Lhotse, 8516 m. 48 Jahre nach der Erstbesteigung
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Lhotse, 8516 m. 48 Jahre nach der Erstbesteigung

Lhotse, 8516 m

Sein Name Lhotse ist Tibetisch und heisst Südgipfel. Dies bedeutet « südlich des Everest », in dessen Schatten der vierthöchste Berg der Welt anfänglich stand. 1956 wurde er von Schweizer Alpinisten erstbestiegen. Auszug aus dem Tagebuch eines Schweizers, der vor zwei Jahren oben stand.

Im April 2004, 48 Jahre nach der Erstbesteigung des Lhotse durch Fritz Luchsinger und Ernst Reiss, verlängert Norbert « Noppa » Joos aus Chur die Liste der erfolgreichen Gipfelbezwinger des vierthöchsten Berges der Welt. Zur kleinen « Swiss Lothse Expedition 2004 » gehörten neben Joos noch Thomas Bittner und Roman Kunz. Am 12. April waren sie in Kathmandu gelandet, und bereits einen Tag später flogen sie nach Lukla weiter. Zwecks Anpassung unternahmen sie einen Umweg über den 5360 m hohen Cho-La-Pass zum Basecamp am Fuss des berüchtigten Khumbueisfalls. Mit Akklimatisation, Aufsteigen und immer wieder Absteigen – in Hochlager und Camp III der Everest-Route und wegen schlechten Wetters sogar ins Tal – gingen die folgenden Tage und Wochen vorbei, bis die Wetterprognosen für Mitte Mai gute Bedingungen verhiessen. Hier ein Auszug aus dem Expeditionstagebuch von Norbert Joos.

Samstag, 15. Mai: mein Gipfeltag

« Das Schlafen hier oben in fast 8000 m Höhe ist sehr mühsam. Die Zeit vergeht kaum. Man wälzt sich von einer Seite auf die andere und hofft jede Sekunde, dass es schon Tagesanbruch sei. Irgendwann ist es dann doch 3 Uhr, und wir müssen daran denken, unseren Orangensaft aufzuwärmen. Ich habe einen trockenen Mund, der durch das wenige Trinken nicht besser wird. Ansonsten fühle ich mich gut, sehr konzentriert und entschlossen, heute alles zu geben, den ‹Lhotse zu packen›. Ich weiss, dass es heute passt und strotze vor Selbstvertrauen. Ich werde von einem starken Gefühl getragen, was gleichzeitig sehr schön ist. Ich weiss, dass ich alle meine Energie gebündelt einsetzen werde. Um 4.15 Uhr stehe ich vor unserem Zelt, bereit, den Aufstieg zum Lhotse anzugehen. « Lhotse- Jubiläumsexpedition » Gegenwärtig ist ein Schweizer Expeditionsteam mit Kari Kobler an Everest– Lhotse unterwegs. Genau 50 Jahre nach der Schweizer Erstbesteigung versuchen sie, den vierthöchsten Berg der Welt erneut zu besteigen.

Passang folgt, klagt aber über kalte Füsse und kehrt nach ca. 100 m Aufstieg wieder um. Schade, ich wäre gerne mit ihm zum Gipfel, der allerdings noch sehr weit entfernt ist, gegangen. Auf halber Distanz zum Gipfel erreiche ich das Couloir, das bis zur Scharte vor dem letzten Gipfelaufschwung die Wand in zwei Hälften teilt. An einer Stelle wird das Couloir verdammt eng und sogar ungemütlich. Danach öffnet es sich wieder, und es folgen abwechselnd Schnee- und Felspassagen. Um genau 12.20 Uhr stehe ich auf dem Gipfel! Ein gewaltiger Moment. Ich habs geschafft! Ich stehe oben auf der vierthöchsten Schneespitze der Welt. Ein prachtvoller Gipfel. Ich schiesse einige Bilder. Danach steige ich rasch runter und gegen 14.30 Uhr bin ich bei unserem Biwakzelt auf 7800 m. Am gleichen Abend erreiche ich total entkräftet, aber überglücklich das Camp, wo Thomas und Passang auf mich gewartet haben. Am nächsten Tag kehren wir gemeinsam ins Basislager zurück .» a Margrit Sieber Blick vom Lhotse-Gipfel Im Lhotse-Couloir Lhotse mit Lhotse-Flanke Fotos: Ar chiv Norber t Joos

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