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Bericht über die Fahrten im Excursionsgebiet 1872

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über die Fahrten im Excursionsgebiet 1872

Von A. Hoffmann-Burckhardt.

Auch dieses Mal muss der Berichterstatter leider betonen-, dass es ihm sehr schwer fällt, Namhaftes über diesen wichtigsten Theil unserer Vereinsaufgabe zu bringen und dadurch einen wesentlichen Beitrag zur Kenntniss unseres Exkursionsgebietes zu liefern-, denn, so interessant und zum Theile grossartig schön auch das Adulagebiet, so wurden doch nur wenige Klubisten, wie es scheint, veranlasst, dasselbe zu besuchen, wenigstens sind dem Berichterstatter, ausser den mündlichen Referaten einiger Basler über mehrere durch schlechtes Wetter vereitelte Besuche desselben, absolut keinerlei Mittheilungen gemacht worden, trotzdem er es sich angelegen sein liess, unsere Mitglieder auch noch durch spezielle Aufrufe in den Tagesblättern an die Einsendung allfälliger Referate zu erinnern. Diese Unterlassung der Mittheilungen von Fahrten im offiziellen Exkursionsgebiete ist um so bedauerlicher, da doch in der Erforschung dieser Gebiete die Haupt- thätigkeit des S.A.C. gipfeln soll und da doch anzunehmen ist, däss einzelne Mitglieder dieser oder jener Sektion, trotz ihres Stillschweigens, in diesem Gebiete Wanderungen gemacht und Besteigungen ausgeführt haben.

So geht, um nur ein Beispiel anzuführen, aus dem Jahresberichte der Sektion Uto hervor, dass Herr Stabshauptmann Bluntschli von Zürich im Winter 1871—72 in der Sektion einen Vortrag gehalten habe über « die Ersteigung des Piz Blas » ( im Nalpsthale ), einen der bedeutenderen jungfräulichen Gipfel des Exkursionsgebietes von 1871, ohne dass wir aber daraus ersehen können, wann und wie die Besteigung ausgeführt worden, ja sogar ohne dass deren im Verzeichnisse der persönlichen Leistungen gedacht würde, so dass man sich vollständig im Unklaren darüber befindet, ob dieser Gipfel bestiegen worden oder nicht, über den eingeschlagenen Weg, über das Resultat der Besteigung u. s. f.

Der Referent muss also nothgedrungen sich auch diessmal mit ganz wenigen Angaben begnügen; er kann sich aber zum Glück auf das von Herrn Professor Rütimeyer redigirte Itinerarium beziehen, welches unsern Klubisten ein sehr getreues Bild des Gebietes und einen vorzüglichen Wegweiser an die Hand gab.

Wenn wir nun das Rheinwaldgebiet, der in unserm Itinerarium aufgestellten Eintheilung folgend, durchwandern, so treffen wir als Ausgangspunkt für die lohnendsten Touren, in dem grossartigen Gebirgscirkus, cter den Ursprung des Rheines umgibt und dessen Knotenpunkt das gletscherreiche Rheinwaldhorn selbst bildet, die neue Klubhütte « zum Ursprünge »

an und ergreifen den uns gebotenen Anlass gerne, um der Sektion BMtia für diese wohlgelungene Baute bestens zu danken und uns mit ihr zu dem Grundsatze zu bekennen, dass es besser sei, bei solchen neuen Hütten nicht allzusehr zu sparen, aber dafür etwas Gediegenes, Zweckmässiges und Dauerhaftes zu erstellen.

Das Rheinwaldhorn, 3398 m, ist, wie natürlich, der Zielpunkt der meisten Touristen gewesen, welche dieses Gebiet besucht. Seine glänzende, schön gewölbte Firnkuppel winkt verlockend den thatendurstigen Wanderer zu sich herauf und nach verhältnissmässig wenig anstrengender und durchaus gefahrloser Wanderung ( Itinerarium pag. 20 ) erfreut er sich einer ausnahmsweise interessanten und grossartigen Rundsicht ( Itin. pag. 12 und 13 ). Yon uns bekannt gewordenen Besteigungen der letzten Jahre erwähnen wir derjenigen des Herrn Dr. Wilh. Bernoulli ( Jahrbuch YII, 1871—72). im Sommer 1871 und derjenigen des Herrn Chs. Nägeli von Mülhausen ( Sektion Basel ), des Herrn G. Ammann ( Toggenburg ) und des Referenten im letzten Sommer.

Dass unter den Nachbargipfeln des Rheinwaldhornes, irgend welche in diesem Jahre bestiegen worden wären, ist uns nicht bekannt geworden, wenn wir das von Herrn Zeller-Horner von Zürich besuchte Marscholhorn davon ausnehmen und der Vollständigkeit wegen des Besuches des Referenten erwähnen, welchen derselbe im Sommer 1871 dem Vogelberg abstattete. Weder das im Jahre 1859 von Weilenmann erstiegene, 3393 m hohe Güferhorn noch die, soviel wir wissen bis dahin noch jungfräulichen Gipfel der Lenta-, Adula-, Ilochberg-, Lorenz- und Furketliliörner scheinen besucht worden zu sein;

so auch ist, bessern Bericht vorbehalten, Herr Weilenmann noch immer der einzige bekannte Bezwinger ( 1859 ) des Fanellahornes. Das Kirchalphorn aber bestieg Herr Chs. Nägeli von Mülhausen ( Sektion Basel ) und das Zapporthorn Herr E. Calberla ( Sektion St. Gallen ).

Etwas mehr begangen waren verschiedene der in unserm Itinerarium, pag. 19 bis 23, erwähnten Pässe und wir führen davon folgende uns bekannt gewordene Touren an:

Das Adulajoch wurde 1872 vom Referenten überschritten: von Olivone durch das Carassinathal über den Casiletto und Brescianagletscher nach dem Rheinwaldhorn über das Joch nach der Clubhütte und Hinterrhein; dasselbe von Herrn Nägeli in umgekehrter Richtung ebenfalls 1872; dasselbe 1871 von Herrn Dr. Wilh. Bernoulli ( Jahrbuch VII ) von der Lentalücke auf das Rheinwaldhorn.

Weder der Passo dei Cadabbi noch auch das Vogeljoch und der Zapportpass scheinen in diesem Jahre begangen worden zu sein; dagegen überschritt der Referent den Grat zwischen Vogelberg und Bheinquell-horn im Sommer 1871, als er vom ersten Gipfel nach Alp Urbello und Guarnajo ging.

Die auf pag. 20 des Itinerariums gestellte, ganz interessante Aufgabe, darin bestehend: einen direkten Weg von der Clubhütte oder von Hinterrhein nach Val Calanca zu finden, ist bis jetzt noch ungelöst, obschon sie unbedingt viel Interesse bieten niüsste.

Von den Uebergängen unter Nr. 2, pag. 21 des Itinérariums, beging Herr Dr. Wilh. Bernoulli den Valserberg im Sommer 1872 und die Lentalücke im Sommer 1871 ( von Lämpertschalp nach dem Rheinwaldhorn ).

Die Plattenschlucht passirten die Herren Müller - Wegmann, sowie die Herren Peter Bener und Fd. v. Salis im Sommer 1872. Herr Chs. Nägeli besuchte den Fanella- und den Lentagletscher und passirte die Lentalücke. Während die Lentalücke auf dem Nordabhange einige schwierige Stellen aufweist, ist dagegen die Plattenschlucht ein leicht zu begehender Pass.

Von den Uebergängen, welche aus der Val Blegno nach den Thälern des Vorderrheins führen und unter Nr. 3, pag. 22 und 23 des Itinérariums aufgeführt sind, hat Herr Ingenieur Gösset 1871 mehrere begangen, Herr Dr. Wilh. Bernoulli 1871 die Bocca di Fornei 2879 m und ferner mag hiezu auch noch der oben erwähnte Weg über'den Casiletto gleich nach dem Adulajoch gezählt werden.

Das Gebirge, welches unser Itinerarium unter Nr. 4T pag. 20 und ff., bespricht und das beim Tambohorn beginnend und bis zum Pizzo di Curciusa streichend, durch den « Balniscio-Pass von seiner nach Süden verlaufenden Fortsetzung getrennt erscheint, hatte sich leider keines zahlreichen Besuches zu erfreuen und es ist uns nicht bekannt geworden, dass bisher unbestiegene Spitzen desselben wie Piz Terre, Pizzo dei Piani, Pizzo di Val Loga oder Curciusa erklettert worden wären. Herr Ingenieur Gösset begab sich bei der Revision des Clubgebietes auf den Guggernüll und der Referent bestieg im Sommer 1871 das Tambohorn vom Berghause an der Splügenstrasse aus, mit Abstieg nach dem nördlich gelegenen Areue-Thal, ein Weg, den er aber nicht Jedermann empfehlen möchte.

Unser unermüdliche Bergsteiger Weilenmann war natürlich schon vor vielen Jahren ( 1859 ) auf dem Gipfel des Tambohornes.

Von den Gebirgszügen, welche Val Curciusa und Val Vignone gen Westen abschliessen, können wir nur melden, dass der Pizzo Uccello im Sommer 1872 von Herrn Dr. Wilh. Bernoulli besucht worden ist und Herr Müller - Wegmaim jene Gegenden zeichnend durch-streifte.Val Vignone findet sich im Jahrbuche VII, pag. 70, erwähnt.

Von Touren in den südlichen Thälern ist dem Referenten wenig bekannt geworden. Die Biviera müssen wir ganz übergehen, während dem die Thäler und theilweise auch die Pässe von Blegno, Calanca und Mesocco einigen, wenn auch nicht gerade zahlreichen Besuch erhielten. Am Eingehendsten wurden diese Partien des Exkursionsgebiets wohl begangen und studirt von den Herren Coaz und Gösset während ihrer Thätigkeit für die Revision der Karte im Sommer 1871. Während Herr Coaz die hauptsächlichsten Pässe, die vom Blegnothale nach der Val Calanca und von dieser nach dem Mesoccothale führen ( pag. 28, 29 und 38 ) besucht hat, beging Herr Gösset während seines Aufenthaltes in Olivone fleissig die umliegenden Thäler und Pässe.Von andern Clubisten ist uns wenig bekannt geworden, obschon es kaum denkbar, dass dieser Theil des Exkursionsgebietes beinahe vollständig unbesucht sollte geblieben sein. Drei Basler Clubisten gelangten vom S. Bernardino aus auf den Passo dei tre uomini und durchwanderten von dort die Val Mesocco bis Bellinzona.

Herr Dr. Wilh. Bernoulli besuchte das Calancathal, von wo er über den Passo dei Passetti nach S. Bernardino gelangte, der Referent endlich tiberstieg im Sommer 1872 den Passo di Tresculmene, von Mesocco nach Valbella und durchwanderte die Val Calanca; im Sommer 1871 aber überschritt er, von der Alpe Gruarnajo im Hintergrunde der Val Malvaglia kommend, das Simanojoch oder besser den Simanograt unterhalb der höchsten Spitze, nach Norden über einen Lawinenrest der Bachrinne folgend, die vom « 0 » des Simano nach dem S der Val Soja führt und erreichte über die Alp Pianpremeste bei Dangio das Blegnothal ( Jahrbuch VII, pag. 95 und 96 ), welches er bis nach Olivone weiter verfolgte.Von den von Olivone abzweigenden Thälern durchwanderte Herr Dr. Wilh. Bernoulli die Val Carassina ( Jahrbuch VII, pag. 123—125 ) und die Val Stx Maria ( Lukmanier ), der Referent die liebliche Val di Campo mit Uebergang bei Punkt 2404 ( Passo di Ganna nera ) nach Stl Maria am Lukmanier ( Jahrbuch VII, pag. 97—99 ) und, wie oben gesagt, wohl am Einlässliehsten Herr Ingenieur Gösset die meisten derselben; leider besitzen wir von ihm keine Beschreibung seiner interessanten Studien und Fahrten im Exkursionsgebiete.

Von Besteigungen höherer Berggipfel in diesem Theile unseres Erforschungsgebietes ist uns nichts bekannt geworden und wir erlauben uns daher wiederholt, unsere Clubgenossen einzuladen, nachträglich noch jene Gebirgen ihres Besuches zu würdigen;

wie aus dem Itinerarium ersichtlich, dürfte hoher Genuss den Ersteigern vieler jener zahlreichen, meist jungfräulichen Gipfel beschieden sein; wir nennen besonders die folgenden: Pizzo di Glaro 2719 m ( Itinerarium pag. 27 ), Cima dei Cogni 3068 m ( pag. 30 ), Torrone d' Orza 2948 m, Simano 2842 ( pag. 31 ), Pizzo di Molare 2588 m ( pag. 31 ), Cima di Pian Guarnei 3014 m, Corbet 3025 m, Pizzo Pombi 2971 m ( pag. 40 ) und schliesslich erwähnen wir noch des von Herrn Coaz sehr empfohlenen Pizzo Campanile und Passo della Paglia 2595 m ( pag. 40 und 41 ), obschon ausserhalb unseres eigentlichen Berichtsgebietes liegend. Wir schliessen unsern kurzen und, wie uns gar wohl bewusst, sehr unvollkommenen Bericht über das Exkursionsgebiet von 1872 und gehen über zu den Sektionsberichten, die wir, wie früher, in der Reihenfolge ihres Einganges aufführen, indem wir uns erlauben, aus den Originalberichten nur das Wissens-wertheste mitzutheilen.

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