Rückblick aufs Jahr 2009: Catherine Borel wünscht sich 2013 eine Frau an der Spitze des SAC
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Rückblick aufs Jahr 2009: Catherine Borel wünscht sich 2013 eine Frau an der Spitze des SAC

Die Neuenburgerin Catherine Borel ist Vizepräsidentin des Zentralvorstands und verantwortlich für die Publizistik und Kultur. Anlässlich der Veröffentlichung des Jahresberichts zieht sie eine Bilanz des Jahres 2009 und drückt ihre Erwartungen für 2010 aus.

Pascale Stehlin: Welches war deiner Meinung nach das wichtigste Ereignis für den SAC im letzten Jahr?

Catherine Borel: Das Hauptereignis war die Eröffnung der neuen Monte-Rosa-Hütte. Für mich persönlich als Verantwortliche für den Bereich Kultur im Zentralvorstand war die Kunstausstellung in fünf SAC-Hütten der Höhepunkt des Jahres.

Diese Ausstellungen wurden gut besucht. Konntest du dir vorstellen, dass ein kulturelles Ereignis so viele Mitglieder anziehen würde, die sich sonst doch eher dem Sportlichen zuwenden?

Das war unsere Herausforderung, denn man hatte beschlossen, die Kunst aus den Museen herauszutragen, damit Leute, die in die Berge gehen, die Gelegenheit bekommen, am gleichen Ort auch der Kultur zu begegnen. Diese Idee wurde sehr gut aufgenommen. Die Leute wussten nicht unbedingt, dass sie auf eine Ausstellung stossen würden, wenn sie sich in die eine oder andere Hütte begaben. Das hat viele Diskussionen ausgelöst. Und zahlreiche Personen haben sich gefragt, warum man dieses Projekt lanciert hatte. Diese Erfahrung war sehr interessant für den Schweizer Alpen-Club, aber auch für die Künstlerinnen und Künstler.

Haben die teilweise abstrakten und abgehobenen Projekte auch Kritik ausgelöst?

Natürlich, denn man erwartete nicht, dass gewisse Werke hinter der nächsten Wegbiegung oder neben einer Hütte auftauchen würden. Aber dies war insofern positiv, als es den Dialog förderte. Die Erfahrung war auch nicht unbedingt vorhersehbar für die Künstler, die sich nicht gewohnt sind, sich mit Werken mit Bergbezug zu beschäftigen und diese unter freiem Himmel auszustellen.

Die Medien haben viel über die neue Monte-Rosa-Hütte berichtet. Verändert dieser Bau das Image des SAC?

Ich denke, dass der Bau dieser Hütte den SAC ins Gespräch gebracht hat, was sehr positiv ist. Ob das sein Image verändert, weiss ich nicht. Es ist eine avant-gardistische Hütte, welche die einen erschreckt, aber die anderen begeistert. Sie wird sicherlich viele Leute anziehen, und vielleicht führt dies dazu, dass ein neues Publikum die Berge entdeckt und später auch andere Hütten besucht.

Hattest du bereits Gelegenheit, in der neuen Monte-Rosa-Hütte zu übernachten?

Leider noch nicht. Ich hoffe, ich komme im Sommer dazu, und ich freue mich schon darauf.

War das Jahr 2009 noch von anderen Ereignissen geprägt?

Die wichtigsten haben wir gerade besprochen. Aber das Jahr 2009 war auch sehr befriedigend im Bereich Wettkampfsport, denn unsere Mannschaften haben sehr gute Resultate herausgeholt. Für den Zentralvorstand herrschte letztes Jahr nicht nur eitel Sonnenschein. Wir müssen zahlreiche Probleme bewältigen, insbesondere im Bereich Umwelt. Dies ist ein Thema, bei dem man sich immer wieder neu positionieren muss, denn gewisse Leute beharren auf ihrem Standpunkt, auf der einen wie auf der anderen Seite. Der Zentralvorstand befindet sich im Zwiespalt, und man muss, wie dies im Übrigen der Zentralpräsident anlässlich der letzten Präsidentenkonferenz getan hat, immer wieder verlangen, dass die Leute ihre Toleranz unter Beweis stellen. Die Schweiz ist ein Land des Konsenses, und auch wir müssen einen Konsens finden.

Welches ist im Moment das Hauptproblem?

Das Projekt «Alpenlandschaft Zukunft» schafft einige Probleme. Es sorgt für Konflikte zwischen Stadt- und Bergsektionen und sogar innerhalb von Sektionen. Es gibt in einigen Sektionen Widerstand, man findet es unvernünftig, mehr als eine Million Franken für eine Karte auszugeben, die bloss clubinternen Zwecken dient und keinen juristischen Wert hat. Leider sind nicht alle der gleichen Meinung, und die Delegiertenversammlung wird im kommenden Juni entscheiden ( siehe Artikel auf Seite 60 ). Es ist für den Alpenclub immer schwierig, sich zu positionieren, denn wir sind jeweils gleichzeitig Nutzer und Schützer der Berge. Die Umweltthemen schaffen politische Probleme, und diese Situation ist heikel, denn der SAC wird als unpolitisch wahrgenommen. In diesem Fall sitzen wir etwas zwischen Stuhl und Bank. Unsere Rolle ist aber nicht in erster Linie der Schutz der Natur, sondern die Entwicklung des Bergsports, sodass er allen zugänglich ist, die daran interessiert sind.

Hat der Zentralvorstand zu diesem Projekt eine Empfehlung abgegeben?

Nein. Anlässlich unserer letzten Sitzung im März haben wir beschlossen, uns nicht dazu zu äussern, die Abgeordnetenversammlung soll ihre Wahl selber treffen.

Welche Bilanz ziehst du für das Jahr 2009?

Ich staune immer wieder über all die Aktivitäten des SAC. Ich finde, dass unser Club sehr dynamisch ist. Er basiert auf der Ehrenamtlichkeit, und das finde ich wunderbar. Generell finde ich, dass die Aktivität 2009 fantastisch war. Der einzige negative Aspekt ist die Tatsache, dass sich der Zentralvorstand manchmal in schwierigen Situationen befindet, vor allem dann, wenn er entscheiden muss, wenn die Meinungen auseinandergehen.

Und wie ist das Jahr 2009 in finanzieller Hinsicht verlaufen?

Unsere Rechnung schloss ausgeglichen mit einem Ertragsüberschuss von Fr.1700O.–. Die Budgets wurden eingehalten, und das ist sehr gut. Aber es ist klar, dass wir auf Dauer nicht mit so wenig Spielraum weitermachen können. Eine Erhöhung der Mitgliederbeiträge drängt sich auf. Sie sind seit 2001 gleich geblieben, während rundum die Preise steigen. Wir werden an der Delegiertenversammlung darüber diskutieren. Aber es gibt keinen Grund zur Beunruhigung, unser Club ist finanziell gesund. Wir haben noch Reserven. Aber der Hüttenunterhalt zum Beispiel kostet sehr viel Geld, und wir müssen darauf achten, finanziell gesund zu bleiben, damit wir unsere Aufgaben erfüllen können.

Als Präsidentin der Zeitschriftenkommission hast du das Projekt Neukonzeption der Zeitschrift « Die ALPEN » verfolgt. Die Zeitschrift kommt bei den Lesern gut an. Warum soll man eine Formel ändern, die gut funktioniert?

In der Presse wird das Layout oft überprüft, weil die Entwicklung rasch voranschreitet. Die Art, zu drucken oder wie Artikel erfasst werden, ändert sich. Wir werden nicht den Inhalt verändern, sondern vielmehr die Art, ihn zu präsentieren. Dies ist eine Herausforderung, die eine Verjüngung der Zeitschrift zur Folge haben wird. Ich bin überzeugt, dass die Mitglieder das neue Konzept sehr gut finden werden – ich hoffe es zumindest!

Wir haben über das vergangene Jahr gesprochen. Wie sind die Aussichten für das Jahr 2010?

Als Publikationenchefin freue ich mich auf die «ALPEN» im neuen Kleid. Was den Zentralvorstand betrifft, hoffe ich, für die grossen Probleme wie die Umweltfragen Lösungen zu finden, die alle Parteien zufriedenstellen. Auch wenn man nicht alle Wünsche befriedigen kann, hoffe ich doch, dass die Mehrheit der Mitglieder mit den vorgeschlagenen Lösungen zufrieden sein wird.

Gibt es einen Bereich, der dir besonders ans Herz gewachsen ist?

Dass die Jungen innerhalb des Clubs eine Rolle spielen, ist für mich sehr wichtig. Viele Sektionen haben Mühe, die Jungen zu integrieren, wenn sie die JO verlassen. Ich bin ein Fan von Meisterschaften und Wettkämpfen, denn all die Jungen, die daran teilnehmen, sind ein gutes Beispiel und ziehen andere Junge nach. Wir haben 2009 im Skialpinismus und im Klettern sehr gute Ergebnisse gehabt. Die Sektionen müssen Lösungen finden, um attraktiv zu sein für die Jungen, was zugegebenermassen nicht immer einfach ist. Die Jungen verhalten sich bei ihren Aktivitäten ein wenig wie Zapper, aber man kann sich auch vorstellen, dass ein Jugendlicher den Club verlässt und einige Jahre später wieder zurückkommt.

Du bist seit sieben Jahren Mitglied des Zentralvorstands und erreichst 2011 das Ende deiner Amtszeit. Wie siehst du diese Situation?

Ich richtete mich vorerst auf vier Jahre ein, aber schliesslich habe ich vier weitere Jahre angehängt. Ich weiss nicht, wie es bei mir nach meinem Rücktritt aus dem Zentralvorstand weitergeht. Das wird sicher eigenartig sein, aber ich finde es gut, anderen, die mit neuen Ideen und neuer Energie kommen, Platz zu machen. Für mich war die Erfahrung im ZV grossartig, und die Zeit verging schnell. Als Westschweizerin war die Arbeit mitten unter Deutschschweizern eine Herausforderung. Nach der ersten Sitzung ganz auf Deutsch habe ich nägel-kauend bereut, zugesagt zu haben, und ich sagte dies auch meinem Mann. Aber schliesslich habe ich mich gut angepasst, und ich hatte viel Spass bei der Arbeit. Ich musste mich für viele Sachen interessieren und Verantwortung übernehmen.

Was wünschst du dir für die Zukunft des Schweizer Alpen-Clubs?

Ich wünsche, dass 2013, bei der nächsten Wahl eines Zentralpräsidenten, jemand aus der Westschweiz gewählt wird, und wenn möglich eine Frau. Ich denke, der Moment für eine solche Wahl ist gekommen.

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