Wie schwer ist 6+?
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Wie schwer ist 6+? Der Reiz der Schwierigkeitsgrade

Schwierigkeitsgrade sind für Kletterer das Salz in der Suppe. Sie messen das an Fels und Plastik Geleistete, ordnen es ein und sind zudem ein Gesprächsthema am Wandfuss, in der Kletterhalle oder in der Beiz.

«Mit 6+ wird eine Freikletterstelle bezeichnet, deren Überwindung für die besten Freikletterer in Hochform, bei günstigsten Verhältnissen, unter optimaler Ausnutzung der Felsbeschaffenheit und beim heutigen Ausrüstungsstand immer einen Gang an der Sturzgrenze bedeutet.»

Sportliche Kletterhalleneinsteiger, die nach einem Jahr 8- klettern, reiben sich vermutlich die Augen. Denn diese UIAA-Definition des Menschenmöglichen stammt aus Walter Pauses Kletterführer Im extremen Fels von 1977. Auf der französischen Skala, die sich in der Schweiz durchgesetzt hat, entspricht 8- einer 6c+. Eine 6+ ist demnach eine 6a. Heute bietet die Schweiz Routen bis 9a+, weltweit ist man bei 9c angelangt.

Die Revolte 1977

Nachdem nach dem Zweiten Weltkrieg 6+ als obere Grenze festgelegt worden war, erfolgte 1977 die Revolte gegen das alte Gradkorsett: Helmut Kiene und Reinhard Karl eröffneten die Pumprisse im Wilden Kaiser und warfen den Grad 7 (6b) aus. Traditionalisten empörten sich, und die junge «Frei»-Kletterbewegung startete durch.

In der Schweiz gelang dem Zürcher Hans und seiner Frau Christel Howald 1978 der Salbitschijen-Westgrat (7+ oder 6b+) rotpunkt. 1979 eröffnete Hans Howald die Reibungsplatten Siebenschläfer (7+) und Boulder Highway (8/8+ oder 7a+) am Grimselpass und 1981 die berüchtigte Nordverschneidung (7+, A2) am Eiger. 1987 schaffte Jürg von Känel mit Esel Gabriel bereits 8b+ oder 10+. Goutierte man Anfang der 1980er-Jahre freie Begehungen mit Stürzen oder Hängen im Seil, setzte sich bald der Rotpunktstil durch: die freie Begehung einer Seillänge im Vorstieg, ohne Seil oder Sicherungen zu belasten. Der Name geht auf den deutschen Kletterer Kurt Albert zurück, der rote Punkte an die Einstiege der von ihm «befreiten» Routen pinselte.

Goutierte man Anfang der 1980er-Jahre freie Begehungen mit Stürzen oder Hängen im Seil, setzte sich bald der Rotpunktstil durch: die freie Begehung einer Seillänge im Vorstieg, ohne Seil oder Sicherungen zu belasten. Der Name geht auf den deutschen Kletterer Kurt Albert zurück, der rote Punkte an die Einstiege der von ihm «befreiten» Routen pinselte.

Ist das noch 6c?

Für die Schwierigkeiten beim Felsklettern sind verschiedene Faktoren ausschlaggebend: Wandneigung, Griffform und -grösse, Ausrichtung und Abstände der Griffe, Qualität und Position der Tritte sowie die Länge der Schwierigkeiten und mögliche Rastpositionen. Die beiden heute existenten 9c-Routen, Adam Ondras Silence in Norwegen und Sébastien Bouins DNA in Frankreich, wurden noch nicht wiederholt. 9c ist vorerst also nur eine subjektive Einschätzung. Im Gegensatz zu den exakten Zeiten und Weiten in der Leichtathletik sind Grade nicht objektiv, denn jede Route ist ein Unikat. Bestätigen alle Wiederholer den Erstbegeher, gilt der Grad als gesichert, ansonsten wird er gegebenenfalls korrigiert.Für die Empfindung der Schwierigkeit ist oft die Körpergrösse relevant: Bei einem weiten Zug bis zu einer kleinen Leiste macht es einen Unterschied, ob man mit 1,85 Metern auf einem guten Tritt stehen bleiben kann oder mit 1,60 Metern den Griff anspringen muss. Ergo wird am Lagerfeuer, in Kletterhallen und in Foren über den «richtigen Grad» diskutiert. «Ist das noch 6c? Was meinst du?»

Für die Empfindung der Schwierigkeit ist oft die Körpergrösse relevant: Bei einem weiten Zug bis zu einer kleinen Leiste macht es einen Unterschied, ob man mit 1,85 Metern auf einem guten Tritt stehen bleiben kann oder mit 1,60 Metern den Griff anspringen muss. Ergo wird am Lagerfeuer, in Kletterhallen und in Foren über den «richtigen Grad» diskutiert. «Ist das noch 6c? Was meinst du?»

Eine Frage des Kletterstils

Für Remo Schläpfer von lacrux.com ist für den Nachrichtenwert einer Begehung «der Schwierigkeitsgrad von zentraler Bedeutung, doch spielen auch die Geschichte hinter der Begehung, der regionale Bezug und die Persönlichkeit eine wichtige Rolle». Galten Abwertungen einst als Majestätsbeleidigung, werden sie heute kaum noch als persönlicher Angriff empfunden.

Untertrieben wird auch. So werden oft die «harten» Bewertungen im Basler Jura beklagt. Für 9a-Kletterer Alexander Rohr ist es eher eine Frage des Kletterstils: «In Boulderhallen musst du nie mit schlechtem Tritt von einem Zweifingerloch zu einem anderen Zweifingerloch durchblockieren. Deshalb fällt es heute vielen schwer, so ‹Old-school-Zeug› zu klettern - ihnen fehlt die Fingerkraft, die Körperspannung und auch die Überzeugung, dass die Finger das aushalten.»

Draussen ist es anders, und selbst 7b-Plastikkletterer erfahren, dass 6a sich am Fels wie die Grenze des Menschenmöglichen anfühlen kann. Für Nina Caprez sind Grade nur eine Orientierung: «Ich will jeden Tag meine Herausforderung, habe aber nie Grade, die ich klettern will.» Und wie sagte die Alpinlegende Alex Lowe einst? «Der beste Bergsteiger ist derjenige, der den meisten Spass hat.»

Internationale Vielfalt

1947 wurde in Chamonix die sechsstufige Alpenskala entworfen, 1968 wurde sie in UIAA-Skala umbenannt. Die UIAA ist die weltweite Vereinigung der Alpinistenverbände. In Deutschland und Österreich wird immer noch meist nach UIAA gewertet. Neben regionalen Skalen gibt es zahlreiche weitere, die in anderen Teilen der Welt in Gebrauch sind. So gilt in Amerika die YDS- und in Australien die Ewbank-Skala. Auch eine britische, eine skandinavische und eine polnische Schwierigkeitsskala existieren.

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