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Die Achttausender

Remarque : Cet article est disponible dans une langue uniquement. Auparavant, les bulletins annuels n'étaient pas traduits.

Von G. O. Dyhrenfurth

Mit 1 Bild ( 44St.. Gallen, Sektion Uto ) k ) Die wichtigsten Abbildungen sind: Everest-Lit. Nr. 1 neben S. 96; dieselbe Aufnahme auch « Alpen » XII neben S. 16; Everest-Lit. Nr. 1, S. 184 und 185. « Alpen » IX neben S. 329; dieselbe Aufnahme auch in Everest-Lit. Nr. 14. Es ist die bekannte Teleaufnahme, die Mr. Sain, der Photograph von Darjeeling, vom Singalila-Kamm aus gemacht hat und die auch als Ansichtskarte eine grosse Verbreitung hat. Dieses berühmte Bild ist sehr irreführend, da es wenig Plastik hat und die hintereinander liegenden Kulissen nicht erkennen lässt. Vom Mount Everest sieht man hier nur das oberste Stückchen vom Gipfel; sonst ist der ganze Berg durch den Lhotse verdeckt. Die kleine Stufe links vom Everest-Gipfel ist in Wahrheit eine Spitze des Lhotse. Dagegen ist der Makalu mit dem eigenartigen Kargletscher seiner SE-Flanke gut sichtbar. Fast damit übereinstimmend ist die Teleaufnahme von Vitt. Sella von Sandakphu in Freshfield: Round Kangchenjunga, neben S. 358, also ebenfalls Lhotse-Everest links und Makalu rechts aus SE. Auf der gleichen Seite darüber ist Sellas Telephotographie « The Nepal Peaks from Hooker's Chunjerma »; sie zeigt den Makalu links und Lhotse-Everest rechts, und zwar aus ESE.

Ferner nenne ich: Everest-Lit. Nr. 17 neben S. 62; Nr. 18 das doppelseitige Bild vor S. 249. Die schöne Aufnahme in Nr. 18 neben S. 248 ist falsch beschriftet. Es ist zwar der Makalu, aber nicht vom Everest gesehen, sondern aus SW oder SSW.

« Himalayan Journal » VIII neben S. 4 und IX neben S. 19; endlich besonders schön Alp. Journ. Nr. 252 neben S. 3.

l ) Obgleich ich die Aufnahmen des Makalu aus N, NW, SW, SE und ESE oft und sorgfältig studiert habe, wage ich nicht recht, eine bestimmte Route zu « empfehlen ». Am nächstliegenden wäre der Versuch von NE, also vom Sattel zwischen Chomo Lönzo ( 7815 m ) und Makalu ( 8470 m ). Diese breite Einsenkung scheint aber nur schwer zugänglich zu sein, und zwar liegt auch hier das Hauptproblem in den Steilwänden zwischen 6000 und 7000 m. Aber auch die eigentliche Pyramide ist — besonders in ihren obersten 300 bis 400 m — steil und vermutlich technisch schwierig. Alles in allem: der Makalu ist sicher sehr viel schwerer als der Everest und vielleicht eher mit dem K2 zu vergleichen.

m ) Geologisch ist es so gut wie sicher, dass der Makalu aus « Zentralgneis » besteht. Er liegt ja sogar noch weiter südlich als der Lhotse und hat die typischen Formen des Orthogneis. Selbstverständlich ist er aber bisher noch nicht untersucht worden.

6. a ) Dhaulāgiri.

b ) Der Name ist indisch und bedeutet« WeisserBerg»,also: Dhaulagiri = Mont Blanc. Der Ton liegt auf dem a der zweiten Silbe.

c ) 8167 m = 26 795 ft.

d )...

e ) 28° 41'48 " nördlicher Breite.

/ ) 83° 29'42 " östlicher Länge.

g ) Zentral-Himalaya, im Inneren von Nepal.

h ) Der Dhaulagiri ist von der indischen Ebene sichtbar; daher auch sein indischer Name. Er ist schon sehr lange bekannt und galt sogar zeitweise — vor der Entdeckung des Mount Everest — als höchster Berg der Erde. Trotzdem wissen wir vom Dhaulagiri herzlich wenig, da die Absperrung seitens Nepals für diese ganz im Landesinneren gelegenen Gebiete sehr streng ist.

Bisher hat also weder ein Ersteigungsversuch noch eine Erkundung stattgefunden.

i ) Unter diesen Umständen kann es eine Dhaulagiri-Literatur nicht geben. Ich nenne aber wenigstens ein paar Arbeiten, die Nepal behandeln und den Dhaulagiri kurz besprechen:

1. 1928 Landon, P.: Nepal. 2 Bände, mit vielen Abbildungen und Karten. Constable, London.

2. 1933 Burrard, S. G. and Hayden, H. H., revised by Burrard, Sidney and Heron, A.M.:

A Sketch of the Geography and Geology of the Himalaya Mountains and Tibet. Survey of India. Delhi: Manager of Publications.

3. 1933 Kurz, M.: Die Erschliessung des Himalaya. « Alpen » IX, Nr. 9.

4. 1934 Morris, C.J.: A glimpse of unknown Nepal. Him. J. VI, S. 77—80.

5. 1934 Mason, K.: A note on the Nepal Himalaya. Him. J. VI, S. 81—90.

6. 1935 Auden, J.B.: Traverses in Nepal. Him. J. VII, S. 76—82.

7. 1935 Mason, K.: Notes on Eastern and Central Nepal. Him. J. VII, S. 83—86.

k ) Gute oder wenigstens brauchbare Abbildungen des Dhaulagiri gibt es meines Wissens nicht. Die wenigen vorhandenen Photos sind aus sehr grosser Entfernung und ohne Infrarot-Empfindlichkeit aufgenommen, technisch mangelhaft, und obendrein ist der Dhaulagiri anscheinend grossenteils durch vordere Kulissen verdeckt. Ich nenne: Lit. 1, I. Bd., S. 2. In Lit. 4, Panorama 2 ( neben S. 73 ) scheint die Beschriftung falsch zu sein! Wahrscheinlich ist der Dhaulagiri hier nicht sichtbar ( vgl. Lit. Nr. 7, S. 86 ).

l ) Über die Ersteigungsmöglichkeiten und Routenführung kann man natürlich noch gar nichts sagen. Erwähnt sei nur die erstaunliche relative Höhe. Am Ostfuss des Dhaulagiri-Massivs ist die Schlucht des Kali-Gandaki-(oder Krishna-Gandaki-)Flusses — eines der ältesten Handelswege von Nepal nach Tibet — bis zu einer Meereshöhe von 1500 m eingeschnitten. Das ergibt für eine Horizontalentfernung von nur etwa 6 km einen Höhenunterschied von fast 6700 m, also eine Neigung von durchschnittlich 48° von der Talsohle bis zum Gipfel. Das ist, soviel ich weiss, die steilste Böschung, die man bisher für ein grosses Gebirgsmassiv kennengelernt hat. Obendrein wird der Dhaulagiri als einer der schönsten Berge der Erde bezeichnet. Er dürfte also kaum zu den « leichten Gipfeln » gehören.

m ) Über die Geologie dieses « Mont Blanc » des Himalaya ist noch gar nichts bekannt.

7. a ) Cho Oyu oder M1 der indischen Vermessung, früher T45.

b ) Der Doppelname ist tibetisch. Cho ( gesprochen: Tscho ) ist ein ziemlich häufiges Wort und bedeutet: Gottheit, auch Dämon; es dient oft als Vorsilbe vor dem eigentlichen Bergnamen. Über die Herkunft des Wortes Oyu — manchmal auch Uyo geschrieben — konnte ich nichts ermitteln.

c ) 8153 m = 26 750 ft.

d )...

e ) 28° 05'32 " nördlicher Breite. f ) 86° 39'51 " östlicher Länge.

g ) Ost-Himalaya, Grenze von Tibet und Nepal, 28,5 km WNW vom Mount Everest.

h ) Bisher hat kein Ersteigungsversuch stattgefunden, auch keine gründliche Erkundung. Der Cho Oyu steht — ebenso wie der Lhotse — « im Schatten des Everest ».

i ) Everest-Literatur Nrn. 1, 13 ( « Alpen » IX, Nr. 9, S. 331 ), 31, 32.

k ) Die beste Abbildung ist Everest-Lit. Nr. 1, S. 144/145. Ferner sind die Flugbilder interessant: Everest-Lit. Nr. 18 neben S. 257 unten und das Doppelbild S. 264/265. In beiden Fällen ist die Cho-Oyu-Gruppe ein Stück links vom Everest an ihrer Höhe gut kenntlich.

l ) Über die beste Route kann man zur Zeit nur so viel sagen, dass die Nordseite des Cho Oyu vom Palung Glacier aus in erster Linie zu erkunden wäre. Auf der Abb. Lit. Nr. 1, S. 144, ist das die linke Seite. Der Cho Oyu sieht nicht schwer aus! Vor allem scheint der NW-Grat in Frage zu kommen, der direkt zum Hauptgipfel führt.

m ) Der Cho Oyu liegt offenbar in der sedimentären Zone des Mount Everest, daher seine relativ sanften Formen und die deutliche Bänderung. Die Schichten fallen, wie am Everest, mit etwa 30° gegen Norden. Eine auffällige Steilstufe im NW-Grat, ziemlich dicht unter dem Gipfel, ist vermutlich als der massige, dunkle Kieselkalk ( vom « second step » ) zu deuten; die Bänder darunter würden dann den « Yellow Slabs » der Norton-Traverse entsprechen. Natürlich ist das vorläufig bloss « Geologie aus der Ferne ».

8. a ) Manaslu oder Kutang I, Peak XXX der Survey.

b ) Nichts Näheres bekannt. Der Name Manāslu dürfte indischer, Kutang tibetischer Herkunft sein. Tang oder thang = Ebene.

c ) 8125 m = 26 658 ft.

d )...

e ) 28° 33'00 " nördlicher Breite.

f ) 84° 33'43 " östlicher Länge.

g ) Nepal, Gurkha Himal, zwischen den Flüssen Marsyandi und Buri Gandaki.

h ) Ganz unbekannt. Kein Weisser ist auch nur in die Nähe gekommen.

i ) Ich nenne drei Arbeiten, in denen dieser Berg wenigstens erwähnt ist: Dhaulagiri-Lit. Nr. 2, S. 2; Nr. 3, S. 333; Nr. 5, S. 83.

k ) Keine Abbildung aus der Nähe. Nur Him. J. VII, neben S. 78.

l ) Einer der « dunkelsten » Achttausender — ausser den Vermessungsdaten wissen wir gar nichts.

m ) Unbekannt.

9. a ) Nanga Parbat, auch Diamar oder Diamir.

b ) Der Kashmiri-Name Nanga Parbat hat sich allmählich durchgesetzt und ist weltberühmt geworden. Er ist aus dem Sanskrit abzuleiten: Nagna Parvata = Nackter Berg. Diamir ( auch DeomirKönig der Berge.

c ) 8125 m = 26 658 ft.

d ) 7700 m, also 425 m unter dem Gipfel.

e ) 35° 14'21 " nördlicher Breite.

f ) 74° 35'24 " östlicher Länge.

g ) Kashmir, im Indus-Knie.

h ) Der Nanga Parbat ist bekanntlich ein hart umkämpfter Berg, der schon viele Opfer gefordert hat.

1895. Die erste Nanga-Parbat-Expedition bestand aus einer kleinen Gruppe berühmter britischer Alpinisten: A. F. Mummery, G. Hastings und J. Norman Collie, zu denen für einige Zeit noch C. G. Bruce ( damals Major ) trat. Zunächst wurde vom Rupal-Tal die Südfront ( genauer SSE ) des Massivs studiert, eine der höchsten Wände der Welt. Unter dem Hauptgipfel ( 8125 m ) hat die Sohle des Rupal-Tales eine Meereshöhe von 3580 m. Das ergibt eine Höhendifferenz von 4545 m auf eine Horizontalentfernung von 5700 m, also nicht so viel wie am Dhaulagiri, sondern « bloss » 38° 34'als durchschnittliches Gefälle, aber die obersten 2000 m haben eine Steilheit von durchschnittlich 51°, mit wilden Strebepfeilern, Wandstufen und Hängegletschern.

Nachdem man sich überzeugt hatte, dass die Rupal-Seite des Massivs nicht in Frage kommt, wurde der Mazeno-Pass ( 5358 m ) 10 km westlich des Hauptgipfels überschritten und die NW-Flanke erkundet, die mehr Erfolg zu versprechen schien. Darum wurde das Basislager zum Diamir-Gletscher hinüber verlegt. Verschiedene kleinere Rekognoszierungen und Irrfahrten im Gebiet zwischen Rupal und Diamir seien hier übergangen. Im August verschlechterte sich das Wetter. Bruce, dessen Urlaub zu Ende war, musste abreisen. Hastings ging nach Astor, um für Proviantnachschub zu sorgen; Collie war körperlich schlecht in Form.

So schritt Mummery als einziger Sahib — von zwei, dann von einem Gurkha begleitet — zum Angriff auf die NW-Front. Es fehlte damals noch an Himalaya-Erfahrung, und man hat fast den Eindruck, dass Mummery seine Taktik, die in den Aiguilles von Chamonix so erfolgreich gewesen war, auf den Nanga Parbat anzuwenden versuchte. Unter grossen Schwierigkeiten und Strapazen drang er über steile Felsrippen bis etwa 6100 m vor. Hier glaubte er, das Schlimmste schon hinter sich zu haben, und wenn er noch eine Nacht am Berge hätte bleiben können, so hätte er nach seiner Überzeugung am folgenden Tag den Gipfel erreicht! Ein derartiger Optimismus wirkt auf einen modernen Himalaya-Bergsteiger geradezu rührend. Heute wissen wir: Bei jedem Achttausender fängt in etwa 6000 m Höhe der Tanz erst richtig an, und für 2000 m Höhendifferenz muss man noch mindestens drei, vielleicht sogar vier oder fünf Hochlager mit guter Nachschub-Organisation rechnen. So etwas gab es 1895 noch nicht, es fehlte oben an Proviant, auch wurde Ragobir, der Gurkha, bergkrank. Schweren Herzens musste sich Mummery zum Rückzug entschliessen.

Trotz dieser Enttäuschung sollte nun noch die Nordseite des Nanga Parbat erkundet werden. Das Gros der Expedition, das aus Norman Collie, dem inzwischen aus Astor zurückgekehrten Hastings und den Trägern bestand, ging unten herum, d.h. auf der Chilas-Seite über drei kleine Pässe ins Rakhiot-Tal hinüber. Mummery mit den beiden Gurkhas wollte über Die Alpen - 1945 - Les Alpes14 die Diama-Scharte ( 6200 m ), eine Einsenkung im Nordgrat des Nanga Parbat, dorthin gelangen. Am 24. August 1895 wurden die drei Männer zum letztenmal gesehen. Collie und Hastings warteten im Rakhiot-Tal vergebens.

Der Abstieg von einer der beiden Diama-Scharten nach Rakhiot wäre gar nicht möglich gewesen, denn der Grat Ganalo Peak ( 6606 m)—Diama-Scharten ( 6200 m und 6227 m)—Nanga Parbat Nordgipfel II ( 7785 m ) bricht gegen NE in furchtbaren Wänden ab. Die Diama-Scharten gehören zu den im Himalaya nicht seltenen « Pässen », die nur von einer Seite zugänglich sind. Darum nahmen Collie und Hastings zunächst an, Mummery habe das nach Erreichung der Kammhöhe auch gesehen, sei wieder ins Diamir-Tal abgestiegen und werde nun auf der mühsamen, aber ungefährlichen unteren Route nachfolgen. Leider war es nicht so; alle späteren Nachforschungen blieben ergebnislos. Das Wahrscheinlichste ist wohl, dass Mummery mit seinen beiden Begleitern auf dem Diama-Gletscher einer Lawine zum Opfer gefallen ist.

Das niemals aufgeklärte tragische Ende dieses grossen englischen Bergsteigers und seiner tapferen Gefährten hat seinerzeit ebenso viel Aufsehen erregt, wie fast drei Jahrzehnte später das geheimnisvolle Verschwinden von Mallory und Irvine am Everest.

1932. Eigentlich sollte der hervorragende deutsche Alpinist W. Weizenbach die Führung übernehmen, aber er war schliesslich beruflich verhindert, und Willy Merkl wurde der Leiter der « Deutsch-Amerikanischen Himalaya-Expedition ». Sie bestand aus: Peter Aschenbrenner ( von Kufstein, also Österreicher ), Fr. Bechtold, H. Hamberger ( Expeditionsarzt ), H. Kunigk, W. Merkl, F. Simon und Fritz Wiessner ( der später Amerikaner wurde, vgl. die K2-Expedition 1939 ), dazu Rand Herron von New York, Elizabeth Knowlton als Berichterstatterin für die britische und amerikanische Presse und Captain R. N. D. Frier als landes- und sprachenkundiger Transportoffizier.

Der Angriff wurde von vornherein auf der Nordseite des Nanga Parbat angesetzt. 8 km südlich der wunderschönen, oft abgebildeten « Märchenwiese » wurde im Rakhiot-Tal das Hauptlager ( 3967 m ) am 29. Juni eingerichtet, wobei mit Bestürzung entdeckt wurde, dass zehn Lasten mit der ganzen Ausrüstung für 40 Hochträger verschwunden, d.h. gestohlen waren. Ein schwerer Schlag für die Expedition, die überhaupt ständig mit sehr grossen Trägerschwierigkeiten zu kämpfen hatte. Trotzdem begann man mit dem Vorschieben der Hochlager:

Camp 1, noch auf der grossen Moräne, bei 4468 m, Camp 2 auf der ersten Gletscherterrasse bei 5350 m, Camp 3 auf der zweiten Terrasse bei 5900 m, Camp 4 ( ca. 6150 m ), auf dem weiten Firnplateau unter dem Rakhiot Peak ( 7070 m ), lag nahe dem nordöstlichen Hauptkamm der ganzen Gruppe ( Rakhiot Peak—Chongra Peaks ); es wurde zu einem oberen Standlager ausgebaut. Von hier aus wurde zunächst der südliche Chongra Peak ( 6448 m ) bestiegen, dann der Rakhiot Peak, eine nicht sehr selbständige Rückfallkuppe, die aber den zum Nanga Parbat führenden Hauptgrat sperrt. Seine Erkletterung von NE erwies sich als so schwierig, dass man sich nach einigem Zögern entschloss, als Transportweg eine andere Route zu eröffnen und den Rakhiot Peak auf der Nordseite zu umgehen. Das erforderte eine lange Querung mit nicht geringer Lawinengefahr und einen ebenfalls ziemlich bedenklichen Aufstieg durch eine sehr steile Gletschermulde zum Hauptgrat westlich des Rakhiot Peak, wobei zwei Zwischenlager ( Nr. 5 und 6 ) erforderlich wurden. Denn es ging infolge der Trägerkalamitäten sehr langsam, der Pendelverkehr zwischen den Camps war grösstenteils Sache der Sahibs. Aber man hatte trotz allem noch Glück, es gab auf dieser gefährlichen Strecke keinen Unfall, am 29. Juli war der Grat westlich des Rakhiot Peak erreicht und Lager 7 ( 6955 m ) wurde aufgeschlagen.

Nun glaubte man alle ernstlichen Schwierigkeiten überwunden, der Sieg schien in Reichweite. Aber in diesem Augenblick schlug das bisher strahlende Wetter um, drei Wochen schneite es fast täglich. Um den so mühsam hinauf-geschafften Proviant in den Camps 5 bis 7 zu sparen, wurde diese lange Wartezeit in Lager 4 verbracht. Schliesslich mussten einige Teilnehmer abreisen, andere wurden krank, ein letzter Versuch erstickte im tiefen Neuschnee. Die Expedition war gescheitert, aber wenigstens hatte man die Route von der Rakhiot-Seite nun genau erkundet und zwei — allerdings bescheidene — Gipfel bestiegen. Ausserdem hatte sich deutlich gezeigt, dass die einheimischen Träger in Kashmir, Baltistan und Hunza für die Arbeit in den Hochlagern nicht brauchbar waren. Die bewährten « Tiger » von Darjeeling waren also auch hier, im West-Himalaya, ganz unentbehrlich.

Auf der Rückreise gab es noch ein Unglück: Rand Herron, einer der besten jungen amerikanischen Bergsteiger, stürzte auf der Chefren-Pyramide bei Kairo zu Tode.Vom Nanga Parbat glücklich zurückgekehrt, um bei einem harmlosen Ausflug auf die Pyramiden von Ghiseh zu sterben! Dieser seltsam tragische Unfall erregte viel Aufsehen.

1934. Es war die erste deutsche Himalaya-Expedition unter dem Hakenkreuz. Sie umfasste neun Bergsteiger: Peter Aschenbrenner, Fritz Bechtold, Willi Bernard ( als Arzt ), Alfred Drexel, Willy Merkl ( als Expeditionsleiter ), Peter Müllritter, Erwin Schneider, Willi Weizenbach und Uli Wieland. Dazu kam Hans Hieronimus als Verwalter des Hauptlagers. Die wissenschaftliche Gruppe bestand aus dem Kartographen Richard Finsterwalder, dem Geographen Walter Raechl und dem Geologen Peter Misch. Der Grösse des Unternehmens entsprechend gab es zwei britische Transportoffiziere, R. N. D. Frier und A. N. K. Sangster. Die Expedition, die im wesentlichen von den Turn- und Sportvereinen der deutschen Reichsbahn finanziert wurde, verfügte über sehr reiche Geldmittel. Sie war gründlich vorbereitet, sorgfältig organisiert und glänzend ausgerüstet. Die Bergsteigergruppe enthielt einige der besten deutschen und österreichischen Alpinisten, zum Teil bereits mit Himalaya-Erfahrung. Auch 35 der tüchtigsten Darjeeling-«Tiger » unter ihrem berühmten Sirdar Lewa ( dem « Orderly », d.h. persönlichen Diener von G. O. Dyhrenfurth auf der I. H. E. 1930 ) hatte man sich rechtzeitig gesichert. Für den Anmarsch durfte man diesmal ausnahmsweise von der Gilgit-Route bis zur Rakhiot-Brücke das Industal benützen, so dass der Zugang relativ kurz und bequem war. Die Deutsche Himalaya-Expedition ( « D. H. E. 1934 » ) hatte offenbar alle Trümpfe in der Hand... aber der Nanga Parbat blieb doch Sieger!

Die ersten Lager wurden ungefähr an den gleichen Stellen wie 1932 errichtet, das Juniwetter war gut, man kam flott vorwärts. Da gab es den ersten bösen Zwischenfall: Drexel erkrankte plötzlich an einer heftigen Lungenentzündung und starb binnen 48 Stunden. Alle — auch der Spitzentrupp von Lager 4 — wurden ins Basislager zurückberufen, zu einer feierlichen Bestattung. Eine weitere höchst fatale Verzögerung trat dadurch ein, dass der rituell vorgeschriebene Proviant für die buddhistischen Sherpas ( Tsampa, eine bestimmte Art von Gerstenmehl ) nicht rechtzeitig kam. Bei herrlichem Wetter gingen weitere 11 Tage mit tatenlosem Warten verloren. Erst « am 22. Juni verlässt die erste Partie mit sechs Sahibs und 14 Trägern unter den Klängen des Horst-Wessel-Liedes das Hauptlager ». Am 25. Juni wurde Camp 4 ( 6185 m ), das obere Standlager, wieder besetzt. Zum Training wurde dann wieder einmal der ( schon zweimal gemachte ) südliche Chongra Peak ( 6448 m ) bestiegen. Nun erst packte man den Rakhiot Peak ( 7070 m ) ernsthaft an. Diesmal sollte die lawinengefährliche Route von 1932 durch die Eisbrüche und die grosse Firnmulde unbedingt vermieden werden. Darum wurde der steile NE-Grat des Rakhiot Peak in harter Arbeit auch für die Träger gangbar gemacht und mit fixen Seilen versichert. Erst hoch oben, 100 m unter dem Rakhiot-Gipfel, querte man zu der Gratscharte hinüber, wo 1932 Camp 7 stand. So konnte ein Lager gespart werden: Camp 5 ( 1934 ) stand bei 6690 m unter dem Aufschwung des NE-Grates, Camp 6 ( 1934 ) ziemlich an der gleichen Stelle wie Camp 7 ( 1932 ), also bei 6955 m auf dem Hauptgrat westlich des Rakhiot Peak. Es war der 4. Juli.

Am nächsten Tage ging es über den schön geschwungenen Firngrat mit 120 m Gegensteigung westwärts; Camp 7 ( 1934 ) wurde bei 7050 m eingerichtet. Am 6. Juli stieg Bechtold mit zwei kranken Sherpas nach Lager 4 ab. Das Wetter war nur noch in grossen Höhen gut; weiter unten hatte bereits der Monsun seine Herrschaft angetreten, mit Sturmwind und dicken Schneewolken. Am gleichen Tage öffneten Aschenbrenner und Schneider — voraus-spurend und mit ziemlich viel Stufenarbeit — die Route hinauf zum « Silbersattel » ( 7451 m ), der Einsenkung zwischen den beiden Ostgipfel-Zacken ( P. 7530 und P. 7597 ). Damit war der Hochfirn erreicht, der zwischen den zwei Ostgipfeln, den zwei Nordgipfeln ( P. 7785 und P. 7816 ) und dem Vorgipfel ( P. 7910 ) eingebettet ist. Rasch stiessen die beiden Tiroler bis etwa 7700 m vor. Einen der genannten kleineren Gipfel zu besteigen, was ohne weiteres möglich gewesen wäre, wurde stolz verschmäht, denn für den nächsten Tag war ja der Hauptgipfel ( 8125 m ) fällig. Vielleicht wäre es sogar noch an diesem Tage möglich gewesen, den Hauptgipfel zu erreichen, denn Schneider und Aschenbrenner waren in ausgezeichneter Form und hätten bei ihrer bekannten Leistungsfähigkeit und Schnelligkeit kaum mehr als drei bis vier Stunden hinauf gebraucht. Niemals bisher war man dem Sieg über einen Achttausender so nahe!

( Fortsetzung folgt )

Un rêve réalisé

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