Die Vispertaler Sonnenberge
Die Vispertaler Sonnenberge
Von F. G. Stebler, Zürich.
( Nachdruck verboten. )
Die Vispertaler Sonnenberge,
Das Wallis. Lötschbergbahn. Die Rarner Schattenberge.
Das Thema führt uns wieder in das gottgesegnete Wallis. Das Wallis ist ein ganz eigenartiges Land; es hat ein eigenes Klima, eigene Bodenverhältnisse, eigene Flora und eine eigenartige Pflanzenkultur. Aber auch der Viehstand und das Volk sind eigenartig; dieses hat eine eigene Geschichte, die an Ruhm und Heldenhaftigkeit derjenigen der Waldstätte nicht nachsteht. Bis vor kurzem dem Verkehr noch wenig erschlossen, haben sich die alten Einrichtungen, Sitten und Gebräuche noch ziemlich allgemein erhalten. Ganz besonders ist dies in den vom grossen Fremdenstrom abseits liegenden Bergdörfern der Fall.
Im östlichen Teil des Kantons spricht man deutsch; im westlichen Abschnitt hat man einen welschen Dialekt. Die einzelnen Landesteile haben aber unter sich viel Gemeinsames; dies ist namentlich im deutschen Teil, dem Oberwallis, der Fall. Vergleicht man z.B. das Goms mit Lötschen, das Vispertal mit den Bergdörfern des Haupttales, die Dorfschaften von Salgesch bis Brig, so findet man viel Gleichartiges, Übereinstimmendes. So wird man auch in dieser Arbeit manche Anklänge an meine frühern Beschreibungen « Ob den Heidenreben », « Das Goms und die Gomser », « Lötschen und die Lötscher » und « Sonnige Halden am Lötschberg » herausfinden. Trotzdem hat jeder Bezirk, jedes Tal, ja fast jedes Dorf eine gewisse Eigenart.
Wenn man mit der elektrischen Lokomotive von Bern aus den Lötschberg durchfahren hat und in das Rhonetal hinaustritt, so sieht man der Station Hohtenn ( hohes Tenn; der von der Lötschbergbahn gewählte Name « Hothen » ist ver-welschtes Deutsch ) gegenüber, auf der andern Talseite, zwischen Saas- und Turtmanntal, einen ausgedehnten Bergrücken, der sich bis gegen 3000 m über Meer erhebt. Unten ist derselbe mit Wald bedeckt, nach oben schliessen sich Alpweiden an. In dem Waldgebiet liegen an den Hängen in dem fruchtbaren Gelände mehrere Ortschaften. Gerade gegenüber glänzt auf der Höhe die stattliche Kirche von Eischoll, umgeben von zahlreichen Häusern. Etwas östlich, in einer Mulde, liegt Unterbäch und daran anschliessend am Bergeshang Birchen. Diese drei Gemeinden bilden die Rarner Schattenberge. Zwischen Eischoll und Unterbäch öffnet sich das Ginanztal mit ausgedehnten, fruchtbaren Alpen; im Hinter- F. G. Siebler.
gründe desselben erhebt sich das Dreizehnenhorn ( 3056 m ) und das noch aussichts-reichere Schwarzhorn am Augstbord ( 3204 m ) ( Fig. 1)/ Fährt man mit der Lötschbergbahn noch weiter, nach Ausserberg und Lalden, so erscheint an der Ecke, wo das Saastal in das Rhonetal ausmündet, hoch an der Halde das sonnig gelegene Zeneggen. Angrenzend, weiter südlich, von der Bahn Fig. 1. ( iinunztal mit Dreizehnenhorn und Augstbord-Schwarzhorn.
aus nicht sichtbar, liegt das stattliche Bergdorf Törbel und daran anschliessend Emd. Dies sind die Vispertaler Sonnenberge. An dem andern Talhange, mehr nach Westen geneigt, aber fast ebenso sonnig gelegen, sind Visperterminen und tiefer im Tale Staldenried ( s. die Karte Fig. 9 ), Der breite Bergrücken zwischen der grossen Eie im Rhonetal und dem untern Nikolaital, speziell zwischen Birchen und Törbel, ist ein in sich selbst zusammengefallener Berg mit unzähligen Falten und Senkungen, in denen sich das Wasser ansammelt und versickert, stellenweise aber Tümpel und kleine Seelein bildet, deren Wasser keinen sichtbaren Abfluss haben ( Bonigersee, Blindseewi, Hellelensee ). An diesen steilen Hängen wohnt ein arbeitsames Naturvolk, das einen strengen Kampf mit den Unbilden der Natur aufgenommen hat, dabei aber glücklich und zufrieden ist. Das Leben dieses Volkes, ihre Einrichtungen und ihren Grund und Boden zu beschreiben, ist die Aufgabe dieser neuen Wallisermonographie.
Die Vispertaler Sonnenberge.