Historische Notizen über den St. Gotthardpass
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Historische Notizen über den St. Gotthardpass

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Notizen über den St. Gotthardpass

Von

Arnold Nüscheler.

Leu in seinem 1754 erschienenen schweizerischen Lexikon sagt, es verbleibe unerläutert, ob die Gotthardstrasse schon von den Galliern bei ihrem ersten, durch Elico, den Helvetier veranlassten Zug nach Italien ( 640 oder 614 vor Christus ) oder bei der anderen, zu Zeiten des römischen Königs Tarquinius Priscus ( der von 616—578 v. Chr. regierte ) vorgenommenen Reise dahin in Stand gestellt worden sei, oder bei der von den Oothen darüber genommenen Flucht aus Italien ( circa 560 v. Chr. ), oder aber erst zu Karls des Grossen Zeiten ( 773 n. Chr. ), oder endlich da die Urner und ihre Be-nachbarten um das Jahr 829 seinem Sohn ( Ludwig dem Frommen ) wider die Sarazenen nach Italien zugezogen.

Alle diese Annahmen, denen sich noch eine weitere aus dem zwölften Jahrhundert beigesellt, nämlich dass der Transport der Gebeine der heiligen drei Könige von Mailand nach Köln über den Gotthard geschehe » sei, erweisen sich nach den neuern Forschungen als Tinstichhaltig.

Denn laut Prof. Th. Mommsen ( die Schweiz in römischer Zeit ) und Dr. Heinr. Meier ( die römischen Alpenstrassen in der Schweiz ) ist von Benutzung einer Strasse über die lepontinischen Alpen,, wie der Gotthardsberg damals hiess, in römischer Zeit nichts bekannt. Ebenso wenig hat man laut Dr. Ferd. Keller ( Statistik der römischen Ansiedlungen in der Ostschweiz ) in den Grotthardsthälern eine Spur römischer Ansiedlungen entdeckt, sondern dieselben sind, so viel man weiss, erst im siebenten bis neunten Jahrhundert bewohnt worden. Auch fand der erwähnte Reliquien-Transport nicht über den Grotthard statt, sondern ging laut Fkker ( Reinald von Dessel ) über Vienne durch Hochburgund und ( der Sage nach durch Zürich ) an den Rhein nach Altbreisach.

Erst um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts wird ein " Weg für Pilger von Rom über den Grotthard nach Deutschland beschrieben; der Handelsweg aber aus diesem Lande und der östlichen Schweiz nach Italien hat, wie schon in der römischen Zeit, so noch bis zum Jahre 1278 durch Kurwalen ( Graubünden ) geführt. Zur Begründung dieser Behauptungen ist es nöthig, gestützt auf urkundliche Zeugnisse einen geschichtlichen Ueberblick der zuerst bekannten Bewohner und Herren 4er Thäler zu geben, durch welche sich die Gotthardstrasse zieht.

I. Livinenthal, Vallis Lepontina.

Die südlichen Alpenabhänge gegen den Langensee von Domo d' Ossola bis Chur wurden von den Lepon- St. Ootthardpass.

Historische Notizen.57,

tiern, einem ligurischen Yölkerstamme, bewohnt, deren Name noch in demjenigen des obern Tessinthales von Airolo bis Biasca fortlebt. Allein von Wohnsitzen derselben findet sich dort keine Spur; denn die römische Strasse vom Langensee aufwärts gegen die Alpen lief von Bilitio ( Beilenz ) durch das Misox nach dem Mons avium ( Vogelsberg, seit 1451 Bernhardin genannt ). Im Livinenthal wurden erst im Jahr 726 einzelne Besitzungen von Luitprand, König der Longobarden, dem Kloster St. Peter in Ciel d' Oro zu Pavia geschenkt und von den deutschen Kaisern 962, 1027 und 1033 bestätigt; dagegen die vier Thäler von Leventina, Blegno, Biasca und Intrasca im Ganzen 940 durch Bischof Otto von Yercelli den Chorherren der bischöflichen Kirche in Mailand und ihren Vikarien vermacht. 1331 entstand in Folge der von Einwohnern in Livin*en und Domo d' Ossola verübten Gewaltthaten ein Krieg; das erstgenannte Thal wurde von den drei Waldstätten und Zürich erobert, am 12. August jedoch ein Friedensvertrag abgeschlossen. Nach einem abermaligen Krieg im Jahre 1403 mussten sich die Landleute von Livinen denjenigen von IM und Obwalden ergeben und am 19. August Gehorsam schwören.

Die V o g t e i daselbst ward als ein Lehen des Reichs 1317 von König Ludwig dem Konrad von Moos, Landmann von Uri, verliehen, nachher seinem Sohne Hans 1329 und 1353 für 100, resp. 300 Mark Silber verpfändet, endlich nach wechselnden Schicksalen 1479 und 1480 vollständig an Uri abgetreten.

II. Urserenthal, Valus Ursaria.

Die Thatsache, dass nach der von Kaiser Augustus geregelten Administration des römischen Reichs die Provinz Wallis ( Vallis Poenina ) anfänglich durch den Statthalter von Rätien mitverwaltet wurde, lässt es möglich erscheinen, dass zwischen beiden Provinzen damals schon eine direkte Verbindung durch das Urserenthal bestanden habe.

Nach dem Pfarrbuche von Andermatt soll der heil. Columban im Jahie 612 der erste Pfarrer daselbst gewesen sein, nach der Legende hingegen sein Schüler, der heil. Sigisbert, Stifter des Klosters Disentis ( f 635 ), eine Kirche in Urseren zu Ehren seines Lehres erbaut haben. Sichere Nachricht über dieses Thal gibt erst das Testament des Bischofs Tello von Chur, datirt 15. Dec. 766. Laut demselben besass nämlich eine Kirche St. Columbanus sehr viele Güter im angrenzenden Vorderrheinthal, und wurde als eine vom Grafen Roderich entrissene Besitzung durch Kaiser Ludwig I. dem Frommen, am 25. Juli 825 dem Bischof Victor IL, zurückgestellt. Es kann darunter kaum etwas anderes gemeint sein, als die noch vorhandene uralte Kirche circa 5 Minuten westlich vom jetzigen Dorfe Andermatt, das ursprünglich am Fusse des sog. Kilcherbergs lag, aber nach allzu grösser Lichtung des dortigen Schutzwaldes für den Unterhalt der langen stäubenden Brücke durch eine Lawine ganz weggerissen und circa 1602 an die gegenwärtige Stelle versetzt wurde.

Die Grundherrschaft und der Kirchensatz im Thal Urseren stand wohl seit den ältesten Zeiten dem Kloster Disentis in Rätien zu, von wo aus dasselbe aller Wahrscheinlichkeit nach bevölkert worden ist;

denn die dortigen Einwohner werden Unterthanen oder Leute des Gotteshauses genannt, und mussten zum Zeichen ihrer Abhängigkeit alljährlich einen Kreuzgang nach Disentis machen und ihm die schuldigen Zinse bezahlen. Auch waren die Edlen des Thales ( von Moesen, von Ospenthal, von Glurinchen ) Dienstmänner des Klosters.

Die Vogt ei ( hohe Gerichtsbarkeit ) besassen, als ein Reichslehen, die Grafen von Rapperswil. Nach ihrem Aussterben im Jahre 1283 zog König Rudolf von Habsburg dasselbe an sich, und verlieh es seinen Söhnen, den Herzogen von Oesterreich. Ohne Zweifel hat der Umstand, dass dieses Lehen und bald darauf ( 1291 ) auch Luzern in österreichische Hände überging, wesentlich zur Eröffnung und Aufnahme des Gotthardpasses beigetragen. Die Vogtei Urseren kam alsdann schon vor 1407 an Uri, und am 12. Juni 1410 wurde zwischen beiden Thälern ein ewiges Landrecht abgeschlossen.

in. Ländchen Uri, Pagellus Uroniae.

Dasselbe wurde mit Kirchen, Häusern und andern darauf stehenden Gebäuden, mit Leibeigenen jedes Geschlechts und Alters, mit bebautem und unangebautem Lande, mit Wäldern, Wiesen und Weiden, mit stehenden und fliessenden Gewässern, Wegen, Ein- und Ausgängen, mit Erworbenem und noch zu Erwerbendem, mit allen Zinsen und verschiedenen Gefällen am 21. Juli 853 von König Ludwig IL, dem Deutschen, dem Frauenkloster in Zürich übergeben, welchem seine Tochter Hildegard vorgesetzt war.

Das Ländchen bestand damals laut Urkunde vom 13. März 857 vorzüglich aus den beiden Dörfern Bürglen und Silenen im untern Reussthale, in denen bereits Kapellen vorhanden waren. Alle übrigen Dörfer desselben, wie Altorf ( 1231)T Attinghusen(1240 ), Seedorf ( 1243 ), Schachdorf ( 1248 ), Flüelen ( 1284 ), Steg ( 1291 ) werden erst im Laufe des dreizehnten Jahrhunderts genannt, ebenso die Höfe im obern Reussthal, wo seit 1227 die Grafen von Rapperswil begütert waren, als: Wiler und Maienthal ( 1246 ), Wasen ( 1287 ) und Göschenen ( 1290 ).

Die Vogtei in Uri wurde am 26. Mai 1231 durch König Heinrich, Friedrichs II, Sohn, von dem Besitz des Grafen Rudolf von Habsburg losgekauft und befreit, mit dem Versprechen, dieselbe niemals zu veräussern, sondern zu seinem und des Reichs Diensten zu behalten. Am 16. Oktober 1389 entsprach alsdann König Wenzel der.Bitte der Urner um Uebertragung der hohen Gerichtsbarkeit.

Nachdem wir durch vorstehende sichere Angaben das erste Auftreten einer Bevölkerung in den drei Hauptthälern des Gotthardberges festgestellt haben, wenden wir uns zur Ermittlung des Zeitpunktes, in welchem ein Saumweg für den Gütertransport auf der ganzen Strecke von Flüelen bis Airolo angelegt wurde.

" Wenn nämlich auch, wie kaum zu bezweifeln, unter den einzelnen Dörfern und Thälern beschwerliche und durch Ungunst der Witterung häufig gestörte Verbindungswege bestehen mochten; so finden wir doch bis gegen die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts keine Spur von der Benutzung eines Weges vom Langensee über den Gotthard nach dem Yierwaldstättersee. Erst in den 1240 — 1256 geschriebenen Jahrbüchern Albert's von Stade, der 1236 eine Reise nach Rom und zurück machte, und vielleicht diese selbst schilderte, ist folgende Route dafür angegeben:

« Die aus Schwaben sind und dortigen Gegenden, « fahren über den Comersee, und gehen über den « Septimer in ihre Gegend. Du aber magst den See « zur rechten Hand liegen lassen und gehen zur linken « gegen Lugano, 16 ( italienische ) Meilen mit Einschluss « des ( gleichnamigen ) See's. Dort fängt der Berg an « ( Monte Cenere ) und läuft bis Zonrage.Yon Lugano « bis Beilenz eine Tagreise, von dort drei Tagreisen « bis Luzern mit Inbegriff des ( Vierwaldstätter- ) Sees. « Du gehst weiter 5 ( deutsche ) Meilen, und es wird « dir Zofingen begegnen. Aber alle diese Meilen sind « sehr gross u. s. w. »

Diese Reiseroute scheint übrigens nur als Fussweg für die nach Rom reisenden Pilger empfohlen worden, hingegen eine für Menschen und Vieh jederzeit brauchbare und ungefährliche Strasse zwischen Uri und Tessin damals noch nicht vorhanden gewesen zu sein, sondern — wenigstens auf der Strecke von Göschenen bis Andermatt — durch den Felsenschlund der Schöllenen oder, wie er noch 1363 hiess, den Stein ( den Namen « Schellenden » finde ich erst 1420 ), sowie vermuthlich auch über die eigentliche Berghöhe von Hospital bis Airolo gemangelt zu haben.

Den Beweis hiefür liefert eine Urkunde vom 15. August 1278. Laut derselben gaben der Bischof von Chur ( Konrad von Belmont ), ferner Graf Hug von Werdenberg, Land-graf in Schwaben und Curwaleu, als Pfleger anstatt des Königs von Rom, endlich der Freie Walther von Vatz ( dessen nunmehr ganz verschwundene und in fruchtbares Land verwandelte Stammburg bei Obervatz auf dem rechten Ufer der Albula an einer Stelle, genannt Donal, stand ) allen, welche die Strasse von Curwalen fahren, insbesondere und zuvorderst den Luzernern, hin und wieder für Leib und Gut gutes Geleite und guten Frieden. Es folgt hieraus unzweifelhaft, dass damals für die Östliche Schweiz ein Handelsweg nach der Lombardei über den Gotthard noch nicht bestand, sondern ein solcher nur über die rätischen Alpen und zwar, wie sich aus einer Urkunde zwischen 1272 und 1275 ergibt, vorzugsweise über den Septimer ging; sonst würden die Luzerner diese für sie mit einem sehr beträchlichen Umweg verbundene Waarenstrasse kaum benutzt haben. Ein S a u m w e g über den Gotthard kam vielmehr, soweit urkundliche Kenntniss reicht, erst in Gebrauch, seit das Benediktinerkloster Murbaeh im Elsass die Stadt Luzern und die 16 Dinghöfe am 16. April 1291 dem römischen König Rudolf von Habsburg und seinen Kindern verkauft hatte. Denn die früheste Nachricht darüber findet sich in einer Urkunde vom 10. April 1293, laut welcher Werner, Vogt von St. Gotthardpass.

Historische Notizen.65

Baden und Pfleger des Herzogs Albert von Österreich im Aargau, die Waarenballen der Kaufleute von Mo-ditram oder Modötia ( Monza ) im Bisthum Mailand wegen einer den Leuten in Uri verursachten Uneinigkeit durch das Reussthal zu führen verbot und in der Stadt Luzern zurückzuhalten befahl, jedoch hernach auf Bitten einiger davon Betroffenen das Verbot gegen freiwilligen Nachlass aller desshalb erlittenen Kosten und Schaden, sowie gegen das Versprechen jener Kaufleute, die Bürger von Luzern, die Unterthanen des Herzogs und sonst Niemand desshalb in irgend einer Weise zu beschweren, wieder aufhob.

Nach der Ermordung des Königs Albrecht bei Windisch, am 1. Mai 1308, führten die Herren von Mailand und Como neue Zölle ein, und es begann die Unsicherheit der Reichsstrasse von Luzern nach der Lombardei. Tn Folge solcher an ihren Kaufleuten geschehenen Zollüberforderungen und Berau-bungen, deren um das Jahr 1309 27 im Gesammt-betrage von 4090 Pfund namentlich verzeichnet sind, half sich die Stadt Luzern mit der Beschlagnahme von Kaufmannsgütern, die Mailändern gehörten. Um nun allen diessfälligen Forderungen ein Ende zu machen, ernannten am 10. Herbstmonat 1309 Rathe und Gemeinde von Mailand Bevollmächtigte; ebenso thut am 29. gl. Mts. Guido vom Thurm, beständiger Herr von Mailand, kund, dass er desshalb weder Prozess noch Klage erheben werde, und verheisst allen Ersatz, im Falle Luzern und Oesterreich dennoch darum bekümmert würden; dannzumal dürfen diese allenthalben die Waaren ergreifen und festhalten, bis der Schaden, für welchen er ihrem blossen Worte glauben will, abgetragen ist.

Beide Urkunden, in welchen, wie wohl zu beachten, die Herrschaft Oesterreich als maassgebend erscheint, beweisen, welchen grossen Werth die Lombardei schon im Anfang des vierzehnten Jahrhunderts auf die ungehinderte Benutzung des Gotthardweges setzte.

Inzwischen war während der Jahre 1303—1309 ein Yerzeichniss der habsburgisch-österreichischen Besitzungen in der Schweiz angefertigt worden. Darin heisst es, dass das Yogteigericht zu Urseren, ein Reichslehen der Herrschaft, anfange auf dem Crispait und bis auf die Furka gehe, von dort gen St. Gotthart und von diesem bis an die stiebende Brücke; ferner dass man der Herrschaft daselbst von einem Recht, genannt « Teilballe », d. i. ( laut Urkunden vom 1. März 1317, 16. Jänner 1329, 16. Oktober 1353 und 25.Brach-monat 1383 ) dem Rechte, den Gütertransport aus der Schweiz nach der Lombardei zu leiten und zu beaufsichtigen, 10 Pfund Pfeffers jährlich gebe; endlich dass die Zölle von Hospital ( im Thal Urseren ) bis Reiden {hei Zofingen ) der Herrschaft gehören und zu Luzern bezogen werden. Dieselben betrugen damals zwischen 360 und 1108 Bàsler-Pfund. Im Jahre 1359 wurde in Folge der Kriege nach dem Eintritte Luzern's in den Bund der Waldstätte der Bezugsort, der österreichischen Gotthardszölle nach Rothènburg ( Kanton Luzern ), dem Hauptsitz der herzoglichen Yer-waltung und Kiegsmacht, verlegt, am 31. Januar 1359 von Herzog Rudolf IY. der neue Zoll zu Rothenburg im Aargau an die Brüder Peter und Johann von Thorberg um 1000 Gulden verpfändet und am 6. März 1361 die Zollfreiheit der Stadt Luzern « vom sant Gotharts Berge « üvber Lant vntz gen Reiden vnd über wazzer vntz gen Windesch » erneuert, « wan si ( die Bürger ) doch von « alter also her chomen sint.In einem Zollrodel von Rothenburg ( circa 1361 ) erscheinen als Pflichtige Gegenstände:

Wollsäcke, Gewand, Spetzri, « guldine oder sidine Tuche, das von Lamparten uss gat », Schürlitz ( Barchet ), Wein, Korn, Mühlsteine, Hausgeschirr, Öhl, Leder, Salz, Pferde, Ochsen, Kühe, Schafe, graues Tuch, Ziger.

Diese Zollberechtigung ging mit den Besitzungen des Herzogs Friedrich von Oesterreich durch Urkunde des Königs Sigmund vom 15. April 1415 als Reichslehen an die Eidgenossen und, weil sie auf einer bestimmten Zollstätte im Gebiete der Stadt Luzern haftete, an letztere über.

Durch das erwähnte habsburgisch-österreichische Urbar ist demnach festgestellt:

1das Vorhandensein der stiebenden Brücke;

2das von der Yogteigewalt in Urseren und Luzern herrührende Recht der Herrschaft Oesterreich, vom Waarentransport auf der wahrscheinlich von ihr erbauten Gotthardstrasse Abgaben und Zölle zu erheben;

3die Ausdehnung des Güterverkehrs bis Reiden, d.h. in der Richtung nach Basel.

Kehren wir noch einen Augenblick zu der genannten Brücke zurück. Den Namen » stiebende » hat sie ohne Zweifel desshalb erhalten, weil sie beständig dem aufwirbelnden Staube der unter ihr wild schäumenden Reuss ausgesetzt war. Sie führte nämlich bis zur

Schweizer Alpenclub.5

Sprengung des Urnerlochs im Jahre 1707 der Länge nach und zwar circa 200 Fuss durch den Felsenschlund zwischen dem Kilchberg östlich und dem Teufelsberg westlich, war flach und von Holz, und ruhte auf Ketten,; welche an diesen Bergen befestigt worden. An die beinahe unmittelbar der stiebenden sich anschliessender in unbekannter Zeit entstandene « Teufelsbrücke » knüpft sich eine bekannte, in manchen Varietäten verbreitete Sage, die wohl eine mythische Grundlage hat.

Nach dieser Abschweifung wenden wir uns wieder zur Gotthardstrasse. Wegen des Waarentransports auf dem Vierwalderstättersee gaben am 22. Brachmonat 1309 Graf Werner von Homberg, Pfleger des römischen Reichs in den Waldstätten, sowie Ammann und Gemeinde von Schwyz dem Rath und der Gemeinde von Luzern die Zusicherung, dass die Kaufleute daselbst und die der Stadt angehörigen Knechte — Schiffe, welche Kaufsmannsgüter führen, von den Genannten, allen ihren Angehörigen und in ihrer Gewalt Befindlichen Friede haben sollen und zwar von der Stadt Luzern bis zur Sust in Flüelen und umgekehrt bis zur Stadt am Thor oder Hof. Dafür und als Besitzer der Vogtei in Uri erhob das Reich vermuthlich im Einverständnisse mit den Herzogen von Oesterreich einen Zwischen-zoll in Flüelen, welcher — unter Vorbehalt des Rests — von Kaiser Heinrich bis auf den Betrag von 100 M. S. am 21. Jänner 1313 dem Grafen Werner vo » Homberg wegen geleisteter Dienste in ganz Italien und vornehmlich in der Lombardei für 1000 M. S. verpfändet wurde, und in den Jahren 1360 und 1365 von den Erben des Landammanns Johann von Attinghusen an Uri gelangte.

Dieser Zoll wurde im 16. Jahrhundert bezahlt von Pferden, fetten Ochsen, Kühen oder Zeit-rindern, Schmalvieh, Wein, köstlich gewerehet Gut, Wolle oder gesponnen Gut, Leder, Kupfer, Blei, Eisen u. s. w., und ertrug im Jahre 1776 Gl. 5811. Auch in Göschenen, 1776 aber in Was en wurde ein Zoll bezogen; denn am 6. Juli 1429 vereinbarten sich Luzern und die drei Waldstätte zur gemeinsamen Wahl eines Zollners aus dem Lande Uri. Der Gewählte musste ihnen schwören, « vnser land zu hüten vnd ze « goumen vnd sin bests vnd wegst ze tund vnd nit über « die vier ledi noch keinerley lassen übergan, dann « vntz gan Ursurren, vnd als das von Alter herkomen « ist. » Welchen Ursprung dieser Zoll hat, lässt sich nicht nachweisen; nur so viel ist aus Urkunden bekannt, dass im Jahr 1290 die Gräfin Elisabeth von Rapperswil, Wittwe des Grafen Ludwig von Homberg, alle ihre Güter im Thale Uri und zwar besonders diejenigen von Göschenen mit dem Thurme daselbst und den übrigen Zubehörden und Rechten an das Kloster Wettingen verkauft hat. Ob dieses Besitzthum Reichslehen oder freies Eigenthum war, und wann es an die vier Orte kam, ist ungewiss. Im Jahre 1577 wurde jener Zoll von Uri allein erhoben und zwar von Korn, Hafer, Salz, Honig, Anken und anderem Mulchen, und ertrug 1776 zu Wasen Gl. 1943. Für die Sicherung des Zollbezugs bestand bei der alten Brücke über die Göschener-Reuss ein Thor, das laut Erkenntniss der urnerischen Ländsgemeinde von 1556 wieder gut und stark gemacht, vom Zoller bei Nachtanbruch geschlossen und beim Tagesgrauen geöffnet werden musste, und noch 1686 abermals erneuert wurde.

Der Handelsweg über den Gotthard blieb bis 1321 sicher; dann aber traten von drei verschiedenen Seiten grosse Störungen ein. In jenem Jahre nämlich war « ein Span von der Gütern wegen, so die dry « Waldstett Uri, Schwitz und Underwalden über den « Gotthart hin und wider fertigetend; do hattend die « Tal-Lüt von U r s e r n Jrn etwas Verhinderung und « Widerdriess getan. Als aber die dry Waldstett « sich rüstend und gemeinlich disen Schaden gerochen « woltend han, ward der Abt von Disentis des innen, « und warb fründlich an die dry Waldstett um ein « Versünung und Befridigung, und erbat die Waldstett, « dass man beidersit eher Lüt verordnet. Durch die « ward ein Richtung und Vereinbarung uff ein gute « Anzal von Jaren gemacht, also dass'man fürbass « den Waldstetten Jre Güter unversperrt über den « Gotthart hin und wider gan liess. »

Zehn Jahre später ( 1331 ) entstand, ungeachtet kurz vorher ( 17. Oktober 1329 ) der von Luzern und den drei Waldstätten wegen der Verleihung des Reichs-vikariats und der Herrschaft über die Stadt Como beglückwünschte Azzo Visconti den Schirm auf der Reichsstrasse über den St. Gotthardpass, sowie in allen seinen Landen gelobt hatte, zwischen den Thälern Urseren « nd Livinen wegen vorgefallenen Mords, Verwundungen, Brand, Raub, Gewalttätigkeiten und Beleidigungen jeder Art Krieg und Aufruhr, welcher indessen durch Schiedmänner beider streitiger Parteien am 12. August 1331 zu Como beigelegt wurde. In dem diessfälligen Friedensvertrag sind betreffend den Gotthard folgende Bestimmungen enthalten:

1 ) Urseren und Livinen dürfen ( ohne 26 beim Kriege am meisten Betheiligte ) mit Leuten und Waaren, mit Hab und Gut ungehindert die Strasse über den Gotthard gebrauchen.

4 ) Dieselben sollen Strassen, Wege und Stege dermassen erhalten, dass den Kaufmannsgütern kein Schaden erwachse.

8 ) Beide Theile sind nicht verbunden, ihre Waaren weiter zu fertigen, als bis auf das Hospiz zu St. Gotthards Kirche.

Von da an erlitt der Güterverkehr 15 Jahre lang keinen Unterbruch. Hingegen fand 1347 neuerdings eine Beeinträchtigung statt und zwar diesmal vom Wallis her; denn sechs Knechte aus Naters und Brieg verübten damals auf der Reichsstrasse über den Gotthard einen Raub an Kaufleuten, wurden aber in Urseren gefangen. In Folge dessen kamen Beamte der Kirchgemeinden Visp, Naters, Morgen ( Mörel ), Ernen und Münster im Wallis mit dem Yogt und der Gemeinde des Thales Urseren am 28. Heumonat gl. J. dahin überein: Die sechs Knechte sollen Urfehde schwören, dass sie den Thalleuten, den drei Waldstätten, sowie denen von Luzern, Livenen und Kurwalen ( welch* letztere demnach einen Saumweg über die Oberalp hatten ), überhaupt allen, welche die Strasse durch das Thal Urseren als Kaufleute oder auf andere Weise benutzen, nimmermehr schaden wollen, sondern Leib und Gut vor ihnen sicher sei. Im Falle der Uebertretimg des Eides soll das, was den Schuldigen, gleichwie andern Strassenräubern aus dem Wallis, in Urseren u. s. w. desshalb geschieht, von den Landleuten in Wallis un-gerächt bleiben;

oder wenn solche in letztens Lande gefangen würden, sie entweder hier gerichtet oder den von Urseren u. s. w. zur Bestrafung überantwortet und den Kaufleuten ihr Gut wieder erstattet werden, wann es im Gebiete von Wallis ergriffen wird. Würden aber die Räuber nicht dahin entweichen, so sollen die Walliser Landleute dennoch in guten Treuen nach ihrem Leib und Gut, soweit möglich fahnden und dieselben dort als Uebelthäter verschreien und verrufen.

Fortan war die Gotthardstrasse von Räubern nicht mehr beunruhigt. Nach der Mitte des 14. Jahrhunderts setzten der Ammann und die Thalleute von Urseren zum Nutzen und zur Ehre des Thales eine sogenannte Einung auf; es ist dies die älteste bekannte Teiler-oder Säumer Ordnung auf dem Gotthard vom 7. Hormmg 1363. Dieselbe enthält hauptsächlich Bestimmungen betreffend das Anweisen, Wegnehmen, Ab-jagen, Schädigen, Vergüten, Zahl und Gewicht der Fardel ( Waarenballen ), sowie den Lohn, das Ueber-fordern, Vorfahren, die Kehrordnung und Ersatzpflicht der Fuhrleute.

Was die Gegenstände des Handelsverkehrs über den Gotthard im Mittelalter betrifft, so haben wir in den Urkunden und Zolltarifen ( vergl. Seite 65 und 67 ) gefunden, dass die nach Italien gehenden Waaren hauptsächlich in Leinwand, Wolle, Tuch, Vieh und Lebensmitteln bestanden.

Ueber die Leinwand, welche nach Italien und Spanien verkauft wurde, kömmt schon am 15. April 1285 eine Verordnung des Stadtraths von Constanz vor, und der .Richtebrief der Bürger von Zürich vom Jahre 1304 enthält eine Reihe von Artikeln über die Verfertigung von Zwilchun vnd Linwat. Von Köln stammte die blaugestreifte, zu Tischtüchern und Bett-ziechen verwendete Leinwand, welche den Namen. « Köllisch » ( Költsch ) erhalten hat.

Auch über die Verfertigung von « grauem Tuch, Berowervnd swarzem Hostuoch » gibt der züricherische Richtebrief eine Menge Vorschriften.

Mit Wolle wurde besonders von Strassburg nach Mailand ein bedeutender Handel getrieben, der mit der grossen Schafzucht am Oberrhein zusammenhing. Denn am 22. Juni 1392 gibt Herzog Leopold von Oesterreich zwei Mailänder Kaufleuten und ihrem Gesinde sicheres Geleit, tausend Säcke Wolle und Tücher in theilweisen Transporten von Strassburg nach Mailand gegen Entrichtung der gewöhnlichen Zölle zu verbringen. Ferner verhandelten die eidgenössichen Boten in Luzern am 16. Juni 1479 über die Bitte von Kaufleuten, welche lange Zeit schon ihre Wollballen daselbst liegen haben.

Als zollbares Vieh erscheinen in dem Rothenburger-Zolltarif von circa 1361 Pferde, Ochsen, Kühe, Schafe; in der urnerischen Zollordnung aus dem 16. Jahrhundert ausserdem Zeitrinder und Schmalvieh. ( Vergl. S. 65 ).

Von Lebensmitteln nennt zunächst Salz der Friedensvertrag zwischen Urseren und Livinen, datirt 12. August 1331.

Die Ausfuhr von Korn, Hafer, Fassmiss ( Fastenmuss d.h. Hirse, Bohnen, Erbsen und andere Hülsenfrüchte ) u. s. w. über den Gotthard, d.h. nach Urseren und Livinen, war an die Erlaubniss der vier Orte Luzern, Uri, Schwitz und Unterwaiden gebunden und beschränkt. Die vom Zollner in Göschenen beschworene Instruktion, datirt 6. Juni 1429, enthält darüber folgende merkwürdige Bestimmungen:

« 1 ) Er soll keine Ledi ( beladenes Saumross ) mit « Korn, Habermehl oder Fassmiss u. s. w. über den « Gotthard gehen lassen, ausgenommen die vier LedinenT « die erlaubt sind und die er jede Woche selbst zu « Luzern oder Altorf kaufen oder kaufen lassen soll, « nämlich drei für den Zollner zu Händen des Thales « Urseren ( vgl. Art. 3 ) und eine für den Spital auf « dem St. Gotthard, oder mit aller vier Orte besiegelten « Briefen erlaubt werden. 2 ) Vorbehalten ist jedoch, « dass er jede Person, mit zwei Plappart werth ässiger « Speise beladen, hinüber passiren lassen mag, ausge-«nommen es wäre Käse, Ziger, Schweinefleisch und « Vieh, und vorausgesetzt, dass die betreffende Person « das auf ihrem Leibe trage aus dem Lande Uri nach « Eriels ( Airolo ) hinüber und anders nicht. 3 ) Dazu « soll er kein ässiges Ding aus dem Land Uri weder « führen noch tragen lassen in das Thal Urseren, es « sei denn, die von Urseren geben zwei Männer dar, « die schwören, dieses ässige Ding komme in ihr Thal, « und sie werden bei ihrem Eid verhüten, dass es nicht « wieder daraus komme, ausgenommen mit aller vier « Orte besiegelter Erkanntniss. 4 ) Wer auch ein Saum-* pferd über den Gotthard führen oder jenseits beladen St. Gotthardpass.

Historische Notizen.7S

« will, der mag für jedes ein halb Viertel Haber Urner-« mass, aber nicht mehr, von Uri oder Urseren aus « mit sich führen. 5 ) Wer Reitpferde zum Verkauf « über den Berg führt, der mag für jedes zwei Lucerner-« Viertel Haber mit sich hinüber führen. 6 ) Der « Zollner soll kein ässiges Ding nach Kurwalen hinüber-« lassen, bis die von Kurwalen uns die Briefe vor* « weisen, die sie von uns zu haben behaupten. »

In Zeiten der Theurung der Lebensmittel war die Kornausfuhr ganz verboten. So z.B. beschlossen die vier Orte am 8. December 1432, dass man kein Korn mehr über den Berg gehen lassen wolle. Später ( 30. März 1440 ) wurde auf Bitte von Uri bis auf Widerruf gestattet, dass der Zollner in Göschinen zu den vier Ledinen, welche von Alters her wöchentlich über den Gotthard gehen, jede Woche noch weitere vier hinübergehen lassen möge, doch immerhin so, dass dieses Quantum jede Woche bezogen, nicht aber zusammen gespart werde. Diese Bewilligung wurde am 22. Mai bestätigt, hingegen am 11. März 1476, da jenseits des Gotthard in Livinen, Mainthal und Bomatt ( Formazzathal ) bedeutende Theurung und Mangel an Lebensmitteln herrschte, und desshalb Viele von da herüber kamen, um Korn zu kaufen, die alte Ordnung erneuert, Uri's Begehren freien Kornkaufs für die Seinigen in Livinen abgeschlagen und letztern nur gestattet, es möge jeder von ihnen herwärts Altorf so viel Korn kaufen, als er auf seinem Rücken über den Berg tragen mag, solches aber im Lande behalten und für seine Nothdurft brauchen. Auch schreiben die vier Orte an die von Zürich, dass sie Fremde bei ihnen kein Korn kaufen lassen sollen, um solches nach Lamparten oder Livinen zu führen, anders denn ihre alte Ordnung weist, damit nicht in der Eidgenossenschaft Theurung entstehe.

Auf eine Klage der Kornkäufer von Uri wurden jedoch diese Bestimmungen für die Dauer vom 24. April bis 1. September 1476 zu Gunsten von Livinen und des Spitals im Sinne der Beschlüsse von 1440 und 1442 abgeändert.

Von andern Lebensmitteln erscheinen noch als Aus-fuhrartikel: 1 ) Bückinge ( gesalzene Häringe ). Die Kaufleute, welche hiemit handeln, bitten bei den eidgenössischen Boten am 25. Februar 1479 um die Erlaubniss, ihre Vorräthe, welche sie hie zu Lande nicht verkaufen können, über den Gotthard in das Mailändische führen zu dürfen. Dieses Begehren soll man heimbringen, mit dem Antrag, es zu gestatten; 2 ) Schmalz. Hierüber erfolgt wegen der in Uri zu bezahlenden Ftirleite am 22. April 1491 der Spruch des Obmanns eines eidgenössischen Schiedsgerichts.

Gegen diese Waaren tauschte und führte man aus Italien hauptsächlich ein: Seide, über deren Kauf, Verarbeitung und Verpfändung in Zürich schon 1304 Bestimmungen getroffen wurden, auch goldene ( gold-durchwirkte ) und seidene Tücher ( vgl. Seite 65ferner Weine aus Ober-Italien und Griechenland, welche damals ein beliebter und ziemlich allgemein gesuchter Luxusartikel waren, und Spezereien ( mercimonia in speciebus ).

Von sämmtlichem Kaufmannsgute musste im Gebiete von Uri eine sogen. Fürleite oder Weggeld bezahlt werden. Eine diesfällige Klage von Luzern, Schwyz und Unterwaiden hatte am 22. April 1491 den schon berührten schiedsrichterlichen Spruch zur Folge, der im wesentlichen festsetzte, dass, wie früher, den drei Orten die altherkömmliche und zu Förderung der Strasse aufgelegte Fürleite, theils gemindert, theils nachgelassen, Uri selbst aber davon befreit sein solle, weil es gro&se Kosten mit der Unterhaltung der Strasse und Brücken und deren Schutz vor Wässern und Bergstürzen habe.

Mit Bezug auf letztere bemerken wir -beiläufig, dass, wie in jüngstvergangenen Jahren, so auch damals schon Ueberschwemmungen am Gotthard stattfanden; denn am 31. August 1480 wurde von den eidgenössischen Boten in Luzern beschlossen, denen von Urseren nach ihrer Bitte etwas an die Herstellung der durch das Wasser beschädigten Wege und Brücken über den Gotthard zu schenken, wann die nächste Zahlung von Mailand kömmt, « da doch jene Strassen zu unser aller Gebrauch sind. »

Aber nicht nur Kauf- und Fuhrleute, deren Sinn auf irdischen Erwerb gerichtet war, sondern auch fromme, für himmlischen Gewinn bedachte Pilger zogen über den Gotthard, um in Rom am Grabe des heiligen Petrus ihre Gebete zu verrichten und vom Papste Vergebung ihrer Sünden zu erflehen. Ein in der leider nun verbrannten Strassburger-Bibliothek aufbewahrtes Wallfahrtsbüchlein in Taschenformat aus dem fünfzehnten Jahrhundert weist solchen Reisenden folgenden Weg an:

Ab Argentina ( Strassburg ) usque in Friesenheim ( auf der Strasse nach Breisach ) 4 miliaria; a Friesenheim ad Markoltsheim 2 m .; a Markoltsheim ad Bri- sach ( Alt-Breisach ) 2 m.

; a Brisach ad Nüwenburg ( Neuburg auf dem rechten Rheinufer ) 3 m.; a Nüwen-burg ad Basileam 3 m.; a Basilea ad Liestal 2 m.; a Liestal ad Oltheim ( Ölten ) 2 m .; ab Oltheim ad Zovigen 1 m.; a Zovigen ad Surse 2 m.; a Surse in Lucerne 2 m .; a Lucerne über den se 4 m.; von dem se usque Floele ( Flüelen, sollte wohl Altorf heissen ) 1 m.; a Floele usque ad Silen ( Silenen ) 1 m.; a Silen usque ad Wasen 1 m.; a Wasen ad Ospendal ( Hospital ) 1 m.; ab Ospendal ad montem Godhardi 2 m.; Item über den Berg zu Oreol ( Airolo ), do vohent welsche milen an, vnd sint 16 milen bitz gen Giermes ( Giornico, Irnis ); a Giermes usque in Pfaut ( Faido, sollte vor Giermes stehen ) 5 m.; a Pfaut usque in Bellentze ( Bellinzona ) Hrn.; a Bellentze usque in Lucanam ( Lugano ) 16 m.; a Lugano usque über den se 8 m.; von dem se usque in Munderis ( Mendrisio ) 2 m.; a Munderis usque in Kume ( Como ) 6 m.; a Kume usque in Beriesine ( Barlassina ) 12 m.; a Berlesinè usque in Medyolanam ( Mailand ) 13 m. u. s. w.

Neben den Zwecken friedlicher Handels- und Pilgerschaft diente die Gotthardstrasse häufig auch für KriBgszüge.

Den ersten Anlass gab 1321 ein von Oestereich angestifteter Versuch« des Abts von Disentis und der Herren des rauschen Oberlandes, den Gotthardpass für den Waarenverkehr zu sperren. Diess bewirkte einen Feldzug der Urner vor die Veste Hospital in Urseren, der jedoch wegen Uebermacht der Feinde mit einem beutereichen Rückzug der Angreifer endigte.

Tschudi's Chronik gibt hierüber etwas nähere Auskunft dahin:

« Im selben Jar geschach ein Strit und Gefecht zu « Ospental in der Wilde zu Urseren hinder Uri an « Gotthart gelegen, dann denen von Uri was etwas « Schmach allda geschehen; das woltend etlich Landtlüt « von Uri rächen, und luffend on alle Ordnung hinuff. « Do hattend sich die Gottzhusslüt von Disentis uss « Obern Churwalchen mit aller Macht versampt, und « kamend denen von Urseren, ( die der Zit ouch an das « Gottzhuss Disentis gehörtend ) ze Hilff; also wurdent « etliche erschlagen. Dero von Uri kam keiner umb; « Iro wurdent aber gar vil verwundt, und ward die « Übermacht dero von Churwalchen so gross, dass die « von Uri mit gewerter Hand wider abzugend und in « Ir Land rucktend, und hattend ein andern beider-« seits an Ir Lib übel geschädiget. »

Im Jahre 1331 erhob sich der schon ( Seite 68 ) erwähnte Krieg zwischen denen von Urseren und ihren Befreundeten aus Uri, Schwitz, Unterwaiden und Zürich einerseits und denen von L i v i n e n und ihrem Herren von Mailand anderseits wegen Unsicherheit der Fertigung von Kaufmannsgütern über den Gotthard. Nachdem die Schweizer das mailändische Kriegsvolk verjagt und in Airolo, Quinto und Faido geplündert hatten, wurde durch Schiedmänner der streitigen Parteien am 12. August 1331 ein Friedensvertrag abgeschlossen.

Im Anfang des 15. Jahrhunderts ( 1403 ) eroberten Uri und Obwalden, nachdem ihren Angehörigen auf dem Jahrmarkt in Varese wegen Zollstreitigkeiten Yieh weggenommen worden, das Livinenthal, und über- stiegen zur Behauptung desselben gegen die Freiherren von Sax, als Herren zu Bellenz, am 24. Christmonat 1406 den Gotthardberg selbst bei hohem Schnee.

Ein aus dem Eschenthal verübter Viehraub zu Faido in Livinen veranlasste am 30. April 1410 einen Kriegszug der Eidgenossen, bestehend aus 400 Zürchern mit den Pannern von Luzern, Uri, Schwitz, Unterwaiden, Zug " « und Glarus über den St. Gotthard in das Eschenthal gen Bonmatt ( Formazza ), welcher, nachdem die von Zürich am 11. September gl. J. noch 200 wohl-gerüstete Schützen sammt andern Eidgenossen geschickt hatten, mit der Eroberung von Stadt und Burg Thum ( Domo d' Ossola ) und der Besetzung des Eschenthals seinen Abschluss fand.

Im Jahre 1419 wurde auch Bellinzona und die ganze Gegend von Livinen bis zum Monte Cenere käuflich erworben, allein schon 1422 sämmtliche Besitzungen jenseits des Gotthard durch Gewalt von den Mailändern weggenommen. Ein Versuch der Eidgenossen, dieselben wieder zu gewinnen, endigte mit der für sie unglücklichen Schlacht bei Arbedo ( 30. Juni 1422 ), in Folge deren sie nach zwei weiteren resultatlosen Feldzügen in den Jahren 1424 und 1425 beim Friedensschlüsse am 21. Juli 1426 jene Erwerbungen gegen eine Geldentschädigung und zehnjährige Zoll-, freiheit ihrer Waaren an Mailand abtreten mussten.

Neue Zerwürfnisse mit dieser Stadt führten 1439 einen Angriff von Uri auf Bellenz und 1446 die Verpfändung des Livinenthals an ersteres, ferner am 28. December 1478 die für die Eidgenossen siegreiche Schlacht bei Giornico und durch diese am 31. März 1480 den Wiederbesitz von Livinen für IM herbei.

Endlich erlangten die Eidgenossen nach den italienischen, von den Schlachten bei Novara ( 6. Juni 1513 ) und Marignano ( 13. und 14. September 1515 ) begleiteten Feldzügen, in denen sie auswärtigen Fürsten Hülfstruppen lieferten, die ennetbergischenVog-teien im Frieden vom 29. November 1516 aufs neue,, und verwalteten solche von da an bis zur französischen Revolution von 1798, welche die Freiheit derselben bewirkte.

Wir übergehen nun das 16. und 17. Jahrhundert, in denen die Benutzungsart des Saumwegs über den Gotthard weniger Interesse darbietet, und werfen statt dessen einen kurzen Blick auf das Schicksal des Weges selbst. Nachdem in den Jahren 1707 und 1708 wegen Mangels an Wald für den Unterhalt der hölzernen Brücke über die Reuss das sogen. Urnerloch in einer Länge von 42'/2 Klafter, Höhe von 8 und Breite von 7 Fuss von Pietro Moretini aus Locarno mit einem Kostenaufwande von 8149 Münzgulden durch den Kiicherberg gesprengt worden war, und 1775 der englische Mineraloge Greville den ersten bekannten Versuch gemacht hatte, die alte steile und holperige, auch nur 10—12 Fuss breite Gotthardstrasse in einer Kutsche zu befahren, was mit grösser Mühe verbunden war und von Altorf bis Giornico bei 24 Karolin kostete, fand endlich, als durch die neuen Strassen über den Splügen und Bernhardin der Waarenzug über den Gotthard ernstlich gedroht wurde, der Bau der gegen- wärtigen Kunststrasse in vielfach veränderter Richtung, während der Jahre 1820—1830 statt, welchem hoffentlich bald die Ausführung der projektirten Eisenbahn folgen wird.

" Wir können unsere Aufgabe nicht schliessen, ohne einer Anstalt zu gedenken, die seit mehr als einem halben Jahrtausend den Reisenden über den Gotthard Pflege nach ausgestandenen Beschwerden, sowie Zuflucht in Noth und Rettung in Gefahr gebracht hat. Wir meinen das Hospiz auf der Höhe des St. Gotthard. Wie wir oben ( Seite 64 ) gezeigt haben, erscheint dieser Name des Berges zum ersten Mal in dem habsburgisch-österreichischen Urbar von 1303—9, und stammt weder von einem heidnischen Gott auf der Höhe noch von den Gothen, sondern, wie das vorgesetzte Wort « Sankt » andeutet, ohne Zweifel von einer damals schon vorhandenen, vermuthlich bei der Anlage des Saumweges errichteten Kapelle her, welche dem heiligen Gotthard, einem Baier von Geburt und Bischof zu Hildesheim, ( starb am 5. Mai 1038 und ward heilig gesprochen 1131 ), geweiht wurde. Nach der Ueberlieferung aber soll dieselbe zu dessen Ehren erst von Azzo, dem Oberherrn von Mailand, welcher 1329—1339 regierte, an den damaligen Grenzen seines Gebietes erbaut worden sein, um dadurch Befreiung von Podagra-Schmerzen 2U^ erlangen. Wahrscheinlich indessen dürfte durch ihn nur ein Neubau oder eine Vergrösserung und vielleicht auch eine Bewidmung der bestehenden Kapelle nach vorangegangener Wallfahrt und Gelübde stattgefunden haben. Urkundlich ist sie sammt dem Hospitium in dem oben ( Seite 71 ) erwähnten Friedens- vertrage zwischen Urseren und Livinen vom 12. August 1331 genannt.

Betreffend diese Kapelle und Hospitium wird in der Schrift, betitelt: Der Buren Pratica allweg werende, gemacht von den alten durch erfarung ( Zürich vor 1541. 8 Seiten 4° .) erzählt:

« Es ist zu wissen, das ein alter man, genant Heiny von Ure, frumm und gerecht gewesen, siech worden ist und im der geist entzuckt; dem hat gott durch den engel Raphaël dise harnach geschribne zeichen geoffen-baret, das er sy solt kund thun allen menschen. Und als der cörpel den geist wider enpfangen hat, verliess er gutt und eer ( dan er grossen gewalt im land hat ) und buwet aller obrist uff den Gotthart ein Capell und ein bruderhuss, und dienet got, und gab den armen bilgerinn spis und trank und herberg um gots willen, damit sy nit hunger und dur st litten. Denn es ist ein harber witer weg von den lüten besunder im winter, so der sehne lyt; das wissen die wol, die darüber gangen sind. Und also uff der höhe und wüste das himelrich verdient dann er wüst, das er uff der höhe aller nächst zu dem himmel hat. »

Ein Heini von Uri wird erwähnt:

ain dem Jahrzeitbuche des Lazariterhauses in Seedorf, Kanton Uri, aus der zweiten Hälfte des 13. bis ersten des 14. Jahrhunderts mit dem Todestage 1. Januar;

bin Silbereisens Chronik als Mitstifter des Bundes im Bütli 1308 statt Walther Fürst von Uri;

ceben daselbst als Narr des Herzogs Leopold von Oesterreieh 1386.

Schweizer Alpenclub.6

Der letzte kann der spätem Zeitfolge wegen nicht in Betracht fallen, eher die zwei ersten, welche vielleicht eine und dieselbe Person sind.

Dem Spital auf dem St. Gotthard wurde das von Alters her zukommende Recht, wöchentlich eine Ledi, d.h. ein mit Korn, Hafermehl oder Fassmiss beladenes Saumross, zollfrei zu beziehen, von den vier Waldstätten am 6. Juli 1429 und 24. April 1476 neuerdings bestätigt. Im Jahre 1431 soll ein Chorherr, Namens Ferrarius auf den Gotthard gesandt worden sein, um die zu dem Concilium in Basel reisenden italienischen Bischöfe und andere Standespersonen angemessen zu beherbergen, indem der Spital damals, wie seither, bloss ein schlechtes, der Gemeinde Airolo gehöriges, für alle Arten von Reisenden bestimmtes und von einem Spittler besorgtes Wirthshaus war. Ein in der Thal-lade zu Urseren aufbewahrtes Rechnungsbuch über die alljährlichen Einnahmen und Ausgaben des Thales, seiner Kirchen und Kapellen enthält zum Jahre 1496 nachstehende Post: « Item dem Bruder zu sant got-hard, Gl. 2, 2 Gross minder, » d.h. 1 Gl. 31 Gross.

Es wurde also noch zu jener Zeit das Hospiz nur von einem Laienbruder bedient. Das Unzulängliche dieser Einrichtung auf einer Reise nach der deutschen Schweiz im Jahre 1560 einsehend beschloss der damalige Erzbischof von Mailand, Karl von Borromeo, eine Pfründe zu stiften und mit einem Priester aus dem Orden der Oblaten zu besetzen, und bestimmte hiefür ein jährliches Einkommen von 100 Philippsthalern \. er starb jedoch vor der Ausführung seines Entschlusses im Jahre 1584. Denselben ehrend sandte sein Nachfolger auf dem erz- St. Gotthardpass.

Historische Notizen.8&

bischöflichen Stuhl, Friedrich von Börromeo ( 1595 bis 1631 ), einen Priester jenes Ordens auf den Gotthard, welcher im Spital seine Wohnung aufschlagen und in der Kapelle täglich Gottesdienst halten musste. 1623 begann nach Ueberwindung vieler Hindernisse mit Einwilligung des hohen Standes Uri der Bau einer eigenen Priesterwohnung, und 1629 fand der Bezug derselben statt.

Allein nach kurzer Dauer ging die Pfründe des Geistlichen ab, und blieb, wie die Wohnung, 1648 bis 1682 unbesetzt, bis beides 1683 durch den Kardinal Friedrich Visconti, Erzbischof von Mailand, im Einverständnisse mit der Regierung von Uri erneuert und zugleich eine Anstalt für Aufnahme von wohlhabenden Reisenden eingerichtet wurde, was alles nun zwei Kapuziner besorgten. Am 10. April-1775 aber um Mitternacht wurde ihr kleines, unbequemes und finsteres Wohnhaus sammt der angebauten Kapelle und der nicht weit davon stehenden Stallung und Sust durch eine vom nordöstlichen Berge sich losreissende Schneelawine theils umgestürzt, theils sehr beschädigt; nur der auf der rechten Seite des Weges stehende Spital blieb verschont. Kaum waren die zerstörten Gebäude mittelst ansehnlicher, bei den eidgenössischen Ständen und andern Gönnern eingesammelter Almosen von den Kapuzinern ganz aus Stein wieder hergestellt, nämlich links vom Wege das geräumige, drei Stockwerke hohe Wohnhaus und die kleine daran gebaute Kapelle, sowie die etliche Schritte davon entfernte Sust füc die Kaufmannsgüter und der wohleingerichtete achteckige Stall für die Pferde, ein Meisterwerk der da- maligen Baukunst:

so wurde das Haus im Winter 1799 auf 1800 von einem daselbst lagernden Posten französischer Truppen ganz zerrissen, theilweise abgetragen und das Holzwerk zur Feurung verbraucht, und lag nun über 30 Jahre lang in Trümmern, bis im Jahre 1834 für Erbauung eines neuen Hospitiums auf der Stelle des frühern Anstalten getroffen und bald darauf zur Ausführung gebracht wurden. Oberhalb desselben steht nun seit 1867 das Hôtel délia Prosa. Mögen beide Häuser noch lange zum Wohle der Reisenden bestehen.

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