Welche Berge wollen wir?
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Welche Berge wollen wir?

Welche Berge wollen wir?

Wussten Sie, dass das Surferpa-radies Australien auch unzählige Klettermöglichkeiten bietet? Ein Reisebericht über die kaum bekannten Klettergebiete an der Westküste wirft ganz nebenbei auch die Frage auf, welche Berge wir eigentlich wollen. Berge, deren Felswände mit fixen Sicherungsmitteln versehen sind, was vielen die Möglichkeit gibt, sie zu erklimmen? Oder Berge ohne jegliche Absicherung, deren Begehung nur einer Elite vorbehalten ist? In Australien sieht es übrigens punkto Absicherung ganz anders aus als in der Schweiz.

Vom australischen Sommer führt Sie die vorliegende ALPEN-Ausgabe in die verschneiten Hänge von Zinal. Die Eröffnung eines Lawinenzentrums und einer Freeride-Zone zeigt, wie man sich im Walliser Skiort um die Sicherheit von Skifahrern und Snowboardern bemüht. Auch hier stellt sich die Frage, welche Natur wir eigentlich wollen: eine Natur als Spielplatz, die der Befriedigung unserer Abenteuerlust dient, oder eine « gefahren-lose » reglementierte Natur? Das SAC-Projekt « Naturverträgliche Wintertouren » geht nun in die vierte Saison. Eine Umfrage unter fünf kommerziellen Touren-anbietern bestätigt, dass mit einer weiteren Zunahme des Schneeschuhwanderns sich auch das Konfliktpotenzial zwischen Wanderern und Natur vergrössern wird. Kann jeder ohne jegliche Einschränkung die Schätze der Natur geniessen? Haben Pflanzen und Tiere Bedürfnisse, die wir respektieren müssen? Auch da: Welche Berge wollen wir denn? Die Diskussion ist offen.

Karine Begey

SAC · Verantwortungsbewusster Alpinismus

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REISE DURCH DIE TERRA AUSTRALIS

Klettern an Australiens Westküste ist der eine, die Begegnungen mit Menschen, Pflanzen und Tieren in dieser einzigartigen Umgebung der andere, ebenso wichtige Teil dieser Reise.

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WUNDERWELT VAL BONDASCA

Beeindruckend ist die Skitour auf die Cima della Bondasca, 3289 m, mitten im Bergeller Granitparadies von Pizzo Badile und Pizzo Cengalo. Ratsam aber nur bei guten Verhältnissen!

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Cima della Bondasca, 3289 m

Wunderwelt des Val Bondasca

Mitten im Bergeller Granitparadies von Pizzo Badile und Pizzo Cengalo steht die Cima della Bondasca, 3289 m, die bei guten Verhältnissen eine einsame und beeindruckende Skitour bietet.

Im Frühjahr 2001 sind die Verhältnisse wieder einmal ideal. Wer schon lange mit der Cima della Bondasca geliebäugelt hat, muss die Gunst der Saison nutzen. Deshalb packen auch wir die Ausrüstung für Skihochtouren zusammen und reisen via Engadin ins Bergell. Von Promontogno aus machen wir uns auf den Weg zur Sciorahütte, weit hinten und hoch oben im Val Bondasca. Die ersten 400 Höhenmeter müssen wir die Ski tragen. Aber dann gehts so recht in die Herrlichkeit des Val Bondasca hinein. Im Winter steigt man über die Hänge von Clavera della Bondasca auf. Das Spuren ist mühsam, denn bei jedem Schritt rutschen wir wieder zehn Zentimeter zurück. Bald sind wir weit und breit allein in dieser grossartigen Landschaft: rechts Badile, Cengalo, Bügeleisen und Pizzi Gemelli, links die kühnen Klippen und Türme der Scioragruppe.

Unterwegs im Val Bondasca, im Hintergrund die Scioragruppe Vadrec de la Bondasca mit den Pizzi Gemmelli und dem Piz Cengalo Fo to s: Ve ronik a M ey er DIE ALPEN 2/2003

Auf etwa 2000 m, wo man bequem zur Sciorahütte hinüberqueren könnte, scheint uns die Traverse bei den gegebenen Verhältnissen zu heikel, sodass wir uns zum Umweg « obe ume » entschliessen, was uns noch zusätzliche 350 Höhenmeter beschert.

Wenn Umweg zu Gold wird Von oben erkennt man nicht, unter welchem Schneehaufen sich die Hütte verbirgt, von der Seite her betrachtet ist der

Weil der Vadrec de la Bondasca ein stark zerrissener Gletscher ist, kann die Tour nur nach einem schneereichen Winter empfohlen werden. Im Winter führt der Aufstieg zur Sciorahütte über die Hänge von Clavera della Bondasca. Blick auf den Pizzo Badile Bondasca-Gletschervorfeld mit Sciora, Dafora, Punta Pioda und Ago di Sciora Auf der Cima della Bondasca, 3289 m. Blick auf die Disgrazia DIE ALPEN 2/2003

Fall glücklicherweise klar. In der Vorwoche war die Hütte schon einmal ausgegraben worden, sodass wir von der Arbeit unserer Vorgänger profitieren können. Ein Blick ins Hüttenbuch zeigt, dass in dieser Saison noch niemand auf dem Gipfel der Cima della Bondasca gewesen ist.

Beim Aufstehen ist der Himmel noch klar, beim Aufbruch stecken wir aber in dichtem Nebel. Und so ist unsere Abfahrtsspur vom Vortag plötzlich Gold wert, denn wir können ihr einfach folgen. Als wir den Gletscher erreichen, sind wir auch an der Nebelobergrenze angelangt und können unseren Berg in Angriff nehmen. Die aufgehende Sonne taucht die Bergspitzen auf der anderen Talseite in rosarote Glut, der Blick zurück geht auf ein herrliches Nebelmeer.

Wenn man wüsste! Auf etwa 2600 m seilen wir wegen der mächtigen Spalten an, obwohl man von ihnen jetzt nichts sieht. Der Gletscher wirkt harmlos, trotzdem wird die Tour nicht häufig unternommen. Im Sommer trifft man hier aber auf ein wahres Labyrinth mit tiefen Abgründen, weshalb wir nichts riskieren wollen. Die Begeisterung über das eindrückliche Zusammenspiel von Schnee und Fels wird beim Aufstieg immer wieder aufs Neue genährt.

Und dann, geschafft! Grossartig der Ausblick auf ein endloses Nebelmeer über Italien, die Bergeller Berge, die von hier aus noch kühner wirken, und über die halbe Schweiz hinweg vom Monte Rosa bis zum Bernina und noch viel weiter. Aber der Wind ist kalt, und wir kehren gleich wieder um. Zum Sitzen hat man auf dem Gipfel ohnehin keinen Platz. Aus Respekt vor dem Gletscher fahren wir angeseilt hinunter. Eine freie Abfahrt wäre der Höhepunkt der Tour. Aber wer kann wirklich Auskunft geben über diesen Gletscher? Wir sind weit und breit allein.

Die eingeschneite Sciorahütte Fo to s:

Ve ronik a M ey er DIE ALPEN 2/2003

Riesenportion Glücksmoleküle Ja und dann? Essen, trinken, die weiteren Hänge hinunterfahren, die zwar nicht schlechten, aber auch nicht so tollen Schnee bieten. Es ist noch zu früh nach den Neuschneefällen. Im flacheren Gelände kurven wir auf Schneeresten um die Bäume herum, bis wir die Ski aufbinden müssen. Der lange Weg zurück nach Promontogno ist mit einer Riesenportion von Glücksmolekülen im Körper recht gut zu überstehen. Und dort warten ein Gasthof und etwas später ein Postauto auf uns. Bleiben wird die Erinnerung an einen besonderen Berg. a

Veronika Meyer, St. Gallen

Allgemeine Informationen

Karten/Führer: LK 1:25 000 Blatt 1296 Sciora, 1276 Val Bregaglia, evtl. LK 1:50 000 Blatt 278 S Julierpass. Eggenberger Vital: Skitouren Graubünden, SAC-Verlag 1999, Routen 76 und 788. Capanna di Sciora, 2118 m: Mit Postauto nach Promontogno ( Kursbuchfeld 94O.81 ), 823 m. Wenn kein Schnee liegt, kann man mit PW auf gebührenpflichti-ger Strasse bis Laret, 1377 m, fahren. Andernfalls von Promontogno aus ca. 1300 Höhenmeter. Nicht dem Sommerweg folgen, sondern über Clavera della Bondasca aufsteigen. Wenn keine Schneebrettgefahr besteht, auf der Höhe der Hütte waagrecht nach Osten queren, sonst ca. 300 Höhenmeter weiter oben queren und zur Hütte abfahren. Offener Winterraum mit 10 Plätzen und Holzherd. Cima della Bondasca, 3289 m: Weil der Vadrec da la Bondasca ein stark zerrissener Gletscher ist, kann die Tour nur im Frühjahr nach einem sehr schneereichen Winter empfohlen werden. Die Route ist gegeben, der Gipfel wird von Osten her erreicht. Bei guter Schneebedeckung eine wenig schwierige, aber einsame Tour. Komplette Hochtourenausrüstung mitnehmen, Spaltengefahr in jedem Fall beachten! Abfahrt nicht an der Hütte vorbei, sondern direkt über Clavera della Bondasca ( bis 30° ) nach Laret, bei genügend Schnee der Strasse entlang bis nach Promontogno.

Vadrec de la Bondasca, im Hintergrund Piz Ela und Piz Cacciabella Cima della Bondasca, 3289 m Fo to s:

Ve ronik a M ey er DIE ALPEN 2/2003

Leserbriefe

La posta dei lettori

Courrier des lecteurs

« Berge in Ketten »

Kritische Gedanken zum Klettersteigboom

In den eingegangenen Leserbriefen widerspiegelt sich die angesprochene Problematik: Einerseits werden Klettersteige als wichtige Ergänzung im touristischen Angebot und für Bergführer betrachtet, für welche die Einheimischen die Verantwortung übernehmen wollen. Andererseits besteht ein Unbehagen über den weiteren Verlust an nicht « eingerichteter » Landschaft. Drei Beispiele – zum Teil auszugsweise – illustrieren das Meinungsspektrum.

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