eines strapazierfähigen Kartenpapiers nötig. Dieses soll bis zu einem gewissen Grade wetterbeständig sein und möglichst vielen Falzungen ( etwa 2000 !), ohne zu brechen oder zu reissen, widerstehen. Da Papier auf Feuchtigkeits- und Wärmeschwankungen reagiert, ist die Klimatisierung des Maschinensaals und des Papierlagers Voraussetzung für einen guten Druck. Auf äusserst präzisen und leistungsfähigen Schneidemaschinen erfolgt der genaue Schnitt auf das Endformat. Anschliessend durchlaufen die Bogen je nach Format komplizierte Falzmaschinen, die sie mit grosser Schnelligkeit falzen, abzählen und bündeln.
Das Urheberrecht der Landeskarten Eine Verordnung des Schweizerischen Bundesrates vom 12. Dezember 1977, gestützt auf Art. 2 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 21 Juni 1935 über die Erstellung neuer Landeskarten, regelt die Benützung des eidgenössischen Kartenwerkes und seiner Bestandteile und Grundlagen. Nach Art. 3 Abs. 1 ist die direkte und indirekte Benützung von Karten und Plänen zu gewerblichen Zwecken und Veröffentlichung aller Art bewilligungs- und gebührenpflichtig. Der Abteilung Reproduktion ist die Wahrung dieser Urheberrechte der Eidgenossenschaft übertragen.
Ausbildung von Kartographen Wie anderswo stellt sich auch bei uns das Problem der Ausbildung von gutem Nachwuchs. In einer eigenen Lehrlingsabteilung bilden wir seit Jahren Kartographen nach einem vom BIGA genehmigten Reglement aus. Dieser wenig bekannte Beruf eignet sich für zeichnerisch begabte, ruhige Menschen. Die vierjährige Lehre kann mit dem eidgenössischen Fähigkeitsausweis abgeschlossen werden.
Alles in allem darf gesagt werden, dass sich die Herstellung unserer Karten aus einer Reihe künstlerischer und technischer Arbeitsvorgänge zusammensetzt. Dies erfordert spezialisiertes Personal und gute Produktionsmittel, wenn die schweizerische Kartographie ihren weltweit anerkannten Ruf auch in Zukunft nicht nur erhalten, sondern ausbauen will.