Rücktritt auf dem Gipfel des Erfolges: Das SAC-Swiss-Team sucht einen neuen Leader
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Rücktritt auf dem Gipfel des Erfolges: Das SAC-Swiss-Team sucht einen neuen Leader

Das SAC-Swiss-Team sucht einen neuen Leader

Florent Troillet beendet seine Karriere als Profisportler. Damit verliert die Schweizer Nationalmannschaft zum Auftakt der Skitouren-Rennsaison ihren stärksten Sportler und einen geschätzten Kollegen.

« Er hat den besten Zeitpunkt gewählt », bringt es SAC-Swiss-Team-Mitglied Iwan Arnold auf den Punkt. Florent Troillet gab diesen Herbst vor Beginn der Skitourenrennsaison seinen Rücktritt aus dem Skitourenrennsport bekannt. Der Westschweizer hat in seiner 15-jährigen Karriere alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Er war mehrfacher Weltcupsieger und Schweizer Meister; er trägt den Weltmeistertitel in den Kategorien Junioren und Senioren. Er gewann die legendären Skitourenrennen Pierra Menta in Frankreich und Mezzalama in Italien sowie zweimal die Patrouille des Glaciers. Letzten Winter setzte er seiner Karriere die Krone auf, als er zusammen mit Martin Anthamatten und Yannick Ecoeur den Streckenrekord um volle 26 Minuten unterbot. Es war ein Sieg, der ihm besonders viel bedeutete. Denn die Patrouille ist so etwas wie eine Familientradition bei den Troillets. Sie sind echte « Bagnards », Einwohner des Val de Bagnes bei Verbier – einer Region, die Skisportgrössen wie Roland Colombin, William Besse und Philippe Roux hervorbrachte, aber eben auch hervorragende Skitourenläufer – Troillets Vater Jean-Louis, ein Primarlehrer, bestritt die Patrouille elfmal; seine Mutter, Marie-Pierre, gewann sie im Jahr 1992. Seine zwei Jahre jüngere Schwester Marie holte letzten Winter den Sieg bei den Damen, zusammen mit Nathalie Etzensperger und Emilie Gex-Fabry. Nicht zu vergessen Emmanuel, der ausgebildete Bergführer und mit 21 Jahren der jüngste Spross der Familie, der zwar als einziger keine Rennen läuft, aber mit dem Troillet-Fanclub entlang den Strecken immer für Stimmung sorgt. Den Entscheid, auf dem Höhepunkt seiner Karriere zurückzutreten, hat sich Florent Troillet reiflich überlegt. « Ich bin jetzt 29 Jahre alt und hätte mich vielleicht noch einige Jahre auf diesem Niveau halten können. Aber alle meine Ziele habe ich erreicht. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, etwas Neues in meinem Leben anzufangen », sagt er. Einen Wiedereinstieg in seinen erlernten Beruf Mechaniker konnte er sich ebenso wenig vorstellen, wie noch jahrelang bei der Grenzwacht zu arbeiten. Im November beginnt Florent Troillet ein Praktikum in einem Jugendheim. Dann folgt in Sierre eine vierjährige Ausbildung an der Fachhochschule für Sozialarbeit. Der Entscheid fiel, nachdem er eine Gruppe junger Menschen mit sozialen Schwierigkeiten in die Berge begleitet hatte: « Diese Menschen versuchen, unter widrigsten Umständen einen Sinn für ihr Leben zu finden », sagt er. Er habe viel Glück und Erfolg im Sport gehabt. « Jetzt ist es an mir, etwas zurückzugeben », sagt er. Sportler, Freund, Vorbild Was bedeutet der Rücktritt Troillets für die Schweizer Nationalmannschaft, das SAC-Swiss-Team? « Wir verlieren nicht nur unseren besten Sportler, sondern auch ein grosses Vorbild, einen guten Freund », sagt sein Teampartner Martin Anthamatten, « Florent hinterlässt eine grosse Lücke. » Anthamatten hatte mit Troillet seine grössten Erfolge gefeiert. Neben dem spektakulären Sieg an der Patrouille des Glaciers holten sie unter anderem zweimal Silber an der Weltmeisterschaft in Andorra. International sei das SAC-Swiss-Team ohne Florent noch mehr gefordert. « Für mich ist das eine enorme Motivation », findet Anthamatten. « Das Beste, was wir daraus machen können, ist, zu versuchen, selbst die Besten zu werden. » Für die kommende Weltmeisterschaft im Februar in Claut in Italien hat sich Anthamatten hohe Ziele gesetzt. Ohne Medaille will er nicht zurückkehren. An Motivation fehlt es auch Iwan Arnold vom Nachwuchskader nicht. Sogar übermotiviert sei er gewesen, scherzt er. Denn Überbelastung ist der Grund, weshalb er momentan auf sein Lauftraining verzichten muss. « Florent hat uns gezeigt, dass im Skitourenrennsport alles möglich ist », hält Kollege Marcel Marti fest. Ähnlich wie im Langlaufsport habe auch im Skitourenrennsport niemand daran geglaubt, dass die Schweiz an der internationalen Spitze sein wird. Was Dario Cologna für den Langlauf, sei Florent Troillet im Skitourenrennsport. « Es wird sicher schwierig, ihn zu ersetzen. » Ein Vorzeigeathlet sei er gewesen, so Disziplinenchef Rolf Zurbrügg. Bescheiden, hilfsbereit, er brachte konstruktiv Kritik ein – eben ein Teamplayer. Für Zurbrügg kam Troillets Ent- schluss zum Rücktritt Anfang Sommer überraschend. « Noch Ende der letzten Saison war Florent topmotiviert. » Doch er kenne Florent nun schon seit Jahren und könne seinen Entscheid verstehen. « Florent ist nicht der Typ, der halbe Sachen macht. » Er habe immer sehr hart trainiert und sich alles abverlangt. Seine hochgesteckten Ziele habe er erreicht. Noch einmal alle Titel zu gewinnen, sei für ihn zu wenig Motivation gewesen. Das sei « schade für den Sport, schade für das Team ». Gemäss Zurbrügg könne der Rücktritt des Leaders eine Chance für die Mannschaft sein. « Es wird eine neue Dynamik entstehen », ist er überzeugt. Troillet – wie auch sein spanischer Freund Kilian Jornet – sei zwar ein Ausnahmetalent. Doch mit Spitzenläufern wie Martin Anthamatten, Yannick Ecoeur oder Marcel Marti sei auf internationalem Niveau weiterhin zu rechnen. Ausserdem verfüge das SAC-Swiss-Team über eine der weltbesten Nachwuchsmannschaften. Nicht nur zuschauen Ganz jedoch wird der Name Troillet aus dem professionellen Skitourenrennzirkus nicht verschwinden. Florents Schwester Marie feierte in der letzten Saison nach einer langen Verletzungspause ein erfolgreiches Comeback. Und Florent wird an den Rennen seiner Schwester bestimmt nicht nur unter den Zuschauern sein. Jemand, der seit seinem vierten Lebensjahr Skitouren macht, mit 14 sein erstes Rennen lief, kann den Sport nicht einfach an den Nagel hängen. Sicher werde er das eine oder andere Rennen mitlaufen, sagt er. « Aber nicht, um zu gewinnen. » « La Grande Course » Patrouille des Glaciers, Pierra Menta, Trophée Mezzalama, Tour du Rutor und Adamello Ski Raid – das sind die grossen Skitourenrennen, deren Organisatoren sich unter dem Namen « La Grande Course » zusammengeschlossen haben. Ziel des Zusammenschlusses ist laut den Organisatoren, den Forderungen der Spitzenathleten nach einer Rennserie Folge zu leisten, es gehe aber auch darum, die Medienpräsenz der Skitourenrennen zu verbessern. Die Renndaten des Winters 2011: Pierra Menta ( Arêches–Beaufort, Frankreich ): 17.–20. März 2011; Adamello Ski Raid ( Ponte di Legno–Tonale, Italien ): 3. April 2011; Trophée Mezzalama ( Zermatt–Gressoney, Italien ): 3O. April bis 1. Mai 2011. 2012 gehören die Pierra Menta, die Tour du Rutor und die Patrouille des Glaciers zur Grande Course. Für die PdG 2012 verfügt der SAC über Patrouillen-Startplatzrechte. Diese werden unter den Läuferinnen und Läufern des Schweizer Cups 2011 verlost. Nähere Informationen: www.sac-cas.ch.

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