Neue Bergfahrten in den Schweizer Alpen 1948/49
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Neue Bergfahrten in den Schweizer Alpen 1948/49

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

( SchlussZusammengestellt von Max Oechslin

59. Scheibenstoll ( Churfirsten ) ( 2238 m ). Erstdurchstieg der Südwand, durch die Seilschaft Heiri Mazzolini und Franz Cassani, Wallenstadt, am 4. August 1949.

Aufstieg von Lüsis über Alp Büls, Kammsässli und Tieregg bis unter die ca. 250 m hohe Südwand. Der Einstieg erfolgte ca. 50 Meter östlich des grossen Kamins. Über steile Felsen senkrecht hinauf zum ersten Grasband, diesem entlang ca. 40 m in östlicher Richtung bis zu einem deutlichen Riss, der ( mit Hilfe von Haken ) überwunden wird und zu einem Kamin sich erweitert. Zwischen eingeklemmten Blöcken durch auf eine kleine Terrasse.Von hier durch das östliche Kamin senkrecht hinauf zum obersten Grasband und über das senkrechte Wandstück ( Hakensicherung ) zum Gipfel. Einstieg bis Gipfel 6 1/2 Stunden. Schwere Kletterei in griffigem, festem Kalk.

Nach Mitteilung von Franz Cassani.

60. Kleines Schiahorn ( 2585 m ). Erste Begehung über den Mittelgrat der Ostflanke, 19. Oktober 1946, durch André Roch und Christian Mischol. Versuche wurden von A. Roch und Reinhard Figilister schon 1945 ( 4. November ) und 1946 ( 22. September ) unternommen. Nach den Routenskizzen, die im « Jahresbericht des AACZ, 1946 » wiedergegeben sind, ergibt sich folgender Weg: Versuch vom 4. November 1945: « Attaquer à gauche de l' éperon et par une traversée ascendante difficile sur une vire, on aboutit à un premier replat. De là s' élever directement de 10 à 12 mètres le long d' un dièdre ouvert ( 1 piton ). Traverser d' une trentaine de mètres sur la droite en descendant légèrement sur des dalles au moyen d' un piton et d' une cordette. Escalader un bloc facile sur la droite et revenir à gauche ( 1 piton ). On arrive sur la seconde vire; 3 heures de l' attaque. Le temps froid et l' heure avancée incitèrent les grimpeurs à abandonner. Ils suivirent la vire sur la droite pour descendre relativement facilement par le couloir d' où partent les deux vires caractéristiques, qui sillonnent la face en montant obliquement sur la droite. » Versuch vom 22. September 1946 führte zum bereits 1945 erreichten Punkt, indem durch das grosse Couloir aufgestiegen wurde, das erstmals für den Abstieg benützt worden war, « et en suivant la vire descendant légèrement sur la gauche. Traverser alors un petit couloir par une enjambée et s' élever dans le fond d' une nouvelle cuvette au moyen de prises formées par de gros blocs situés sur la gauche, et monter jusqu' à une niche sous un surplomb pour assurer. On suit vers la gauche une vire ascendante qui mène sur la gauche de l' éperon. Vient une partie herbeuse et graveleuse où il faut tailler des marches au marteau. Assurance dans une niche herbeuse. On franchit de nouveau l' éperon en revenant sur la droite et on traverse 10 à 15 m. à droite en suivant la troisième grande vire horizontale. S' élever alors verticalement jusqu' à une petite vire ascendante très exposée ( nombreux pitons ), qui revient à gauche au niveau d' une grande cheminée impraticable se trouvant plus à gauche. Au haut de la vire on traverse une rigole en descendant un peu à gauche et on arrive à un bon emplacement pour assurer. Pour continuer, retraverser la rigole à droite et s' élever sur une arête verticale, puis dans un dièdre ouvert, sur une vingtaine de mètres.

Le haut du dièdre, très redressé, est barré par des surplombs qui déportent le grimpeur en pleine paroi sur la droite. N' ayant plus de pitons, et la suite de l' escalade ayant l' air très difficile, les grimpeurs descendirent la paroi en rappels de corde. » Ein dritter Versuch vom 28. September führte nicht weiter, er galt zur Ergänzung einiger Sicherungen.

Am 19. Oktober gelang der Durchstieg, wobei der Fuss der Wand ( in der Gipfelfallinie ) rechts der ersten Versuchsroute bezwungen wurde.

« Puis l' itinéraire décrit fut suivi. La sortie du dièdre ouvert est maintenant sans danger; à son sommet on atteint une petite vire que l'on suit sur la droite. Encore trois mètres difficiles et on arrive à une arête qui forme un replat. De là, traverser vingt mètres horizontalement sur la gauche ( pitons ) jusqu' à un couloir rocheux qui constitue le haut de la grande cheminée caractéristique. Escalader ce couloir facile et, par des gradins et une pente d' herbe, gagner le sommet. 4 h. 10 de l' attaque, horaire rapide. 35 pitons se trouvent dans la paroi et rendent cette escalade de mauvais rochers très amusante et sans danger. ( Emporter huit mousquetons et quelques pitons. ) » Nach Jahresbericht AACZ, 1946.

61. Kleines Schiahorn ( 2585 m ). Erste Begehung der Ostwand durch den nördlichen schrägen Spalt, 13. Oktober 1946, durch André Roch und Frl. Leisinger. « Attaque à une vingtaine de mètres à droite de la base de la fissure. S' élever de terrasse en terrasse en se maintenant constamment sur la droite. On escalade un dièdre difficile au haut duquel il faut revenir à gauche vers la fissure par une enjambée délicate et un rétablissement. Monter toujours à droite de la fissure jusqu' à un mur de quatre mètres qui constitue le passage le plus difficile et que l'on franchit à l' aide de deux pitons. Continuer dans la fissure puis à droite de celle-ci jusqu' à ce que l'on soit obligé de traverser sur la gauche en escaladant un nouveau ressaut difficile. On atteint une zone plus facile par laquelle on rejoint l' arête faîtière du Petit Schiahorn à une centaine de mètres à droite du sommet. 4 à 5 heures d' escalade, une dizaine de pitons. » Jahresbericht 1946 des AACZ.

62. Schreckhorn ( 4078 m ). Erste Begehung der Südwand, am 26. Juni 1949, durch Ernst und Walter Reiss, Adolf Reist und Hans Sollberger.

Von der Strahlegghütte ( 3.20 Uhr ) zum Einstieg der Südwand ( 5.30 Uhr ) in die in der Gipfelfallinie liegende Rinne, die fast in der ganzen Länge den Aufstieg ermöglichte. In der obern Hälfte wurde blankes Eis getroffen, griffarmer, wulstiger Fels und zuoberst gutgriffiger Gneis. Der Gipfel wurde um 11.30 Uhr, sechs Stunden nach dem Einstieg, erreicht.

Nach « Oberländer », Interlaken, 9. Juli 1949. Siehe auch « Sport », Zürich, 21. Oktober 1949.

63. Gross Schye ( 2785 m ). Erste Begehung über die Südkante durch die Seilschaft H. Rein, L. Merk, Fr. Baumgartner und J. Nadai, 3. Juli 1949.

Der Einstieg wird vom Oberalpsee aus erreicht. Die Route folgt einer ca. 40 m hohen, steilen Rinne, direkt westlich der Kante, dann ca. 80 m über die Kante, wobei zwei Risse überwunden werden müssen, « bis ein griffloser Aufschwung zu einem Quergang nach links in eine Rinne zwingt. Diese wird wenige Meter zu einem Geröllplätzchen verfolgt, welches direkt unter einer senkrechten Plattenwand liegt. Ein 18 m hoher Kamin führt in die nächste Gratscharte. Nach links auf schmalem Bändchen in die Plattenwand hinaus. An seinem Ende ca. 8 m durch eine Verschneidung abseilen auf guten Stand. Quergang nach links an spärlichen Griffen durch die ganze Plattenwand auf Sicherungsplatz. An einer abgespaltenen Platte 3 m höher ( Haken ) und ziemlich grifflos nach links in einen Kamin. Dieser wird verfolgt bis an sein Ende. Leichte Felsen leiten nun auf den letzten Aufschwung der Kante. Der horizontale Blockgrat wird ganz überklettert bis zur Scharte vor der Gipfelwand. Diese kann rechts über unschwierige Felsen erklettert werden. » Schwierige Kletterei in gutem Granit, die Haken erfordert. Einstieg bis Gipfel 5 1/2 Stunden.Nach Mitteilung von H. Rein, Zürich.

64. Schyn ( 2820 m ). Erster Durchstieg der Südwand, am 24. Juli 1949 durch die Seilschaft Ferdel Wörndle, Gottlieb Strässle, Georges Busenhart und Hannes Huss.

Die Überwindung der ca. 350 m hohen Wand erfordert ca. 3 1/2 Stunden, bei schwieriger Kletterei.Mitgeteilt von Hannes Huss, Wiesendangen.

65. Schynstock ( 3164 m ). Erster Durchstieg der Südwand, in der direkten Gipfelfallinie, am 11. September 1949, durch Bruno Boiler und Alois Regli.

« Vom Bergsee steigt man in N-Richtung in den Geröllkessel zwischen dem Schynstock und dem Bergseeschyn hinauf, dann hinüber zum obersten Couloir, das vom Schyn-S-Grat herabzieht ( Schnee ). An dessen Ausgang, ziemlich genau senkrecht unter dem Gipfel, befindet sich der Einstieg in die Wand.

Zuerst klettert man in leichtem, festem Granit schräg links aufwärts und nach ca. 3 Seillängen senkrecht hinauf unter einen schon von unten sichtbaren schwarzen Überhang. Nun Traverse nach rechts und über feingriffigen Fels senkrecht hinauf. Mehrere Seillängen aufwärts bis zum zweiten markanten Dach. Mit künstlicher Hilfe muss dieser Überhang überwunden werden, indem man ca. 3 m nach links hinaufspreizt. Dann wieder senkrecht hinauf unter den dritten Überhang. An dessen rechter Kante zieht ein breiter Riss hinauf, der aber infolge von losen Blöcken zu gefährlich ist. Man quert deshalb ca. 4 m horizontal nach rechts hinaus und erklettert einen feinen Riss, der sich schräg nach rechts hinaufzieht. Hier gelangt man in den flacheren Teil der Wand; rechts an einem schon von unten gut sichtbaren gelben Wandabbruch vorbei und schräg nach rechts hinauf zum Ausstiegsriss, der wenige Meter südlich des Gipfels zum Grat hinaufführt. Durch diesen Riss auf die Grathöhe. » — Zeiten: Vom Bergsee zum Einstieg: 1 Stunde. Kletterzeit: 4 1/2 Stunden. Wandhöhe ca. 350 m. Schwierig. Mitgeteilt von Bruno Boiler, Turbenthal.

66. Schynstoek ( 3164 m ). Erste Begehung über den Südgrat, am 22. August 1948, durch O. Gerecht, F. Wörndle und E. Meier.

« Von der Göschener Alp zum Bergsee ca. 2 Stunden. Dann über Grashänge und Geröllfelder in die oberste Mulde unterm Schynstoek-Schyn. Nach links durch ein Couloir zum Grat 1 Stunde.Von hier immer dem Grat entlang ( 10 Türme ) bis zum Gipfel. 5 Stunden. Bei drei Türmen Abseilen in die folgende Scharte.

Der Aufstieg über diesen Grat bietet hohe Befriedigung. Das Gestein ist prachtvoll und sehr solid. Speziell berücksichtigen: immer auf der Kante bleiben und nicht in die Flanken ausweichen.

Abstieg: SO-Grat leicht.»Mitgeteilt von F. Wörndle, Zürich.

67. Seewenhorn ( 2720 m ). Erste Begehung über die Ostrippe, am 5. Oktober 1947, durch Hans Rein und Leni Merk.

Auf Route 834, Urner Führer, Bd. II, 1939, bis zum Scherenband, dann rechts auf die ausgeprägte, z.T. scharfe Rippe und direkt über diese. Zwei Überhänge müssen direkt bewältigt werden, da ein Ausweichen nicht möglich ist. Bei der Nordostkante folgt man diesem zum Gipfel. Band bis Gipfel 2 Stunden.Nach Mitteilung von Hans Rein, Zürich.

68. Seewenstock-Hoch Sewen ( 2965 m ). Winterbegehung, 18. April 1949, durch Ferdl Wörndle ( Zürich ), Karl Brandenburger ( Zürich ), Gottlieb Strässle und Hedy Strässle-Althaus ( Luzern ).

Von Meien-Dörfli über Ried, Aebnet, Rieter, Sewen, Sewenstöss ( westlich ) zu Punkt 2406. Von hier über den Sewenfirn bis zum Sattel zwischen Hoch Sewen und Bächenstock, ca. 2880 m. Hier Skidepot. Über den Nordgrat auf den Hoch Sewen, 2965 m, und zurück zum Sattel und mit den Ski zu Punkt 2406, Sewenstoss ( östlich ) und Rieter, Aebnet nach Meien. Die Ski konnten von Rieter bis Sattel und zurück verwendet werden. Meien-Dörfli ab 5.45 Uhr, Rieter 6.45 Uhr, Hoch Sewen 11.30 - 12 Uhr, Rieter 14 Uhr, Dörfli 14.45 Uhr. Nur bei sichern Schneeverhältnissen durchführbar. Lawinengefahr!

Nach Mitteilung von G. Strässle.

69. Sonnigstock IV ( 2496 m ). Erste Begehung durch die Südwand, am 18. September 1948, durch Hans Rein, Leni Merk und J. Nadai.

« Von der Mattalp ( 1515 m ) erreicht man auf einer Wegspur den Beginn der Schlucht, die in die Scharte zwischen Sonnigstock III und IV hinaufführt. In der Schlucht aufwärts bis ca. 200 m unter der Scharte. Nach links, mittelst eines Risses in die Wand hinaus, die nach zwei Seillängen auf ein Band führt. Um eine Ecke herum ( Steinmann ) in den gut gestuften mittleren Wandteil. Man quert weiter nach links an der sich steil aufrichtenden Wand bis zur rechten Begrenzungsrippe des Couloirs, das sich in die Scharte zwischen Sonnigstock IV und V hinaufzieht. An dieser Rippe steigt man durch Risse und Kamine, immer leicht rechts haltend, höher und gelangt so zu den glatten Gipfelplatten, über die man leicht den Gipfel erreicht.

Zeit: Einstieg-Gipfel 5 Stunden. » Nach Mitteilung von Hans Rein, Zürich.

70. Sonnigwichel ( 2910 m ). Variante durch die Südwand, am 20. September 1948, durch Hans Rein, Leni Merk und J. Nadai.

« Der Einstieg ist gleich wie bei Route 13 e ( Urner Führer, Bd. I, 1920 ). Die mit hartem Schnee angefüllte Rinne, die sich in die Scharte zwischen Wichelschyn IV und Sonnigwichel hinaufzieht, wird jedoch weiter verfolgt, wobei der erste senkrechte Aufschwung im Couloir links über brüchige Felsen umgangen werden kann. Man quert oben wieder in die Rinne und steigt in ihr bis etwa 3/4 Höhe weiter. Dort wo leichte grasdurchsetzte Felsen nach links leiten, verlässt man sie und klettert auf eine Rippe direkt unter der oberen Plattenzone. Nach rechts steigt man in eine steile Plattenmulde, die anfänglich noch gut gestuft in die Höhe leitet. Weiter oben wird die Neigung grösser und mittelst Rissen, die nur mit Hakensicherung zu überwinden sind, gelangt man über den grossen Plattenhang. Durch Risse erreicht man den SO-Grat und nach einigen Metern den Gipfel.

Zeit: Einstieg-Gipfel 4 1/2 Stunden. » Nach Mitteilung von Hans Rein, Zürich.

71. Stotziggrat ( 2980 m, Maderanertal ). Winterbegehung am 27. März 1948 durch die Seilschaft F. Sigrist, H. H. Spoerry und A. Szepessy. Aufstieg von Hinterbalm zum Tschingelseeli und durch die Nordostflanke.

Sehr steil. Die Abfahrt erfolgte vom Gipfel durch die Nordostflanke bis zum Tschingelseeli, von hier wurde wieder gegen den Düssistock angestiegen, unter dem Klein Düssistock durch ein steiles Couloir bis in die etwas flacheren Hänge in der Mitte der Düssistock-Westwand und in die Route von 1946 ( Nr. 25, Neue Bergfahrten 1946, « Die Alpen », Bd. 1947 ). Nach Mitteilung von Ali Szepessy.

72. Sustenhorn ( 3512 m ). Begehung der Ostwand, am 13. Juni 1948, durch Hans Rein, Leni Merk und J. Nadai.

Der Einstieg erfolgte vom Brunnifirn aus und beachtete folgende Route: « Auf der Ostgratroute 544 des Urner Führers ( Bd. II, 1939 ) über Wallenbühl-und Brunnenfirn bis auf Kote 3000. Nun nach rechts der ausgeprägten Rippe im westlichen Wandteil zuhalten. Diese Rippe wird direkt oder von links her, je nach dem Bergschrund, über eine Firnflanke erreicht. Wenig links der Rippe gelangt man durch Rißsysteme auf den ersten Aufschwung ( Steinmann ). Dann mit wenig Abweichung der Rippe folgen, da die Flanken links und rechts von ihr brüchig und steinschlägig sind. Ohne Schwierigkeiten arbeitet man sich von Stufe zu Stufe, immer wenig rechts haltend. Über ein brüchiges Wandstück erreicht man den Gipfel etwa 100 m westlich des Gipfelsteinmanns. » — Hütte-Gipfel 7 1/2 Stunden.Mitgeteilt von Hans Rein, Zürich.

In der Chronik der « Alpen », 1948, Seite 174, wurde diese Tour als « Neutour in der Nordwand » bezeichnet. Eine eigentliche Nordwand besitzt das Sustenhorn aber nicht, da der Berg vom Hinter Sustenhorn zum Sustenhorn als eigentlicher Kamm in der Nord-Süd-Richtung verläuft und nur typische Ost-und Westflanken ( Nordwest- ) besitzt. Die markanteste Rippe, die vom Hauptgipfel in die Ostwand abfällt, verläuft in östlicher Richtung und ist als Ostgrat zu bezeichnen, der schon am 13. Juli 1901 von O. Fischer und Friedrich Weber im Aufstieg benutzt wurde ( Route 544 des Urner Führers, Bd. II, 1939 ). Anschliessend stieg die gleiche Seilschaft über den Nordgrat über das Klein Sustenhorn ab, der schon drei Jahre früher, 1898, von R. Helbling erstmals überschritten worden war, im Aufstieg.

73. Sustenlochspitz ( 2918 m ). Erste Begehung des gesamten Südostgrates, am 19. September 1948, durch Emil Stäubli, Hans Dommann, Franz Haid, Arthur Ottiger und Hugo Nünlist.

Teile des Südostgrates werden bereits begangen sein, doch ist eine Gesamtüberschreitung bisher nicht bekannt geworden. Die Routen 704 und 707 des Urner Führers, II. Bd., 4. Auflage, 1939, erfassen Teile dieses Grates, der wohl als Ostgrat bezeichnet werden darf. Die obgenannte Seilschaft stieg zum Ostfuss des Gufernstocks ( 2498 m ) auf, betrat dessen Gipfel von Norden her, folgte dann dem südöstlich laufenden Grat bis zum Gufernjoch und dann dem östlich gerichteten Grat bis zum Sustenlochspitz ( 2918 m ). Der rund 1 1/2 km lange Felsgrat weist eine Reihe von Sätteln, Scharten und Türmen auf und fällt gegen Norden in schroffen Wänden gegen den Sustlifirn ab. Der Grat bietet eine lange, z.T. schwere Kletterei; als schwierig wird der Ausstieg zur Schulter der Sustenlochspitze bezeichnet. Am 19. September 1948 von der Seilschaft benötigte Zeit: 7 1/2 Stunden. Abstieg über den Südgrat zur ersten Scharte und von da über den Sustenlochfirn.

Nach Mitteilung von Hugo Nünlist, Luzern.

74. Roter Turm ( Alpstein ) ( 2004 m ). Erste Begehung der Südwand, am 27. Juni 1947, durch Ferdi Bürke und Alfred Baumann.

Einstieg: In der Gipfelsenkrechten. Eine Graszunge weist den Weg aufwärts bis unter einen Überhang. 2 m Quergang nach links, dann schräg rechts hinauf über abdrängende Wandstellen zu gutem Standplatz, weiter über einen Steilabsatz ( Überhang ) auf den grossen Plattenschuss. Quergang bis zum markanten Mittelriss, in diesem hinauf, anfangs leicht, dann aber äusserst schwierig, bis unter den grossen, dachartigen Überhang. Einige Meter rechts, dann hinauf zu gutem Stand und weiter in gutgriffigem Fels zum Gipfel.

Zeit: 14 Stunden. Schwierigkeitsgrad: 6.

Mitgeteilt vom Kletter-Club Alpstein, Kurt Gurtner, Herisau.

75. Weisser Turm ( Alpstein ), sog. Nadelspitze ( 2031 m ). Erste Begehung der Südwand, im August 1946, durch Ferdi Bürke und Alfred Baumann. Die markante Rinne, die sich nördlich des Berges steil hinaufzieht, wird ca. in der Mitte überquert. Über steilen Rasen wird der Fuss der Südwand erreicht.

Einstieg: Etwas östlich der Gipfelsenkrechten. In einer markanten Verschneidung äusserst schwierig aufwärts zu kleinem Stand. Links haltend über Wandstufen zu etwas besser gangbarem Fels, dann hinauf zum grossen Rasenband. In griffigem Fels zum grossen Riss und durch diesen hinauf zum Gipfel.

Zeit: 12 Stunden. Schwierigkeitsgrad: Bis zum Rasenband: 6; Rasenband-Gipfel: 4-5. Mitgeteilt vom Kletter-Club Alpstein, Kurt Gurtner, Herisau.

76. Grosser Wendenstock ( 3044 m ), Gadmer Flühe. Erste Begehung über die Mittelrippe der Südwand, 7. September 1947, durch die Seilschaft Paul Giger, Martin Mai und Karl Muff.

Die Route führt von der Wendenalp direkt auf die Schafläger ins Weisse Band und über die Rippe auf den Wendenstock P. 3044.

Nach den Angaben des besondern Kenners dieses Gebietes Otto Brügger, Meiringen, bestehen bisher in der Gadmer Flüh-Wendenstockgruppe durch die Südostflanke fünf Durchstiege: zu äusserst westliche Route Preis-Brügger auf den Tellistock über die Wand und den Südwestgrat; dann die Route Funk-Maync von der Rahfluhalp durch die Hornlauikehle, 1935; die Route Kohler-Baud-Brügger, die ob der Rossegg durch die Bänder zuerst westwärts führt und dann östlich der Bündenlauikehle auf den Grat des Mähren-Westgipfels; die vierte Route fällt der oben erwähnten Seilschaft Giger-Mai-Muff zu; und die östlichste Route, die von Hans Winterberger und Otto Brügger 1929 begangen wurde, führt ob Glogghüser durch die Wand auf den Grat ( siehe « Die Alpen » 1930 ).

77. Wichelhorn ( 2767 m ). Erste totale Überschreitung des Südgrates, 17. Juli 1949, durch Hans Rein und Leni Merk, Zürich.

Der Aufstieg erfolgt von der Wichelalp in westlicher Richtung über Geröll und leichte Felsen in die Scharte südlich des Wichelturms, über grasbewachsene Felsen zum Grat mit kleinen Türmen, die alle überklettert werden bis zum obersten, steilen Aufschwung, der zuerst hart an der Kante erklettert wird. Dann durch einen Quergang nach links in eine Nische, einige Meter nach rechts und längs steilem Riss auf die Höhe des Aufschwungs ( Steinmann ). Von hier auf den Grat zum Gipfel des Wichelturms ( 2581 m ) und hinab in die Scharte zwischen Turm und Südgipfel, über die Gratkante zum Südgipfel, Mittelgipfel und auf den Hauptgipfel ( 2767 m ). Einstieg bis Scharte 2 Stunden, Scharte bis Gipfel 2 Stunden, total 4 Stunden.

Der zackige Felsgrat von der Scharte südlich des Wichelturms über P. 2463 m und in östlicher Richtung gegen Wichelalp wurde am 27. Juni 1948 von derselben Seilschaft im Abstieg begangen.

Nach Mitteilung von Hans Rein, Zürich.

Besteigung über den Ostgrat, am 21. August 1949, durch dieselbe Seilschaft. Aus der Lücke 2406 m ( 1 Stunde von der Leutschachhütte ) verfolgt man den über 1 km langen Grat, wobei verschiedene Türme zu überklettern sind, bis zum Gipfel.

Zeit: Lücke 2406 m-Gipfel 2 Stunden.Mitgeteilt von Hans Rein.

78. Zustoll, Churfirsten ( 2240 m ). Erste Begehung der Südwand, am 10./11. September 1948, durch Hans Frommenwiler und Ferdi Bürke. « Vom Sattel zwischen Brisi und Zustoll folgt man dem Schutt- und Rasenband, das den Abschluss der senkrechten Südwand bildet, bis zur Gipfelsenkrechten. In leichter Kletterei etwa 40 m aufwärts. Nach links etwas absteigen, dann hinauf über eine äusserst schwierige Wandstelle. Quergang links aufwärts in eine Verschneidung und in dieser hinauf zu Stand. Rechts haltend über griffarme Wandstufen hinauf zu gutem Sicherungsplatz. Auf schmalem Band ca. 15 m Quergang nach rechts, dann überaus schwierig über abdrängenden Fels höher zu einem Band, dieses nach links verfolgend um eine Rippe in etwas besser gangbaren Fels. Auf schmalem Band eine Seillänge nach rechts, dann in einer Art Verschneidung hinauf zu gutem Standplatz. Um eine Kante Traverse nach rechts, dann in griffiger Verschneidung zu Stand. Es folgt eine äusserst exponierte Kletterei: in senkrechter Rinne hinauf bis unter den grossen, dachartigen Überhang. Quergang nach links zu Sicherungsplatz. Weiter zuerst etwas rechts, dann links haltend, in gut gangbarem Fels zum Gipfel. Zeit: 32 Stunden. Schwierigkeitsgrad: 6 +. Wandhöhe: 300 m. » Mitgeteilt vom Kletter-Club Alpstein, Kurt Gurtner, Herisau. Wir möchten unsern Bericht nicht schliessen, ohne noch auf drei Begeb-nisse hinzuweisen.

In der Touristenzeitung « Sci e Picozza » ( Lugano, Luglio-Agosto, 1949, Anno XII, N. 7-8 ) erschien ein Bericht über « La prima scalata dell' uomo di Campionigo ». Wer etwa glauben möchte, es handle sich um eine Erstbesteigung eines aussichtsreichen Gipfels unserer Tessiner Alpen, der wird enttäuscht sein, wenn wir festhalten, dass es sich hier lediglich um einen grotesken Gratturm von 16 m Höhe handelt, der auf der Einsattelung zwischen dem Pizzo di Campionigo und der Cima di Medeglia steht. Es gibt in unsern Alpen noch sehr viele solche Einzeltürme und Obelisken, an denen Kletterakrobaten sich verweilen können, zur Übung. Aber eine Berggipfelbesteigung ist das nicht.

In der Nordflanke des Pilatus-Tomlishorns steht der sog. Kastelendossen, ein aus dem Hang hervorspringender Kalkpfeiler, der auf drei Seiten fast senkrecht abfällt. Er misst rund 130 m Höhe und ist vom Tomlishornsaumpfad aus in wenigen Minuten zu erreichen. Nun haben JO-Mitglieder der Sektion Pilatus diesen Kastalendossen durch die NO-Verschneidung am 23. Oktober 1949 bezwungen. Es galt Überhänge, Risse, Verschneidungen und Kamine zu überwinden, wobei Sicherungshaken geschlagen werden mussten und äusserst ex- ponierte Stellen extreme Kletterei erforderten. ( Was hätten Eltern und Lehrer gesagt, ihre der JO anvertrauten Jünglinge in diesem Hangstück zu sehen ?) Abenteuerdrang von jungen Bergsteigern, der sich in richtiges Geleise finden möge! Aber zurückweisen müssen wir, dass eine solche Kletterei als eine Erstbegehung in die Rubrik der « Neuen Bergfahrten » gelangen soll. Denn auch das ist keine Bergfahrt.

Als in der Tagespresse eine schwierige Besteigung als « Zweite Begehung » mit allem Drum und Dran gemeldet wurde ( Dom-Nordgrat, Sommer 1949 ), da erhielten wir von einem namhaften Alpinisten einen Brief, aus dem wir folgende Sätze zitieren wollen: «... Als wir Anno 1943 diese Route, die Anno 1934 erstmals begangen wurde, begingen, da fiel uns nicht ein, die Tour als zweite Begehung anzusprechen, da wir sie aus Freude am Unbekannten und Abseitsliegenden unternommen haben und nicht wegen einer Veröffentlichung. » — Es ist eben nicht immer leicht, sich von der « Sensations-Presse » und « Presse-Sensation » fernzuhalten.

Möge der Bergsteiger im Suchen nach bekannten oder unbekannten Wegen nie den wahren Sinn und Zweck des Bergsteigens vergessen: die Entspannung im Alltagswerken und das Gewinnen von Ruhe und Stärkung, das Erleben der Schönheiten und der Stille der freien Alpenwelt.

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