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Hausinschriften im Berner Oberland und Wallis

Remarque : Cet article est disponible dans une langue uniquement. Auparavant, les bulletins annuels n'étaient pas traduits.

Und S. Von A. Winterberger.

Lieber Clubfreund! Auf deinen Bergfahrten hast du bei dem Aufstieg durch die Alpentäler die reich verzierten Häuser, Speicher und Hütten bewundert, aber selten Zeit genommen, die Inschriften zu lesen, ausser vielleicht, wenn dich einmal ein grauer Regentag in einem Bergdorfe festhielt. An rauchgeschwärzten oder sonnenverbrannten Häusern sind sie oft schwer lesbar. Versuche, sie aufzunotieren, zu ergänzen und aus einzelnen Worten den Sinn des Spruches zu erraten. Kleine Entdeckerfreuden werden dich anspornen, mehr zu suchen und zu sammeln. Du wirst bald sehen, dass die meisten Holzbauten aus der Zeit vor 1500 dem Feuer oder dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen und dass die älteren Schriftzeichen schwer zu entziffern sind. Oft hat der Zimmermeister statt der Buchstaben Ziffern in die Wand gehauen. ( A = 1, B = 2, C = 3 usw., 2.1.3.8 = Bach. ) Viele schöne Hausinschriften wurden bei « Renovationen » zerstört, verdeckt, übermalt oder abgewaschen.

Auf den Zimmereiplätzen wurden die Inschriften in römischen Lettern keilförmig ausgehauen. An manchen Gebäuden treten Inschriften und Verzierungen einige Millimeter aus dem Holz hervor. Nach dem Zeichnungs-entwurf wurden Schablonen geschnitten, und auf dem Zimmereiplatz wurden Inschriften und Verzierungen 3—5 Millimeter tief in die Balken eingeschlagen. Die Balken wurden nachher auf der ganzen Fläche etwas abgehobelt. Die durch das Einschlagen entstandenen Vertiefungen wurden mit Wasser übergössen. Die gequetschten Holzmassen in den Vertiefungen quollen wieder auf, und Schrift und Verzierungen traten hervor. Erst nachher wurden die einzelnen Buchstaben und die Verzierungen mit Farbe übermalt. Die römischen Lettern wurden nach und nach durch die gotischen Schriftformen verdrängt. Nach der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts werden die Inschriften oft nicht mehr ausgehauen, sondern gemalt, oft mit kunstvollen Initialen. Die Häuser aus jener Zeit sind am reichsten verziert und zeugen von einem hoch entwickelten Kunsthandwerk. Die Ausführung sämtlicher Arbeiten beweist uns die vollständige Beherrschung aller Arbeitstechniken und grosse Liebe zu Material und Handwerk. Wer die Sprüche an unseren Berghäusern zu lesen sucht, kann die Verzierungen an Balken, Fensterbänken, Fensterpfosten, Konsolen, Dachpfetten, Türen, Lauben, Pfosten und Holznägeln nicht übersehen. Der Clubist wird vielleicht auch einen Blick in das Innere des Gebäudes werfen und bald die Zweckmässigkeit in der Raumverteilung und eine gewisse Übereinstimmung in der Anlage im ganzen Alpengebiet bewundern; er wird herausfinden, dass der Baumeister der alten Zeit nicht nur Fassadenarchitekt war. Vorschriften der Zünfte und des Staates verlangten eine tüchtige Lehrzeit, lange Wanderjahre, Meisterprüfung, schützten aber dann den tüchtigen Fachmann vor der Schmutzkonkurrenz. Es gibt noch Alpenhäuser mit alten Truhen, Kästen, Schränken und Buffets. Nicht alle Erzeugnisse der alten Handwerkskunst sind ins Ausland gewandert. Im Simmental hat sich der gotische Tisch bis heute erhalten.

Als Bestes von unseren Wanderungen bleibt uns oft die Erinnerung an einfache Leute aus den Bergtälern. Wer Freude an alten Bauformen und Inschriften hat, wird manches erfahren, was der rasche Gipfelstürmer nie kennen lernt, und das « Tälerdurchwandern » und « Passjöggelen » hat schon der Menschen wegen seine lichten Seiten.

Fast alle Hausinschriften in den Bergtälern sind religiöser, ernster Art. Der städtische Tourist kann diesen « frommen » Sprüchen oft wenig abgewinnen und ist leicht zu einer abschätzenden Bemerkung bereit. Wir beurteilen auf unseren Wanderungen die Menschen, ihre Arbeit und Kultur nur allzu leicht von unserem städtischen Standpunkt aus. Unsere Einstellung zu den Bergbewohnern ist deshalb sehr oft ungerecht, einseitig und unrichtig. Die meisten von uns sind mit der Natur, mit dem Heimatboden nicht mehr so eng verwachsen, unser Beruf ist von Wind und Wetter nur in geringem Masse abhängig. In zäher Arbeit ringt der Bergbewohner der mageren Scholle das Notwendigste zu seinem kärglichen Leben ab. Lawinen, Steinschlag und Unwetter bedrohen das Werk seiner Hände, oft sein Heim, sein Leben. Wir wissen alle, dass der Heimatboden und die klimatischen Verhältnisse den Charakter der Menschen beeinflussen. Gäben wir uns Mühe, das Fühlen, Denken und Schaffen des Bergbewohners zu verstehen, manches Urteil bliebe unausgesprochen. ( Beachte: Wie beurteilt der Berner den Thuner, der Thuner den Interlakner, der Meiringer den Gadmer, der Frutiger den Adelbodner, der Zweisimmer den Lenker, der Gampeler den Lötscher? Wer prägte das Wort: « Je chliner das Telti, desto schlächter der Cheib »Der Bauherr baute auch in früherer Zeit nicht nur für sich allein, sondern, sofern die Naturgewalten sein Werk nicht vorzeitig zerstörten, für seine Nachkommen. Der Sinnspruch über den Fenstern sollte auch dem nachfolgenden Geschlechte Sinnspruch sein. Das « Buwen » war in den alten Zeiten bei den geringen Verdienstmöglichkeiten eine so schwere Sache wie heute, und sicher tat manchem Bergbäuerlein jahrelang « ds Ligen weh ». Das Sprichwort: « Ds Hiraten und ds Buwen, het schon mengen gruwen » ist nicht erst im Zeitalter des Betons entstanden.

Die meisten Inschriften an unseren Berghäusern sind also ernster, religiöser Art, sie entsprechen dem Wesen und der Arbeit des Alpenbewohners. Der aufmerksame Wanderer wird bald herausfühlen, dass hinter der einfachen Volkspoesie der Haussprüche noch mehr versteckt ist. Manche Inschriften enthalten tiefe Lebensweisheit, starke, kernige Sprüche, während andere von schweren Zeiten, Not und Teuerung berichten. Aus vielen Inschriften spricht der Spott und die Neckerei des Alpenbewohners. ( Wie gern der Bergler « helkt », wissen wir alle. ) Manchen Spass bereiten dem Wanderer die naiven Inschriften, Wendungen, die an Altmeister Busch erinnern; heiter stimmen auch Stil-formen und Dialektworte, die an das « Grossratsdeutsch » anlehnen. Die Titelsucht macht auch im Berglande nicht halt; denn manches einfache Scheuerlein, Speicherlein und Hüttchen erzählt uns, dass sein Bauherr Statthalter, Chorrichter, Hauptmann oder Grossrat war. Ein besonderes Kapitel ist den Inschriften an den Gebäuden der Alpweiden gewidmet.

Hausinschriften ernster, religiöser Art.

2Bir leben in bem Jammer Stanb, Die SIrmutï ) brücït bas gonje fianb.

2ßir finb befielt mit Dielen Sünben, Drum muffen rotr bie Straf empfinben.

©ott, macf ) uns »ont ( Elenb los!

Das ©elt ift Hein, bie Untreu ©rojj.

Dodj aber ben ©uttijateren allen Danïen roir mit 3BoI)lgefaIlen, 2BünfdE)en 3i)ntn ©ottes Segen, U. bo3U bas eroig £tb

ALE. WALD. SINN. VND. MVT. STEIHT. NACH. EHR. VND. GVT. VND. WAN. SIE. DAS. ERWERBEN. D. STÄRBEN. Randersteg 16Q3 R. TOD. N. BVS. D. FERCHTE. GOT. AN. D. REIHEN. SÄGEN. I ST. M. EN SCHEN. THN. GELE GEN.

Goldern-Hasliberg.

S. NIT. E. LANG. N. MVOS. ICH. VND. S. NIT. WAN. H. FHAR. VND. WEIS. WOHIN. WAN. ICH. G. BIN.

Grosshaus Kippel 1665. ( Wirtschaft aut dem Dorfplatz. ) 3

Kandersteg 1704.

5lus ober ( Sin, So ïombt ber Xoò unb ÎBartet mein.

Xiinä Uno 3& ©ott 5RicE)t Sßergife.

2Ber Seinem 3lecï)ften Die ( £f>r 3fbfiineibt, Der SBeitt ) Son ÎRetnem îafet SBeit.

Murmannhaus Kippel 1777.

IM 1616 JAR DIESHVSISTDVRCMIHHANSSHOVPFENGEPWENVFGOT STMINFORDRWENIHCAGEVSOTERINSOISTDOTVT WARTETMINSOPITENIHGOTVMSINGENATDASMIER DIESIIIDARSELNITSHAT.Hasl_ Kanderbrück.

a$à ) befitj mit greuben 2Bos mir ©ott befoEjetben Diri ) feine ©üt unb £reuro. 5Htd)t burdj 2rüg unb Xüdt Sucïjt icfj mir ©elüde 3u ber fpäten Sîeutrj. 1797. SBeftele betn aus, ban bu muft fterben.

Adelboden.

Lebensweisheit.

D. FERTRAG. T. NET. N. KLAG. T. DEN E. TAG i).Adelhoden 1659.

* ) Der Spruch ( nicht die Orthographie ) stammt von Martin Luther.

( Ês ïcm œarlicE ) uilen Sftiemanb œol)lgefallen; Den berfelbe ßned)t ÏBeldjer allen redjt, Der foli auf ber Otrben 9logebogen œerben.Frutigen 1753.

îîaube Stöl unb ïjarte Stein Sterben burd)s behauen fein.

Postbureau Zwischenflüh 1898.

1728.

IALES. R. BETRACHT. GEDENCK. WIE. ZLETZ. EIN. END. WERD. GEMACHT. ZVOVOR. GETAN. D. NACH .BEDACHT. T. MENCKEN. IN. S. LEID. GEBRACHT.

ALE S. ZVO. LOB. VND. EHR.

D. IOSEPH. 1728.

Ried.

IM 1703 IARDYSESTVBONHATLASEN MACHONIOSABBELWATVNDMARIAHASLER MKBZEFEIERDINGSOLTDVWOLEGENAN DIENIEMANWIEDERBRIN GENKAND IE ZEITVNDYVNGFROVSCHAFTICHSAG Wohnstube in Weissenried.

Soll heissen: Im 1703 Jar dysse Stubon ( Stube ) hat lasen machon Josab Belwat ( Bellwald ) und Maria Hasler. M. K. B. Meister Kristian Bellwald ?) Zefeier ( Zweie ) Ding solt du wol legen an Die Nieman wiederbringen kan. Die Zeit und Yungfrouwschaft, ich sag, ( Die verdeckte letzte Zeile könnte lauten: Kehren nicht wieder in allen Tag. ) Die Alpen — 1940 — Les Alpes.24 Siebe 3ugenb, beni barem, 2Bas man bir nietjt genug fagen lan, Unfdjjulb unb oerlorene 3ett Äeijren nidjt œieber in ( Stotgïeit.

ailles 3ur Œî)re ( Sottes! m..., T.... .„..

0Weritzalp, Lotschen 1894.

DER. TVGEND. HVNDERTFACH. GETREID. SAMLE. DIR. FÜR. EWIGKEIT.

î>er fiöblicfjen ©emeinbe Äipel. IHS. 3 m 3aï)t 1847.

Am Gemeindespeicher in Kippel.

2Ban Einer ï)at bie 2Beisï)eit Sallomons Unb 23eJ3äs bär Schlangen £ift, fo muJ3 er fidE ) »on ber ÏBà'Ib Sebrigen lan, bär oor ift el)r ftababel1 ) rttcrjt.

J ) Kababel = capable.Kanderbrück.

2B03U bie aft, T003U hinaus!

Sei froher ©aft im Œrbenïjaus.Grimmiaip.

Spott und Spass.

ÏBelcfjer felbften nttt oill ïan Soll biö Sûus untablet lan ©ort feines toägs fortgaljn.

©ebauen im 1702 3ax.stiegeischwand.

SBer mtd ) 3ureii)t legt ©ebenlt feiner ntcfjt.

©ebä^t er feiner So DergäJ3 er metner. SDSenn SReib brennte roie geur So toär bas 013 nio^t treuer.Binn 1726.

Zxau feinem 2ßolf auf grüner Unb leinem 3ub bei feinem Unb leinem ÏBeib ben feinem ©etoüffen Sonft toirft bu oon allen brenen befi^nffen.

Guggisberg. ( Fortsetzung folgt. ) Berichtigung.

Zum Aufsatz « Unbekanntes vom Galenstock » im vorigen Heft schickt der Verfasser folgende Ergänzung ein. Auf Seite 259 unten soll es heissen: « Warum wurde aber dieser Grat in den letzten drei Jahren nur einmal, und zwar im Abstieg, begangen laut Eintragungen im Hüttenbuch? » ( statt « Warum wurde dieser Grat nur einmal, und zwar im Abstieg, begangen? » ). Dem Verfasser war die im Clubführer angegebene Besteigung Martins natürlich bekannt, auch dürfte der Grat in früheren Jahren öfters begangen worden sein. Um so auffälliger ist seine Vernachlässigung in letzter Zeit.

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