Walliser Skihochtouren
Von Toni E. Müller
Mit 2 Bildern ( 161, 162Bern ) Wenn der Skialpinist vom Wallis spricht, denkt er an die prächtigen Gletscherfahrten im Gebiet der Britanniahütte, oder er sieht sich in Gedanken auf der Eingangstreppe der Betempshütte stehen, rings um sich die gewaltigen Skiberge des Monte Rosa bis zum Breithorn. Oder er erinnert sich an die weiten Gletscherfahrten der zur Modetour gewordenen Haute Route. Nicht von diesen Touren will ich plaudern, sie sind zu bekannt, trotzdem sie uns immer wieder neue Eindrücke vermitteln. Diesmal berichte ich von Fahrten abseits der grossen Massenwege.
Weissmies-ÏMquinhorn-Flelschhorn Wenn sogar ein Marcel Kurz im « Walliser Skiführer » über das Weissmies-gebiet schreibt: « Die drei Viertausender der Gegend sind alle drei im Winter, auch mittels Ski, erstiegen worden, bieten aber nicht besonders schöne Abfahrten », dann begreift ein jeder, dass diesem Gebiet von Seiten der Skialpinisten bis heute wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde.
Ich wusste aber von Kameraden — und übrigens zeigen es uns auch das Kartenbild oder Photoaufnahmen von Westen — dass sich dieses Gebiet gut für Frühlingsskifahrten eignet. Tatsächlich haben uns diese Fahrten mehr geboten, ah wir erhofft.
Wie ausgestorben liegt Saas-Grund in der herrlichsten Mittagssonne. Gedämpfte Orgelklänge und Chorgesang ertönen aus der neuen Kirche, wo sich die Gläubigen zur Palmsonntagsvesper zusammengefunden haben. Übrigens gefällt sie mir gar nicht, diese neue Kirche. Ihre Formen sind für das Bergdorf viel zu wuchtig; viel zu gewaltig und klotzig steht sie inmitten der um sie ^escharten einfachen Berghäuser. Wie anders wirkt daneben — trotz dem Verfall — die alte Kirche mit ihren einfachen ruhigen Mauerflächen und ihren wohlproportionierten Formen. Oder gar die originelle Rundkirche in Sfas-Balen mit dem eleganten Kuppeltürmchen. Gerne verlassen wir die « zn'ischensaisonmässige » Atmosphäre, balancieren uns über die « Gletscher », die in den schmalen, schattigen Weglein zwischen den Häusern eingezwängt sind, und gewinnen den Hüttenweg. Auf ungefähr 2000 m Höhe — kurz unterhalb der Alp Trift — können endlich die Ski benützt werden. Und kaum sind wir bei der reizenden Alpkapelle vorbeigespurt, entdecken wir hoch oben die Weissmieshütte, auf 2726 m. Nach genau drei Stunden stehen wir bei ihr. Mit grösster Befriedigung stellen wir schon von weitem fest, dass db Fensterladen geschlossen sind; wir drei sind alleinige Besitzer dieses schön 3n, geräumigen C. Heimes. Aber so sind wir « Steisser auf einsamen Pfaden »: wir möchten neben den Bergen auch noch die Hütten für uns allein haben!
Nur einige rosarote Wolkenschiffe schwimmen über die höchsten Spitzen der Mischabelgruppe dahin, wie wir anderntags um 5.55 Uhr zum Beginn der Fahrt vor die Hütte treten. Sonst liegt ein wunderbarer Morgen über der grossartigen Hochgebirgswelt. In genau östlicher Richtung steigen wir mit den geschulterter Ski zum Triftgletscher hinauf. Immer wieder schauen wir zur prächtigen Mischabelgruppe hinüber. Ihre Ostflanke ist bereits vom Licht der aufsteigenden Sonne überflutet. Über den Triftgletscher führt die Spur gegen P. 3271, wo uns ein kurzer, steiler Abstieg in den grossen Firnkessel, unter der Nordwestflanke des Weissmies, bringt. Von hier aus lässt sich der Weiteraufstieg sehr gut festlegen. Vorerst steigen wir in der Mitte dieser Firnfh.nke an bis auf etwa 3400 m. Auf dieser Höhe quere ich, leicht ansteigend, räch rechts ( im Sinne des Aufstieges ) auf den Gratrücken, der sich vom P. 3816 zum P. 3274 hinabzieht. Ohne Schwierigkeiten steigen wir zwischen und über respektablen Schrunden auf den hier steil aufstrebenden Rücken. Aber bald nimmt die Steilheit ab, und unter dem P. 3816 queren wir in den Sattel des SW-Grates. Die Querung dieses Steilhanges war durch die Auflage einer erheblichen Pulverschneeschicht auf harter Unterlage nicht ungefährlich. Im Sattel werden die Ski mit den Steigeisen vertauscht. Der Weiterweg führt über den Firngrat, wo kräftiges Stufenschlagen nötig ist. Genau vier Stunden hat uns der Aufstieg auf das 4023 m hohe Weissmies gekostet. Zur richtigen Zeit sind wir angekommen, denn kaum sind die vielen Gipfel der Rundsicht erkannt und mit ihren Namen benannt, sind Nebel da und rauben uns Sonne und Aussicht. So wird der Abschied vom Gipfel leichter. Beim Skidepot gönnen wir uns eine lange Rastpause. Die Abfahrt ist relativ kurz, dafür rassig. Um 12 Uhr sind wir in der Hütte und halten Rast.
Am kommenden Morgen wirft der Vollmond sein silbriges weiches Licht in unsern Schlafraum und macht uns das Aufstehen leicht. Bald streben wir höhenwärts, in nördlicher Richtung, zum nördlichsten Arm des Triftgletschers. Es gilt dem Fletschhornl Während des Anstieges zum Gletscherabbruch finde ich genügend Zeit, die günstigste Aufstiegsmöglichkeit durch den stark zerrissenen und steilen Gletscherbruch zu studieren. Mitten durch den Bruch hinauf scheint es am besten zu gehen. Die Ski werden auf die Rucksäcke gebastet und mit den Steigeisen vertauscht. Der Anfang ist stotzig, doch prächtig krallen sich die Eisen in den eisigen Harsch. Jeder Bergsteiger kennt dieses Spiel des Wegsuch ens durch einen zerrissenen Gletscherbruch. Dieses Gehen ins Ungewisse! Und dann das befreiende Aufatmen, wenn vor den suchenden Augen weite, spaltenfreie Firnmulden sichtbar werden und hinter sich die letzten, offenen Schrunde verschwinden. Wir haben Glück. Im Zickzack führe ich meine beiden Kameraden sicher durch das Spaltengewirr auf die obere Gletscherterrasse.Vor uns liegt ein langer, spaltenarmer Eisstrom, der einen mühelosen Anstieg erlaubt. Ungefähr bei P. 3905 erreichen wir den Firngrat östlich des Gipfels. Doppelt unangenehm empfinden wir hier die beissende Kälte des Windes, denn vorher spurten wir im sonnebeschienenen Südhang aufwärts. Zudem verhüllt uns Nebel jegliche Sicht. Gleichzeitig mit uns ist er hier oben eingetroffen, ist sogar schneller als wir, denn bereits hat er vom Gipfel Besitz ergriffen. Vom Skidepot weg führt uns Luchsinger trotz dem Nebel sicher über grobblockige Felsen und sehr steile, pulvrige Schneehänge zur Spitze des 3996 m hohen Fletschhorns, des « degradierten » Viertausenders 1 Wer diesen Berg vor einigen Jahren bestiegen hatte, der war auf einem Viertausender gestanden. Heute ist es aber « nur » noch ein Dreitausender. Ist der Berg deswegen anders geworden, etwa uninteressanter? Wohl kaum. Und doch werden viele Bergsteiger nicht mehr zu seiner Spitze steigen, nur weil 4 m zu der ominösen Bergsteigerzahl 4000 fehlenFür den Aufstieg benötigten wir dreieinhalb Stunden.
Auf dem Fletschjoch lassen wir uns nach der Abfahrt über den steilen Gipfelhang zu einer längern Rast nieder. Sonnenglanz liegt über der weiten Jochfläche.Vor uns bäumt sich der Nordgrat des Laquinhornes himmelwärts. Treibende Nebel verhüllen ihn, nur hie und da sieht man für einen kurzen Moment, unwahrscheinlich hoch oben, einen Firngrat oder schwarzen Fels auftauchen. Das Laquinhorn stand für den folgenden Tag auf unserm Programm, und zwar auf der einfachsten Route von Westen her. Doch Programme sind da, um nicht befolgt zu werden. So schnallen wir wiederum die Steigeisen an, und um 10.30 Uhr beginnt der Aufstieg über einen steilen Eishang zu den untersten Felsen. Eine Stunde und 25 Minuten später drückten wir uns die Hände auf der 4010 m hohen Spitze, froh, diesen Aufstieg gewählt zu haben. Er hat Rasse, dieser Grat, im Winter! Verschneite Felsen wechseln mit schmalen Schneegräten ab, die keine eigentlichen Schwierigkeiten bieten, aber ausserordentliche Vorsicht verlangen. Aber diese kombinierten Bergfahrten sind es, die uns die grössten Eindrücke und grösste Befriedigung hinterlassen Wenn neben dem Skifahrer auch der Bergsteiger sein Können zeigen muss, erleben wir das abgerundete Bild einer unvergesslichen Skihochtour.
Die treibenden Nebelschwaden gestatten hie und da einen Ausblick oder Tiefblick. D ach erst im untersten Teil des Grates kommen wir aus dem Nebel heraus und entdecken das Skidepot auf dem Fletschjoch. Um 13.10 Uhr sind wir zurück auf dem Joch.
Mit we ten Schussfahrten und grossen Bogen bringt uns die Abfahrt zum Gletsc fcierbruch hinunter und zu vorzüglichstem Sulzschnee. Einen Stemmchrisi iania an den andern reissen wir in diese herrlichen Steilhänge des Gletscherbruches! Die kaum mehr wahrnehmbare Steigeisenaufstiegsspur von heute morgen habe ich bald verloren. Trotzdem kurven wir ohne Halt tiefer. Wir glauben schon mühelos entschlüpfen zu können, da zwingt uns plötzlich eir Steilabsturz zum Anhalten. Um nicht wieder aufsteigen und einen langen Umweg machen zu müssen, wage ich ein Abrutschen auf die Schneebrücke. Mit Glück entrinne ich dieser Falle. Zwischen Eistürmen gelangen wir auf den untern Teil des Gletschers, der wieder ein ungehindertes Fahrun erlaubt. Mit heissen Köpfen erreichen wir schon am frühen Nachmittag wieder unsere einsame Hütte, wo dieser ereignisreiche Tag mit einer unvergleichlichen Siesta beschlossen wird. Bis um 19 Uhr haben wir Sonne vor c er Hütte, und mit viel Sonne im Herzen machen wir uns an die Zubereitung des leckeren Nachtmahles mit schneegekühlter Vanillecreme.
Rimpfischho, n-Strahlhorn Die zweite Etappe brachte uns von Saas-Grund nach Zermatt. Über diesen Teil unserer Fahrt möchte ich mich kurz fassen, führte sie doch durch allzu bekanntes Gebiet, einzig die Marschzeiten finden vielleicht Interesse bei den Tourenfahrern.
Erst urr. 15 Uhr verliessen wir Fee, als die Schatten über die Gletscherhänge herabkrochen, und stiegen unserm heutigen Endziel, der Britanniahütte, zu. Fir die 1240 m Höhendifferenz benötigten wir zwei Stunden und 55 Minuten, trotz der Abfahrt von der Weissmieshütte und dem Aufstieg nach Saas-Fîe, die wir schon hinter uns hatten.
Am Dor nerstag wurde das Rimpfischhorn auf normaler Route bestiegen, in vier Stunden 35 Minuten bis auf den Gipfel. Um 13 Uhr waren wir schon wieder zurück und genossen einen herrlichen Nachmittag und Abend, allerdings, wie befürchtet, nicht mehr so einsam wie an den Vortagen; aber 15 Personen sind für die Britanniahütte eine sehr bescheidene Zahl, und Hüttenwart Zurbriggen hält ja bekanntlich vorzügliche Ordnung. Der nächste Tag — es war der Karfreitag — brachte die grössten Anstrengungen unserer Tourenwoche: die Dislozierung von der Britannia- zur Bordierhütte.
Um 5.10 Uhr verlassen wir die Britannia und spuren bei wunderbarem Morgenrot zum Adlerpass und erreichen um 9.35 Uhr den Gipfel des 4190 m hohen Strahlhornes. Leider stecken wir hier oben wieder einmal im Nebel, dafür verspricht der wunderbare Pulverschnee vom Gipfel zum Adlerpass hinunter eine genussreiche Abfahrt. Überhaupt, diese Abfahrt vom Gipfel des Strahlhornes bis auf den Talboden von Zermatt über eine Höhendifferenz von 2520 m, wie wir sie an diesem Karfreitag erleben durften, ist sicher eine der gewaltigsten Abfahrten, die wir kennen. Ziemlich genau zur Mittagszeit ist Zermatt erreicht, das wir aber schon um 14.15 Uhr fluchtartig verlassen, denn da wimmelt es von Menschen, fast ärger als in den Lauben zu Bern. In St. Nikiaus verlassen wir den Zug und sind wieder glücklich allein. Vor dem Bahnhöfli packen wir die Rucksäcke um, nur das Nötigste kommt mit, alles Entbehrliche deponieren wir beim Bahnhofvorstand. Dieser ist ein liebenswürdiger Herr, der uns sofort bereitwilligst Auskunft gibt über die beste Anstiegsmöglichkeit im gegenüberliegenden Westhang. Durch die winkligen, engen Gassen von St. Nikiaus steigen wir zur Mattervisp hinunter und dann hinauf nach « Walliserart ». Die immer noch heisse Nachmittagssonne treibt uns den Schweiss aus allen Poren unseres Körpers heraus. Gesprochen wird nicht viel. Wortlos nehmen wir Kurve um Kurve, kaum dass wir hie und da einen Blick in die Weite werfen, zu viele Eindrücke haben wir heute schon genossen. Ob « Helenen » biegen wir endlich in den ersehnten Schattenhang, und ungefähr bei P. 1735 können die Bretter wieder angeschnallt werden. Die reinsten Kunststücke müssen wir allerdings ausführen, um uns auf der noch nicht zusammenhängenden Schneedecke einen Weg zu suchen zwischen den Bäumen und Felsblöcken. Turi Sturzenegger führt in zügiger Weise. Ein wunderbarer Abend senkt sich auf die grossartige, einsame Bergwelt herab, wie wir bei der letzten Alp vorbeigleiten. Das Aufstiegsgelände ist flacher geworden, doch vor uns schiessen gewaltige Steilhänge vom Breithorn herab, über die unser Aufstiegstracé führt. Auf der andern Seite des Riedgletschers haben wir schon längst unser heutiges Endziel erspäht. Um 19.55 Uhr überschreiten wir die Schwelle der Bordierhütte auf 2886 m Höhe.Vier Stunden und 15 Minuten benötigten wir für die 1770 m Höhendifferenz. Zusammengefasst beträgt das Pensum des heutigen Tages rund 35 km Horizontaldistanz ( ohne Bahnstrecke ), 3000 m Aufstieg und 2650 m Abfahrt und Abstieg. Der Lohn dafür: nur zwei Personen in der Hütte!
Nadelhorn Beim Tagesgrauen steigen wir zu Fuss über die steilen, hart gefrorenen Moränenhänge zum Riedgletscher hinauf. Ein strahlender Tag ist uns heute beschieden, keine Wolke am Himmel, und wir sind glücklich darüber. In unserm Rücken wuchtet das Weisshorn in die Höhe, seine Ostflanke ist schon längst vom Sonnenlicht überflutet. In gewaltigen Eiskaskaden stürzt der Riedgleti.cher vom weiten Firnbecken herab in das enge Tal, in dem sich der Eisstrom zur Tiefe windet. Die Überwindung des Bruches ist einfach. Man hält sich an die Sommerroute, d.h. ganz links, im Sinne des Aufstieges, bis unter die Felsen des Balfrinbollwerkes. Dort schnallen wir die Ski ab und steigen durch einen sehr steilen, engen, von Schrunden durchsetzten Kännel in ki rzer Zeit auf die obere Terrasse des Gletschers hinauf. Da liegt es vor uns, cas weite, weite Firnbecken mit den imponierenden Bergen des Nadelgrates ills Abschluss! Nun gleiten wir drei in zügigem Schritt über die weite Gletscherfläche. Doch unser erstes Ziel, das Ulrichshorn, kommt nur unmerklich räher. Bis auf etwa 3800 m steigen wir in der Nordflanke des Ulrichshorns dinauf. Jeder baut sich im Steilhang einen guten Standplatz, um die Ski mit den Steigeisen zu vertauschen. Die Traversierung des 3925 m hohen Ulrichshorns ram Windjoch wird etwas erschwert durch Blankeis. Kein Wind weht, die Temperatur ist wunderbar zum Steigen, die Felsen des Nordwestgrates sind teilweise aper wie im Sommer. So wird genau nach fünf Stunden die Spitze des 4327 m hohen Nadelhorns erreicht. Heute geniessen wir eine Aussicht, die keine Wünsche offen lässt und uns mehr als entschädigt für die « Nebelaussichten » der vorhergegangenen Tage. Doch so schön auch die umliegenden Gipfel alle sein mögen, immer wieder schweift unser Blick hinüber zur Nordflanke des Doms. Scheinbar in greifbarer Nähe liegt sie uns gegenüber, nur getrennt durch den 400 m fast senkrecht unter uns dahinfliessenden Hohberggletsc her. Wie ein aufgeschlagenes Buch liegt sie vor uns, diese gewaltige Eisflanke, in der wir die beste Aufstiegsmöglichkeit herauslesen. Denn durch diese Flanke müssen wir einmal mit unsern Ski, wer diesen Anblick sah, kann sich nicht mehr befreien von ihm. Dazu hat uns Lunn diesen Berg ja schon längstens als einzigartigen Skiberg geschildert und uns « gluschtig » gemacht. Immer war etwas dazwischen gekommen, aber einmal muss es gelingen. Mit diesem Plan im Herz nehmen wir Abschied.
Kurz naci Mittag reissen wir vor der Hütte den letzten Schwung. Kurz, viel zu kurz war der Abfahrtsrausch. Dort wo wir am frühen Morgen Schritt um Schritt, Stunde um Stunde der Höhe zustrebten, sind wir jetzt in einigen Minuten hinuntergesaust. Laut widerhallten die Jauchzer der Skifahrer an den umliegenden Bergflanken. Über die weiten, flachen Firnfelder zogen wir weite Bogen, um die Abfahrt zu verlängern. Dann wieder kurvten wir im hochaufspritzenden Sulzschnee Schwung an Schwung in die Tiefe, all unsere skifahrerischer Künste kamen zur Anwendung. Doch jetzt zogen wir uns gerne aus der vor Hitze flimmernden Schneelandschaft in die angenehme Kühle der Klubhütte zurück und machten uns über die rasch zubereitete Bouillon. Der Nachmittag wurde durch ein herrliches Licht-, Luft- und Sonnenbad ausgefüllt Für den nächsten Tag stand ein weiterer Viertausender auf unserm ProgrEimn: das Hohberghorn. Doch unversehens waren Einwände da. Der zu erwartende « Schinder » durch das heisse Schneecouloir hinauf wollte uns nicht recht behagen, auch nicht die flache Traversierung des Ried-gletscherfirnbeokens, die uns bei der Rückkehr keine zügige Abfahrt versprach.
Als die Osterglocken von Saas-Grund den hohen Feiertag verkündeten und die hellen Glockenklänge hinauf in den reinen Himmel stiegen, lagen drei glückliche Menschen bereits auf dem 3795 m hohen Balfrin. Leise nur war hier oben das Singen und Jubilieren der Glocken zu hören. Luchsinger, der Unprosaische, liess sich von diesem Klingen sogar hinüberwiegen ins Traumland, während Turi Sturzenegger und ich alte Erinnerungen auffrischten und neue Pläne bauten. So liessen wir unsere Tourenwoche ausklingen. Fast drei Stunden lang lagen wir auf dem sonnebeschienenen, windstillen Gipfel und waren glücklich, besonders da uns zum Abschluss noch einmal eine über rund 1900 m führende Abfahrt bevorstand. Als es gegen Mittag ging, nahmen wir Abschied. Eine Viertelstunde benötigten wir für die rassige Abfahrt vom Skidepot unter dem Balfrin bis zur Bordierhütte. Um 13.20 Uhr verliessen wir auch diesen herrlichen Fleck Erde. Die Schlussfahrt war « ganz toll », wir durften in einem Sulzschnee schwelgen, wie man ihn nicht besser haben kann. Köstlich die Waldabfahrt von P. 1997 zum Riedbach hinab, durch einen steilen Lawinenzug hinunter ( der in der neuen Landeskarte gut ersichtlich ist ) bis auf das Strässchen, das uns dann in ein paar Minuten, in fast horizontaler Wanderung, nach Ried hinüberführte.
Ein Tropfen Fendant hatte unsere Stimmung noch sonntäglicher gemacht. Wie durch einen Himmelsgarten stiegen wir in die Tiefe zu den Menschen. Weiss wie der reinste Firnschnee hoben sich die im schönsten Blütenschmuck dastehenden Bäume von den schwarzbraunen Hüttenwänden der Alpstadel ab. Beglückt schauten wir das keimende Grün der Matten, bewunderten die vielen Blumen, wurden besonders gefesselt von den sinnreichen Bewässerungsanlagen, mit denen diesen steilen, heissen Hängen das so kostbare Nass zugeführt wird. Imposant wuchtete auf der gegenüberliegenden Talseite das Barrhorn zum reinen Frühlingshimmel empor, seine stotzige Gipfeleisflanke sprühte auf unter den schräg einfallenden Sonnenstrahlen. Alle diese Eindrücke ergaben ein wunderbares Schlussbild unserer erlebnisreichen Tourenwoche.
Trotz den Ostertagen war es uns gelungen, dem Massenstrom der Menschen zu entfliehen. Solcher Gebiete werden immer weniger, in denen uns dies möglich ist.