Routeninfos im Web anbieten SAC-Vizepräsident Rudolf Spiess im Gespräch
Informationen zu Hütten, Routen, Klettergebieten und Naturverträglichkeit auf einer interaktiven Plattform vereint – diese Vision verfolgt der SAC. Vizepräsident und Ressortleiter Publizistik Rudolf Spiess zur digitalen Zukunft und dem Projekt «Geodatenmanagement».
Der SAC veröffentlicht seine Führerliteratur nach wie vor auf Papier. Ist das noch zeitgemäss?
Sicher nicht. Wir arbeiten heute nicht mehr wie vor 20 Jahren, wir arbeiten digital.
Bei der Tourenplanung nehmen wir aber immer noch Buch und Karte zur Hand. Wann kommt das SAC-Portal, auf dem ich auf alle Karten, Routen- und Hütteninfos zugreifen und meine Tour online planen kann?
Das ist das Ziel des SAC. Schon heute nimmt man ja nicht nur die Karte und das Buch, sondern informiert sich auch im Netz über die aktuellen Verhältnisse. Aber bei einer solchen Lösung stellen sich viele Fragen: Ist der Computer überhaupt noch modern, oder sollte man das gleich auf dem Smartphone anbieten?
Das könnte auch gewisse Gefahren mit sich bringen: Dass man sich zu Hause nicht mehr vorbereitet, im Glauben, man könne ja dann auf der Tour schnell nachschauen.
Was könnte der SAC hier anbieten?
Wir verfügen über sehr viele Geodaten – Routen, Klettergebiete, Hütten, Wildruhezonen. Uns schwebt vor, diese auf einer Plattform zu integrieren und zugänglich zu machen. Man hätte dann eine Karte mit Routen, dazu die Beschreibungen, aktuelle Informationen und ein Reservationssystem für die Hütten. Auch Informationen zum naturverträglichen Bergsport wären dort integriert.
Nun ist die Idee, alle Geodaten des SAC zusammenzufassen und auch den Mitgliedern zur Verfügung zu stellen, nicht neu. Warum ist man noch nicht weitergekommen?
Ein solches Projekt ist erstens komplex und zweitens teuer. Der Aufwand, den man betreiben müsste, um alle Routeninformationen aus unseren Führern in ein solches Portal einzubauen, ist riesig. Vor allem muss man aber erst wissen, was man genau anbieten will. Einfach mal eine App kreieren, damit man auch dabei ist, bringt wenig. Wir haben als SAC auch einen hohen Qualitätsanspruch, vor allem was die Sicherheit angeht. Unsere Informationen sind von Spezialisten recherchiert und dokumentiert.
Wie hoch schätzen Sie die Kosten ein?
Alleine für die Lizenzkosten für die Karten müsste man jährlich mit Zehntausenden Franken rechnen. Richtig ins Geld geht aber die Erfassung der Daten. Wenn wir die gesamte Führerliteratur digitalisieren wollen, kostet das über eine Million. Die Betreuung und Aktualisierung des Portals ist dabei nicht mitgerechnet. Wir klären deshalb ab, ob wir hier mit anderen Organisationen zusammenarbeiten könnten. Das würde die Kosten für alle Beteiligten senken.
Besteht nicht die Gefahr, dass nun einfach andere in die Bresche springen und eine junge Generation sich anderen Portalen zuwendet?
Ja. Diese Gefahr besteht. Dann haben wir den ganzen Aufwand, den es für die Erstellung der Führer braucht, und andere picken sich die Rosinen daraus und bieten attraktive Angebote an. Deshalb ist es wichtig, dass wir den Lead behalten.
Nun ist nicht jeder, der sich digitale Infos wünscht, auch bereit, dafür zu bezahlen. Sollen die Informationen gratis zur Verfügung gestellt werden?
Digitale Infos sind heute meist Gratisinfos. Wir sehen das bei der Musik: Früher kaufte ich eine Schallplatte für 50 Franken. Heute laden die meisten ihre Musik am liebsten kostenlos herunter. Eine Gratislösung wäre natürlich attraktiv. Aber die Kosten müssen gedeckt sein.
Wir sehen im Moment zwei Möglichkeiten: Entweder das Angebot steht allen Mitgliedern offen. Dann müsste man vielleicht die Mitgliederbeiträge erhöhen. Oder es gibt ein Abonnement, das für SAC-Mitglieder günstiger ist als für Nichtmitglieder. Eine dritte Lösung wäre, das man für jede Information einzeln zahlt. Das halte ich aber nicht für sinnvoll: Wenn die Leute bei der Tourenplanung sparen, liegt das nicht im Interesse der Sicherheit.
Wäre es möglich, eine Gratislösung über Werbung zu finanzieren?
Man muss aufpassen, dass man sich nicht selbst Konkurrenz macht. Sicher gäbe es interessierte Werbekunden. Aber die sparen dann bei der Werbung in unseren Printprodukten oder beim Sponsoring. Der Kuchen wird nicht grösser. Es kann aber sein, dass wir einen guten Mix finden – wir arbeiten da eng mit dem Marketing zusammen.
Wie sieht der Zeitplan aus? Wann werde ich meine erste Tour komplett über ein neues SAC-Portal planen können?
Wir arbeiten intensiv an dem Projekt und hoffen, 2015 die ersten Realisierungsschritte unternehmen zu können. Dann hätte man 2016 eine Plattform, die wirklich etwas bringt. Letztlich kommt es aber auf die Finanzierung an. Und da wir eine Partnerschaft mit anderen Organisationen anstreben, bestimmen wir den Zeitplan nicht allein.
Gerät man bei einer Kooperation mit einer Partnerorganisation nicht in Interessenkonflikte?
Wenn die Vorteile gross sind, muss man auch Kompromisse eingehen. Wir wollen sicher nicht gegen unsere Interessen arbeiten und beispielsweise die eigenen Hütten konkurrenzieren. Andererseits kann eine breite Abstützung auch für den Nutzer hilfreich sein: Etwa wenn Betriebszeiten von Bergbahnen in das System integriert sind.
Nicht jeder Bergsteiger sitzt gerne am Computer. Wie gross ist das Interesse an einem Tourenplanungsportal an der Basis?
Es gibt immer die Frage der digitalen Spaltung: Die einen sind mit neuen Medien aufgewachsen, anderen bleibt die digitale Welt fremd. Gerade im SAC stelle ich jedoch fest, dass auch viele ältere Mitglieder elektronische Mittel nutzen. An einer Sektionsversammlung sind das oft die ersten, die mit Laptop und Beamer kommen.