Geheimnisvolles Polarlicht
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Geheimnisvolles Polarlicht

Kaum eine Himmelserscheinung ist mysteriöser und zauberhafter als das Polarlicht, eine Lichterscheinung am arktischen und antarktischen Himmel. Das unvorhersehbare, eigenartige, schleier-hafte Licht hat die Menschheit seit jeher fasziniert. Keine wissenschaftliche Erklärung hat das Phänomen bisher entzaubert.

Das Polarlicht hat die Leute schon immer fasziniert. Aber während Jahrhunderten mussten sich die Menschen damit begnügen, das Phänomen zu beobachten und zu bewundern, ohne die Ursachen für das diffuse Licht zu kennen, das sich in ein eigentliches bengalisches Feuer verwandeln kann. Normalerweise erscheint es am Himmel der Arktis (und der Antarktis), manchmal wandert es aber bis zum Äquator. So wurde 1909 eine solche Lichterscheinung in Singapur beobachtet, und in der Schweiz wurde am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ein starkes Polarlicht wahrgenommen. In Frankreich scheint das Phänomen etwas häufiger aufzutreten.

Lange Zeit verloren sich die Wissenschaftler in Mutmassungen über dieses eigenartige und ausgedehnte Phänomen. Die zum Teil poetischen, dann wiederum wissenschaftlichen oder schlicht fantastischen Erklärungen reichten von Elmsfeuer über UFO bis zu Erscheinungen von verschwundenen Personen, Meteoritenregen, von der Sonne flüchtig beleuchtete Weltallnebel...

Vom Satelliten aus gesehen präsentiert sich das Polarlicht (auf der Nordhalbkugel auch Nordlicht, auf der Südhalbkugel Südlicht geheissen) als Ring mit mehreren tausend Kilometern Durchmesser und dem Pol als ungefährem Mittelpunkt. In Tat und Wahrheit sind es zwei Ringe, die sich gleichzeitig bilden, einer über der Nord- und einer über der Südhemisphäre, denn jedes Polarlicht in der Arktis hat ein gleichzeitig auftauchendes Gegenstück in der Antarktis.

Das Polarlicht verdankt seine Entstehung dem Sonnenwind und den Sonnenstürmen, die ständig gewaltige Mengen an Energie und atomaren Teilchen ausstossen. Wenn diese Teilchen mit einer Geschwindigkeit von eineinhalb Millionen Stundenkilometern in Erdnähe gelangen, prallen sie am Magnetfeld der Erde ab, das unseren Planeten vor dieser kosmischen Strahlung schützt. Ein Teil der herumgewirbelten Elektronen wird vom Magnetfeld eingefangen und Richtung Pol abgelenkt. Die in der Ionosphäre gefangenen Teilchen kollidieren mit Sauerstoff- und Stickstoffmolekülen, von denen jedes seine spezifische Wellenlänge aufweist. Die durch den Aufprall frei werdende Energie verwandelt sich in Licht. Der Stickstoff sorgt für die Farben Blau oder Violett, während der Sauerstoff Grün, Gelb und Rot hervorbringt. Manchmal überlagern oder vermischen sich die Farben; Gelb und Grün treten sehr häufig auf, während Rot und Grün nur äusserst selten vorkommen. Form, Intensität und Farbe des Polarlichts hängen von verschiedenen Faktoren ab: der Zahl der kolli-dierenden Atome, der Höhe, dem Jahr, in dem es auftaucht, den klimatischen Bedingungen und der Reinheit der Luft.

Alle 11 V2 Jahre erreicht das Polarlicht einen Höhepunkt. Es besteht ein Zusammenhang zwischen diesem kosmischen Phänomen und dem Auftreten der Sonnenflecken. Wenn die Sonnenaktivität besonders intensiv ist und ganze Elektronenorkane ausbrechen, taucht das Polarlicht in ungewohnten südlichen Breiten wie unseren, ja sogar am Äquator auf.

Das Polarlicht, das von einigen Sekunden bis zu zwei Stunden dauern kann, erscheint sowohl im Sommer als auch im Winter, am Tag und in der Nacht, kann aber wegen der schwachen Intensität nur in der Nacht beobachtet werden. In der Arktis besteht deshalb Ende Herbst und im Winter die grösste Chance, dieses Spektakel zu erleben.

Das Polarlicht zu fotografieren ist eine ziemliche Lotterie. In der ersten, ruhigen Phase ist das Licht zu schwach und zu diffus für den fotografischen Film. In der zweiten, «explosiv» genannten Phase sendet es ein deutlich lebhafteres Licht aus, das manchmal sogar Schatten werfen und überraschende Farbpaletten produzieren kann. Aber die Art und Weise, wie es sich über den Himmel bewegt, ist derart unvorhersehbar und zugleich flüchtig und kurzlebig, dass es fast unmöglich ist, das Licht mit dem Objektiv einzufangen. Die Bilder zu diesem Artikel wurden 1990 aufgenommen, als die Sonnenaktivität fast ihren Höhepunkt erreicht hatte. Das nächste Beobachtungsfenster, in dem alle Faktoren optimal zusammenspielen dürften und die Beobachtung dieses Phänomens in seiner ganzen Schönheit möglich sein sollte, öffnet sich im Jahre 2002.

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