Was taugen Notfall-Apps?
Mit dem Handy schnell einen Notfall melden: Statt zu telefonieren, geht das auch mit Apps. Doch sie haben ihre Tücken. Und die meisten funktionieren nur im eigenen Handynetz.
Dank diversen Apps – Miniprogrammen – kann man mit dem Smartphone einen Fahrplan abrufen, Spiele spielen – oder eben Hilfe bei einem Bergnotfall anfordern. Doch es taugt nicht jede App für jeden Notfall.
Alarmierungs-App
Die in der Schweiz bekannteste Alarmierungs-App ist wahrscheinlich die Rega-App. Bei dieser muss der Notruf manuell ausgelöst und über das GSM-Netz1 abgesetzt werden. Dazu werden die automatisch ermittelten Positionsdaten des GPS2 im eigenen Smartphone mit übertragen und an eine rund um die Uhr besetzte Zentrale gesandt. Diese löst je nach dem eine Rettungsaktion aus. Dank den GPS-Daten wissen die Retter auch genau, wo sich der Verunfallte befindet. Ohne GSM-Versorgung mit dem eigenen Provider ist aber kein Notruf möglich. Das heisst: Wenn ich Abonnent von Swisscom bin und mich in einem Gebiet ohne GSM-Versorgung befinde, kann ich zwar telefonieren, aber keinen Alarm auslösen.
Personen-Such-App
Bekannt ist da vor allem das in Frankreich eingesetzte «iSis – Intelligent Rescue System», eine App, die bislang nur auf den neusten iPhones funktioniert. Die Entwickler haben sie vornehmlich für die Lawinenverschüttetensuche programmiert. Dabei wird Wi-Fi oder Bluetooth3 verwendet. Nötig ist, dass im Handy Wi-Fi, Bluetooth und die App dauernd aktiviert sind und sich in einer Distanz von maximal 50 Metern weitere Personen mit ebenfalls aktivierter App befinden, an die der Alarm gelangen kann. Zwar wird auch die GPS-Funktionalität verwendet, diese ist im Fall einer Lawinenverschüttung aber unbrauchbar.
Retter-Service-App
Die Schweizer Firma Uepaa AG kombiniert mehrere Funktionen in ihrer App «Uepaa!». Der Alarm kann via GSM oder Wi-Fi weitergegeben werden. Die App ist zudem gekoppelt mit einer rund um die Uhr besetzten Notrufzentrale und einer Schnittstelle zur professionellen Rettung. Besteht zum Beispiel am Notfallort keine GSM-Versorgung, «hüpft» der Alarm automatisch mittels Wi-Fi-Verbindung (max. 450 m) so lange von einem aktiven Benutzer zum nächsten, bis er ein Smartphone erreicht, das eine GSM-Verbindung hat.
In den Vollversionen der App kann ein Alarm auch automatisch erfolgen, zum Beispiel, wenn die in eine Notlage geratene Person das Handy nicht mehr bedienen kann. Dazu müssen aber zusätzlich Bewegungssensoren ins Handy verbaut worden sein. Dann registriert die App anhand der Sensoren, wenn sich das Handy oder der Körper innerhalb einer gewissen Zeit nicht bewegt hat. Stellt die App einen bedrohlich langen Stillstand fest, werden «Uepaa!»-Nutzer in Reichweite alarmiert und in die erste Hilfe eingebunden.
Tücken von Rettungs-Apps
Die Funktionalität von Rettungs-Apps ist bestechend. Das Handy haben die meisten immer dabei, und die Abdeckung mit GSM hat sich in den letzten Jahren stark verbessert. Doch gerade in den Bergen, wo die Apps besonders nützlich sind, hapert es mit der Netzabdeckung. Die Abhängigkeit vom GSM-Signal bei allen drei App-Typen ist aber nicht die einzige Schwachstelle:
• Die App «Uepaa!» braucht viele User in Reichweite. Denn die Reichweite von Wi-Fi-Signalen beträgt im Idealfall ca. 450 Meter. Ist man aber in einer abgelegenen Bergregion ohne GSM-Abdeckung unterwegs, wird es schwer, noch weitere Berggänger mit aktiviertem App zu finden. Die Alpine Rettung Schweiz ARS hat die «Uepaa!»-App für einen etwaigen Einsatz in der Profirettung getestet. Verschiedene Test verliefen jedoch nicht vollumfänglich zufriedenstellend. Deshalb empfiehlt die ARS die App zurzeit nicht zur weiteren Verwendung. Die ARS hat aber einzelne Retter mit der kostenpflichtigen Vollversion ausgerüstet und wird die Entwicklung weiter verfolgen.
Aktivierte GPS- und Wi-Fi-Funktionen brauchen viel Energie. Sind diese während einer Tour dauernd eingeschaltet, wird der Akku des Smartphones schon nach wenigen Stunden bedrohlich leer sein.
GPS-Signale können nur empfangen werden, wenn eine möglichst freie Sicht zu den entsprechenden Satelliten vorhanden ist. Dies ist im Besonderen bei einer Lawinenverschüttung nicht gegeben.
Auch wenn alle vorgestellten Apps alarmieren: Sie sind nicht kompatibel!
Besonders im Winter: LVS, Sonde und Schaufel immer dabei
Rettungs-Apps sind sicher eine interessante Möglichkeit, bei einem Notfall rascher und gezielter Hilfe zu erhalten. Sie ersetzen jedoch besonders auf Schneesporttouren die primäre Sicherheitsausrüstung nicht. Dazu gehören nach wie vor ein aktuelles Lawinenverschüttetensuchgerät mit der international einheitlichen Frequenz von 457 Kilohertz, eine Schaufel und eine Sonde!