Mit Ski rund um den Gross Litzner
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Mit Ski rund um den Gross Litzner

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Mit 3 Bildern ( 15-17 ) und 1 SkizzeVon Willy Liesch

( Davos-Dorf ) Silvrettahütte-Saarbrücker Hütte 6.35 Uhr verliessen wir die Silvrettahütte. Ein strahlend schöner Märzmorgen — als ob jeder Tag Sonntag warFür ca. fünfzig Minuten folgten wir dem Weg aller Silvrettawanderer. Unter der Roten Furka schwenkten wir ab und dankten im geheimen den beiden Finanzern ( österreichische Zollwächter ), welche wir am Vortage getroffen hatten, für die schönen, nun hartgefrorenen Spuren.

Trotz unserm gewollt langsamen Tempo standen wir um 7.40 Uhr auf der Furka und sahen hinüber ins Land Österreich. Schweizerseits war der Übertritt gestattet. Und die beiden Grenzwächter, in abgerissenen amerikanischen Windblusen, hatten erklärt: « Kommen's doch nüber, wir hätten 's doch soo gern. » So wurden denn die Felle weggenommen, und eine Schussfahrt von zwei Minuten brachte uns hinunter zum ehemals deutschen Grenzerhaus. Eigentlich wider unsere Überlegungen des Vortages. Wir hatten vor zwei Tagen ziemlich Neuschnee bekommen, und eine Zeitlang gehörten Schneebretter sozusagen zum täglichen Brot. Nun, als wir auf der Furka standen, mussten wir entdecken, dass die Österreicher, welche offenbar mehr Gottvertrauen als wir besassen, eine hübsche, beinahe horizontale Spur um die Ecke, Richtung Verhupspitze, gezogen hatten. Und jenseits der Ecke führte die Spur zweifellos zum Litznersattel.

Ein paar Minuten staunten wir noch die Schneeglocke, diesen Muster-skiberg, an, schauten hinaus zur Bielerhöhe und zur Vallüla — dann los! Die Spur hielt, was sie versprach, führte uns um die Ecke, und bald schwenkten wir in die Spur vorsichtigerer Leute, welche das Verhuptäli aufgestiegen waren, allerdings mit ca. 45 Minuten Zeitaufwand.

Schon um 8.55 Uhr standen wir im Litznersattel. Hübsch, dieser landschaftliche Gegensatz: die steilen Wände des Gross Litzner, die weiten Schneeflächen und Mulden. Und gerade vor uns lag « die Mulde aller Mulden », welche hinunterführt zur Saarbrücker Hütte. Ein paar « Christi », dann hinab. Ein toller Schuss, ein langer Auslauf, bis zum Hüttenaufstieg.

Wir warteten, bis wir wieder alle beieinander waren. In der Zwischenzeit hatte sich unter der Tür des Saarbrücker Hauses schon ein Empfangskomitee gebildet. Und nun, als wir, als erste Schweizer nach dem Kriege, einen schnellen Besuch machten, kredenzte uns Frau Bott, die Gattin des Hüttenwartes, gleich einen Schnaps, der mir auch prompt das Wasser in die Augen trieb. Der österreichische Professor, den wir vor zwei Tagen auf Silvretta getroffen hatten, kam in Pantoffeln, denn er hatte irgendwo einen noch nicht legitimen Schwung erfunden. Dafür brachte er eine nette junge Dame mit.

Nun, in so lieber Gesellschaft überschreitet man die Zeit. Der Hüttenwart Bott zeigte uns sein schönes Haus. Es ist nun wieder tadellos und nicht mehr zu erkennen. Kurz nach der Kapitulation war ich auf einem Sprung drüben gewesen. Erbrochene Schränke, Türen, zerschlagene Fenster, zerbrochenes Geschirr. Beinahe kannte ich mich jetzt nicht mehr aus, so gut aufgeräumt war alles, und nur wenig erinnerte mehr an die gesetzlose Nachkriegszeit.

Zur Tübinger Hütte Statt 10.15 Uhr verliessen wir 10.25 Uhr die Saarbrücker Hütte; allgemeines Händeschütteln, und dann starteten wir hinauf zur Seelücke. Mein Lieber, es ist dir sicher auch schon so ergangen: da ist eine hirnwütig-steile Spur. Du ärgerst dich, du verfluchst den Schöpfer dieser Sache, aber eine neue anzulegen — kommt nicht in Frage. Der Litzner steht da, wuchtig-elegant. Daneben haben die andern Berge keine Bedeutung mehr. Um 10.50 Uhr standen wir in der Seelücke.

Der Seegletscher ist zahm an Spalten und Gefälle. Gemächlich fuhren wir über ihn hinab und bewunderten dabei die bizarren Zacken der Seescheien. Vorbei an einem viereckigen Felsklotz, dann Wiederaufstieg in die Mulde südlich der Plattenspitze. Ein paar Kehren, die letzte ausholend gegen P. 2740, brachten uns in beinahe horizontalem Quergang, etwas leicht absteigend, hinüber zum Plattenjoch.

Hier zogen wir die Felle ab, denn vor uns lag die Abfahrt zur Tübinger Hütte, ca. 500 m tiefer. Der oberste Teil der Mulde war, wie dies auf einem Joch meist zu treffen ist, leicht Verblasen. Aber dann ging 's. Zwar war der Schnee nicht allererster Klasse. Aber das Fahren war doch ein Genuss! Bald standen wir am Steilhang, noch ca. 300 m oberhalb der Hütte, als wir uns entschlossen, in einer schönen, ca. 800 m langen Schrägfahrt, vorbei am NW-Ausläufer der Plattenspitze auf weniger steiles Gelände zu fahren. Und hier schwangen wir uns im « sterbenden Schwung » ( nach Chr. Rubi ), das heisst in Telemarkbogen, welche Hans Roelli besungen hat, und in einem letzten Schuss hinunter zur Tübinger Hütte.

Nun, wir waren von den beiden Österreichern vorbereitet. Die « Tübinger » war, wie die « Saarbrücker », von Vandalen geschändet worden. Die elektrische Küche demoliert, Platten weggerissen, Schränke erbrochen. Waffen besassen die Kerle natürlich auch und schössen damit in Fenster und Bilder. Schade um diese schöne Hütte! Sie wird, 1 km jenseits der Grenze, langsam zugrunde gehen.

Kurz, wir liessen uns zur Mittagsrast nieder, denn es war 12.10 Uhr.

Zum Garneirajoch Die Mittagsrast war von einem neckischen Wind begleitet. Bald von links, von rechts, von oben und unten setzte er ein und bedachte uns mit Die Alpen - 1948 - Les Alpes5 MIT SKI RUND UM DEN GROSS LITZNER LJfiner -Saffi?/ Westen Sehneegloctre 3/lrreffobor-n feinen Schneekristallen. So brachen wir unsere Rast um 12.40 Uhr ab und nahmen den letzten Anstieg in Angriff, zum Garneirajoch. Wenn man in den ersten 400 m ansteigt, gerät man aus der Sonne in kalten Pulverschnee. Da unsere Felle etwas nass waren, hörte man bald vorn, bald hinten Schnee abklopfen. Der Wind aber nahm zu. Etwas Besonderes ist über diese Route nicht zu berichten. Der Aufstieg liegt klar und ohne Verdeckung vor dem Touristen. 14.10 Uhr standen wir im Joch, wieder an der Landesgrenze und blickten hinüber zum Fergenkegel und hinab ins wohlbekannte Schlappintal.

Schlapp in-Klosters Der Himmel war nun grau geworden, mit einer Art « indirekter Beleuchtung ». Kleine Mulden und Wellen nahmen infolgedessen geradezu Sensations-charakter an. Immerhin, auch jetzt noch war das Skifahren ein Genuss. Von der Militärbaracke, welche bis im Januar noch sichtbar gewesen war, war keine Spur zu sehen. Bald war das Seitental ausgefahren, und wir fuhren ins eigentliche Schlappintal hinab, in einer Schrägfahrt nach Osten, hinunter nach Inner-Säss und zum Schlappinbach. Was nun folgte, war eine Art Wettlauf mit der Rätischen Bahn, denn der Schnellzug nach Davos fuhr um 16.42 Uhr in Klosters-Platz ab. Doch der Schnee hatte leicht « angezogen », und so war es trotzdem keine schwere Sache. 15.10 Uhr passierten wir Schlappin, diese im Winter unbewohnte Siedelung, und nun folgte des Winters Ausklang. Über Lawinenreste, Neuschnee, Holz, Dreck und Steine ging die Fahrt und brachte uns per Ski tatsächlich bis auf 100 m vor Klosters-Dorf. Dann wurden die Hölzer geschultert und nach zwanzig Minuten Marsch zogen wir 15 Minuten vor Abfahrt des Schnellzuges in den Bahnhof Klosters-Platz ein.

Bemerkungen: Mit Ausnahme des Stückes Inner-Säss/Klosters sind die Marschzeiten normal. Diese Tour ist wohl eine der landschaftlich schönsten im ganzen Gebiet. Für mittlere Skifahrer durchaus geeignet. Vorteilhaft ist eine Teilung in zwei Etappen: l.Tag Rote Furka—Schneeglocke—Saarbrücker Hütte, 2. Tag Kleines Seehorn—Schlappin—Klosters-Dorf. Beste Zeit: März/ April. Lawinengefahr: Nach Neuschneefällen muss durch das Verhuptäli aufgestiegen werden und ist das Schlappintal mit Vorsicht zu befahren. Abkürzungen oder Varianten dieser Route lohnen sich nicht.

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