Schimmernder Schnee
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Schimmernder Schnee

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Von Eugen Felber.

Die Sicht entschwindet. Ich schiesse auf dem weichen Schnee von dem Bergsattel nieder. Er spritzt, von den Brettern berührt, in vier kleinen stiebenden Fontänen hoch und zerteilt sich wie Wellenflut. Flockenwirbel tanzen um mich, und aus den Tiefen, denen ich zufliege, wölbt sich grauer Nebel hoch. Alles zerfliesst in ein milchiges Einerlei. Weicher Hang und schroffe Wand, Erde und Himmel zergehen in grauer Unförmigkeit. Mass und Kontur zerdehnen sich in das Unendliche, und die Dinge verblassen und gehen unter in einem Sud ohne Grenzen und Licht...

Der sausende Flug erlahmt allmählich, und ich fühle am mässigen Gefälle, dass ich auf der letzten Bergstufe angelangt bin. Alles ist ungeheure Stille, nur die Bretter surren leise, und von Zeit zu Zeit donnern und schüttern in der Ferne Lawinen mit lang nachhallendem Rollen und Brausen in den Abgrund. Jetzt, weiss ich, gleite ich über einen gefrorenen und hoch zugedeckten Stausee, aber ich sehe nichts als die grauen schweren Nebel, aus denen die Flocken tänzeln, ich spüre fast, wie die Schneeschicht um mich wächst. Und die Einsamkeit wird gross und grösser, sie wächst in das Unendliche und ist ohne Grenzen und Licht...

Und plötzlich überrascht mich etwas Wunderbares, das sich dem Schnee enthebt wie der innige Kelch einer Blume, der Duft und Glanz wie ein Heiligtum umschliesst. In die Vertiefungen, die meine Stöcke gruben, in die winzigen Schneehöhlchen stürzt sich das uferlos zerronnene Licht aus der Runde und füllt den weichen Raum, füllt ihn ganz und lässt ihn das milde helle Blau eines Opals zurückschimmern. Ich mulde mit den Händen einen tiefen runden Kelch, und siehe, er wird zum Lichtgefäss, in dem sich das Zerstreute sammelt und in der runden Geschlossenheit zur blauen Farbe der Sehnsucht wird. In der grauen Unendlichkeit grenzt sich unter mir, in der Schneeflut, unwirkliche Bläue ab, und es ist, wenn ich zurückschaue, als säumten Blumen wie durchsichtig blaue Tupfen meine Skispur. Und ich fahre und wachse in die Einsamkeit hinein und spüre in meiner Begrenzung ein grenzenloses Licht...

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