Schnee, Gletscher und Permafrost 2007/2008
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Schnee, Gletscher und Permafrost 2007/2008 Kryosphärenbericht der Schweizer Alpen

Die wichtigsten Entwicklungen von Schnee, Gletscher und Permafrost in den Schweizer Alpen für das hydrologische Jahr 2007/2008 zeigen: Nicht einmal der schneereiche Winter konnte den Rückzug der Schweizer Gletscher bremsen. Der Gornergletscher wurde sogar 290 Meter kürzer. In den Permafrostgebieten führten der schneereiche Winter sowie der warme Sommer zu Temperaturbedingungen wie im letzten Jahrzehnt, und die Blockgletschergeschwindigkeiten haben dabei leicht zugenommen.

Ergiebige Schneefälle Mitte November sorgten nach einem hochdruckbestimmten Oktober für einen frühen Beginn des Winters 2007/2008. In der ersten Dezemberhälfte folgten in allen Gebieten nördlich des Alpenhauptkamms weitere Schneefälle. Für den Januar ungewöhnlich häufige Südstaulagen führten am Alpensüdhang zu ergiebigen Schneefällen bis in tiefe Lagen. Im Norden bewirkte der Föhn in dieser Zeit bedeutende Schneeumlagerungen. Vom 8. bis zum 19. Februar blieb die ganze Schweiz niederschlagsfrei, und es herrschte exzellentes Bergsportwetter. Die erste Märzhälfte war dagegen geprägt von Weststürmen. In dieser sehr dynamischen Wetterphase lag die Schneefallgrenze zeitweise über 2000 m, dann wieder herrschten winterliche Verhältnisse bis in tiefe Lagen. Im April folgte eine Niederschlagsperiode der anderen (siehe Abb. 4). Am Monatsbeginn schneite es sogar im Mittelland. Die grossen Schneemengen liessen darauf hoffen, dass im Jahr 2007/2008 der Rückgang der Gletscher etwas verlangsamt werden könnte. Doch die überdurchschnittlich warmen Monate Mai und Juni sorgten für eine intensive Schneeschmelze, sodass von den Früh-lingsschneemassen schnell nicht mehr viel übrig blieb. Die Gletscher waren entsprechend früh der Sommersonne ausgesetzt. Einige Schneefälle im Juli schmolzen im warmen August wieder weg. Der September war hingegen kalt und niederschlagsreich. Insgesamt waren die Sommertemperaturen somit um 1,1 °C höher als der Mittelwert. Positive Abweichungen von zirka einem Grad sind seit den 90er-Jahren häufig

 

 

 

Abb. 2 ). Die Abweichungen von drei Prozent vom mittleren Jahresniederschlag sind hingegen gering ( s. Abb. 1 ).

Schnee

Die Berichtsperiode war einerseits durch das frühe, massive Einschneien auf der Alpennordseite und anderseits durch grosse Unterschiede zwischen Mittelland und Alpen geprägt. Mitte November lagen bereits grosse Schneemengen, so zum Beispiel 67 cm in Fionnay VS ( 1500 m ), 137 cm im Hasliberg BE ( 1825 m ), 116 cm in Braunwald GL ( 1310 m ) und Winter 2007/2008 wieder in der ganzen Schweiz ähnlich schneearm wie der vorangegangene. So konnten im Mittelland zwischen Dezember und März nur 81 cm in Arosa GR ( 1818 m ). Aufgrund der relativ warmen Wintertemperaturen konnten aber nur die höheren Lagen langfristig von den häufigen Schneefällen profitieren. Unterhalb 800 m war der Auch wenn die Eismassen des Gornergletschers Eindruck machen: Er hat 2008 schlagartig 290 Meter an Länge eingebüsst, trotz eines vorangehenden schneereichen Winters. Warum, wird auf Seite 55 erklärt.

Schneehöhe ( cm ) Weissfluhjoch ( 2540 m ) 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Okt.. " " .Nov.Dez.Jan.Feb.MärzApr.MaiJuniJuliAug.Sep.

Schneehöhe ( cm ) Ulrichen ( 1350 m ) Davos ( 1540 m ) Trübsee ( 1770 m ) Andermatt ( 1440 m ) Grindelwald ( 1560 m ) St. Antönien ( 1510 m ) Mürren ( 1650 m ) Schneetage der Messstationen im Vergleich zum Durchschnitt -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 Schneetage 1940 2010 2000 1990 1980 1970 1960 1950 Schneetage Abb. 5: Aufsummierte jährliche Längenänderungen ( in m ) für sechs ausgewählte Gletscher mit unterschiedlichem Reaktions- und Anpassungsverhalten an das Klima.

Gr afiken: EKK gerade drei Schnee tage 3 gezählt werden, während der langjährige Durchschnitt bei 25 Schneetagen liegt. Zwischen 1300 und 1800 m zeigt sich dagegen ein völlig anderes Bild. Dank dem frühen Einschneien konnten in dieser Höhenlage auf der Alpennord- seite zwischen Dezember und März 117 Schneetage ( Schneehöhe50 cm ) gezählt werden, eine Anzahl, die nur in fünf Wintern seit Messbeginn vor knapp 70 Jahren übertroffen wurde ( siehe Abb. 3 ). Betrachtet man nur die letzten 25 Jahre, war es sogar ein Rekordwinter für die Alpennordseite auf dieser Höhenlage. Weil es auf der Alpensüdseite erst ab Mitte Januar ergiebig schneite, ist hier die Anzahl Schneetage in derselben Höhenlage geringer. Die 64 Schneetage setzen die Serie von Wintern mit unterdurchschnittlichen Schneemengen fort ( Durchschnitt 77 Schneetage ).

Für Gletscherwachstum und Permafrost wichtig ist aber, was in der Höhenzone ab 2500 m geschieht. Von diesen Höhen gibt es nur langjährige Messwerte vom Weissfluhjoch ( 2540 m ) oberhalb Davos, ein Rückschluss auf die gesamte Schweiz ist nur sehr bedingt möglich. Im Winterhalbjahr waren die Schneemengen an diesem Standort durchschnittlich ( siehe Abb. 4 ). Die langjährigen Messungen des Schneewasseräquivalents – dieses Mass bezeichnet den Wassergehalt der Schneedecke – zeigten zwar zur Zeit des Maximums Ende April um ca. 20 Prozent höhere Werte als normal. Der im Mai und Juni beschriebene Wärmeüberschuss liess diese Reserve aber schnell wieder schmelzen. Dies zeigt sich auch in der Ausaperung am 3O. Juni 2008; das ist zwei Wochen früher als im langjährigen Mittel. Trotz den häufigen Schneefällen im Winterhalbjahr liegt hauptsächlich aufgrund der geringen Neuschneefälle in den Sommermonaten die jährliche Neuschneesumme ( 946 cm ) leicht unter dem Durchschnitt.

Gletscher

Die Gletscher in den Schweizer Alpen ziehen sich nach wie vor zurück. Grund dafür ist die globale Erwärmung, deren Auswirkungen auch regional im Alpenraum deutlich sichtbar werden. Dem allgemeinen und längerfristigen Rück-zugstrend vermögen die kurzfristig durch die normale Variabilität des Klimas verursachten Schwankungen in einzelnen Jahren nichts entgegenzusetzen. Die vergletscherte Fläche und die Gletscherlängen geben die langfristigen klimatischen Entwicklungen wieder. Der Massenhaushalt, als Resultat von Schneezuwachs ( Akkumulation ) und Eisabtrag ( Schmelze ), dagegen steht in direkter Beziehung zu den Witterungsbedingungen in der Messperiode. Längenänderung Die Schweizer Gletscher büssten während der vergangenen Messperiode 2007/2008 einmal mehr fast ausnahmslos an Länge ein. Bei der jährlichen Erhebung an den Gletscherzungen im Herbst 2008 konnten von den rund 110 beobachteten Gletschern für 88 eine Längenänderung ermittelt werden. Während die grosse Mehrheit von 81 Gletschern weiter an Länge verloren hat, wurde bei aufsummier te Längenänderung ( m ) Aufsummier te Längenänderung ( m ) Wie stark die Gletscher in den vergangenen 100 Jahren schmolzen, zeigen auch Bilder des Allalingletschers. 1916 bedeckte seine Zunge noch den gesamten Steilhang.

Foto: Ar chiv VA W/E TH 3 Als Schneetag gilt im Mittelland ein Tag, bei dem die Schneehöhe ≥ 5 cm ist. In höheren Lagen ab 1300 m sind 50 cm für einen Schneetag nötig. Abb. 6: Massenbilanz der Gletscher Basòdino, Gries und Silvretta. Dargestellt ist die aufsummierte mittlere jährliche Massenbilanz ( in m Wasseräquivalenten ).

fünf Gletschern ein geringer Vorstoss registriert, und weitere zwei Gletscher veränderten ihre Zungenposition nicht ( siehe Tabelle ). Grösster « Verlierer » ist mit 290 Metern der Gornergletscher, « Sieger » im Vorstossen mit 14 Metern der Allalingletscher. Die überwiegende Mehrzahl der Längenänderungen liegt jedoch zwischen –25 und 0 Metern. Diese Veränderungen an der Gletscherzunge spiegeln im Allgemeinen das Resultat des dynamischen Verhaltens eines Gletschers und erfolgen deshalb erst mit zeitlicher Verzögerung auf die verursachenden Einflüsse.

Der massive Schwund am Gornergletscher ist das Resultat einer aufsummier te Massenbilanz ( m w. e. ) Aufsummier te Massenbilanz ( m w .e. ) 1965 hatte sich der Allalingletscher schon stark zurückgezogen. Kurz nach dieser Aufnahme brach das gesamte im Steilhang liegende Eis ab. Die gewaltige Eislawine bedeckte den ganzen Talboden und forderte 88 Todesopfer. Der Allalingletscher heute: Er ist der einzige Gletscher, der 2008 von den Schneemassen profitierte und sein Zungenende um 14 Meter vorschob.

Foto: Archiv VAW/ETH Foto: Fr ançoise Funk-Salamí Längenänderung der Gletscher in den Schweizer Alpen 2007/08 Einzugsgebiet der Rhone Allalin VS +14 Arolla ( Mont Collon ) VS n Bella Tola VS n Boveyre VS –15 Breney VS –22,. " " .6 Brunegg ( Turtmann ) VS n Cheillon VS –3,. " " .3 Corbassière VS –21,. " " .0 En Darrey VS –8 Fee ( Nord ) VS –19,. " " .6 Ferpècle VS n Fiescher VS –32,. " " .6 Findelen VS –0,. " " .9 Giétro VS –22,. " " .0 Gorner VS –290 Grand Désert VS –47,. " " .2 Grand Plan Névé VD –1,. " " .2 Gries VS –25,. " " .7 Grosser Aletsch VS –67,. " " .5 Hohlaub VS –5 Kaltwasser VS +6,. " " .7 Kessjen VS –12 Lang VS –19 Moiry VS –15,. " " .5 Moming VS x Mont Durand VS x Mont Fort ( Tortin ) VS x Mont Miné VS n Mutt VS –17,. " " .6 Oberaletsch VS x Otemma VS –31,. " " .2 Paneyrosse VD –1,. " " .9 Prapio VD –4,. " " .4 Rhone VS –3,. " " .3 Ried VS –18,. " " .7 Saleina VS –22 Schwarzberg VS –13 Seewjinen VS –23 Sex Rouge VD x Trient VS –91 Tsanfleuron VS –125,. " " .5 3 Tseudet VS +11,. " " .3 Tsidjiore Nouve VS n Turtmann VS n Valsorey VS –6 Zinal VS n Zmutt VS n Einzugsgebiet der Aare Alpetli ( Kanderfirn ) BE –44,. " " .5 Ammerten BE –1,. " " .7 Blüemlisalp BE –34,. " " .0 Dungel BE –3 Eiger BE –225 2 Gamchi BE –7 Gauli BE –75 Gelten BE –8 Lämmern VS –14,. " " .8 Oberaar BE n Oberer Grindelwald BE n Rätzli BE n Schwarz VS x Gletscher Kanton Längenände- rung in Meter Stein BE –20 Steinlimmi BE –23 Trift ( Gadmen ) BE x Tschingel BE –1,. " " .4 Unteraar BE n Unterer Grindelwald BE x Einzugsgebiet der Reuss Brunni UR n Damma UR x Firnalpeli ( Ost ) OW +3,. " " .5 Griessen OW n Griess UR –3,. " " .5 Hüfi UR –12 Kehlen UR –36,. " " .6 Rotfirn ( Nord ) UR –13,. " " .3 Sankt Anna UR –20,. " " .2 2 Tiefen UR –31,. " " .8 Wallenbur UR –1,. " " .9 Einzugsgebiet der Linth/Limmat Biferten GL –8,. " " .7 Glärnisch GL –2,. " " .5 Lavaz GR –18 2 Lenta GR –9,. " " .5 Limmern GL –5,. " " .8 Paradies GR +2,. " " .1 Pizol SG –0,. " " .3 Plattalva GL –19,. " " .5 Porchabella GR –22,. " " .2 Punteglias GR –10,. " " .3 Sardona SG –7,. " " .6 Scaletta GR –21,. " " .7 Silvretta GR –6,. " " .0 Sulz GL –3,. " " .8 Suretta GR –2,. " " .1 Verstankla GR –9 Vorab GR –8,. " " .8 Einzugsgebiet des Inns Calderas GR –6,. " " .8 Lischana GR –7,. " " .2 2 Morteratsch GR –35,. " " .0 Roseg GR –17,. " " .9 Sesvenna GR –7,. " " .7 Tiatscha GR –4,. " " .6 Tschierva GR –25,. " " .0 Einzugsgebiet der Adda Cambrena GR –20 Forno GR –28,. " " .3 Palü GR –8 Paradisino ( Campo ) GR –11 Einzugsgebiet des Tessins Basòdino TI –11,. " " .9 Bresciana TI –6,. " " .8 Cavagnoli TI –20,. " " .9 Corno TI –3,. " " .3 Croslina TI –2,. " " .5 Rossboden VS x Valleggia TI –8,. " " .9 Val Torta TI –12 Abkürzungen nnicht beobachtet xBetrag nicht bestimmt Bemerkung Gilt die Angabe für eine mehrjährige Zeitspanne, so zeigt die hochgestellte Zahl die Anzahl der Jahre an, zum Beispiel: Tsanfleuron –125,. " " .5 3 Schwund um 125,. " " .5 m in drei Jahren Gletscher Kanton Längenände- rung in Meter konti nuierlichen Entwicklung in den vergangenen Jahren. Das Gletscherende liegt seit Jahrzenten in einer engen, schattigen Schlucht. Dahinter bildete sich wegen verstärkter Schmelze sukzessive ein Loch. Im vergangenen Sommer ist der verbliebene Rest in der Schlucht bis auf kleine, losgetrennte Reste zusammengeschmolzen. Der Gletscherrand liegt nun weiter talaufwärts. Eine vergleichbare Entwicklung ist beim Eigergletscher für den grossen Rückzugswert über zwei Jahre verantwortlich. Das schuttbedeckte Zungenende liegt am Hangfuss einer Rampe. Während am Zungenrand keine allzu grossen Veränderungen in den letzten Jahren stattfanden, hat sich im steileren Bereich die Zunge kontinuierlich ausgedünnt und inzwischen durchgetrennt. Der Gletscherrand der zusammenhängenden Eismasse verlagerte sich somit schlagartig um mehr als 200 Meter weiter nach oben. Die Bildung von vorgelagerten, losgelösten und oftmals schuttbedeckten, stagnierenden Eisresten ist in den letzten Jahren wiederholt zu beobachten. Am Allalingletscher besteht das Zungenende seit einigen Jahren aus einer steilen Abbruchfront. Der Eisfluss hat in der abgelaufenen Messperiode die abschmelzende und abbrechende Eismasse überwogen, sodass der Gletscherrand einige Meter nach vorne gerückt ist.

Massenhaushalt An fünf Gletschern wurden detaillierte Erhebungen des Massenhaushalts – die Foto: Fr ançoise Funk-Salamí Abb. 7: Geoelektrische Tomogramme von 1999 bis 2008 am Schilthorn. Der rote Streifen im Bild markiert das Messfeld. Rote farben in der Grafik daneben zeigen geringe, blaue farben hohe Widerstände an. Abnehmende Widerstände über die Zeit deuten auf zunehmende Gehalte an ungefrorenem Wasser, also Eisverlust, hin.

Gr afik: EKK Bilanz zwischen Schneezuwachs und Eisabtrag – durchgeführt: Basòdino, Gries, Pizol, Rhone und Silvretta. Im Frühjahr wird jeweils mit Schneeschächten und Schneehöhensondierun-gen die Schneeakkumulation über den Winter ermittelt und im folgenden Herbst an einem Netz von in der Gletscheroberfläche eingebohrten Messstangen die über den Sommer erfolgte Schmelze bestimmt. Im Unterschied zur Längenänderung widerspiegeln die umfangreicheren und aufwendigeren Aufnahmen der Massenbilanz deutlicher und unverzögerter die Witterungsbedingungen während der Messperiode.

Alle untersuchten Gletscher haben an Masse eingebüsst. Der Massenverlust variiert zwischen –1,. " " .6 Metern Wasseräquivalent am Griesgletscher und –0,. " " .6 Metern am Silvrettagletscher ( siehe Abb. 6 ). Die Werte in der Berichtsperiode entsprechen etwa dem Mittel der zehn vorangegangenen Jahre ( 1998–2007 ). Während Basòdino, Gries und Rhone etwas mehr verloren als das zehnjährige Mittel, sind Pizol und Silvretta weniger geschmolzen. Diese Unterschiede sind vor allem auf topografische Effekte und räumlich variierende Niederschläge und weniger auf unterschiedliche Schmelz-bedingungen zurückzuführen.

Permafrost

Für die Permafrostgebiete in der Schweiz – jene Gebiete, in denen der Untergrund ganzjährig unter 0 °C bleibt – war 2007/2008 im Vergleich zu den letzten 20 Jahren ein durchschnittliches Jahr. Bis Mitte November lag kaum Schnee, weshalb die oberflächennahen Temperaturen leicht sanken. Im Frühling verzögerte die in hohen Lagen mächtige Schneedecke die Erwärmung des Bodens. Diese Abkühlung wurde im warmen Sommer 2008 aber wieder kompensiert. Hervorzuheben sind jedoch zwei Erweiterungen im Schweizer Netzwerk zur Permafrost-Beobachtung ( PERMOS ): eine neue Bohrung sowie das erste auto-matisierte geophysikalische Messsystem. Erweiterungen des Messnetzes Da Permafrost ein thermisches Phänomen des Untergrunds ist, stützt sich seine Beobachtung in erster Linie auf Temperaturmessungen in Bohrlöchern. Das Netz der 26 PERMOS-Bohrlöcher ( Stand Anfang 2008 ) an 15 verschiedenen Standorten in den Schweizer Alpen wurde um ein Bohrloch erweitert. Im Herbst 2008 bohrte man dafür sechs neue Bohrlöcher in die gefrorenen Schutthalden von Les Lapires und Les Attelas im Gebiet Verbier-Nendaz ( VS ), wovon je eines ins Messnetz aufgenommen wurde. Das unterste, 26 m tiefe Bohrloch in Les Attelas ( 2660 m ) ist nun wie jenes von Les Lapires im PERMOS-Messnetz integriert. In Schutthalden herrschen aufgrund von Luftzirkulatio-nen zwischen den Blöcken spezielle thermische Bedingungen. Diese führen dazu, dass es am Fusse der Schutthalde am kältesten und im oberen Bereich wärmer ist. Erste Daten der neuen Bohrlöcher bestätigen frühere indirekte Untersuchungen und zeigen, dass nur die untere Hälfte der Schutthalde von Les Attelas im Permafrost liegt.

Neben der Temperatur ist der Eisgehalt einer der wichtigsten Faktoren beim Permafrost. Er beeinflusst nicht nur die Stabilität des Untergrunds, sondern auch seine Reaktion auf eine Erwärmung. Diese wird durch Eis im Untergrund verlangsamt, da das Auftauen des Eises viel Energie braucht. Eisvorkommen, Gefrier- und Tauprozesse kann Massenhaushalts-Messung am Gries-Gletscher. Messstangen werden im frühling eingebohrt. Dank diesen kann im herbst die Schmelze bestimmt werden.

 man im Untergrund mittels elektrischer Tomografie messen, da der elektrische Widerstand vom Eis- und Wassergehalt abhängt. Unter der Annahme, dass die generellen Eigenschaften wie Gestein und Porosität über längere Zeit konstant bleiben, können Änderungen des elektrischen Widerstands als Änderungen des Eis- bzw. des Wassergehalts betrachtet werden. Diese Methode ist seit 2005 fester Bestandteil von PERMOS an den vier Standorten Les Lapires, Murtèl-Corvatsch ( Oberengadin ), Schilthorn ( Berner Oberland ) und Stockhorn ( Mattertal ). Im Sommer 2008 wurde das erste Messsystem der elektrischen Tomografie auf dem Schilthorn automatisiert. Am Beispiel des Schilthorns kann man sehen, wie stark sich der extreme Sommer 2003 auf den Permafrost ausgewirkt hat. Denn abnehmende Widerstände sind ein Resultat zunehmenden Wasserge-halts ( siehe Abb. 7 ). Stellenweise hat der Eisgehalt so stark abgenommen, dass der Verlust erst nach etwa vier Jahren wieder ausgeglichen wurde.

felstemperaturmessungen bei der Gipfelstation auf dem Corvatsch.

Beobachtungselemente der Schweizer Messnetze der alpinenKryosphäre Mit Kryosphäre werden die Bereiche Schnee, Gletscher und Permafrost bezeichnet. Sie spiegeln das Klima und die Erwärmung in den Schweizer Alpen, weshalb deren Messung viel Aufschluss über die Klimaentwicklung gibt. Beobachtet werden folgende Elemente:

Schnee

An den Schneestationen wird jeden Tag um ca. 7 Uhr die Gesamt- und die Neuschneehöhe gemessen. Die Gesamtschneehöhe an einer fest montierten Messlatte und die in den letzten 24 Stunden gefallene Schneemenge auf dem sogenannten Neuschneebrett GletscherLängenänderung: Durch Vermessung des Verlaufs der Front des Gletschers jeweils im Spätsommer wird die Veränderung der Länge des Gletschers ermittelt. Massenbilanz: Die Massenbilanz ergibt sich aus der Differenz zwischen Schneezuwachs und Eisabtrag. Dazu werden am Ende des Winters ( Mai ) und im Herbst ( September ) die Schneeakkumulation, der Firnzuwachs und die Eisschmelze an der Gletscheroberfläche erhoben.

Permafrost Temperaturen

an der Oberfläche sowie in Bohrlöchern an Standorten unterschiedlicher Charakteristika und topografi-scher Lage Kinematik: Bewegungen von Blockgletschern sowie Massenbewegungen aus Permafrostgebieten ( z.. " " .B. Murgänge oder Felsstürze ) hohen Werten im Vorjahr generell etwas gesunken und liegen im Durchschnitts-bereich der letzten 15 Jahre. Die Mächtigkeit der jährlichen Auftauschicht, der obersten Meter unter der Oberfläche mit positiven Temperaturen im Sommer, war allerdings 2008 in den ausgewerteten Bohrlöchern leicht überdurchschnittlich ( siehe Abb. 8 ): z.B. bei Murtèl-Corvatsch 3,5 Meter, am Schilthorn 5,0 Meter oder bei Les Lapires 4,8 Meter. Die Mächtigkeit der Auftauschicht widerspiegelt die Witterungsverhältnisse, ähnlich der Massenbilanz bei den Gletschern. Je nach Standort sind die Schwankungen zwischen den Messjahren jedoch unterschiedlich stark: An Orten mit viel Eis im Untergrund ( z.B. Murtèl-Corvatsch ) verlangsamt dieses die Erwärmung des Untergrunds, und die Auftauschicht weist immer ähnliche Tiefen auf. An eis-ärmeren Standorten ( z.B. Schilthorn ) bewirkt der grösste Teil der Energie eine Erhöhung der Temperaturen, was grössere Schwankungen zwischen den Jahren zur Folge hat.

Jährliche Schwankungen sind bis in eine Tiefe von 15 bis 20 Metern messbar. In grösserer Tiefe werden die Temperaturen nur von längerfristigen Veränderungen beeinflusst. Weil im Winter 2007/2008 vielerorts vor Mitte November kaum Schnee lag, konnte die kalte Luft den Untergrund in den obersten Metern kühlen. Später sorgte die in hohen Lagen lange liegende Schneedecke im Frühling dafür, dass sich der Boden verzögert erwärmen konnte. Deshalb gehören die Permafrosttemperaturen in 10 Metern Tiefe, die mit etwa einem halben Jahr Verzögerung auf Änderungen der Oberflächentemperaturen reagieren, für die meisten Messstationen im Frühjahr 2008 zu den tieferen Werten im Vergleich mit den Vorjahren. Als Folge des wechselhaften, aber warmen Sommers 2008 waren die Temperaturen in 10 Metern Tiefe gegen Ende 2008 wieder nahe am Mittel des letzten Jahrzehnts.

Kriechbewegungen Im Rahmen von PERMOS werden auch Bewegungen von Blockgletschern gemessen. Nach den extrem hohen Bewe-gungsgeschwindigkeiten von 2003/2004 und der starken Abnahme in den folgenden zwei Jahren ( um ca. 50% ) haben die Geschwindigkeiten der beobachteten Blockgletscher 2006/2007 wieder leicht zugenommen und sind 2007/2008 ähnlich hoch geblieben. Höhere Temperaturen in den Blockgletschern und zusätzliches Schmelzwasser sind die wahrscheinlichsten Gründe für die erhöhte Aktivität.

Variationen in der Kryosphäre

Zusammenfassend war zu beobachten: Im Berichtsjahr schneite es ab Mitte November 2007 vor allem in hohen Lagen zwar viel, die Schneedecke schmolz dann aber in den warmen Monaten des Frühlings und Sommers 2008 schnell wieder ab. Der Längenschwund der Gletscher liegt im Trend der letzten Jahrzehnte. Spektakuläre Veränderungen wurden an der Front des Gornergletschers und des Unteren Grindelwaldgletschers beobachtet, wo sich die Auswirkungen des fortgesetzten Gletscherschwundes besonders deutlich zeigen. Für den Permafrost war das Berichtsjahr im Vergleich zu den letzten 20 Jahren ein durchschnittliches Jahr. Allerdings muss man in Betracht ziehen, dass die Temperaturen im Permafrost ebenso wie die Lufttemperaturen in den letzten zwei Jahrzehnten klar höher waren als im Durchschnitt des letzten Jahrhunderts. Es fehlen jedoch Permafrostdaten, die Auskunft über frühere Verhältnisse geben.

Mehr Infos

Gletschermessungen: http://glacio-logy.ethz.ch/swiss-glaciers

Messungen Schnee: www.meteoschweiz.ch, www.slf.ch

Permafrost-messungen: www.permos.ch

Messnetze

Die Beobachtung und die Messnetze werden in der Schweiz von der Expertenkommission für Kryosphäre (EKK), einem Organ der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT), koordiniert. Für die Schneemessungen verantwortlich ist das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz und das Institut für Schnee- und Lawinenforschung ( SLF/WSL ). Die Messungen an den Gletschern führen Vertreter der Hochschulen, kantonalen Forstämter, Kraftwerksgesellschaften und Privatpersonen durch. Das Permafrost-Messnetz ( PERMOS ) wird von Partnern an den Universitäten von Bern, Freiburg, Lausanne, Zürich, der ETHZ und dem SLF betrieben. Finanziert werden die Arbeiten durch SCNAT, BAFU und MeteoSchweiz sowie durch die beteiligten Institutionen. Klimarelevante Messreihen der Kryosphäre werden ab 2011 im Rahmen von GCOS ( Global Climate Observing System ) weitergeführt.

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