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Bemerkungen zur Karte des Clubgebietes

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Bemerkungen zur Karte des Clubgebietes Blatt 400, 401, 404 und 405 des eidgen. Atlas in 1: 50,000.

Prof. Albert Beim.

Von Die Einrichtungen unserer Karten zur Bezeichnung von Vegetationsboden, Wald, Fels, Schnee und Eis, Flüssen, Seen etc., Wegen, Wohnungen etc. ist allen, die sich angewöhnt haben, mit der Karte in der Hand zu reisen, wohl bekannt. Ich will hier nicht auseinander setzen, wie die Karten gelesen werden sollen, wie sie aufgenommen werden etc., sondern mein Zweck ist, anzudeuten, wie weit heute die Vollkommenheit unserer Karten des Hochgebirges geht, wo sie ihre Grenze findet und worin noch weitere Fortschritte angestrebt werden können.

Nachdem ich unsere Karten in Vsoooo mit den besten Karten anderer Länder in grossem Maassstabe verglichen habe, darf ich wohl ohne irgend welche patriotische Selbsttäuschung aussprechen, dass kein einziges anderes Land mit annähernd gleichen Terrainschwierigkeiten bisher in kartographischer Dar- Stellung des Gebirges das erreicht hat, was die Schweiz leistet. Die Karten der Lombardei, welche die Oesterreicher aufgenommen hatten, übertreffen unsern eidgenössischen Atlas in Viooooo vielfach an Scharfblick für die Formen des aufgeschwemmten Bodens in den Thälern, stehen aber weit hinter unsern Karten zurück, sobald wir in die höhern Regionen gelangen. Felsgrat, Gletscher, Schnee, Schutthalde ist dort alles nach einer Schablone ohne Individualisirung und ohne Verständniss gezeichnet. Aehnlich steht es mit der Darstellung der Alpen auf den Karten von Frankreich im Maassstab Vsoooo. Früher verlangte man von den Karten nur, dass sie die gegenseitige Lage von Gebirg und Thal, von Flussläufen, Seen, Ortschaften, Wegen angebe. Nach und nach wollte man auch die kleineren Nebenthäler, dann auch die kleinen Seitenschluchten zur Darstellung bringen. Der Maassstab musste vergrössert werden. Heute wollen wir aus den Karten die genaue Form der Berge, Gehänge und Thäler ersehen. Die Karte soll für unser Auge in dem angenommenen Maassstabe eine vollständig genaue, geometrisch der Wirklichkeit ähnliche Nachbildung der Gestaltung des Stückes Erdoberfläche sein. Die Menge der Einzelheiten in der Form, welche zur Darstellung gelangen kann, hängt vom Maassstab der Karte ab. Wir wollen die Karte nicht mit der Loupe oder dem Microscop lesen, wir verlangen also in der Karte die Formeneinzelheiten der Natur nur so weit dargestellt, als sie in dem Maassstab der Karte für ein normales, unbewaffnetes Auge ohne abnorme Anstrengung lesbar sind. Vielleicht präzisiren wir den Grad der Detailgenauigkeit, die wir von einer Karte verlangen dürfen, besser auf negativem Wege: Es soll keine in der Karte deutlich sichtbare Detailform erfunden, sondern stets der Wirklichkeit nachgezeichnet sein.

Bei den älteren Karten wiegt immer die Manier des Darstellers über die individuelle Form der Natur vor. Bei den ältesten Karten geschieht dies auch in den grösseren Bergformen. Das Streben zielt darnach, die Manier des Darstellers, die Schablone seines Linien:

zuges immer mehr zu verdrängen durch die unermessliche Individualisirung, welche die Natur selbst als Vorbild uns entgegenhält. Das Ideal einer Karte ist dann erreicht, wenn die unabhängig von einander von zwei verschiedenen Ingenieuren in gleichem Maassstab aufgenommenen und gezeichneten Karten einer Gegend bis in alle Details, deren Darstellung überhaupt durch den betreffenden Maassstab für das freie Auge ermöglicht ist, sich vollständig decken. Dann ist die Darstellung absolut objectiv, die Manier oder der Styl des Darstellers in demjenigen der Schöpfung aufgegangen. So lange man in einer Karte noch den Styl des Darstellers ( des Aufnehmers oder des Stechers ) erkennt, so lange ist derselbe auch noch nicht von seiner persönlichen Schablone frei geworden.

Wir haben hiermit das Ideal einer Karte gekennzeichnet. Wir stehen noch weit von demselben entfernt. Wenn wir es auch noch lange nicht erreichen, so ist das kein Unglück. Diejenige Annäherung, die uns heute schon ermöglicht ist, ist für jeden Gebrauch der Karte für Wissenschaft oder das praktische Leben unvergleichlich werthvoller, als das letzte Stück Weges nach dem Ideal, das wir noch nicht zu betreten vermögen.

Betrachten wir die Karte unseres Clubgebietes ( die vier oben genannten Blätter in'50000Der ganze zum Kanton Glarus gehörende Theil unseres Clubgebietes ist in den Jahren 1850—1853 von Herrn Ingenieur E. E. Mohr, der zu Graubünden gehörende Theil 1856 und 1857 von Herrn Oberst Siegfried, dem jetzigen Chef des eidgen. Stabsbüreau, der zum Kanton Schwyz gehörige Theil 1876 von Herrn Ingenieur F. Becker aus Linththal aufgenommen worden. Ebenfalls von Becker ist der Kanton Uri mit Ausnahme des kleinen Stückes, das die Firnmulde des Hüfigletschers betrifft, welches Herr Ingenieur X. Imfeid aus Sarnen 1876 aufgenommen hat. Die Gebiete von Uri und Schwyz waren 1851 schon von Ingenieur Anselmier aufgenommen worden, die Aufnahmen erwiesen sich aber als so flüchtig und fehlerhaft, dass eine Neuaufnahme für die Ausgabe in 1: 50000 absolut nothwendig war. Vor der Publication im Maassstab 1: 50000 wurde der den Kanton Glarus betreffende Theil durch Herrn Ingenieur ßetemps, der Graubünden betreffende Theil von Herrn Ingenieur Held revidirt.

Die Kantone Schwyz und Uri, soweit sie zu unserm Clubgebiete gehören, sind also, so wie wir sie jetzt auf der Karte sehen, im Maassstab 1: 50000 mit der Absicht aufgenommen worden, diese Theile auch in diesem Maassstab der Originalaufnahmen zu publiciren. Die übrigen Theile hingegen, welche die Kantone Graubünden und Glarus betreffen, kannten zur Zeit der Aufnahme erst die Absicht der Publication im halben Maassstab 1: 100000. Jedermann, der ein im Kartenlesen etwas geübtes Auge hat, wird rasch die wesentlich andere, vollständigere, die Formen sorgfältiger indi-vidualisirende Darstellung im Gebiet von Schwyz und Uri gegenüber der etwas schematischeren Darstellung von Glarus und Graubünden sehen. Der erstere Theil unserer Karte ist nach meinem Dafürhalten das Beste, was bisher überhaupt in Gebirgskartographie geleistet worden ist, der letztere steht gegenüber unserem oben aufgestellten Ideal einer Karte bedeutend weiter zurück. Dadurch fällt aber kein Vorwurf auf diejenigen Ingenieure, welche jenen Theil in den 50er Jahren aufgenommen haben, denn erstens verlangte der nur halb so grosse Maassstab der damals einzig beabsichtigten Publication lange nicht den Grad von Detailreichthum in den Formen, zweitens waren die Anforderungen, welche damals besonders die Geologen an eine Karte stellten, noch nicht auf die heutige Höhe gespannt, und, wir dürfen es wohl hinzusetzen, die Nothwendigkeit geologischer Vorbildung eines topographischen Ingenieurs noch nicht entdeckt.

Gut! Allein der Publication der Blätter im Maassstab 1: 50,000 ist ja 20 Jahre später als die Aufnahme eine « Revision A vorangegangen, warum hat diese Revision die betreffenden Aufnahmen nicht auf die Höhe derjenigen von Ingenieur Becker zu heben vermocht? Ganz abgesehen von der Frage, ob diejenigen Ingenieure, welche Glarus und Graubünden revidirten, das Zeug dazu gehabt hätten oder nicht, muss man einmal versuchen, eine etwas schematisch gezeichnete Karte in diesem Sinne zu verbessern, um die Antwort auf obige Frage zu finden. Um den Styl desjenigen, welcher die Aufnahme gemacht hat, zu erlöschen durch Vermehrung der naturgetreuen Einzelformen, sieht man sich in der Praxis bald gezwungen, Strich für Strich zu ändern, mit Flicken an einzelnen Stellen ist nichts geholfen, und die Mühe wird viel grösser und weniger lohnend, als diejenige einer Neuaufnahme. Es kann desshalb der Revisionist nichts Besseres thun, als den Styl seines Vorgängers unverändert zu lassen und nur wirkliche Fehler zu verbessern, Höhenmessungen etc. zu verificiren, neue Strassen und Wege und Häuser einzutragen, die Veränderung im Stand der Gletscher und des Waldes zu notiren, die Namen zu verificiren und eventuell zu vermehren etc.

Hierin liegt also die geschichtliche Begründung für die ungleiche Stufe, auf welcher die nordwestliche Ecke unserer aus 4 Blättern zusammengesetzten Clubkarte im Vergleich zum übrigen Theile steht. Da nun aber doch in der That unsere Karte publicirt vor uns liegt, dürfen wir sie auch dem Maassstab und den jetzigen Anforderungen entsprechend kritisiren. Die Geschichte ihrer Entstehung schützt meines Erachtens die Herren Ingenieure vollkommen davor, dass die Aussetzungen, welche wir an der Karte machen, ungerechter Weise auf sie zurückfallen; ich darf mich desshalb ganz frei aussprechen; ich habe nicht die Bearbeiter, die alle ihre Pflicht gethan haben, sondern die Kartographie überhaupt im Auge.

Die Horizontalcurven in unserer Karte wie in allen bisher publicirten Blättern und anderen Karten sind meistens zu glatt gezeichnet. Alle scharfen Krümmungen derselben sind in den Karten widernatürlich abgerundet. So finden wir meistens im Hintergrund von Bachschluchten die Curven in weicher Krümmung umgebogen, während sie einen ganz scharfen einspringenden Winkel angeben sollten. Oft laufen Curven an den Gehängen über Bäche weg, als ob der Bach keinen Einfluss auf die Gestaltung des Abhanges ausübte, während dem meistens nicht so ist. Viele Bergkanten und Gräte, die sich von unten nach oben zugeschärft haben, sind scharfkantig, so dass im Maassstabe unserer Karten die über die Kante laufende Curve einen scharfen ausspringenden Winkel beschreiben sollte, anstatt dessen finden wir sie in unnatürlichem weichem Bogen über den Grat ziehen. Hat den Ingenieuren der Muth gefehlt, die Formen so markig zu zeichnen, wie sie sind? Für unsere Karten fällt in solchen Dingen sowie in der Felszeichnung indessen oft die Schuld- auf Rechnung einer unglücklichen Institution, in Folge welcher ein eigener Zeichner, der die Wahrheit der Orignale nicht versteht, die Pausen für den Stecher zeichnet, anstatt dass dies principiell durch den aufnehmenden Ingenieur selbst geschehen sollte.

Der Stecher selbst, Herr R. Leuzinger, hat durch den Stich der Becker'schen Aufnahmen bewiesen, dass er die an Einzelheiten reiche Darstellung des Ingenieurs vollständig versteht und mit dem richtigen Wurf wiederzugeben weiss. Sind die Aufnahmen hingegen stark schematisirt, so wird der beste Stecher sie nicht zu verbessern vermögen.

Hier wie in den meisten andern Theilen der Ter- raiudarstellung ist eine richtige Darstellung nur dann möglich, wenn das Verstaììdniss für die Entstehung der Formen vorhanden ist. So lange ein Topograph sich eine muldenförmige Vertiefung am Gehänge als das Primäre denkt, welches nun zur Ansammlung von Wasser und zur Bildung eines Baches geführt habe, wird er stets versucht sein, zuerst einwärts bogenförmig gekrümmte Curven zu zeichnen und dann einen Bach über dieselben hinunter zu ziehen. Weiss er aber, dass die Thalschlucht, durch Einschneiden des Wassers unten beginnend, nach oben sich verlängernd, durch Untergraben und dadurch Nachgleiten der Gehänge entstanden ist, so wird er zuerst die Bachlinie eintragen als das erste, wornach das andere sich richten musste, und er wird die Curven von beiden Seiten im Bache sich in scharfem Winkel treffen lassen. Wer nicht weiss, dass die Schluchten von unten nach oben einreissen, wird stets geneigt sein, den oberen Schluchtrand gegen den noch nicht abgerutschten oberen Theil des Berggehänges abzurunden und in denselben übergehen zu lassen, während doch bei noch frisch thätigen Schluchten an ihrem obern Ende ein scharfer Gefällsbruch zwischen der steileren Schluchtcircuswand und dem flacheren höhern Berggehänge besteht. Eine Beobachtungsgabe, welche ohne Verständniss die Formen doch richtig auffassen könnte, ist kaum denkbar. Verständniss und Auffassung der Form bedingen sich übrigens gegenseitig: Wer die Form richtig aufzufassen im Stande ist, wird von selbst auf ihre Erklärung geführt.

Aehnliche Flauheiten beobachten wir im Verlauf der Curven unserer Karten im Grunde der Hauptthäler. Da gehen sie oft in einem thalaufwärts gekrümmten Bogen über das Thal, als ob dasselbe eine sanft aufsteigende Hohlcylinderfläche wäre. In Wirklichkeit aber haben die Thäler entweder keinen Thalboden, wie im Oberlauf, dann sind sie einspringende Kanten im Gebirge und die Curve bildet eine scharfe Ecke nach oben, wo sie über das Thal setzt, oder sie haben einen Thalboden. Derselbe grenzt durch einspringende Kanten beiderseits an die Thalwände. Die Curve verläuft zuerst am Abhang thaleinwärts; wo sie den Thalboden trifft, bildet sie einen Winkel und setzt nun geradlinig quer über den Thalboden an das jenseitige Gehänge. Wo sie dasselbe erreicht, macht sie wiederum einen scharfen Winkel, keinen Bogen, und geht am Gehänge thalauswärts. Die einspringenden Winkel der Thäler mit Thalboden sind manchmal mit von den Gehängen stammenden Schutthaufen gefüllt. Diese sollten in Curvendarstellung ganz deutlich als aufgesetzte Schuttmassen sich vom festen Felsboden, der entweder den nur etwas kiesüberstreuten Thalboden bildet, oder dem steileren Gehänge angehört, abtrennen. Auch jetzt sollte die Curve nicht rund gekrümmt über das Thal gehen, sondern ihre Richtung, wo sie vom Thalboden an die Schutthalden tritt, und wiederum wo sie diese verlässt und an das anstehende Gehänge übergeht, plötzlich brechen. In unseren Karten ist in dieser Hinsicht z.B. der merkwürdige, höchst auffallende Thalboden von Val Frisal, sowie das Gehänge rings um denselben herum, und besonders sein Hintergrund, ebenso der Limmernboden, zum Theil auch der Sandalpkessel durchaus unrichtig und ohne den auffallenden Charakter dargestellt.

Die Schuttkegel der Wildbäche, welche eine so wichtige Erscheinung in den Thälern des Hochgebirges sind, sehen wir in Karten trotz ihrer auffallenden Gestalt fast niemals richtig gezeichnet. Wenn auch etwa, wie in unserer Clubgebietskarte bei Rüti und Haslen, die äussersten Curven der Schuttkegel richtig angedeutet sind, verwachsen doch die höheren in ganz unrichtiger Weise mit den Curven des Abhanges, so dass es aussieht, als ob der Schutt gar nicht aus der Wildbachschlucht herausgekommen wäre. In allen unsern schweizerischen Karten ist es bis jetzt noch nie vorgekommen, dass ein Schuttkegel im Verhältniss zu seiner Wildbachschlucht vollständigem Verständniss gemäss dargestellt worden wäre. ( Vergleiche die Abbildungen VI. Jahrgang, pag. 334 dieses Jahrbuches. ) Ein weiterer Mangel sehr vieler unserer Karten besteht darin, dass Terrassen oder überhaupt Ungleichheiten in der Böschung viel zu wenig beachtet sind. Da finden wir oft von oben bis unten die Curven in fast gleichen Abständen, obschon oft auffallende Stufen vorkommen, die eine grosse Bedeutung für die Thalgeschichte haben, indem sie sich vielleicht mit andern ähnlichen zusammen zu den erkennbaren Resten eines alten höhere Erosionsthalbodens verbinden. Auf die jüngeren Kiesterrassen in den Thälern ist ebenfalls zu wenig Aufmerksamkeit verwendet worden. Zwischen Linththal-Thierfehd ist z.B. die Terrasse bei Reitimatt richtig angegeben, die noch auffallendere eben so hohe Terrasse, welche das Thierfehd in einen tiefern und einen höhern Boden trennt, der tiefe Einschnitt des Sandbaches beim vorderen Stafel von Untersand sind weggeblieben etc. Gerade die kartographische Aufzeichung der Terrassen an den Stromufern und in den Thalboden ist von hoher Bedeutung, weil hier oft sonderbare Veränderungen in wenigen Jahrzehnten vor sich gehen, deren Kenntniss für den Wasserschutzbau von praktischer Bedeutung ist.

Weitere Unvollkommenheiten unserer Kartographie liegen in der Felszeichnung, die meistens nach gewissen traditionellen Schablonen gemacht wird. Nur sehr Wenige sind im Stande, nach eigener Anschauung die Felsen zu zeichnen. In unserer Clubkarte ist die Horizontalschichtung des Felsens am Kistenstöckli ganz richtig dargestellt. Wenn aber am Piz Frisai die gleiche Schablone in Anwendung kam, so gründete sich dies auf keine Beobachtung. Die dort so scharf treppenförmig gezeichnete horizontale Felsschichtung existirt nicht, sondern die Kalkplatten stehen fast senkrecht und die Gliederung der Felsen ist durch tiefe Rinnen in der Fallrichtung gegeben. ( Vergleiche auch meine Abbildung der Brigelserhörner in diesem Jahrbuch. ) So charakteristisch und äusserst auffallend der Unterschied im Felsbau des Crap grond ( Brigelserhörner ) in der oberen Hälfte der Wand, die aus horizontalen Kalkbänken besteht, im Vergleich zu den tieferen Theilen, die aus senkrechten Gneiss- und Granitplatten bestehen, ist, und so klar man aus grosser Entfernung die auffallende Trennungslinie sieht, finden wir in der Karte davon nichts, wohl aber an den steif dargestellten Felswänden eine Reihe von Detailformel ), die in der Wirklichkeit gar nicht vorkommen. Manche Theile unserer Karte stehen in der Felszeichnung hinter der 1863 publicirten Clubkarte der Tödigruppe von R. Leuzinger zurück. Die Felsformen der krystallinischen Schiefer und diejenigen der Sedimentgesteine sind so auffallend von einander verschieden * ), dass wer nicht stets schematisirt, von selbst dazu geführt wird, diese Unterschiede in der Karte zur Darstellung zu bringen. Bisher ist dies in unseren sämmtlichen Karten nur sehr ausnahmsweise geschehen; sehr oft finden wir die für Sedimentgesteine charakteristische Schichtung in horizontaler Lage da gezeichnet, wo Gneisse mit steiler Plattung anstehen etc. Es ist nur beobachet worden, wo Fels ist und wo nicht, aber die Felszeichnung ist meist keine Beobachtung, sondern Styl, Schema, Schablone. In Beziehung auf Felszeichnung befriedigen uns hingegen die von Ingenieur Becker ausgeführten Theile unserer Karte weit mehr, als alles Bisherige. Becker, mein Freund und Schüler, hatte keine Gelegenheit versäumt, sich in das geologische Verständniss der Formen einzuarbeiten, und die Wirkung hievon lesen wir aus seiner Karte. Wir erkennen an vielen Stellen derselben die Lage der Schichtung vortrefflich. Selbst Biegungen der Schichten, wo solche auffallend in der Oberflächenform sich abspiegeln, sind richtig wiedergegeben. ( Oberhalb Waldhüttli im Hintergrund des Urnerboden, am Nordostabhang des Ortstock. ) Allerlei CharakterVergleiche Neujahrsblatt der naturforschenden Gesellschaft Zürich 1874 über Verwitterungsformen der Berggipfel.

formen sind dargestellt ( Bergsturz nördlich im Hintergrund der Glattenalp und Nische im Fels, aus welcher er herausgebrochen ist, die sonderbaren kleinen Kämme und Erosionsmulden zwischen dem Rätschthal und Melchthal, die Karrenflächen in ihrer unglaublichen Zerhacktheit. Ich habe mich überzeugt, dass die zahlreichen Zacken der Curven in diesem Gebiete alle wirklich nicht blosse Charakterandeutungen, sondern getreue Darstellungen der wirklichen Gliederung sind. Ferner hebe ich hervor den kleinen Erosionscircus am Südabhang des Scheienberges gegen den Urnerboden, die sonderbaren Platten am Glatten etc. ). Besonderer Hervorhebung ist die Sorgfalt werth, mit welcher die Uebergänge von Felsboden in Vegetationsboden angegeben sind. Man betrachte zunächst im anderen Theile unserer Karte den Südabhang des Glärnisch, oder den Kammerstock, den Sandalpkessel, die Kärpfgruppe, das Gebiet des Krauchthaies etc. Die Felswände sind steif wie in Holz geschnitten und grenzen in der Zeichnung scharf gegen das Vegetationsgebiet ab, wo diess in der Natur gar nicht der Fall ist. Sie sind meistens so dargestellt, als wenn sie stets nur entweder geschlossene Vegetationsdecke hätten, oder dann ganz kahler Fels wären. In Becker's Theil der Karte hingegen finden wir alle Zwischenglieder von kahler Felswand bis zur saftigen Weide, wie sie auch in der Natur vorkommen. Am Fuss der Felswände folgen meistens zuerst die nur theilweise bewachsenen Schutthalden, und dann erst die Weide ( vergleiche z.B. die Abhänge der Jägernstöcke, des Glatten, des Gemsfayrenstockes gegen Fisitenalp und Gemsfayeralp etc.die Vegetation ist oft lückenmaschig, Felsriffe schauen hie und da aus derselben hervor ( Nordabhang des Kirchberges, wo gleichzeitig sehr schön angedeutet ist, dass die Schichtköpfe nicht wie die Horizontalcurven verlaufen und die Schichten steil stehen —, Ostabhang des Pfannenstock, Thieralpli südlich vom Klausenpass, manche Stellen im Karrengebiet ). Der wesentlichste Fortschritt, welchen der in den letzten Jahren aufgenommene Theil unserer Karten des Clubgebietes im Vergleich zu dem in den 50er Jahren aufgenommenen enthält, ist also weniger Schema t i-sirung und mehr Detailbeobachtung.

Die Revision der Graubünden und Glarus betreffenden Theile war nun entschieden ungenügend. Die Mehrzahl Fehler der ersten Aufnahmen sind unverändert beibehalten. Ich hebe nur als Beispiele einige derselben hervor:

Der Cavestrau grond ( 3250 m ), das höchste der Brigelserhörner, ist als Schneegipfel auf der Karte dargestellt, während er ein schrecklich steiles Felshorn ist, das aus der Schneefläche stets schneefrei hervorschaut ( vergleiche hierüber meine Abbildung in diesem Jahrbuche ).

Der Puntaiglasgletscher ist stets durch die Lücke zwischen Bifertenstock und Piz Frisai mit der Firnmasse des Frisalgletschers mehr oder weniger verbunden; statt dieses Rinnenthälchens ist in der Karte eine hohe Felswand gezeichnet.

Südlich vom Catscharauls bleibt der Firn stets auf der Nordseite des Abhanges zurück, südlich der Wasserscheide zwischen Ruseinthal und Hüfigletscher folgt ein steiler Felsabsturz, in der Karte hingegen noch ein flacher, südlich gegen Culm Tgietschen vorragender Scheitelfirn.

Das Gebiet des Sandfirnes ist trotz einiger Verbesserungen noch stets sehr ungenau. So ist z.B. die hohe Felswand, über welcher der angegebene Weg zum Sandgratpass sich hinzieht, in der Karte weggelassen, während an andern Orten viel weniger wichtige Felswände richtig eingezeichnet sind.

Die Darstellung der am Fusse des Bündnertödi in den Bifertengletscher hineinragenden Felswand entspricht gar nicht der wirklichen Form dieser schon aus grosser Ferne auffallenden Gestalt etc. etc.

In den älteren Aufnahmen von Anselmier und dem entsprechend in den beiden bisher erschienenen Auflagen der G-larnerkarte von Ziegler und in dem bisher publicirten Blatt XIV ist die Claridengruppe ganz unrichtig dargestellt, und sogar das Thieralpli gänzlich weggelassen. An Stelle jener alten Aufnahme ist nun die neue von Becker getreten.

Einige Verbesserungen, welche wir an unseren Karten wünschen, sind ausser der angedeuteten an Beobachtung reicheren Darstellung noch folgende Dinge, die wir als Wünsche zur Berücksichtigung empfehlen möchten:

Die grossen Quellen, welche ganze in den Karten verzeichnete Bäche bilden, sollten als Quellen bezeichnet werden. Es ist dies bis jetzt nur theilweise geschehen. Das Becker'sche Blatt gibt die Quelle im Eigeli westlich der Glattalp als solche durch einen kleinen Bogen am Beginn des Baches an. Von den vielen andern sehr merkwürdigen Quellen bei Spitzbach 27 und Gwalpeten südlich vom Eigeli ist von Becker leider nur noch eine deutlich bezeichnet worden; Schade, dass die Quellen des Urnerbodens nicht als solche bezeichnet worden sind! Die gewaltige Quelle von Reitischachen hinter den Auengütern, welche im Minimum etwa 10,000 Liter per Minute führt, ist auf dem Aufnahms-gebiet von Ingenieur Mohr richtig bezeichnet, die eben so starke merkwürdige Quelle des Fruttbaches bei Rämis auf den Fruttbergen am Ausgang des Urnerbodenthales hingegen ist leider weggelassen. Niemand wird verlangen, dass alle Quellen angegeben werden sollen, wohl aber wünschen wir, dass die besonders starken Quellen und die Mineralquellen, welche als Bäder benutzt werden, als solche durch ein bestimmtes Zeichen, z.B. durch ein blaues Kreischen, während Stellen, wo Bäche in Löcher versiegen, durch ein anderes, z.B. einen kleinen blauen Bogen angegeben werden sollten. Das letztere ist z.B. beim Ausfluss des Muttensees geschehen.

Die Bezeichnung der Wasserfälle sollte vollständiger durchgeführt werden. Die Gründe, welche man dagegen anführt, sind praktisch nicht stichhaltig.

Auf den Blättern des eidgen. Stabsbureau werden bis jetzt durch eine sehr sinnreiche einfache Methode in der Ecke links oben die Ingenieure angegeben, welche die Aufnahmen gemacht haben, rechts unten steht der Name des Stechers, links die Jahrzahl der Herausgabe durch das eidg. Stabsbüreau. Wir halten folgende Vermehrung der Notizen über die Entstehung des betreffenden Blattes für sehr wünschenswerth:

?* a 1 ) Jahrzahl der Aufnahme, 2 ) Name des Ingenieurs, welcher die Revision besorgte, 3 ) Jahrzahl der Revision.

Die Jahrzahlen der Aufnahme und Revision sind viel wichtiger als die Jahrzahl der Herausgabe, weil in ihnen ein Dokument für den Stand der Wälder, der Gletscher- und Firnmassen, der Ausdehnung der Vegetation gegen Fels, Karren und Felsschutt liegt. Freilich muss dann noch bestimmt angegeben werden, ob die Wälder, Firn- und Gletschergrenzen der Zeit der Aufnahme oder der Zeit der Revision entsprechen. Für die Grenzen der Vegetation kommt es nur auf das Jahrzehnt, nicht auf das einzelne Jahr an. Angabe dieser Jahrzahlen ist ferner noch in Beziehung auf den Lauf der Flüsse und ihre Uferterrassen, ferner auch für die Statistik über den Zustand der Verkehrswege und die Ausdehnung und Zahl der Gebäulichkeiten wünschbar. Den Namen der Revisionisten wünschen wir aus zwei Gründen: zunächst weil wir es für unrecht halten, wenn derjenige, der gewisse Fehler machte, genannt, derjenige aber, der sie fand und verbesserte, verschwiegen wird, und jede selbständige Arbeit auch den Namen dessen, der sie geleistet hat, tragen soll; endlich desswegen, weil auch der Revisionist offen den auf ihn fallenden Theil der Verantwortlichkeit auf sich nehmen soll, durch welche Betheiligung seiner Ehre an dem Resultate wir einen höhern Grad von Garantie für die Zuverlässigkeit seiner Arbeit gewinnen.

MS1Wir schliessen unsere Bemerkungen über unsere Karten mit dem Wunsche, dass die Zukunft auf dem Gebiete der Kartographie beim Erlangten nicht stehen bleibe, sondern noch weiter vorschreite.

Das überwiegende Gefühl, das sich unser beim Anblick unserer eidgenössischen Karten bemächtigt, ist allerdings nicht die Kritik, sondern die Hochachtung vor dem thatsächlich schon Geleisteten. Wahrlich steht die Arbeit und das Resultat, welches die Ingenieure im Dienste der Kartographie des schweizerischen Alpenlandes errungen haben, nach bleibendem Werthe für alle Gebiete menschlichen Lebens und Strebens, die mit dem Gebirge zusammenhangen, unvergleichlich viel höher, als die gepriesenste clubistische Leistung. Ihnen sei unser Dank und unsere Hochachtung dargebracht!

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