Gletschertouren auf Walliser Viertausender
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Gletschertouren auf Walliser Viertausender

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

VON KARL-WILHELM SPECHT, MÜLHEIM A.D. RUHR, SAC GRINDELWALD

Mit 3 Bildern ( 67-69 ) Der Hochzeitsberg Heute steht der Hochzeitsberg auf dem Programm. Aus gegebenem Anlass wollen wir uns das Allalinhorn zum gegenseitigen Geschenk machen. Für meine Frau - sie ist es erst seit wenigen Tagen - soll es der erste Viertausender werden. Eigentlich wollten wir ihn geradewegs über den Hohlaubgletscher angehen; aber der Hüttenwart in der Britanniahütte riet ab. Es sei gefährlich in den Eisbrüchen, meinte er. So begnügen wir uns mit dem einfacheren Normalweg.

Der abschüssige und schmale Pfad auf dem kleinen Kessjengletscherchen, das es mit Mühe und Not zu der überheblichen Bezeichnung « Gletscher » gebracht hat, ist vereist und glatt. Eine Viererseilschaft vor uns verliert angesichts der nebligen Finsternis bereits den Mut. Wir gehen beispielhaft entschlossen voran. Vergeblich! Hinter uns rüstet man sich zur Umkehr, bevor die Hütte endgültig aus den angstvollen Rückblicken verschwindet. Als jedoch am Egginerjoch die Markierungsstangen zu Ende sind und die beruhigenden Spuren aufhören, wird uns auch etwas weniger heldenhaft zumute. Doch was soll 's? Unser Berg liegt links; also scharfe Kurve, und nach einer Viertelstunde stehen wir vor himmelhohen Eiswänden und abgründigen Brüchen. Unsere Entschlusskraft sackt fast bis in die Stiefel. Mit dem letzten Rest von Unternehmungsgeist drehen wir uns um 180 Grad und freuen uns, dass wir wieder Spuren vor uns haben - unsere eigenen nämlich!

Selbstverständlich finden wir den richtigen Anschluss bald. Doch nun fängt das Schimpfen an. Welcher geniale Mensch hat nur den Gletscherpfad erfunden, der abwärts geht und aufs Allalinhorn führen soll? Nach einiger Zeit ist uns klar, dass wir auf dem Weg zur Längfluh sind. Eine hübsche, gleichmässige Querung auf dem Feegletscher wartet auf uns, und wir trotten etwas einfältig und ratlos auf ihr einher. Als mir dieses ergebnislose Stapfen zu dumm wird, sind wir schon eineinhalb Stunden unterwegs. Rechtwinklig biegen wir ab, nehmen den Gletscher geradlinig in Angriff und sind gar nicht betrübt, dass wir im Spaltenspringen etwas Frühsport treiben müssen. Die Komödie findet aber schnell ein Ende, da die Spalten allmählich zu Weitsprung-Weltrekor-den herausfordern. Originellerweise sind die Eisbrücken jeweils um hundert Meter gegeneinander versetzt, so dass wir jede Spalte von vorn bis hinten gründlich kennenlernen, und zwar auf beiden Seiten. Dass die Übergänge immer dünner und seltener werden und schliesslich ganz aufhören, war fast vorauszusehen. Sollen wir nun wieder zurück oder am besten gleich biwakieren? Doch nein! Wir haben ja ein Fernglas im Rucksack! Mit seiner Hilfe entdecken wir die Spur, weit drüben, dort, wo es nicht sehr steil und fast spaltenfrei ist. Die andern sind doch etwas klüger als wir!

Der Pfad entpuppt sich als mittlere Landstrasse, die sich bis fast auf den Gipfel verfolgen lässt. Die Morgensonne strahlt bereits, der Himmel ist blau, der Gletscher sanft und ohne Tücken. Immer näher rückt die unberührt weisse Glocke des Hochzeitsberges. Nur ein schmales, schwar129 zes Band durchschneidet die Westflanke, ein « Wurm », bestehend aus unzähligen aneinandergereihten Punkten: Das Allalinhorn bekommt Massenbesuch!

Demjenigen, der das Feejoch betreten will, wird erst einmal tüchtig Kraft und Puste abverlangt. Der steile Hang, der hinaufführt, hat 's in sich. Vor uns versuchen sich einige Kameraden in « Parterre-Akrobatik ». Man kann eben die Füsse wegen der Abschüssigkeit nur vor- und nicht nebeneinandersetzen. Das Feejoch bietet an Rundsicht etwas vom Schönsten in den Alpen. Man steht etwa 3820 Meter hoch und gerät selbst bei Benutzung der Karte in Verlegenheit, will man die zahllosen Gipfel benennen, die sich in einem Ring von 150 bis 200 Kilometer Durchmesser dem Betrachter bieten.

Meine Frau drängt zum Weitersteigen und schaut sich den Gipfelhang recht geringschätzig an. Alle Achtung! Es ist aber in der Tat nicht mehr viel, was es zu bewältigen gibt, es sei denn die grosse Höhe. Wohl müssen wir - zum wievieltenmalfür das strahlende Wetter eisigen Höhenwind in Kauf nehmen, gegen den jedoch auf dem Gipfel der Biwaksack einigermassen abschirmt. Nachdem wir einander den 4027 Meter hohen Berg « feierlich übergeben haben », schauen wir fast mitleidig auf Saas Fee, wo erst jetzt die Morgensonne eintrifft. Es ist 9 Uhr!

Der Feegletscher unter uns sieht gesprenkelt aus; kein Wunder, dass an einem solchen Tag die Bergfreunde zu Dutzenden hierherkommen Auch am benachbarten Alphubel herrscht Hochbetrieb. Die schwarzen Punkte sind die einzigen Vergleichsmöglichkeiten in diesem Reich grösster Dimensionen, dessen Kulminationspunkte im Norden und Süden, Dom und Monte Rosa, ein strahlendes Feiertagsgewand angezogen haben. Es ist doch gut, dass wir nicht da unten biwakiert haben. Wer weiss, ob ein solcher Tag so schnell noch einmal kommt! Dies denken wir hier oben, und wir denken es, als wir auf dem Rückweg in die Nähe der vermaledeiten Stelle des Aufstiegs kommen. Da begegnet uns um 12 Uhr ein Pärchen wie aus einem Witzblatt. Nicht doch: sie sind vorschriftsmässig ausgerüstet, mit Seil - Abstand: 2 Meter -, Steigeisen, Pickel und Berg(halb)-schuhen, dazu Shorts, Hemd bzw. Bluse ohne Ärmel, Söckchen und Sonnenbrille. Die Rucksäcke sehen nicht so aus, als würden sie mehr als Bonbons und Zigaretten enthalten. Die beiden wollen « da oben hin », wie eine Armbewegung vermuten lässt, und fragen, wie lange es noch gehe. Da sie französisch sprechen, können wir sie nur gestikulierend beraten. Wir tun es vorsichtshalber so deutlich, dass aus unseren Gesten eine Zeit von mindestens acht bis zehn Stunden zu entnehmen ist. Doch zufrieden lächelnd pflügen die beiden weiter durch den knietiefen Firn. Ach, hätten wir doch auch ein so sonniges Gemüt! Wir würden nur noch Nordwände in Badehosen machen...

Höhenrekord am Alphubel ( 4206 m ) Welch gewaltige Fels- und Eisbastion ist doch der Alphubel! Morgens, wenn ich mich im Bett aufrichte, den Schlaf aus den Augen reibe und durch die geöffnete Balkontür schaue, strahlen seine Firnfelder ins Zimmer, und sofort bin ich munter. Obwohl um mehr als 300 Meter höher, nehmen sich Dom und Täschhorn daneben wie anmutige Spitzen aus.

Nachdem er - der Alphubel - über eine Woche lang geworben hat, sind wir endgültig von ihm gefangen. Hinter der Längfluhhütte baut er sich mauerartig auf. Das Panorama hier oben ist fabelhaft, doch für uns zunächst zweitrangig. Zuerst kommt die Tour; danach werden wir mehr Ruhe zum Schauen haben.

Früh am Morgen beginnen die Taschenlampen in der Hütte zu kreisen. Unterdrückte Gesprächsfetzen huschen hin und her, und unverkennbares metallisches Klirren weckt uns vollends. Die Zunft ist in Bewegung.

Kalt und klar ist die Luft. Noch sind die Sterne nicht verblasst. Die Mischabelberge ragen wie schwarze Nadeln in die Finsternis. Selbst draussen unterhält man sich im Flüsterton, als möchte man die heere Stille der Bergnacht nicht stören. Doch bald schon dringt das Poltern der Steine auf dem Schuttfeld hinaus in den erwachenden Tag. Die üblichen Geröllansammlungen sind zu überqueren, bevor wir den Feegletscher betreten. In weiten Serpentinen gewinnen wir die Höhe eines prächtigen Eisbruches. Wie schön kann doch so ein Bruch sein! Keine Spalte, keine stürzenden Blöcke, nur haushohe, massive, schneeüberzuckerte Türme, die sich gefahrlos übersteigen oder umgehen lassen - hier macht die Pickelarbeit Freude.

Heller Tag ist es bald. Zügig geht es durch eine Firnmulde, dann wieder steil in einen nicht enden wollenden Hang. Und nun zeigt der Alphubel seine Tücken. Da, wo die Felsinseln aus dem Eis ragen, ist der Gletscher aufgebrochen. Riesige Querspalten von unergründlicher Tiefe und mehreren hundert Metern Länge verhindern das flotte Weitersteigen. Die wenigen messerscharfen Brücken müssen erst gefunden werden und sind mit Vorsicht zu geniessen. Eine Seillänge genügt manchmal kaum, um zwei sichere Plätze miteinander zu verbinden. Nun, was wäre ein Berg ohne solche aufregenden Unterbrechungen?

Der Gipfelhang zehrt an den Kräften. Drei Schritte - drei Minuten Pause; in diesem ständigen Rhythmus vollzieht sich lange Zeit der Anstieg. Eine Seilschaft kommt uns entgegen. Die Glücklichen waren schon oben. Oder sind wir glücklicher, die wir das Erlebnis noch vor uns haben« Kehrt's besser um! Es geht noch a Stund » Dem Führer, der uns diese löbliche Empfehlung gibt, schaut der Schalk aus den Augen, und er kann ein verschmitztes Lächeln nicht verbergen. Und so vergehen denn auch nur noch wenige Minuten, bis wir die Rucksäcke abladen. Wieder erleben wir die Erfüllung eines Wunsches. Der Alphubel hat nicht vergeblich geworben.

Mit einiger Genugtuung registrieren wir unseren neuen Höhenrekord: 4206 Meter. Warum sollten wir auch sagen: « Ach, die Höhe, die spielt keine Rolle! » Dann könnten wir ja im Tal bleiben. Schliesslich ist das Wallis doch ein Land herrlicher Rekorde; denn wo gibt es in den Alpen noch solch hinreissende Aussichten? Und welcher Bergsteiger möchte sie nicht immer wieder von anderer, von höherer Warte aus geniessen? Und wer möchte nicht immer wieder das Ringen am Berg neu erleben?

Uns bewegen im Augenblick zwar andere Probleme: Wie stopft man zwei Leute in einen Biwaksack, ohne dass man ihn mit den Steigeisen beschädigt, ohne dass er im Höhenwind wegfliegt und ohne dass man mit ihm samt und sonders den Gipfelhang hinabrutscht? Und wie hält man trotz allem einen Auslug frei? Das Problem ist bald gelöst: der Biwaksack wird eingepackt. Die Gipfelrast, der Abstieg, der Nachmittag auf Längfluh, der ganze Tag ist angefüllt mit dem Betrachten der einzigartigen Bergwelt um Saas Fee. Wir können nicht genug bekommen von diesen Ausblicken; selbst im Traum verfolgen sie uns, und der morgendliche Blick aus der Tür bleibt nun am Alphubel besonders lange haften.

Weissmies ( 4023 mBesteigung eines Eisberges Das Weissmies ist ein geheimnisvoller Berg. Von der Hannigalp über Saas Fee haben wir ihn von Kopf bis Fuss gemustert. Wir staunten über den massiven, grünlich erscheinenden Unterbau, der von einer weissen Zipfelmütze gekrönt wird. So haben wir den Berg in Erinnerung, und wo ist er nun eigentlich? Wir sind recht beeindruckt von der schönen Lage der Weissmieshütte, geniessen andächtig das zauberhafte Panorama der Mischabelgruppe; aber unser Berg ist unsichtbar. Fast eine Stunde dauert die Erkundungstour zum Geissrück, von dem aus der morgige Aufstieg überschaubar wird. Doch welch ein Gegensatz zur Aussicht von der Hannigalp! Hier versteht man erst, dass der Berg den Namen Weissmies zu Recht trägt. Fast nichts mehr ist zu sehen von den grünen, felsigen Wandfluchten; Eis und Schnee beherrschen die sonnenabge-wandte Seite der Nordwestflanke Steil fallen spaltendurchzogene, zerborstene Eiswände in das Becken des Melliggletschers. Und hoch darüber erstrahlt im letzten Licht des Tages jene weisse Zipfelmütze, die wir morgen erklimmen wollen.

Eine laue Nacht geht ihrem Ende zu. Wir erleben die ersten Stunden des anbrechenden Tages voller Zweifel über die Beständigkeit des Wetters. Zwar sieht der Himmel klar aus; doch der warme Wind stimmt uns bedenklich Immer höher wächst die eisige Nordwestflanke unseres Berges, als wir etwas verstimmt den Abstieg auf den Melliggletscher beginnen. Ich überlege, ob man das lästige Hinabsteigen nicht vermeiden könnte, sehe aber zur Linken nur schwer passierbare Steilhänge, die sicherlich viel mehr Zeit erfordern würden. Schneller, als vermutet, stehen wir am Fuss der Himmelsleiter, die zum Gipfelgrat führt. Wie gut, dass sie im Schatten liegt! Der Schweiss rinnt so schon in Strömen. Der Firn ist allerdings auch so weich, dass selbst die tiefen Stufen der voraussteigenden Kameraden nachgeben, als würde man in ein Federbett treten. Erst auf halber Höhe wird das Gelände sanfter. Wir winden uns durch einen märchenhaften Gletscherbruch. Wie ein luftiger Balkon ragt er aus der Wand heraus. Angesichts der bizarren, in allen Blautönen schimmernden, gläsern spiegelnden Zapfengebilde, der dunkel und hell geschichteten Türme und Pfeiler, der schwarz lauernden Risse und Schründe vergessen wir fast, dass wir von einer eisigen Wirklichkeit umgeben sind, und legen eine Photopause nach der anderen ein. Bald schon liegt die Märchenwelt wieder hinter uns, und der zweite Teil der Steilflanke erfordert erneut Lungen- und Muskelkraft. Gut drei Stunden sind vergangen, als über einer Schneemulde der Gipfelgrat auftaucht: ebenso weiss wie die ganze Umgebung, und bei jedem unserer Schritte rückt er ein Stückchen mehr ins Blickfeld, und jetzt, da wir in die Scharte hinabsteigen, zieht er in seiner ganzen Schönheit vor uns zum höchsten Punkt. Das also ist die verborgene Zipfelmütze! Wahrlich, eine von riesigen Ausmassen. Ich erinnere mich an ein Photo von diesem Standpunkt, auf dem mir schon vor Jahren ein erster, beeindruckender Anblick dieses Berges beschieden war. Keine Gratschneide fordert hier zu Balanceakten heraus. Eine steile Flanke ist es, die sich durch gewaltige Wächten ständig nach Süden zu vergrössern trachtet, aber immer wieder vor der gähnenden Tiefe des Abgrundes haltmachen muss. Ich erinnere mich auch an so manche Zeile im Hüttenbuch, wo es hiess: « Umkehr wegen Sturms », « Rückzug bei Schneetreiben »... Ja, sie ist auch für uns eine « windige » Angelegenheit, diese letzte Stunde des Aufstiegs, und demzufolge kein Spaziergang. Unerwartet schnell rücken Wolken in die Flanken von Fletschhorn und Lagginhorn. Eisige Stösse schütteln uns, treiben uns förmlich auf den Gipfel. Aber sie können uns nicht das Glück rauben, das wir empfinden, als wir die letzten Schritte tun. Für einige Minuten gehört uns der Berg ganz allein. Kein Mensch weit und breit. Wo sonst noch kann man das erleben, wenn nicht auf einem hohen Alpengipfel?

Die Wolkenbänke kreisen allmählich unseren luftigen Ausguck ein. Nur noch das Monte-Rosa-Massiv blickt durch ein grosses Fenster am grau bezogenen Himmel. So wird es schon bald Zeit für den Abstieg. Der Wind sorgt dafür, dass die Wolken über den Grat hinweggefegt werden. Doch jenseits der Wächten staut sich das Gebrodel über der Tiefe. In der Scharte verweilen wir lange, um dem Spiel zuzuschauen. Von Sekunde zu Sekunde ändert der Berg sein Gesicht. Bald erscheint er düster, fast schwarz, wenn die Wolken ihn beschatten, bald liegt er in gleissendem Licht, wenn für Augenblicke die Sonne durchblitzt. Bei solchen Eindrücken fällt es schwer, den unvermeidlichen Gang ins Tal anzutreten.

Jubiläum am Bishorn Zu den Bergen, die als Nachbarn berühmter Gipfel eine Art Schattendasein führen, gehört zweifellos das Bishorn. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es mit 4159 Metern beispielsweise den Piz Bernina und die Jungfrau überragt. Das um fast 400 Meter höhere Weisshorn mit seiner erdrückenden Schönheit und Gewalt nimmt ihm jede Möglichkeit, sich, seiner Grösse entsprechend, dem Betrachter zu zeigen.

Wir haben es trotzdem entdeckt, damals schon, auf der Fahrt nach Zermatt hinauf. Und dann, als wir es von der Höhe des Corne de Sorebois ( 2896 m ) hoch über dem Val d' Anniviers betrachteten, haben wir es in unser Herz geschlossen. Wehe dem, der unser Bishorn belächelt! Wozu steht denn an seinem Fuss die Tracuithütte? Sicher nicht nur für Weisshorn-Nordgrat-Begeher!

Wir also nehmen das « Hörnchen » durchaus ernst, mehr noch, wir würdigen es sogar. Wenn wir es morgen bestiegen haben werden, dann ist es unser zehnter Viertausender. Wir finden, es verdiene diese Ehre durchaus. Eingeschlossen in diese Huldigung ist selbstverständlich die kleine, überaus gemütliche und trotz Bauarbeiten so freundliche Hütte. Ihre zauberhafte Lage mit einem herrlichen Panorama lässt für uns den Tag zu einem alpinen Festtag werden. Die Kette der westlichen Walliser Eisriesen hält manchem Vergleich mit anderen Ausblicken stand. Dazu sorgt die zur Zeit hier oben anwesende Bergsteigerfamilie für eine fröhliche Stimmung, die ein guter Beginn für eine grosse Tour ist.

Und in der Tat: es wird eine grosse Tour, zwar keine lange, aber eine an Eindrücken ergiebige Gletscherwanderung. Nach einer kalten Nacht in der durch die Umbauarbeiten noch zügigen Behausung tut es den steifen Gliedern gut, auf dem steilen Turtmanngletscher ein wenig Morgengymnastik zu treiben. Zwar gibt es ausser ein paar harmlosen Spalten nichts, was unsere Wanderung erschweren könnte, doch sorgt die Steilheit des Geländes für wohltuende Durchwärmung. Bald allerdings tut dies auch die Sonne, und es dauert nicht lange, da sehnen wir uns nach einem kühlen Lüftchen. Auf dem Sattel zwischen den beiden Bishorngipfeln wartet es bereits auf uns und bläst stärker und kühler, als uns lieb ist. So dicht liegen die beiden Extreme im Gebirge beieinander: hier gleissende Hitze auf den weissen Gletscherflächen, dort eisiger Sturm an Jochen und Graten.

Die Bishornkuppe scheint nur aus Wächte zu bestehen. Auf allen vieren krabbeln wir an der Stufenleiter, bis es nicht mehr höher geht. Der Jubiläumsberg ist unser. Ohne grosse Schwierigkeiten, aber nicht ohne Anstrengung haben wir von ihm Besitz ergriffen und schreiten nun zum Festakt. Wir nehmen das Rundum zunächst mit den eigenen Augen, dann mit denen der Kameras gebührend auf. Das Weisshorn scheint uns böse gesonnen, weil wir ihm den kleineren Nachbarn vorzogen, entzieht es doch durch Wolkenvorhänge seinen zerklüfteten Nordgrat unseren neugierigen Blicken. Dessenungeachtet schmeckt uns das Festmahl ausgezeichnet. Keks und Zitronensaft, « auf Erden » eine Alltäglichkeit, sind in diesen Regionen eine wahre Gaumenfreude. Für Festbeleuchtung, grell und gedämpft, sorgt die Sonne, und die Windorgel spielt eine freundliche Tafelmusik. Bleibt noch zu erwähnen, dass die Jubelfeier beim Abstieg in gemütlichem Schlendern einen geruhsamen Ausklang findet, untermalt von Gedanken an die nächsten zehn Viertausender...

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