Wie aneinander vorbeikommen?
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Wie aneinander vorbeikommen? Skialpinisten auf den alpinen Skipisten

Wer heute bei Skitourenrennen mithalten will, muss trainieren. Das ist aber alles andere als einfach. Bei den Bergbahnunternehmen werden die Trainierenden als Störenfriede empfunden. Mit Verweis auf die Sicherheit lehnen viele die Verantwortung ab. Es geht aber auch anders.

In den Jahren, in denen die Patrouille des Glaciers stattfindet, nimmt die Zahl der trainierenden Skialpinisten zu. Das schafft Konfliktpotenzial, denn das Gros der Trainierenden nützt Skipisten, und zwar vorwiegend abends, wenn die Bergbahnunternehmen ihre Pisten präparieren. Die Trainierenden setzen sich dabei grossen Gefahren aus. Wo zudem moderne Pistenmaschinen in Steilhängen mit Stahlseilen gesichert sind, steigt die Verletzungsgefahr für Skitourengänger markant. Einige der Unternehmen lehnen jede Verantwortung für Unfälle ab, andere sehen die Möglichkeit, Geld zu verdienen, dritte wiederum reagieren mit Bussen.

In Ovronnaz im Wallis ist die Situation klar. Die Direktion der TéléOvronnaz lehnt bei einem Unfall jede Verantwortung ab. « Wir pflegen unsere Pisten und unsere Anlagen, um die Bedürfnisse der Alpinskifahrer zu befriedigen », sagt der Direktor, Gianluca Lepori, mit Nachdruck, «wenn ein Skialpinist unsere Pisten benutzt, tut er dies auf eigene Verantwortung.» Der Verband Seilbahnen Schweiz ( SBS ) stösst ins gleiche Horn und macht unmissverständlich klar: «Die Skipisten sind für Fussgänger gesperrt.» Und Skialpinisten mit Fellen an den Ski gelten als Fussgänger.

Auf der anderen Seite des Rhonetals bietet Nax den Skitourengehern die Möglichkeit, die Pisten an einem Abend pro Woche, nämlich am Donnerstag, zu benutzen. Vom 7.Januar an machen die Pistenfahrzeuge den Trainierenden jeweils Platz. Seit sieben Jahren lädt das Skigebiet Mont Noble Unternehmen, Gruppen oder Sportclubs dazu ein, 500 bis 1200 Höhenmeter zu bolzen und anschliessend in einem gemütlichen Bergrestaurant bei einem « gluschtigen » Fondue zusammenzusitzen. Und das mit Erfolg. « Es sind jeweils zwischen 200 und 300 Personen », erzählt Fred Pont, der Marketingverantwortliche von Télé Mont Noble mit Befriedigung. «Die Tourengeher vermeiden so jedes Risiko, in einen Unfall mit unseren Pistenfahrzeugen verwickelt zu werden, die sonst auf den Pisten arbeiten. An allen anderen Abenden ist der Zutritt strikte verboten. Es ist wirklich sehr gefährlich», betont er, «die Drahtseile der Pistenfahrzeuge sind in der Nacht unsichtbar. Sie können Ursache von fürchterlichen Unfällen sein.»

Nicht gefährlich, aber unschön sind zudem die Hinterlassenschaften der Trainierenden. « Am Morgen nach den Trainings finden wir jeweils Abfälle entlang den Pisten. Das ist bedauerlich. Die Leute müssen unbedingt die Umwelt respektieren, im Interesse aller», verlangt Fred Pont.

Auch andernorts im Wallis öffnen Skiorte ihre Pisten den Skitourengehern. In Veysonnaz und Vercorin stehen die Pisten am Dienstagabend zur Verfügung. Am Mittwoch ist das Restaurant von Savoleyres oberhalb Verbier sowohl von La Tzoumaz wie auch von Verbier her zugänglich. Auch das kleine Skigebiet Les Marécottes unweit von Martigny verfügt über eine spezielle Piste, die Tourengeherinnen und -gehern, aber auch Schneeschuhwanderern vorbehalten ist. Ein Grossteil des Aufstiegs verläuft im Wald, lediglich an zwei Stellen müssen Skipisten überquert werden. Ausserdem gehört die Abfahrt über eine Waldstrasse zu den sichersten überhaupt.

Im Kanton Freiburg funktioniert das Nebeneinander von Skialpinisten und Skifahrern insgesamt gut. Didier Moret, der Gewinner der Patrouille des Glaciers 2008 und Mitglied des Swiss Team des SAC, erzählt: «Vor allem am Moléson sind die Trainierenden gut akzeptiert. Auch Les Paccots, La Berra und Charmey sind an den Abenden gut besucht.»

La Berra gehört zu den Skiorten in den Freiburger Voralpen, die am stärksten von der seit einigen Jahren über die Skipisten schwappenden Skitourenwelle erfasst wurden. Das Gebiet eignet sich sehr gut für das Training, der Aufstieg mit einem Höhenunterschied von rund 800 Metern hat die ideale Länge. Zudem ist die Station gut erreichbar, auch an Parkplätzen mangelt es nicht. Es gibt sogar eine Extrapiste für den Aufstieg. Die Schneeschuhwanderer verwenden sie tagsüber. Am Abend steht sie den Skialpinisten zur Verfügung. Eine Abfahrt über die Piste ist dann aber nicht immer möglich. Philippe Gaillard, Betriebsleiter der Bahnen von La Berra, warnt jedoch: «Wir verlangen, dass die Trainierenden die Signalisationen beachten, die aufgestellt werden, wenn die Pistenfahrzeuge am Abend mit dem Drahtseil an der Arbeit sind. Wir schliessen dann jeweils die Piste, um Unfälle zu vermeiden » Nicht alle würden diese Warnungen aber respektieren.

Dass der Apell wenig nützt, beobachtet auch Stéphane Gaillard, der die nächtlichen Aufstiege in La Berra schon seit einigen Jahren organisiert. Er sagt: «Ich stelle fest, dass die Leute die Empfehlungen, die zugunsten ihrer Sicherheit erlassen wurden, nicht genügend beachten.» Seiner Meinung nach wird der Mangel an Disziplin immer schlimmer. Er ortet aber auch mangelnde Information. « Die Dachorganisationen weisen zu wenig auf die Gefahren hin», kritisiert er.

Was droht, wenn die Skitourengängerinnen und -geher auf Pisten überhandnehmen, zeigt sich im Engadin. In die Region St. Moritz reisen ganze Carladungen italienischer Skirennfahrer, da sie die Skipisten zu Hause nicht benutzen dürfen. Die Verantwortlichen haben deshalb beschlossen, für die Benutzung der Skipisten auch im Aufstieg etwas zu verlangen. Die Skialpinisten bezahlen 24 Franken oder eine Busse von 100 Franken, wenn sie das Ticket nicht lösen.

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