«Es wird geschluckt und geschwiegen». Medikamente im Höhenbergsteigen
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«Es wird geschluckt und geschwiegen». Medikamente im Höhenbergsteigen

Medikamente im Höhenbergsteigen

« Es wird geschluckt und geschwiegen »

Neu entdeckten Forscher die Wirksamkeit von Cortison bei Höhenkrankheiten. Weitere Tests sind aber nötig. In den Bergen bereits eingesetzt werden aber etliche andere Medikamente wie Viagra – nicht immer von Ärzten verabreicht. Der Höhen-forscher Prof. Marco Maggiorini vom Zürcher Universitätsspital warnt vor dem sorglosen Einsatz von Medikamenten am Berg.

Marco Maggiorini, das Potenzmittel Viagra ist häufig als « Bergdoping » in den Schlagzeilen. Wie effizient ist das Mittel tatsächlich?

Viagra ist halt « sexy » und deshalb immer wieder für Schlagzeilen gut. Tatsächlich zeigen Forschungsresultate, dass Die Margheritahütte über der Südostwand: Der kleine, dunkle Vorbau enthält den für die Forschung unerlässlichen Stromgenerator.

Foto: Konr ad Bloch Foto: Marco Maggiorini Foto: Konr ad Bloch Viagra die Leistungsfähigkeit am Berg verbessern kann. Die Blutgefässe werden erweitert, sodass der Widerstand für das Herz reduziert und die Durchblutung der Lunge gefördert wird. Wir gehen davon aus, dass damit auch die Wahrscheinlichkeit eines Lungenödems reduziert wird. Es fehlen allerdings noch viele Forschungsdaten zu diesem Thema. Von einem sorglosen Einsatz von Viagra in den Bergen warne ich deshalb eindringlich. Trotzdem wird Viagra von Bergsteigern benutzt. Wie gross ist die Missbrauchs-quote?

Das ist schwer zu sagen. Doping am Berg ist ein altbekanntes Phänomen 1, und wer seine Leistungsfähigkeit am Berg mit Medikamenten steigert, gibt das im Normalfall nicht zu. Da wird geschluckt und geschwiegen, obwohl Doping am Berg sehr gefährlich ist. Es kursiert in der Sportmedizin immer wieder auch das Gerücht, dass Viagra auch im Tiefland zur Steigerung der Leistungsfähigkeit missbraucht wird. Es ist anzunehmen, dass die Dunkelziffer gross ist. Viagra ist nicht zufällig ein rezeptpflich-tiges Medikament. Mit welchen Nebenwirkungen muss man rechnen?

Im Internet boomt der illegale Viagra-handel. Die Leute verschaffen sich die Pillen, ohne zu wissen, was sie genau kaufen. Kein Konsument kann feststellen, wie rein und wie sauber auf diesem Weg erworbene Produkte sind. Die Nebenwirkungen sind vielfältig: Vom einfachen Nasentropfen bis zum migräne-artigen Kopfweh, welches die akute Bergkrankheit vortäuschen oder sogar verschlimmern kann, ist vieles möglich. Dazu kommt, dass die gleichzeitige Einnahme von verschiedenen Medikamenten die Gefahr von Nebenwirkungen zusätzlich steigert.

Ihre neuesten Forschungsresultate zeigen, dass auch Cortison die Gefahr, an akuter Bergkrankheit oder an einem Lungenödem zu erkranken, reduziert. Hat diese Entdeckung nicht auch ihre gefährliche Seite?

Unsere jüngsten Forschungsresultate stimmen uns als Forscher hoffnungsvoll. Es beginnt eine neue, faszinierende Zeit der höhenmedizinischen Forschung. Trotzdem: Mit Cortison muss man sehr vorsichtig umgehen. Cortison ist ein vielseitig einsetzbares Medikament. Aber Cortison hat auch gefährliche Neben- wirkungen. Zum Beispiel wird im Körper Wasser zurückgehalten, der Blut-zuckerspiegel, der Blutdruck und die Infektionsgefahr steigen. Entsprechend warnen wir eindringlich vor einem Missbrauch. a Tommy Dätwyler, Kölliken 1 So hatte zum Beispiel der Tiroler Hermann Buhl 1953 beim Alleingang auf den Nanga Parbat Pervitin eingenommen. Pervitin ist ein Ampheta-min, das die Deutschen im Zweiten Weltkrieg als Wachmacher entdeckt hatten.

Vorbereitung der Blutröhrchen für den nächsten Morgen. Im Hintergrund geht die Testreihe weiter, das Herz eines Probanden wird mittels Ultraschall auf dem Liegeergometer untersucht. Am Bildschirm erscheint die Pulskurve der Hirnarterie. Mit der Messung wurde der Einfluss der Medikamente auf den Blut-fluss im Gehirn untersucht. Die Probanden mussten innert zweier Tage zur höchstgelegenen Berghütte Europas aufsteigen. Viele spürten in den zwei Tagen auf der Hütte deutliche Anzeichen von Höhenkrankheiten. Nun geht es ihnen mit jedem Höhenmeter, den sie beim Abstieg hinter sich lassen, endlich besser.

Höhenforscher Marco Maggiorini und seinem Team gelang ein Durchbruch in der Höhenmedizin: Sie fanden heraus, dass Cortison gegen das Höhenlungenödem wirkt.

Ein Proband misst seine Lun-genfunktion. Die Ödembildung in der Lunge geht mit einer Abnahme der Vitalkapazität einher. Das bedeutet: Je stärker das Ödem fortgeschritten ist, desto weniger Luft kann ein Betroffener ein- und damit auch ausatmen.

Foto: Marco Maggiorini Foto: Tommy Dätwyler Foto: Tommy Dätwyler

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