Erlebniswelt Alpines Museum
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Erlebniswelt Alpines Museum Wiedereröffnung am 30. März 2012

Unter der neuen Leitung von Beat Hächler erhält das Alpine Museum der Schweiz in Bern ein markant frisches Profil: Nicht als Museum, sondern als lebendige «Plattform für Gegenwartsthemen» geht das traditionsreiche Haus in die Zukunft. Ein Gespräch mit Beat Hächler.

Am 30. März geht es los. Wer ab dann das Alpine Museum am Helvetiaplatz in Bern besucht, wird es nicht wiedererkennen: Alles ist umgebaut, die Ausstellungshallen sind grosszügig geöffnet, der Blick geht auf das Bundeshaus – wenn auch nicht auf die Alpen. Aber die Alpen, die Berge, werden weiterhin im Fokus des Hauses stehen. «Berge versetzen» heisst die erste grosse Sonderausstellung. Sie knüpft an die Tradition des Hauses an, indem 1200 Objekte aus der Sammlung auf dem Boden ausgelegt sind. Es wird keine Vitrinen mehr geben. Ein Holzsteg führt die Besucherinnen und Besucher – auf verschiedenen Themenrouten – durch diesen Kosmos aus Geschichte und Gegenwart. Und das Publikum wird nach seiner Meinung gefragt. «Wir wollen zeigen, was das Alpine Museum vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gesammelt hat», erklärt Direktor Beat Hächler das Konzept. «Und wir wollen vom Publikum auch wissen, was ein solches Spezialmuseum sammeln soll – etwa Planen, die zum Abdecken von Gletschern dienen? Oder Schneekanonen? Und wir wollen in erster Linie herausfinden, welche Themen interessieren – nicht aus Ideenlosigkeit, sondern um am Puls der Zeit zu sein.»

Ein Bergbach von Ideen

An Themen, die Hächler und seinem Team bereits vorschweben, mangelt es wahrhaftig nicht. Sie sprudeln nur so, wie ein richtiger Bergbach. Hier einige Stichwörter: Après-Ski, Abwanderung, Alpenglühen, Alphorn, Bergsteigerinnen, Biodiversität, Gipfelkreuz, Fondue, Fotografie – und so geht der Ideenpool weiter über Hochmoor, Heliskiing und Kunstschnee, Klimawandel und Matterhorn, Speedclimbing und Stausee bis zu Transitverkehr, Unspunnen, Verbauung, Wasser und Zahnradbahn. Ja, das Haus der Alpen kommt mit grossen Schritten – darin die Ausstellung «Zimmer frei» fortsetzend – in der Brisanz und Aktualität an, die mit der Beschäftigung mit dem Alpenraum einhergeht.

Hächler kann in der Umsetzung auf seine breit anerkannte Erfahrung im Stapferhaus in Lenzburg zurückgreifen, das überregionale Ausstrahlung erreicht – und durch teils provokante, immer aber fundierte und anregende Inszenierungen von sich sprechen machte. Ein Markenzeichen: Die Themen werden den Leuten sinnlich nähergebracht, es gibt eine Art Erlebniswelt, die Dinge sind in Bewegung wie die Themen; Multimedia wird überall dort eingesetzt, wo es wirklich sinnvoll ist.

So sollen die Ausstellungen denn auch nicht distanziert in einem musealen White Cube stattfinden, sondern sich eher an Theaterinszenierungen, also an szenischen, ja bühnenmässigen Formen orientieren. Für Beweglichkeit sorgt der Sonderraum «Biwak» im Erdgeschoss, in dem experimentellere Ausstellungen, teils in Zusammenarbeit mit Fachhochschulen, stattfinden sollen. Als Erstes ist eine interaktive Installation des berühmten Reliefs vom Berner Oberland vorgesehen; hier werden Licht und Ton eine neue Sicht auf die Landschaft ermöglichen. Und im Hodlersaal, wo wie bisher die monumentalen und dramatischen Matterhorngemälde «Aufstieg und Absturz» von Ferdinand Hodler eine Attraktion des Hauses bilden, gibt es neu Raum für Podien, Diskussionen, Tagungen und Brainstorming.

Von Nizza bis Taipeh

Ein weiteres Anliegen, das Hächler formuliert: Er hofft auf eine intensive Zusammenarbeit mit allen Alpenmuseen von Slowenien bis Nizza, will also die Alpen nicht bei der Schweizer Grenze enden lassen, ja sieht auch vor, das Thema Gebirge im Zeichen der Globalisierung weltweit ins Auge zu fassen. So ist in nächster Zeit eine Zusammenarbeit mit Künstlern aus Taipeh geplant, die vielleicht sogar in Berns Strassen einen Niederschlag finden wird.

All das zeigt: Mit viel Optimismus zielt die neue Crew auf ein breiteres Publikum, das durchaus je nach Thema ein wechselndes sein kann. Mal sollen Leute angesprochen werden, die sich dem Alpinismus verbunden fühlen, mal solche, die eher aus der Kunstszene kommen, dann wieder welche, denen ökologische oder landschaftsschützerische Anliegen wichtig sind. Vorsichtig rechnet Hächler in den nächsten Jahren – «aber dafür braucht es viel Aufbauarbeit» – mit einer langsamen Verdoppelung der Besucherzahlen, die sich bisher etwa bei rund 20 000 pro Jahr bewegten. Zu dieser Öffnung gehört ein neues, allen Quartierbenutzern zugängliches Restaurant, das – so muss es sein – sich die alpine Küche auf die Karte schreiben und drinnen und draussen insgesamt 75 Plätze anbieten wird.

Aufbruch zu einer grossen Wanderung

Die bereits jetzt feststehenden, kommenden Ausstellungen werden das neue Profil mit Sicherheit schärfen. Ab September 2012 läuft die Ausstellung «Intensivstationen», die sich mit Exzessen des Skitourismus im Tirol beschäftigt – die Fotografien des österreichischen Fotografen Lois Hechenblaikner werden im Grossformat Speicherseen für Kunstschnee, gigantische Après-Ski-Bars und Bergdiscos zeigen. Nachdenklichkeit und Erstaunen sind garantiert. 2013 dann folgt die Ausstellung zum 150-Jahr-Jubiläum des Alpenclubs der Schweiz SAC; geplant ist ein kulturhistorischer Ansatz, der Parallelen zur zeitgleichen Schweizer Geschichte entwickelt, etwa in der Frauen- oder in der Arbeiterfrage.

Und nicht zuletzt ist in einer mittleren Perspektive die neue Dauerausstellung «Basislager» im Untergeschoss eine wichtige Option – und eine Frage der Finanzen.

Hächler und sein Team wollen also nicht nur Berge versetzen. Vor ihnen steht ein grosser Berg an Arbeit. Und man weiss ja: Hat man die erste Etappe hinter sich, zeigen sich die folgenden erst recht in ihren Dimensionen. Der Weg ist weit – die Aussicht auf die Aussicht schön.

> Mehr Infos

Schweizerisches Alpines Museum Helvetiaplatz 4, 3005 Bern Telefon 031 350 04 04 info(at)alpinesmuseum.ch

www.alpinesmuseum.ch

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