Miss-Erfolg an der Gatsch-Route
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Miss-Erfolg an der Gatsch-Route

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

an der Gatsch-Route

Rolf Haas, Basel

Dieser Bericht, vor allem aber sein Titel, beziehen sich auf ein vergangenes Erlebnis, auf Pfingsten 1976. Diese wurden zu einem wahrlich lächerlich-lustigen Kletterwochenende, eines, das all jenen Trost bringen soll, denen die seelische Unterform auch schon übel mitgespielt hat. Es war zu der Zeit, als ich oft und gerne mit Werni Wymann kletterte, er, der damals auch den Fels noch liebte... Stets haben wir viel gelacht auf unseren Touren, so dass wir manchmal fast in Versuchung gerieten, die Griffe loszulassen.

An besagtem Wochenende verliessen wir frühmorgens das Restaurant Gwüest auf der Göscheneralp und stiegen zum Gandschijen auf. Von der neuen Gatschführe wussten wir allerdings bloss, dass sie sehr schwere und nur spärlich abgesicherte Dülferrisse aufweist. Zudem hiess es, sie sei erst wenig begangen und stelle eher höhere Anforderungen als der Südpfeiler. Jemanden, der sie schon geklettert hat, kannten wir - damals - nicht. Aber immerhin verfügten wir über eine Routenskizze. Die erste, wenig einladende Seillänge führte mich durch den moosigen, grasigen Kamin. Sofort kam Werni nach. Der glitschige, feucht-nasse Überzug behagte ihm Dana in den letzten Metern der dritten Seillänge2J7 aber gar nicht:

Wir hofften jetzt nur, dass unsere in Tiefenbach wartenden Freundinnen in der Zwischenzeit keine zünftigeren Bergsteiger kennengelernt hatten und uns bei unserer Rückkehr ins Pfefferland schickten.

Immer wenn ich in der folgenden Zeit am Bielenhorn kletterte oder den Gandschijen sah, dachte ich - nicht ohne im stillen zu lachen - an dieses Wochenende zurück. Dabei fühlte ich, dass da noch eine Tour nachzuholen ist...

Erst im Herbst 1982 bietet sich nun Gelegenheit, zur Gatsch-Südwand zurückzukehren. Diesmal stehen Dana Nemec, eine begeisternd gute Kletterin, und ich, beide mit hei-delbeerblauem Mund, am Einstieg. Wir sortieren unsere Klemmkeile und ich steige - genau wie einst - in den -Ka-min. Rasch folgt Dana, geht an mir vorbei und beendet die zweite Seillänge - sauber und ohne Verwendung von Trittschlingen. Nun sehe ich mich plötzlich am Fuss der sich von hier in gerader Linie hochziehenden Dülfer-schwarte, jene Stelle, die uns damals so belastet hat. Sie gelingt mir gut, eine prächtige Kletterei. Am folgenden Stand finde ich Zeit zum Träumen und Zurückdenken. Wie weit scheint jenes Wochenende vor sechs Jahren zurückzuliegen; damals, als ich dachte, Klettern sei ( doof ). Die Karabiner habe ich nie verkauft, benötigte ich sie in jenem Sommer doch noch für einige andere schwere Touren.

Erstaunlich, wie sehr die seelische Form mitspielt und wie dieser Sport uns immer wieder neue Erlebnisse und Gedanken bietet. Stets gibt es noch etwas nachzuholen, nie haben wir olles ) gemacht. Doch jetzt erwartet mich die fünfte und schwerste Seillänge. Hier, im abschliessenden Linksquergang, unterliegen meine Freikletterambitionen wieder einmal der harten Wirklichkeit. Die heikle Traverse erfordert vollste Konzentration. Da, ein Haken! Fast instinktiv klammern sich meine Finger um seine Öse. Oben angelangt, verbleibt mir bloss noch eines - bei Dana zu beobachten, was ich nächstesmal nachzuholen habe.

Eines wollen wir jedoch nicht vergessen: wir beide sind nicht hierhergekommen, um zu brillieren, sondern allein aus Freude - und diese ist einmal mehr vorhanden gewesen.

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