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Mont Blanc de Cheilon, Nordwand

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VON MAURICE ROUX-MAYOUD, LYON

VON MAURICE ROUX-MAYOUD, LYON Mit 1 Bild ( .116 ) Als wir die Dixhütte um 03.20 Uhr verliessen, lag ein blauer Glanz über dem Glacier de Cheilon, und darüber glitzerten Sterne; die Venus hing fast wie ein Laternchen über der Tsa. Kalt war es nicht, obschon der Schnee unter unsern Schuhen knirschte. Wir schauten angestrengt auf unsere Füsse, bemüht, unsere Blicke nicht auf die Wand zu richten, die uns Angst einjagte.

Nachdem wir den Gletscher traversiert und die Felsen umschritten hatten, kamen wir allerdings nicht darum herum, sie doch anzusehen, diese schreckliche Wand, denn vor unsern noch schlaftrunkenen Augen gab es nichts mehr ausser diesem finstern Horizont. Das Frühstück wollte nicht mehr die Kehle hinunter, die Beine wurden auf einmal schwer und schwerer...

- « Weisst du, Louis, wir können immer noch rechtsumkehrtmachen... oder über den Galletgrat? Solange wir noch nicht über dem Bergschrund stecken, können wir noch darauf verzichten, die Wand zu durchsteigen! » Der Eis- und Schneehang ist steil. Die Steigeisen greifen gut, nur die Vorderzacken müssen ihren Dienst tun. Schritt folgt auf Schritt, und hinter uns streift die Sonne Grate und Wächten sachte mit ihrem jungen Licht. Und wie um uns alles wieder froh wird, das Leben und die Farben, in einem zarten Blau, steigen wir munter voran.

Hie und da ein Zischen in unmittelbarer Nähe: ein kleiner Stein gleitet in den Abgrund. Den ganzen Tag werden sie uns um die Ohren pfeifen, rechts und links, unsere zerbrechlichen und trotz der Helme gefährdeten Köpfe streifen.

Seillänge folgt auf Seillänge. Eintönige Couloirs. Der Bergschrund scheint immer tiefer unter uns zu sinken. Wenn wir auf den ersten Felsen sind, werden wir 300 Meter über ihm sein.

Die Sonne ist aufgegangen. Hinter der Dent Blanche ist sie aufgetaucht und hat eine letzte Träne am Mont Pleureur getrocknet, dann sind ihre Strahlen auf unsere Wand und auf unsere schweissfeuchten Rücken gefallen.

Dank sei dir, Sonne! Du bringst ein bisschen Helligkeit dahin, wo nichts als Schatten, ein bisschen Wärme dahin, wo nichts als Kälte und Eis die Vorherrschaft führten.

Siehe da, die ersten Felsen! Wir werden sie mit den Steigeisen an den Schuhen erklettern müssen. Während zweier Seillängen wechseln Eis und Fels in bunter Folge. Das Eis ist schlecht, der Fels ist brüchig. Warum, zum Teufel, stecken wir nur in dieser vermaledeiten Wand? Jetzt richtet sie sich noch steiler auf; die Felsen scheinen über unsern Köpfen im labilen Gleichgewicht zu balancieren. Man wagt kaum zu niesen, aus Angst, sie in Bewegung zu setzen...

Bald befestigen wir die Steigeisen auf dem Rucksack, stecken den Eispickel in die Gurte, ziehen die Handschuhe aus und nehmen den Hammer zur Hand, Seilschlingen und Haken. Die Sonne gibt warm, die Steigung beträgt 70 Grad. Sogar beleuchtet bleibt die Wand trist und abschreckend, denn auch die Sonne vermag diesen schwarzen und roten Felsen kaum ein bisschen Leben einzuhauchen. Nur von Zeit zu Zeit, wenn Louis in einem Durchgang eine Stufe schlägt, springen tausend Funken auf. Schön ist das! Aber ach! Für mich, der ich 30 Meter weiter unten warte, heisst es den Kopf senken, denn diese flimmernden Sternchen sind ebenso viele Nadeln, 1 Direktdurchstieg durch die Nordwand des Mont Blanc de Cheilon am 19. Juli 1969 durch die Seilschaft Louis Favre, Bergführer in Arolla, und Maurice Roux-Mayoud, Lyon.

welche auf meinen Helm prasseln, mich in die Hände und den Rücken stechen, zwischen der Duvetjacke und dem hintern Rand des Helms.

Die Steine fliegen ohn'Unterlass. Dort oben widerhallt fröhlicher Hammerschlag des Seilführers. Je heller derTon, desto fester wird der Nagel sitzen; aber wieviel Mühe wird es mich dann kosten, ihn wieder herauszubringen!

Nach drei Seillängen ist der Grataufschwung überwunden. Es ist 14 Uhr. Ich habe kein Gefühl mehr in den Fingern. Die Nervenanspannung greift auf meinen Magen über; aber erst nach dem grossen « becquet » können wir endlich eine Rast machen und ein wenig Tee trinken.

Der Gipfel muss ganz ordentlich Besuch haben, denn leuchtende Eiskristalle kommen fortwährend von da oben herab.

Haken, Karabiner, Abseilringe hinein, heraus, wieder hinein - und das alle 40 Meter; nimmt das denn überhaupt kein Ende?

Der Bergschrund verläuft jetzt als kleine unterbrochene Linie 600 Meter unter unsern Füssen.

Louis hat mir soeben zu verstehen gegeben, ich könne nun weitermachen... Sicherung, Karabiner, Haken aus - und ich schiesse gleichsam 40 Meter in die Höhe, suche einen Griff für die linke Hand, eine kleine Unebenheit für den rechten Fuss. Achtung, der Block hält nicht! Er muss umklettert wer- den, bevor ich zu Louis vorrücken kann, der mich liebenswürdig ermuntert. Ich nähere mich meinem Führer... noch 5... noch 3 Meter. Louis - ist es die Möglichkeit! Der Gipfel! Nichts mehr vor, nichts mehr über uns! Fast wollen mir die Tränen kommen Wirklich, ich glaube, ich bin Louis um den Hals gefallen. Die Nordwand des Mont Blanc de Cheilon war unser! Und alle hohen Walliser Gipfel waren da oben versammelt, erstrahlten im Sonnenlicht, um bei unserer Siegesfeier dabei zu sein Matterhorn, Dent Blanche, Weisshorn, Pigne d' Arolla, Mont Collon, Grand Combin. Nur die Dohle, die uns seit einer Stunde gefolgt war, schien enttäuscht.

Da verliess mich die Angst, die Nervenanspannung löste sich, und, gleichsam um diese zwei Begleiter, die mir wie Blutegel an der Haut gehangen hatten, zu ersetzen, kam plötzlich eine Müdigkeit über mich und in meine endlich wieder entspannten Glieder.Übersetzung: R. Vögeli )

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