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Besondere Probleme der Landschaftsplanung im Gebirge

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J. Jacsman, Zürich

Einleitung Im folgenden soll versucht werden, auf einige spezifische Probleme der Landschaftsplanung im Gebirge hinzuweisen. Die Aufgabenstellung ist insofern begründet, als die bisherigen Erfahrungen das Bestehen von landschaftsplaneri-schen Sonderproblemen in den Alpen und im Jura deutlich bestätigen. Dabei handelt es sich keineswegs um methodische Probleme des Pla-nungsvorganges, sondern vielmehr um den Inhalt der Planung.

Die Ursachen, welche eine Differenzierung der Inhalte der Landschaftsplanung im Gebirge und im Mittelland bewirken, sind bekannt. Erstens sind die meisten Berglandschaften im Unterschied zu den Landschaften des Mittellandes noch weitgehend in einem naturnahen Zustand erhalten geblieben, was einerseits die Frage nach ihrer Schutzwürdigkeit aufwirft, andererseits aber auch auf die möglichen Naturrisiken hinweist. Zweitens erweisen sich die natürlichen Voraussetzungen für die Landwirtschaft im Gebirge als so prekär, dass eine Eignungsbeurteilung und die darauf basierende Ausscheidung von Landwirtschaftszonen zum vornherein als fragwürdig erscheinen. Dazu kommt, dass ein massgeblicher Anteil der Berggebiete für die Land- und Forstwirtschaft ein naturbedingt unproduktives Areal darstellt. Schliesslich sei auf die wachsende Bedeutung des Tourismus in den Bergregionen hingewiesen, dessen Wechselbeziehungen mit dem Natur- und Landschaftsschutz, der Berglandwirtschaft und der Forstwirtschaft für eine Landschaftsplanung entscheidend sein können.

Bevor nun auf einige Probleme näher eingetreten wird, sei es erlaubt, die grundsätzlichen Merkmale der Landschaftsplanung schweizerischer Prägung vorzustellen.

Die Landschaftsplanung in der Schweiz Unter Landschaftsplanung versteht man in der Schweiz denjenigen Teilbereich der Orts-, Regional- und Landesplanung, der sich mit der harmonischen Entwicklung und Nutzungsord-nung der nicht besiedelten, sogenannten freien Landschaftsräume befasst. Sie beinhaltet - nach heutiger Auffassung - die Ergebnisse von mindestens vier Fachplanungen:

1. der Schutzplanung, 2. der Landschaftsnutzungsplanung, 3. der Erholungsplanung sowie 4. der Pflege- und Gestaltungsplanung.

Die Schutzplanung vertritt die Belange des Landschaftsschutzes im weiteren Sinne, d.h. des Natur- und Heimatschutzes, des Ortsbild- und Landschaftsbildschutzes, des Grundwasserschut-zes usw. Sie beruht auf einer Schutzwürdigkeits-karte, welche die Grundlage für die Auswahl und Ausscheidung der Schutzgebiete und Einzelobjekte darstellt.

Im Rahmen der Landschaftsnutzungsplanung werden die Landwirtschaftszonen, die Wälder, die Abbauzonen und Deponieplätze abgegrenzt. Die Ausscheidung der Landwirtschaftszonen erfolgt auf Grund von Eignungskarten. Für die Wälder werden Entwicklungspläne erarbeitet, die ihre Flächenentwicklung und ihre künftige Funktionsordnung zum Inhalt haben. Die Erholungsplanung verfolgt das Ziel, die für die Erholung des Menschen geeigneten und erforderlichen Gebiete auszuweisen und diese zweckmässig einzurichten. Die Pflege- und Gestaltungsplanung schliesslich bringt Vorschläge für die Wiederherstellung verunstalteter oder ge- schädigter Landschaften bzw. für die Neugestaltung der Landschaft.

Das Wesen der Landschaftsplanung besteht in der zeitlich-räumlich-sachlichen Aufeinanderabstimmung der genannten Fachplanungen. Die Koordination erfolgt im Blick auf das ge-samtplanerische Leitbild unter Berücksichtigung der Belange einer gesunden Landschaftsentwicklung.

Die Schutzwürdigkeit der Berglandschaften Wie schon erwähnt, sind unsere Berglandschaften wegen ihrer Unberührtheit, Einmaligkeit und Schönheit berechtigterweise Interessenob-jekte des Natur- und Landschaftsschutzes. Tatsache ist jedenfalls, dass von den im KLN-Inventar aufgeführten schützenswerten Landschaften und Naturdenkmälern von nationaler Bedeutung sich 88 in den Alpen und im Jura befinden, während auf das Mittelland nur 32 schutzwürdige Objekte entfallen. Neben dem KLN-Inventar besteht ein Richtplan des Schweizer Alpen-Clubs für den Schutz der Gebirgswelt, in dem die Unterschutzstellung von weiteren 62 Berglandschaften postuliert wird. Die Gesamtfläche der als schützenswert geltenden Landschaften in der Schweiz ist zur Zeit nicht bekannt; es darf jedoch mit grosser Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ihr Anteil in den Alpen mehr als 20% beträgt. Wenn man bedenkt, dass dieser Anteil durch die Landschaftsschutzplanung noch massgeblich vergrössert wird, so erhebt sich unwillkürlich die Frage, ob Schutzgebiete dieser Grössenordnung in einem wirtschaftlich stark entwickelten Land wie der Schweiz verantwortbar, tragbar sind. Darf man, mit andern Worten, das Kriterium der Schutzwürdigkeit in den Alpen und im Jura mit gleicher Schärfe anwenden, wie es bei den Landschaftsschutzplanungen im Mittelland geschieht?

Die Grössenordnung der Schutzgebiete ist in einem Land - sofern man von den Entschädi-gungsfragen absieht - weitgehend das Resultat der Motivierung des Schutzes. Wie bekannt, nimmt das Motiv « Erholung » unter allen Beweggründen des Landschaftsschutzes schon heute eine Vorrangstellung ein. Das bedeutet, dass sich das Vorhaben, das Landschaftsbild zu erhalten, zur Forderung nach einem Erholungs-landschaftsschutz entwickelt hat. In Anbetracht dieser Funktionswandlung des Landschaftsschutzes ist es durchaus verständlich, wenn der Anteil der Landschaftsschutzgebiete in den meisten modernen Industriestaaten der Welt ständig zunimmt. So beträgt er in den Bundesländern Bremen, liessen, Rheinland-Pfalz und Saarland unseres nördlichen Nachbarstaates zwischen 27 und 42% ( Stand 1967 ).

Die besondere Eignung der Gebirgslandschaften für die Erholung des Menschen bedarf wohl keiner Erklärungen. Unter diesem Aspekt erscheint die Forderung nach einem umfassenden Schutz der Berggebiete durchaus begründet. Dass dieses Ziel in Verbindung mit der Ortsund Regionalplanung am wirksamsten erreicht werden kann, dürfte ebenfalls unbestritten sein. Damit erhält die Schutzplanung im Gebirge eine überaus starke Gewichtung. Die Planer sind verpflichtet, die grundsätzlich freizuhaltenden Berggebiete auszuscheiden.

Den Kern der freizuhaltenden Landschaftsräume bilden ohne Zweifel die Natur- und Landschaftsschutzgebiete. Es wäre allerdings unrealistisch, die geforderten grossräumigen Schutzgebiete des KLN-Inventars und des SAC als Reservate zu betrachten, in denen höchstens Wanderer, Naturfreunde oder Naturforscher geduldet sind. Es muss ausdrücklich betont werden, dass die Landschaftsschutzplanung in diesen postulierten Schutzgebieten, nach Abwägung der verschiedenen Interessen und gemäss dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit, Zonen unterschiedlicher Schutzintensität auszuscheiden hat. Der Streuungsbereich dieser Zonen kann von den « landschaftlich empfindlichen Zonen », die im Grunde Bauzonen im Schutzgebiet darstellen, bis zum Naturreservat reichen, in dem jegliche Tätigkeit des Menschen verboten ist.

Die freizuhaltenden Landschaftsräume sollen jedoch in den Alpen und im Jura zum grösseren Teil aus Landschaftsschongebieten bestehen. Es dürfte von Interesse sein, dass die Landschaftsplanung diesen Begriff aus der Bundesverfassung ableitet, wo im Art. 24sexles die weitgehende Schonung des heimatlichen Landschaftsbildes geboten wird. Die Schutzwürdigkeit im Sinne des Natur- und Landschaftsschutzes ist eine wesentliche Voraussetzung der Landschaftsschongebiete. Sie sind jedoch weder dem Natur- und Heimatschutzgesetz noch Verordnungen ähnlicher Zielsetzungen unterstellt, sondern nur indirekt geschützt. Der indirekte Schutz kann durch andere Rechtsnormen ( z.B. Forstgesetz, Baugesetz, Gewässerschutzgesetz usw. ), durch planerische Massnahmen oder durch die Natur selbst gewährleistet werden.

Wie schon bei der Festlegung der Landschaftsschutzgebiete, hat der SAC auch bei der Ausscheidung von Landschaftsschongebieten hervorragende Vorarbeit geleistet. Die im erwähnten Richtplan des SAC abgegrenzten « Gebirgsgebiete, im wesentlichen das Hochgebirge », dürfen nämlich als effektive Landschaftsschongebiete gelten, da sie I. als schutzwürdig beurteilt werden und 2. die für ihre rechtliche Sicherung vorgesehenen Gesetzesgrundlagen ( VV zum Luftfahrtsgesetz, Seil-bahnverordnung, Konkordat über Luftseilbahnen und Skilifte usw. ) als Mittel des indirekten Landschaftsschutzes anzusehen sind. Die Schongebiete des SAC erfassen bekanntlich im wesentlichen das unproduktive Hochgebirge oberhalb des alpwirtschaftlich genutzten Bodens. Es wird Aufgabe der Landschaftsplanung sein, Schongebiete auch in tieferen Höhenlagen abzugrenzen.

Die Notwendigkeit der Ausscheidung von Gefahrengebieten Schwere Unglücksfälle müssen den modernen Menschen Jahr für Jahr daran erinnern, dass er die Natur trotz der technischen Errungenschaften keineswegs besiegt hat. In der Schweiz und besonders in unseren Berggebieten wird diese Tatsache nur zu oft vor Augen geführt, wenn durch Lawinen, Bergrutsche oder Wildwasser Menschenleben und Menschenwerke vernichtet werden. Was kann nun die Landesplanung und speziell die Landschaftsplanung gegen diese Naturgewalten unternehmen, wenn sie durch die moderne Technik doch nicht zu bändigen sind? Die Frage ist schon vor Jahrhunderten beantwortet worden, und zwar von Menschen, die diese Berggebiete besiedelt und zu ihrem Lebensraum gestaltet haben.

Als eine der entscheidenden Schutzmassnahmen vor Naturgewalten galt in allen Zeiten die weitgehende Ausschaltung der Risiken. Dieser passive Schutz basiert auf der Erfahrung, dass die Naturgewalten in der Regel nur an bestimmten Orten auftreten, während andere Orte praktisch gefahrlos sind. Die Lokalisierung der Gefahrengebiete ist somit eine Voraussetzung für die Orts- und Regionalplanung im allgemeinen und für die Siedlungs-, Verkehrs- und Erholungsplanung im speziellen.

Einen massgeblichen Beitrag zur Ausscheidung von Gefahrengebieten hat in der Schweiz das Eidgenössische Institut für Schnee- und Lawinenforschung ( Weissfluhjoch/Davos ) geleistet. Die von den Mitarbeitern des Institutes entwickelte Lawinenzpnenplanung ermittelt alle Gefahrenmomente, welche vom Schnee ausgehen, und stellt sie in einer Lawinenzonen-karte dar ( Frutiger 1970 ). Die Lawinenzonen-karte enthält drei Zonen unterschiedlichen Gefährdungsgrades. In der sogenannten « roten » Zone besteht wegen der grossen Gefährdung ein absolutes Bauverbot. Die zweite, « blaue » Zone umfasst die Gebiete zwischen den gefährdeten und eindeutig sicheren Flächen ( Übergangszone ). Sie ist bedingt überbaubar. Die « weisse » Zone zeigt die von Lawinengefahr freien Gebiete.

Die Lawinenzonenkarte stellt eine wichtige Grundlage für die Ausscheidung der künftigen Baugebiete dar. Sie ist ebenso erforderlich für die Eignungsbeurteilung der Landschaft für die Wintererholung. Da im Sommer in der Regel keine Lawinengefahr besteht, werden die « roten » Zonen vielerorts als Standorte für saisonale Erholungseinrichtungen ( Campingplatz, Fussballplatz, Tennisplatz usw. ) in Frage kommen.

Zu den Gefahrengebieten gehören auch die von Wildbächen, Rufen, Erdschlipfen oder Steinschlägen bedrohten Landschaftsräume. Eine Wildbachzonenplanung ist in der Schweiz jedoch nur an wenigen Orten im Gange, obwohl sie zur Eliminierung von Naturkatastrophen wirksam beitragen könnte. Aus Bayern ist bekannt, dass dort die Wildbäche, aber auch die Erosionsherde, die Erosionsstrecken, die Schuttkegel und die rutschgefährdeten Gebiete im Massstab 1:25000 kartiert wurden ( Karl 1963 ). Ansätze zu einer Wildbachzonenplanung sind ebenfalls aus Österreich bekannt ( Aulitzky 1968 ).

Der Schutz des Menschen und seiner Werke vor der Natur ist für die Landschaftsplanung im Gebirge eine ebenso wichtige und dringliche Aufgabe wie der Schutz der Natur und Landschaft vor dem Menschen. Es dürfte deshalb zu denken geben, dass die Ausscheidung der Gefahrengebiete in der Schweiz bis jetzt vernachlässigt wurde. Diese Praxis ist um so fragwürdiger, als eine erfolgreiche Orts- und Regionalplanung im Gebirge in vermehrtem Masse von den Naturgegebenheiten ausgehen muss.

Berglandwirtschaft und Landschaftsplanung Die Ausscheidung der Landwirtschaftszonen ist für die Orts- und Regionalplanung im Mittelland insofern vordringlich, als die Gefahr besteht, dass die für die landwirtschaftliche Nutzung am besten geeigneten Böden durch Uberbauung verlorengehen. Diese Gefahr ist indessen in den Berggebieten weniger akut, wenn auch die mit Ferienhäusern übersiedelten Gebiete ständig zuneh- men. Gegen eine Landwirtschaftszonenplanung im Gebirge spricht zudem die Tatsache, dass die Zukunft der Berglandwirtschaft trotz intensiver Strukturverbesserungen weiterhin problematisch erscheint. Dass es heute noch Berglandwirtschaft gibt, verdanken wir viel mehr der Beharrlichkeit, dem Traditionsbewusstsein, der Schollentreue der Bergbauern als den vielfach ungerecht kritisierten Förderungsmassnahmen.

Die Erhaltung der Berglandwirtschaft ist jedoch eine Schicksalsfrage unseres Landes. Ohne die landschaftserhaltende und land-schaftspflegende Funktion der Bergbauern könnte die Schweiz als Fremdenverkehrsland nicht lange bestehen. Dieser Funktion ist gutenteils zuzuschreiben, dass unsere Bergtäler bewohnbar sind und die Bergstrassen ohne Gefahr befahren werden können.

Der Beitrag der Landschaftsplanung zur Lösung der Probleme der Berglandwirtschaft umfasst mindestens die Ausscheidung der exten-siv-wirtschaftlich nicht mehr tragbaren Flächen. Eine negative Eignungsbeurteilung der Böden für die Berglandwirtschaft hat den Vorteil, dass die sogenannten Grenzertragböden relativ einfach und unmittelbar bestimmt werden können. Gleichzeitig werden diejenigen für die Berglandwirtschaft geeigneten Gebiete abgegrenzt, in denen Strukturverbesserungen nicht nur notwendig, sondern auch wirksam sind.

Die Ausscheidung der Grenzertragböden darf nur als vorsorgliche Massnahme der Landschaftsplanung verstanden werden. Das Problem stellt sich erst, wenn diese Gebiete sich selbst überlassen werden und ihre Verwilderung einsetzt. In Landschaftsschutzgebieten und besonders in den Erholungsgebieten besteht dann die Gefahr, dass der Charakter des Landschaftsbildes bzw. die Benutzbarkeit der Aktivitätsräume ( z.B. Skihänge ) beeinträchtigt wird. Um dies zu verhindern, muss die Bewirtschaftung der fraglichen Flächen weiterhin aufrechterhalten werden. Für solche ausgesprochenen Pflege-massnahmen wird die Berglandwirtschaft aller- dings vollumfänglich entschädigt werden müssen.

Die Waldentwicklungsplanung Die Wälder der Schweiz sind in ihrem Bestand und in ihrer regionalen Verteilung von Gesetzes wegen geschützt. Die Schutzbestimmungen finden sich im eidgenössischen und in den kantonalen Forstgesetzen bzw. in deren Vollziehungs-verordnungen. In Anbetracht dieser klaren Rechtslage erscheint die Notwendigkeit einer Waldentwicklungsplanung etwas fragwürdig. So ist es auch nicht verwunderlich, dass ihre bisherigen Ergebnisse sich auf wenige Versuche beschränken.

Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass eine Waldentwicklungsplanung gerade aus Gründen des Walderhaltungsprinzips Vorteile bietet, da sie die bestehenden Waldflächen kartographisch festhält und damit die Waldgrenzen fixiert. Waldentwicklungspläne wären also integrierende Bestandteile der Schutzbestimmungen.

Sodann dürfen wir nicht vergessen, dass die Möglichkeit zur Waldrodung schon im Bundesgesetz gegeben ist, das zugleich die Kompetenz und das Verfahren der Bewilligung regelt. Mit Freude darf man jedoch erwähnen, dass die zuständigen Behörden in der Erteilung von Rodungsbewilligungen sehr zurückhaltend sind. Waldrodungen werden in der Regel nur dann bewilligt, wenn Gründe vorliegen, denen ein bedeutendes öffentliches Interesse zukommt. Die Rodungsvorschläge im Rahmen einer Waldentwicklungsplanung bedürfen folglich des objektiven Nachweises, dass durch die Waldrodung weder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt noch die Sicherheit der Wohn-und Erholungsgebiete, des Kulturlandes und des verbleibenden Schutzwaldes gefährdet wird. In Landschaftsschutzgebieten ist daher die Unantastbarkeit der Wälder ein grundsätzliches Gebot. Wie schwerwiegend die Folgen der Rodungen in effektiven Schutzwäldern sein können, zeigt ein Beispiel aus Österreich, wo zur Anlage der Slalompisten des Olympiageländes in der Axamer Lizum bei Innsbruck grosse Waldrodungen erfolgten. Seither verheeren Murgänge in kurzen Abständen das ehemalige Olympiagelände, weil das Wasserhaltevermö-gen des entwaldeten und überdies beweideten Steilhanges ( 1500-2100 m ü.M. ) zu gering geworden ist ( Aulitzky 1968 ).

Eine Waldentwicklungsplanung im Gebirge wird nicht zuletzt deshalb wünschenswert, damit die Aufforstung bzw. natürliche Bewaldung der vom Natur- und Landschaftsschutz, von der Siedlungs- oder Erholungsplanung nicht beanspruchten Grenzertragböden zielbewusst vor sich geht. Eine Aufgabe der Waldentwicklungsplanung ist daher, konkrete Vorschläge zu machen, wie diese Gebiete, wenn sie einmal nicht mehr genutzt werden, in Wald umzuwandeln sind. Die Aufforstung der fraglichen Flächen ist nur dann angezeigt, wenn sie eine bedeutsame aktive Schutzmassnahme gegen Naturrisiken ( Lawine, Erosion, Rutschungen usw. ) darstellt oder forstwirtschaftlich vertretbar ist. In andern Fällen ist es begründet, den Vorzug der natürlichen Bewaldung zu geben.

Tourismus und Landschaftsschutz Die Beziehungen des Fremdenverkehrs zum Landschaftsschutz sind nicht ohne Widersprüche. Immer wieder, wenn es darum geht, die Attraktivität eines Kurortes hervorzuheben, erscheint die naturnahe Umgebung, die unberührte Berglandschaft als Basiskapital und wird erfolgreich eingesetzt. Für die touristische Werbung sind deshalb selbst Natur- und Landschaftsschutzgebiete willkommene Hilfsmittel, so dass sich eine Zusammenarbeit mit den amtlichen oder privaten Institutionen des Natur-und Landschaftsschutzes mehr und mehr anbahnt. Unterdessen vollzieht sich aber eine Wandlung der Fremdenverkehrsgebiete, die den Vorstellungen eines grossräumigen Land- schaftsschutzes keineswegs entspricht. Am Rande der Kurorte verzehren - langsam, aber unaufhaltbar — Arealüberbauungen mit Appartementhotels und Eigentumswohnungen die wertvollsten Landschaftsbereiche. Bis jetzt kaum begangene Seitentäler werden für Ferien-haussiedlungen erschlossen; leistungsfähige Bergbahnen greifen in die Regionen des Hochgebirges ein.

Durch die Zunahme der Bevölkerung und infolge der Verstädterung hat sich die Struktur und Grösse des Erholungsbedürfnisses des modernen Menschen erheblich verändert. Aus diesem Grund ist eine Vergrösserung des Angebotes an Beherbergungseinrichtungen, attraktiven Erholungsräumen und damit auch an neuen Er-schliessungsanlagen verständlich. Selbst die Möglichkeit, dass in Kürze weitere Ferien- und Wintersportorte benötigt werden, muss in Erwägung gezogen werden. Damit erhebt sich die Frage nach der Tragfähigkeit der Berglandschaften. Was kann als Optimum an touristischen Gebieten akzeptiert werden, damit die Landschaft erhalten bleibt?

Die Lösung der Probleme ist Aufgabe der Landschaftsplanung. Um jedoch die sich widersprechenden Interessen des Landschaftsschutzes und des Tourismus unter Berücksichtigung einer gesunden Landschaftsentwicklung aufeinander abstimmen zu können, wird es unbedingt erforderlich sein, dass der Tourismus — ähnlich wie es der Natur- und Landschaftsschutz gemacht hat — seine Zielvorstellungen für das gesamte Berggebiet planerisch begründet. Ein solcher touristischer Richtplan ist nicht nur ein Mittel, sondern auch Voraussetzung für die Landschaftsplanung im Gebirge.

Schlussbetrachtungen Landschaftsplanung und überhaupt Orts- und Regionalplanung sind relativ neue Begriffe. Der Ruf nach ihnen ist dennoch unüberhörbar. Wenn im Jahre 1970 die Notwendigkeit eines Ein Hochmoorseelein im Selva Secca. Das Lukmaniergebiet ist reich an solch kleinen Schönheit » abseits vom Wege Photo Christian Leibundgut, Langenthal umfassenden Umweltschutzes in allen europäischen Ländern besonders hervorgehoben wird, so kann es nur daran liegen, dass wir in unserem Bestreben nach materiellem Wohlstand schon heute an einer Grenze der Belastbarkeit von Natur und Landschaft angelangt sind.

Sinn der Landschaftsplanung ist es, Entscheidungen vorzubereiten, welche im Interesse einer gesunden Landschaftsentwicklung unbedingt erforderlich sind. Die von ihr erarbeiteten Vorschläge sind jedoch ohne entsprechende Gesetzesgrundlagen und finanzielle Mittel unwirksam. Möge deshalb das europäische Naturschutzjahr 1970 dazu beitragen, dass für die Erhaltung der natürlichen Umwelt auch die erforderlichen politischen, gesetzgeberischen, finanziellen und organisatorischen Massnahmen getroffen werden.

Literatur Aulitzky H. ( 1968 ): Berücksichtigung der Wildbach-und Lawinengefahr in der Raumordnung. Berichte zur Raumforschung und Raumplanung, 12.Jg., H. 1.

Frutiger H. ( 1970 ): Der Lawinenzonenplan ( LZP ). Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen, 121.Jg., Nr. 4.

Karl J. ( 1963 ): Karte der Wildbäche der Bayerischen Alpen 1:25000. Bayerische Landesstelle für Gewässerkunde, München.

Handbuch für Landschaftspflege und Naturschutz, Band 3, München /Basel/ Wien, 1969.

Inventar der zu erhaltenden Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung ( KLN-Inventar ), Basel 1967.

Richtlinien und Richtplan des SAC für den Schutz der Gebirgswelt, 1969.

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