In den Aiguilles du Trient
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In den Aiguilles du Trient

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Aiguille du ChardonnetVon Nuot Ganioni

Mit 2 Bildern ( 78, 79Winterthur ) « L' arête Forbes est la plus belle des grandes Arêtes du Chardonnet et compte parmi les plus belles des Alpes. » Die Empfehlung des Vallot-Führers könnte nicht besser sein! Die Besteigung dieses Grates musste uns freilich locken, und eine Beschreibung mag hier folgen, um so mehr, ab sie in deutscher Sprache an dieser Stelle noch nie erfolgte.

Von Lausanne her kommend, treffe ich in Villeneuve Hans Schonlau, und zusammen fahren wir durch den jungen Sommer über Martigny und Orsières hinauf nach dem lieblichen Champex. Der neu erstellte Lift hisst uns von hier mühelos auf die Breya; ein eben fertiggewordener Weg leitet zur ehrwürdigen Ornyhütte hinüber, und in den bereits länger werdenden Schatten der Aiguilles d' Orny erreichen wir abends die prachtvoll gelegene Cabane de Trient.

Morgens um 4 Uhr verlassen wir bei klarstem Nachthimmel die Hütte, zusammen mit einigen Unentwegten, die noch jetzt ihre Ski hinaufgeschleppt haben.

Auf beinhart gefrorenem Schnee eilen wir über den Glacier de Trient hinüber zum Col du Tour. Die anfänglich noch ungegliederten, schwarzen Massen der Aiguilles d' Orny bekommen Gestalt und Gliederung im ersten fahlen Dämmern des Tages. Ein gänzlich neuer Blick empfängt uns auf dem Col du Tour: Unser Tagesziel, die Chardonnet, dominiert mit ihrer breiten Nordwand und den prächtigen Graten den Horizont. Kaum können wir warten, die luftige Höhe zu erklimmen, und fast im Eilschritt machen wir uns hinunter, am Fuss der Aiguille Forbes vorbei, zum Beginn der steilen Schneehalden, welche den bequemsten Weg zur Erreichung des Grates darstellen.

Mit angeschnallten Eisen steigen wir über einen steilen, von mehreren Schrunden durchbrochenen Hang zu einer kleinen Einsattelung am Fusse der Bosse, einem stark geneigten kurzen Eisgrätchen, welches den Zugang zu den sanfteren Schneefeldern vor Erreichung des Grates vermittelt. Da mehrere Partien bereits passierten, brauchen wir keine Stufen zu schlagen; ungehindert erreichen wir über einen leicht passierbaren Schrund vor einem markanten Aufschwung den Grat. Überwältigend ist von hier der Anblick auf die gewaltige Mauer, gebildet durch die Kette der Verte, Droites und Courtes, welche fels- und eisgepanzert in unüberbietbarer Steilheit zum Glacier d' Argentière hinunterstürzt.

Die Verhältnisse sind ausgezeichnet. Ohne die Eisen abzuziehen, klettern wir dem Gipfel zu. Einige französische Partien lassen wir bald hinter uns und, ohne uns lange aufhalten zu lassen, packen wir einen Aufschwung um den andern. Luftige Schneegrätchen sorgen dazwischen für Abwechslung. Welch ein Genuss, in der warmen Morgensonne, im Anblick einer der grossartigsten Ketten der Alpen, über die ausgesetzte Schneide zu turnen: Der, Vallot-Führer hat nicht übertrieben! Um 7.45 Uhr stehen wir auf dem höchsten Punkt.

Zwei Stunden Gipfelrast sind wie im Nu verflogen. Statt nun in einem Zug über den Col du Tour nach Champex abzusteigen, haben wir uns leichten Herzens entschlossen, einen weitern Tag im Gebiet zu bleiben. Die Versuchung war einfach zu gross!

Den Abstieg nehmen wir, wie die meisten Partien, über den Westgrat. Steile Couloirs und Schneehalden führen rasch zurück auf den Glacier du Tour. Der noch tiefe Schnee ist weich geworden, und etwas neidisch erblicken wir die skibewehrten Glücklichen, welche in triumphierenden Schwüngen talwärts ziehen. Nun, es geht auch anders. Bald stehen wir Die Alpen - 1954 - Les Alpes14

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