Eine Antwort auf die 68er-Bewegung
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Eine Antwort auf die 68er-Bewegung 50 Jahre «Jugend+Sport»

Sport ist für die Entwicklung von Jugendlichen wichtig. Das erkannte der Bund vor 50 Jahren und gründete «Jugend+Sport». Das Förderprogramm spielt auch heute eine bedeutende Rolle. Von Anfang an dabei war der SAC mit den Sportarten Bergsteigen und Skitouren.

Als Kind ist Cynthia Lingenhag mit ihrem Götti einmal klettern gegangen. Das hat ihr gefallen, und bald darauf entdeckte ihre Mutter im lokalen Amtsblatt ein Inserat fürs Kinderbergsteigerlager der SAC-Sektion Piz Platta. Von da an machte Cynthia Lingenhag bei vielen Aktivitäten des Kinderbergsteigens mit, später wechselte sie in die Jugendorganisation (JO) der Sektion. «Die schönsten Erinnerungen habe ich an Lager, oft waren wir auf Zeltplätzen und haben am Abend zusammen gekocht.»

Dass Kinder und Jugendliche in der Schweiz Sport treiben, regelmässig trainieren und zusammen in Lager gehen können, ist neben den vielen Ehrenamtlichen auch «Jugend+Sport» (J+S), dem grössten Sportförderprogramm des Bundes, zu verdanken. In rund 85 verschiedenen Sportarten finden jährlich 80 000 Sportkurse und Lager mit rund einer Million Teilnahmen von 637 000 Kindern und Jugendlichen statt. Unter den 85 Sportarten sind auch drei, die im SAC ausgeübt werden: Bergsteigen, Skitouren und Sportklettern.

Politik musste 1971 reagieren

Der Kern von J+S ist die Ausbildung von Leiterinnen und Leitern, die dann in den Sektionen Kinder und Jugendliche trainieren, mit ihnen Ski- und Bergtouren unternehmen und Kletterlager durchführen. Für diese Aktivitäten können die Verantwortlichen in den Sektionen finanzielle Unterstützung bei J+S beantragen und Material ausleihen.

Es ist kein Zufall, dass das Sportförderprogramm in den 1970er-Jahren gegründet wurde. In den Nachkriegsjahren entwickelte sich eine Jugendkultur als Teilkultur der Gesellschaft, und mit der 68er-Bewegung sah sich die Politik von der Jugend herausgefordert. Deshalb wurde 1971 vom Bundesrat eine Kommission eingesetzt, die sich erstmals explizit mit Jugendpolitik befasste. «In dieser Linie sehe ich auch die Entstehung von ‹Jugend+Sport›», sagt Rahel Bühler vom Institut für Kindheit, Jugend und Familie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Zum 50-Jahre-Jubiläum äusserte sich auch Sportministerin Viola Amherd, die sich selbst als Teil der «Jugend+Sport»-Familie bezeichnet und als Kind vom Wissen und Können der J+S-Leiterinnen und -Leiter profitiert habe. «J+S vermittelt Kindern und Jugendlichen Freude an Sport und Bewegung. Viele bleiben dank solchen Erfahrungen dem Sport ein Leben lang erhalten. Das ist nicht hoch genug einzuschätzen», sagt die Bundesrätin.

Sport auch für Mädchen

Einen guten Überblick, was die Entwicklung von J+S angeht, hat der 80-jährige Walter Josi. Er ist seit 1967 Bergführer und war 22 Jahre lang J+S-Fachleiter Bergsport beim Bundesamt für Sport (BASPO). Als junger Lehrer auf dem Land habe er am Samstagnachmittag Sport unterrichtet, allerdings nur für Buben. Das war der sogenannte militärische Vorunterricht. Mit der Gründung von J+S wurde dieser Vorunterricht abgelöst und Sport auch für Mädchen geöffnet. «Und das noch vor der Einführung des Frauenstimmrechts», sagt Walter Josi. Gleichzeitig begann damit auch die Entmilitarisierung des Sports.

In seiner langjährigen Funktion beim BASPO hat Walter Josi mitgeholfen, das Bergsteigen und das Skitouren weiterzuentwickeln. Neben den Fortschritten in Bezug auf Material und Techniken gab es auch neue Strömungen wie Snowboarden und Eisklettern, die es zu integrieren galt. Auch Sportklettern entwickelte sich zur eigenständigen Sportart und kam bei J+S im Jahr 2002 dazu. «Zum Glück verschwand das Rote-Socke-Image. Klettern wurde zum Trend, Klettern ist cool», freut sich Walter Josi. Mit dem Bouldern sei die Sportart noch einfacher zugänglich geworden. «Heute geht man eine Stunde bouldern, wie andere eine Stunde Tennis spielen gehen.» Mittlerweile spielt Sportklettern bei den Kindern und Jugendlichen denn auch die grösste Rolle. Über 6000 Teilnahmen an J+S-Angeboten im Sportklettern zählte das BASPO 2021.

Gesundheit und soziale Entwicklung

Es ist nicht selbstverständlich, dass eine 50 Jahre alte Institution noch den Ansprüchen der Zeit entspricht. Aber es scheint, als habe sich J+S «fit gehalten». Suzanne von Känel hat in der SAC-Sektion Moléson 30 Jahre lang Sportklettern unterrichtet und sagt: «Die Experten, die die Leiterinnen und Leiter ausbilden, sind in ihren Sportarten noch qualifizierter geworden und haben mehr Erfahrung.» Es liege auf der Hand, wie wichtig Sport für Jugendliche und Kinder sei. Neben Gesundheit und Lebensqualität spielt auch das Soziale eine zentrale Rolle.

Viele, die als Kinder und Jugendliche von Angeboten profitieren, schlüpfen zudem später selbst in die Rolle der Leitenden. So hat es auch die mittlerweile 29-jährige Cynthia Lingenhag nach der Berufslehre als Geomatikerin gemacht. «Es wurden junge Leiterinnen im Sportklettern gesucht, die bereit waren, regelmässig dabei zu sein», sagt sie. Nebenbei hat sie auch noch die Funktion als J+S-Coach übernommen. Sie muss dafür sorgen, dass sich genug Leute für die Leiterausbildung finden lassen und dass die bestehenden Leiterinnen und Leiter sich alle zwei Jahre weiterbilden. Diese stehen dann für die nächste Generation Kinder und Jugendliche im Einsatz.

Autor / Autorin

Anita Bachmann

SAC von Anfang an dabei

1972 tritt in der Schweiz ein Gesetz in Kraft, das die Kantone dazu verpflichtet, sowohl Buben als auch Mädchen drei Stunden Sportunterricht pro Woche zu erteilen. Gleichzeitig wird das Sportförderprogramm «Jugend+Sport» eingeführt, das den Sport neben der Schule fördern soll. Zu diesem Zeitpunkt gehören 17 Sportarten zu J+S, darunter die Disziplinen Bergsteigen und Skitouren, die im SAC ausgeübt werden. Über die Jahre kommen immer neue Sportarten hinzu, 2002 auch das Sportklettern. Seit 2021 gehören zudem Akrobatik, American Football, Biathlon, Light-Contact Boxing und Parkour zum Programm - mittlerweile profitieren rund 85 Sportarten von J+S.Unter anderem finden am 16. und 17. September 2022 die schweizerischen Jubiläumstage statt. Dabei gibt es schweizweit bei vielen

Unter anderem finden am 16. und 17. September 2022 die schweizerischen Jubiläumstage statt. Dabei gibt es schweizweit bei vielen Schnupperangeboten interessante Sportarten zu entdecken. Weitere Infos und Anlässe zum 50-Jahre-Jubiläum: seit1972.jugendundsport.ch.

seit1972.jugendundsport.ch.

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