Von Mutmachern und Wegbegleitern
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Von Mutmachern und Wegbegleitern J+S-Kurs mit dem Thema Frauenförderung

Lange Zeit galt der Bergsport als Männerdomäne. Das hat sich geändert: Frauen kraxeln mittlerweile ebenso oft am Fels und stehen auf den Gipfeln. Dennoch fehlen sie in Leiterpositionen. Das will der SAC mit seinen J+S-Kursen ändern.

«Ich bin oft die einzige Frau unter Männern», sagt Susanne Badertscher lachend und wirft das Seil aus. Die 32-Jährige ist an einem Baumstamm gesichert, ihr Seilpartner steht im hohen Gras neben ihr, am gleichen Stand. Es ist ein warmer Sommertag am Stadtrand von Biel. Joggerinnen laufen ihre Morgenrunden durch den Waldrand. Spaziergänger führen ihre Hunde aus.

Die meisten schauen neugierig auf die exotisch wirkende Gruppe: Alle in Klettermontur. Mit Seil, klirrenden Karabinern und Helm auf dem Kopf. Hier im Längholzwald repetieren die Kursteilnehmer das Abseilen von Mehrseillängen im urbanen Raum, als Teil des J+S-Fortbildungskurses Bergsteigen vor der Haustür.

So ungewöhnlich der Ort für Kletterinnen ist, so gewöhnlich und bezeichnend ist die Zusammensetzung der Gruppe: eine Frau unter sechs Männern. Dieses Bild kennt Kursleiter Christian Haug, Verantwortlicher für die J+S-Ausbildungen beim SAC, zu Genüge: «In den meisten Leiterkursen sind die Männer klar in der Überzahl.»

Pionierin Lucy Walker

Das Ungleichgewicht im Bergsport ist nicht zuletzt historisch bedingt. Zwar gab es im 19. Jahrhundert erstaunlich viele aktive Bergsteigerinnen. Beispielsweise Lucy Walker. Sie stand 1871 – nur sechs Jahre nach dem ersten Mann – als erste Frau auf dem Gipfel des Matterhorns. Doch es waren vor allem die Männer, die sich in Magazinen und Zeitungen ablichten liessen und so ihre Heldentaten für die Nachwelt verewigten. Anfang des 20. Jahrhunderts verhärteten sich die gesellschaftlichen Rollenverteilungen: Männer zogen los; Frauen blieben daheim beim Nachwuchs. Und im SAC sind die Frauen erst seit 1979 willkommen.

Heute hat es in den Jugendverbänden und -lagern etwa gleich viele Mädchen wie Buben. Sobald es um Leiterpositionen geht, nimmt der Frauenanteil jedoch ab. Und zwar rapide: Unter den rund 1500 Bergführern in der Schweiz sind gerade mal gut 40 weiblich. Wie in der Wirtschaft wird für die Frauen auch im Bergsport gegen oben die Luft dünn. Dem will der SAC nun entgegenwirken. In all seinen Leiterinnenkursen thematisiert er die Frauenförderung (vgl. Box). So auch Christian Haug heute im Längholzwald. Nachdem die Teilnehmenden die Abseilübung abgeschlossen haben, setzen sie sich zusammen. Reflexion ist angesagt. Zuerst spricht die Gruppe über Minderheiten. Rasch ist eine solche in ihrer Runde gefunden: die einzige Frau. Was sie dazu bewogen habe, mit dem Bergsport weiterzumachen, fragt Christian Haug. «Ich hatte gute Wegbegleiter und Mutmacher. Diese Personen haben mich immer unterstützt und gefördert», erinnert sich die Primarlehrerin.

Frauen verändern die Dynamik

Damit geht es Susanne Badertscher wie vielen Frauen: «Oft müssen Buben gebremst werden. Und Mädchen brauchen eher einen Schubs!», sagt Christian Haug. Umso wichtiger sei es, sich dessen bewusst zu sein und Mädchen gezielt abzuholen. Sei dies mit Mut, mit Lob, mit Unterstützung oder mit einem guten Teamgeist, umschreibt Haug die Fördermöglichkeiten. «Die Zahlen sind eindeutig. Doch besteht Handlungsbedarf? Warum hat der SAC überhaupt ein Interesse, Frauen gezielt zu fördern?», fragt ein Teilnehmer neugierig. Christian Haug muss nicht lange überlegen: «Frauen bringen andere Denkweisen mit rein. Sie verändern die Gruppendynamik. Davon profitieren am Schluss alle!»

Zum Weiterlesen

Als die Frauen aus dem SAC ausgeschlossen wurden, gründeten sie ihren eigenen Club. Die ehemalige Frauensektion SAC Baldern feiert das 100-Jahre-Jubiläum und begibt sich auf die Spuren der Pionierinnen. Seiten 14–17.

Schwerpunkt Fördern

«Man lernt, sich Ziele zu setzen, mit Niederlagen umzugehen, sich in eine Gruppe einzufügen, fair zu sein – man lernt fürs Leben.» Mit diesen Worten beschreibt Sportministerin Viola Amherd die Vorzüge des Sporttreibens. Und dort setzt auch der Fokus Fördern von Jugend und Sport an, der für die nächsten zwei Jahre gesetzt ist und in neun Handlungsempfehlungen (z. B. «Vielfalt leben» oder «Selbstwert stärken») mündet. Dabei hat sich der SAC auf zwei grosse Themen geeinigt: Frauenförderung und Ausgrenzung. In jedem Kurs werden diese Schwerpunkte begleitend zum eigentlichen Inhalt thematisiert. Erfahren Sie mehr darüber:

www.jugendundsport.ch/de/themen/js-ausbildungsverstaendnis/foerdern.html

www.sac-cas.ch/de/jugend/bergsport-fuer-kinder-und-jugendliche/jugend-und-sport/

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