«Dieses Erlebnis nimmt uns niemand mehr»
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«Dieses Erlebnis nimmt uns niemand mehr» Projektwoche AlpenLernen auf 1998 Metern

Die erste Oberstufenklasse aus Malans tauscht für eine Woche das Schulzimmer mit der Ringelspitzhütte SAC. Die 13-jährigen Schülerinnen und Schüler lernen viel über Blumen und Steine, machen erste Kletterversuche, besteigen einen Berg und wachsen über sich hinaus.

«I het nia denkt, dass i do ufa kumm.» Die Erleichterung steht dem 13-jährigen Schüler aus Malans buchstäblich ins Gesicht geschrieben, als er sich müde, aber unheimlich glücklich an den Fuss des Gipfelkreuzes neben seine Klassenkameradinnen und -kameraden setzt. Der Gipfel des Schafgrats auf 2768 Metern über Meer ist erreicht. Und die erste richtige Bergtour mit Klettern am Seil ist Tatsache.

Die erste Oberstufenklasse Malans tauschte während einer Woche ihr Schulzimmer mit der Ringelspitzhütte SAC. In Zusammenarbeit mit dem SAC, dem UNESCO-Welterbe Tektonikarena Sardona und education21 wurde der Schulklasse so einiges geboten. Eine Woche in der wilden Natur. Ein tolles Erlebnis, das uns niemand mehr nimmt. Aber lesen Sie selbst!

Dominic Blatter, Lehrer

Montag, 6. September

Verschwitzt und müde erreichen wir kurz nach der Mittagspause die Ringelspitzhütte, die im Jahre 1961 auf 2000 Metern über Meer erbaut worden ist. Sieben Jahre später wurde die Hütte leider von einem Blitz getroffen und brannte ab. Mit der Hilfe von vielen Leuten stand die Hütte jedoch nach einem Sommer harter Arbeit «ruckzuck» wieder. Das Material wurde bis zur Alp mit einem Fahrzeug gefahren, danach mit einem Raupentransporter weiter bis zur Hütte.

Das fröhliche Lächeln der Hüttenwarte ist eine Wohltat nach dem anstrengenden Aufstieg. Endlich haben wir die Möglichkeit, unseren Rucksack abzulegen, der sich wie ein Stein auf dem Rücken anfühlte.

Simona J.

Dienstag, 7. September

Heute haben wir Schule rund um die Hütte. Wir fotografieren Blumen, untersuchen Steine und füllen Blätter über die verschiedenen Höhen- bzw. Vegetationsstufen aus. Während der Pause fliegen plötzlich zwei Auerhühner über uns hinweg. Sie haben uns erschreckt, aber es ist auch sehr witzig. Nach dem Mittag wandern wir zehn Minuten zur Kletterwand, die von Weitem extrem hoch und plattig aussieht. Dort lernen wir, wie man einen Knoten macht und jemanden sichert. Es ist cool, aber am Abend tun uns Hände und Füsse weh. Auf dem Nachhauseweg zur Hütte kraxeln wir über einen kleinen Berg. Zum Abendessen gibt es Tomatenrisotto mit Brotsuppe.

Es war einer der besten Tage, weil ich lernte, meine Angst zu überwinden. Ich lernte auch, dem Sicherer das volle Vertrauen zu schenken.

Diego

Mittwoch, 8. September

«Vor vielen Millionen Jahren ist die Afrikanische Platte mit der Europäischen kollidiert», erklärt uns die «Geoguidin» der Tektonikarena Sardona Christa am Mittwochvormittag. Sie erzählt uns viel über Steine. Wir wandern zu einer kleinen Schlucht und suchen dort Steine, die wir dann untersuchen. Wir zerschlagen die Steine mit Hämmern, schauen mit Nägeln, wie hart sie sind, und testen mit Salzsäure, ob in den Steinen Kalk drin ist.

Die Salzsäure ist in einem kleinen Fläschchen aufbewahrt. Man muss nur ein paar Tröpfchen auf die frisch aufgeschlagene Kante tröpfeln. Wenn es schäumt, ist Kalk drin, wenn nicht, dann nicht. Wir haben sehr viel Verrucano-Gestein gefunden. Verrucano-Gestein stammt vom Afrikanischen Kontinent und ist grün oder rot.

Am Nachmittag gibt es zwei Gruppen. Die eine Gruppe ist draussen bei der Schlucht und baut Steinmännchen, bouldert und klettert durch die Schlucht. Die zweite Gruppe geht mit unserem Bergführer Alfons und unserem Klassenlehrer klettern. Sean, Colin und ich bauen ein richtig schönes Steinmännchen – naja, eigentlich nur Colin.

Nach zirka eineinhalb Stunden wechseln wir. Die Kletterwand, an der wir klettern, ist aus Kalkstein. Sie hat sehr gute Griffe, und die Steine haben scharfe Kanten. Als ich klettere, sehe ich eine glitzernde Stelle. Ich denke, es ist Glimmer. Am Abend gehen wir noch raus und schauen die Sterne an. Das ist Bombe!

Sophie, Simona A.

Donnerstag, 9. September

Dieser Tag ist wahrscheinlich der anstrengendste von allen. Wir machen die erste Bergtour unseres Lebens! Früh am Morgen brechen wir auf Richtung Ringelspitz, es ist so kalt, dass mir die Finger abfrieren. Ich glaube, Alfons hat nicht kalt. Dann machen wir uns bereit für den Aufstieg auf den 2768 Meter hohen Schafgrat, der dem Ringelspitz vorgelagert ist. Wir bilden Seilschaften mit je etwa fünf Personen. Ich bin noch nie so hoch und so lange geklettert. Auf den Seiten geht es etwa 300 Meter nach unten, und die Steine halten nicht immer, sondern sind lose.

Als wir ungefähr in der Hälfte sind, fängt es leicht zu regnen an, das geht aber ungefähr nach zehn Minuten wieder vorbei. Ein wenig später gibt es einen kleinen Stau. Wir müssen durch ein kleines Felsenfenster klettern. Für mich ist das recht anstrengend, weil ich der Letzte bin und ich bei einem sehr engen und exponierten Stand warten muss. Das macht mir ein wenig Angst. Oben ist es ein Gefühl von Freiheit und Erleichterung. Aber es ist ja nur der Aufstieg, wir müssen auch wieder nach unten. Der Abstieg ist meiner Meinung nachziemlich nervig. Zuerst rutschen wir das Geröll runter, danach laufen wir an Schnee vorbei und klettern durch ein Flussbett. Bei der Hütte sind alle fix und fertig.

Sean

Freitag, 10. September

Nun ist der Abstiegstag gekommen. Wir stehen um sieben Uhr auf und gehen müde zum Frühstück. Ein Schüler hat Kontrolldienst und muss kontrollieren, dass wir nichts vergessen. Wir verabschieden uns von den Hüttenwarten. Ich verliere auf dem Weg meine Jacke: «Hä, wo isch mini Jacka?» Mein Lehrer findet sie. Mit Bus und Zug geht es dann von Vättis zurück nach Malans. Ich freue mich auf das Zuhause, weil ich dann wieder gamen oder einfach auch meine Familie sehen kann. Es ist schön, als ich am Bahnhof ankomme und meine Mutter mich abholt. Wir verabschieden uns voneinander und freuen uns auf eine warme Dusche.

Max

Projektwochen AlpenLernen

Die Projektwochen AlpenLernen werden in Zusammenarbeit mit den beiden UNESCO-Welterben Swiss Alps Jungfrau-Aletsch und Tektonikarena Sardona durchgeführt. Der SAC koordiniert die Angebote und ist Anlaufstelle für interessierte Lehrpersonen.

Das Konzept der Projektwoche orientiert sich an der Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE). Die Schülerinnen und Schüler tauchen während fünf Tagen in die Welt des Bergsports ein, entdecken zusammenmit einem Bergführer die alpine Region und lernen, wie der Alpenraum genutzt und geschützt werden kann.

Diesen Sommer und Herbst haben insgesamt 13 Klassen in 6 verschiedenen SAC-Hütten eine AlpenLernen-Projektwoche durchgeführt. Weitere Infos: www.sac-cas.ch/alpenlernen

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