Gemeinsam für die Zukunft der Berge sorgen
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Gemeinsam für die Zukunft der Berge sorgen Gipfeltreffen in Pontresina

In den Bergen ist der Klimawandel deutlicher zu spüren als andernorts. Doch daran ändern können die Alpenclubs nicht viel. Bleibt der Appell an die Selbstverantwortung der Berggänger.

Beim Blick in die Zukunft des Bergsports kann es einem bange werden. Gletscherschwund und Temperaturanstieg, Permafrost und Steinschlag sind die Stichworte. Angesichts dieser globalen Phänomene lotete die «Gipfelkonferenz» des SAC in Pontresina die Herausforderungen des Bergsports aus. Verantwortlich für die Organisation der Abschlussveranstaltung zum Jubiläumsjahr des Alpen-Clubs zeichnete Gianna Rauch, Ressortleiterin Marketing im Zentralvorstand.

Den Einstieg zu den Gesprächen übernahm Dominik Siegrist, Präsident der Internationalen Alpenschutzkommission Cipra. In seinem Referat zeichnete er ein düsteres Bild der Zukunft in den Bergen. Er wies auf die Gefahren des Klimawandels hin und illustrierte sie mit den Hinweisen, dass die neue Monte-Rosa-Hütte bereits jetzt einen neuen Zustieg brauche, weil der Gletscher geschmolzen sei. Kostenpunkt: bis zu einer Million Franken. Auch die Konkordiahütte sei nur mittels einer jedes Jahr länger werdenden Leiter vom Aletschgletscher her zu erreichen.

Was tun gegen den Klimawandel?

Wie viel Schuld am fortschreitenden Klimawandel die Bergsportler tragen, versuchte das erste Podium zu ermitteln. Gemäss einer 2010 durchgeführten Umfrage reisen fast 90% der deutschen Bergsportler mit dem Auto an. Und sie legen dabei pro Reise Distanzen von bis zu 1000 Kilometern zurück. In der Schweiz wird für den Freizeitverkehr pro Jahr 300 Mal die Strecke von der Erde zum Mond zurückgelegt. «Ist das geflügelte Wort ‹Bergsport ist Motorsport› eines ehemaligen DAV-Präsidenten gerechtfertigt?», fragte die Engadiner Post in ihrem Bericht über die Konferenz.

Nicht für Katharina Conradin, Geschäftsführerin von Mountain Wilderness: Sie beispielsweise reist nie mit dem Auto in die Berge. Sie plädierte für mehr Genuss und schlug vor, jeweils schon am Vorabend der Tour anzureisen. Das Alpentaxi und der Bus Alpin seien Alternativen, es bringe Menschen ohne Auto in die Berge. Heiner Oberrauch, CEO von Salewa, gestand zwar, alle zwei Jahre auf eine Skiexpedition zu gehen, die letzte führte ihn nach Grönland. Ansonsten aber bemüht auch er sich darum, bei der Anreise einen möglichst kleinen ökologischen Fussabdruck zu hinterlassen. Bergsport sei sicher die «sauberste Art, Ferien in den Bergen zu machen», sagte er und wies ausserdem darauf hin, dass die Elektromobilität wichtiger werde.

Everest vor der Haustüre suchen

Tatsächlich setzen sich die Alpenvereine durchaus für einen ökologischeren Bergsport ein, wie dem Podium zu entnehmen war. Letztlich sei aber Eigenverantwortung gefragt. Verbote lösten das Problem nicht.

Während des Gesprächs rückte der Inder Mandip Singh Soin in den Fokus. Er setzt sich für nachhaltigen Tourismus im Himalaya ein und unterhält gleichzeitig ein Unternehmen, das Expedi-tionen dorthin anbietet. Deshalb musste er den Europäern Red und Antwort stehen und erklären, weshalb die Einheimischen ihre Berge im Himalayamassiv derart touristisch ausschlachten würden und immer mehr Leute auf den Gipfel liessen. Er begründete das Phänomen mit den Worten «much want more», viele wollen immer mehr. In Indien sei ebenfalls klar: Mehr Touristen sollen die Bergwelt erleben können. Allein fehle die Infrastruktur, damit dies auch klimafreundlich geschehen könne.

Eine Lösung wäre, den Mount Everest vor der Haustüre zu suchen. So liessen sich die weiten und klimaschädigenden Flüge reduzieren. Françoise Jaquet, die Zentralpräsidentin des SAC, sagte, dass die Bergsportverbände hier noch mehr für die Sensibilisierung tun könnten.

Wasser als Problem der Zukunft

Bruno Messerli, Geograf und emeritierter Professor der Universität Bern, erläuterte in einem Referat die Bedeutung des Hochgebirges als Wasserspeicher. «Die Berge werden in Zukunft auch politisch eine wichtige Rolle spielen.» Gerade die Süsswasserreserven im Himalaya seien begehrt: Heute schon würden grosse Mengen davon nach China fliessen und dort für die Bewässerung genutzt. «Die Flächen, die bewässert werden, haben sich verfünffacht», sagte Messerli. Im Gegensatz zum Alpenraum sei die Nutzung des Wassers dort nicht vertraglich geregelt, was zu Problemen und Konflikten führen könnte.

Messerli regte zudem an, dass die verschiedenen Alpenclubs pro Mitglied einen Franken, Euro oder Dollar in einen Fonds für eine internationale Mountain-Partnership-Organisa­tion einbezahlen. «Um der enormen Bedeutung der Berge gerecht zu werden und entsprechende Projekte zu fördern», so Messerli.

Der freie Zugang unter Druck

Der freie Zugang zu den Bergen wurde in einer zweiten Runde diskutiert. Der Pontresiner Hotelier Thomas Walther gab zu bedenken, dass die Bewohner der Alpentäler fast ausschliesslich vom Tourismus leben und es dafür eine starke Infrastruktur braucht. Und Bergfotograf Robert Bösch sagte, die Infrastruktur auf den Bergen störe ihn weniger als die vielen Schutzgebiete, die derzeit landein, landaus ausgeschieden werden. Ursula Schüpbach, Bereichsleiterin Umwelt beim SAC, plädierte dafür, einen Mittelweg zu finden zwischen Schützen und Nützen. Der freie Zugang werde zunehmend eingeschränkt, sei es durch neue Infrastrukturen, sei es aufgrund des Wildschutzes. «Die Ausscheidung von neuen Wildruhezonen etwa, ohne Einbezug der Bergsportler, jedoch mit Einschränkungen für den freien Zugang, trifft das Herz des Bergsports», so Schüpbach.

King Albert Foundation

Die Gipfelkonferenz wurde von der King Albert Foundation mitorganisiert und unterstützt.

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