P. Placidus Hartmann: Zur Geologie des kristallinen Substratums der Dents de Mordes | Club Alpin Suisse CAS
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P. Placidus Hartmann: Zur Geologie des kristallinen Substratums der Dents de Mordes

Remarque : Cet article est disponible dans une langue uniquement. Auparavant, les bulletins annuels n'étaient pas traduits.

Da der gelehrte Professor an der Stiftsschule Engelberg Mitglied des S.A.C. und seine Dissertation der Anregung eines andern Klubgenossen, Prof. Dr. R. de Girard in Freiburg, entsprossen ist, mache ich die Fachgenossen unter meinen Lesern auf diese Arbeit aufmerksam, zu deren eingehender Besprechung hier nicht der Ort ist. Zur Vergleichung mag man heranziehen, was 1880 Prof. Renevier im Itinerarium S.A.C. pag. 31 — 32 über die Geologie der Dents de Mordes sagt; ebenso den entsprechenden Abschnitt in Webers Geologischen Wanderungen Bd. II. Beide befassen sich allerdings mehr mit den überlagernden Sedimenten, während Pater Pl. Hartmann sich das noch wenig aufgeklärte kristalline Substratum zum Studium gewählt hat. In den Abschnitten: Historischer Überblick und Topographie begegnen wir manch vertrautem Namen und von uns begangenen Graten und Gipfeln.

Redaktion.

Dr. A. Lechner: Hans Caspar Rordorf ( Rohrdorf ) aus Zürich und Gottlieb Studer in Bern. Solothurn, Buch- und Verlagsdruckerei Vogt & Schilt. 1915.

Der jetzige Staatsarchivar in Solothurn hat die Grundlagen zu diesen verdienstlichen Studien noch in der Zeit geschaffen, wo er als Gehülfe am Berner Staatsarchiv wirkte. Er hat mir damals sein Manuskript zur Aufnahme in das Jahrbuch S.A.C. vorgelegt. Ich mußte es, aus verschiedenen Gründen, ablehnen; jetzt bin ich froh, es als bereinigte Sonderausgabe auf dem Solothurner Monatsblatt 1913 und 1914 vor mir zu haben und nutzen zu können. Ich kann die kleine Schrift, wenn sie im Buchhandel erhältlich ist, was ich voraussetze, all denen zur Lektüre empfehlen, welche sich mit der Besteigungsgeschichte der Berner Alpen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu beschäftigen haben. Speziell die erste Besteigung der Jungfrau von Grindelwald aus im Jahre 1828 mit allen Vorbereitungen, Nebenumständen und Nachwirkungen findet hier eine dokumentarisch reich belegte Darstellung, welche die Tatsachen für alle Zeit feststellt. Und wenn Rordorf auch nicht auf den Gipfel gelangte ( sowenig wie Hugi ein Jahr später auf den des Finsteraarhorns ), so kann ich doch dem Urteil Lechners beistimmen, „ daß er durch seine Jungfrau-Unternehmung, Reisebeschreibung und Reliefarbeit von 1828 sich ein bleibendes Verdienst in der Geschichte der bernischen Gebirgsforschung erworben " habe. Und um deswillen, sowie wegen seiner Tätigkeit für das Bernische Naturhistorische Museum wollen wir alles verzeihen, was er anderswo getan hat, um seinen guten Ruf rettungslos zu ruinieren und sich in Schande und Elend zu stürzen. Nach dieser Hinsicht gibt uns Lechner ebenfalls eine dokumentarisch aufgebaute Biographie des H. C. Rordorf in der Beilage und Nachschrift seiner Broschüre ( SS. 18-36 und 37-38 ). Wir ersehen daraus, daß es schon zur Zeit unserer Großväter für eine „ problematische Natur " leichter war zu straucheln, als sich wieder aufzurichten, wenn hülfbereite Hand verweigert wurde. Und wir verstehen leichter, wenn wir diese unsaubern Dinge kennen, die zum Teil vor den Berner Aufenthalt Rordorfs ( 1822-1830 ) fallen, daß Rordorf auch in seinem Jung-frau-Unternehmen auf viel Mißtrauen und Streitigkeiten stieß und wohl auch ökonomisch damit sich nicht verbesserte. Im Anschluß an seine Reise gab er nicht nur die bekannte Broschüre heraus, sondern verfertigte auch ein Relief der von ihm bereisten Gegenden, welches er der Regierung Ende 1828 zum Kauf anbot. Auf ein Gutachten von den Professoren Friedrich Trechsel und Bernhard Studer hin ( abgedruckt bei Lechner pag. 28-29 ) lehnte die Akademische Kuratel den Ankauf und namentlich die von Rordorf angebotene Fortsetzung des Jungfraureliefs ab und auch ein direkter Verkauf an das Museum scheint nicht zustande gekommen zu sein. Grund der Ablehnung war vornehmlich die mangelhafte mathematische Grundlage. Noch schroffere Kritik übte Gottlieb Studer in einem Lengnau, den 5. Dezember 1828 datierten und an Oberst Karl Victor May - v. Wattenwyl gerichteten Brief, für dessen Abdruck wir Herrn Lechner nicht genug danken können, weil er uns sonst noch Neues über den jungen Gottlieb Studer bietet, an Rordorfs Broschüre, seiner Nomenklatur, seinen Prognosen über Besteigbarkeit der Eisgebirge, seiner Karte und seiner „ elenden " Profilzeichnung. Indessen will Studer „ Rohrdorf den Ruhm nicht bestreiten, die Bahn frisch gebrochen zu haben ". Und mit dieser Anerkennung, die auch Herrn Lechner gilt, wollen wir diese Rezension beschließen. Redaktion.

W. A. B. Coolidge: Die älteste Schutzhütte im Berner Oberland, Bern 1915.

Die Überschreitung des Berner Hochgebirges im Jahre 1712.

Zur topographischen Geschichte des Beialp- und des Aletsch- gletschergebiets, der Eggishornkette und des Märjelensees.The passages of the Alps in 1518. 1915.

Les Origines du Grand Combin et du Mont Collon et la légende de la Crête à „ Collon ". Aoste 1913.II Col de Collon nella Storia.

Entre le col de Collon et le col de Val. Cournera. Aoste 1914.

W. A. B. Coolidge: Dans les Alpes Pennines. Histoire topographique de la Haute Valpelline entre 1820 et 1862. Le Lyskamm dans l' histoire entre 1820 et 1861. Aoste 1912.

Le Origini storiche di Arolla.

II passo di Pagari nella storia. Torino 1913.

Le col Lombard et les passages avoisinants dans l' histoire.

Lyon 1913.

Das „ Gestinum " vom Jahre 1211. 1916.

Ich stelle im folgenden eine Anzahl Einzelpublikationen des bekannten Alpenforschers in Grindelwald zur Besprechung zusammen, welche erschienen sind, seitdem ich zum letztenmal über die alpinen Studien von Dr. Coolidge in diesem Jahrbuch ( Bd. XLVIII pag. 306—7 ) Bericht erstattet habe. Ich tue dies mit Absicht, weil diese neuen Publikationen zum Teil in etwas schwer zugänglichen Winkeln der alpinen Literatur versteckt sind, alle aber Beachtung verdienen, besonders bei alpinen Historiographen und Verfassern von Klubführern, deren Altmeister eben doch Mr. Coolidge ist und bleibt.

Die ersterwähnte Schrift: die älteste Schutzhülle im Berner Oberland, als Manuskript gedruckt in 200 Exemplaren, wird vom Verfasser selbst „ ein Beitrag zur Geschichte der bernischen Touristik " und eine „ Jubiläumsschrift " genannt. Sie ist das erstere, insofern sie uns die Bemühungen der Bernischen Regierung um die Wegverbesserung im Berner Oberland 1816—1818, die Arbeiten Christian Burgeners von Grindelwald am Bäreggweg, die Errichtung einer Schutzhütte beim Eismeer, die Geschichte dieser Schutzhütte an der Stieregg bis 1832, ihre späteren Schicksale, die Erbauung des Bäreggwirtshauses und den Übergang der Stieregghütte an die Alpgenossensfhaft Scheidegg und Grindel, alles an der Hand von Urkunden des Berner Staatsarchivs und anderen Dokumenten, ausführlich und getreu erzählt. Berner wird es interessieren, daß unter den Oberamtmännern zu Interlaken, welche sich ex officio mit diesen Dingen zu befassen hatten, Albrecht v. Haller, der jüngste Sohn des großen Haller, und Joh. Rudolf Steiger von Riggisberg figurieren; auch Nichtberner, daß unter den Reisenden, welche in der Stieregghütte nächtigten oder einkehrten, Wagner ( 1826 ), Rordorf ( 1828 ), Hugi ( 1832 ), Callander ( 1835 ), Lepileur ( 1836 ), das Ehepaar Cowan ( 1841 ), Hort und Lightfoot ( 1856 ), William Mathews ( 1857 ), Tuckett und Fox ( 1861 ) bekannt sind. Und Kenner der Verhältnisse werden lächeln, wenn sie ( S. 34 ) lesen, daß die Wirtschaftskonzession an Burgener von 1823 „ unter dem Geding erteilt wurde, daß auf den Gebrauch des Weges Icein Zoll gelegt, d.h. unter keinem Vorwand etwas gefordert werde ", und wenn sie sich dann erinnern, welche Mühe es unseren Klubgenossen, Regierungsrat Edm. von Steiger, den Sohn des Oberamtmanns von 1823, gekostet hat, bei Gelegenheit der Konzessions-erneuerung für die Wirtschaft auf der Bäregg von der Bergschaft Scheidegg und Grindel die Aufhebung des Weg- und Leiterzolls zu erzwingen. Was Dr. Coolidge über die Verwechslung der Bezeichnungen Stieregg und Bäregg vorbringt, anerkennen wir als richtig; dagegen ist ihm wiederholt der Fehler unterlaufen, daß die Stieregg tiefer liege als die Bäregg. Das Umgekehrte ist nach dem T. A. richtig ( Bäregg 1649 m, Stieregg 1705 m ). Ich glaube daher, daß Tuckett und Fox, 9. Juni 1861, welche, von einem Ausflug auf das Eismeer zurückkehrend, das Stier-eggchalet noch nicht erötfnet fanden und deshalb 10 Minuten hinunter gingen nach dem andern Haus " ( pag. 46 ), im Bäreggwirtshäuschen übernachteten, als die ersten Touristen, von denen wir wissen. Mit berechtigtem Selbstbewußtsein nennt Mr. Coolidge sein Büchlein eine Jubiläumsschrift, zum Andenken daran, daß er vor 50 Jahren ( 1. August bis 12. September 1865 ) seine ersten Grindelwaldbesuche machte und als erste Hochgebirgstour die Strahlegg überschritt. Ich will aus seiner munteren Erzählung, die uns über damalige Verkehrsverhältnisse und die Gasthöfe im Berner Oberland interessante Notizen gibt, hier nur hervorheben, daß der damals 15jährige mit seiner Mutter und seiner Tante, Miss Brevoort, das Faulhorn bestieg, und daß seine und Miss Brevoorts Führer über die Strahlegg Peter Bernet, gen. Lochpeter ( 1834-4894 ), Rudolf Boß, Christian Bohren von Trichelegg ( lebte 1915 noch ) und ein Peter Jossi waren, welche zusammen Fr. 165 Lohn erhielten. Essen und Übernachten auf der Bäregg kosteten Fr. 15 für 2 Personen und im Grimselhospiz Fr. 14. 50. Das Titelbild zeigt die alte Stiereggschutzhütte im jetzigen Zustande, wo sie als Alphütte dient.

In einem kleinen Artikel, welcher aus den Blättern für bernische Geschichte, Kunst und Altertumskunde, Bd. IX, 1913, wieder abgedruckt mir vorliegt, sucht Dr. Coolidge den Beweis zu leisten, daß eine von Altmann ( 1751 ), G. S. Grüner ( 1760 ) und S. Bodmer ( um 1717 ) für das Jahr 1712 bezeugte Überschreitung des Berner Hochgebirges durch drei Grindelwaldner ( Altmann und Grüner ) oder zwei Bauern von Interlaken ( Bodmer ) nicht auf einer Überschreitung des Mönchjochs oder des Petersgrates gedeutet werden dürfe, sondern sich auf die schlichte, durch den amtlichen Bericht des Kastellans von Frutigen an die Berner Regierung bezeugte Tatsache reduziere, daß während des Toggenburger Krieges, 25. April 1712, zwei im Wallis zurückgehaltene Oberländer sich an der auf dem Lötschenberg postierten Grenzwache der Walliser vorbeischlichen und dem Kastellan zu Frutigen Nachrichten über die kriegerischen Bewegungen und Absichten der Walliser überbrachten, die dieser nach Bern weiter berichtete. Aus diesem an sich unbedeutenden Vorfall sei jenes törichte Geschwätz über eine alte und regelmäßige Verbindung zwischen Bern und Wallis über den Walchergrat entstanden, welches seit Altmann und Grüner die alpinen Historiographen bis in die neueste Zeit beschäftigt hat. Diese Legende endgültig zu beseitigen, ist auch Dr. Coolidge nicht ganz gelungen, weil er in seiner Untersuchung zwei Fehler gemacht hat. Erstlich hat er die beiden Grüner, den Dekan Johann Rudolf ( 1680-1761 ) und den Fürsprech vor den Zweihundert Gottlieb Sigmund ( 1717-1778 ) verwechselt, beziehungsweise zu einem Zeugen zusammengezogen; sodann ist er zu weit gegangen, wenn er die Meinung verwarf, „ daß die Männer von Bodmer und des Kastellan zwei verschiedenen Parteien angehörten ". Nach meiner Ansicht steht die Streitfrage augenblicklich so: Über die Überschreitung des Berner Hochgebirges waren von Anfang ( 1717 ) an zwei Traditionen verbreitet. Die eine, vertreten durch den Dekan Grüner, dem G. S. Grüner wörtlich, Altmann dem Sinne nach folgt, und 1730 handschriftlich fixiert, wollte wissen, daß die Betreffenden von Wallis über die Berge nach Grindelwald und so in den Bereich des Amtmanns von Interlaken gekommen seien; die andere, vertreten durch den mit der Gegend von seinen Dienstreisen her vertrauten Geometer S. Bodmer, nahm an, sie seien von Wallis über „ den großen Glätscher " ( daß er ihn Sefinenfurgge nennt, ist ein Versehen oder ein Notbehelf für den fehlenden Namen ) nach Lauterbrunnen und damit ebenfalls in die Landvogtei Interlaken gekommen. Die beiden Urzeugen J. R. Grüner und S. Bodmer stehen den Ereignissen zeitlich nahe und in beiden Texten ( den Gruners habe ich bereits 1902 in meinem Neujahrsblatt: Der Alpensinn in der Literatur und Kunst der Berner, S. 10 und 13, zitert ) wird betont, daß der eingeschlagene Weg ungewöhnlich schwierig und nur durch die Not eingegeben gewesen sei. Daß die ganze Geschichte sich auf einen, wenn auch heimlichen, Übergang über den seit 1698 mit einer richtigen Straße versehenen und mindestens seit 1352 bekannten Lötschenpaß reduziere und ein Berner Beamte Leute, die nur dieses Wagnis bestanden hatten, als wie vom Himmel Redaktion.

gefallene Wunder seiner Obrigkeit zugewiesen habe, will mir nicht einleuchten. Anderseits ist kaum an zwei Übergänge zu denken und die zwei Männer haben Frutigen passiert. Aus diesem Wirrsal weiß ich keinen Ausweg als die Hypothese, daß die zwei Oberländer, da ihnen der Übergang über den Lötschenberg durch einen Posten auf der Höhe und eine starke Wache am Fuß des Passes gesperrt war, aus dem obern. Lötschental zum Birgpaß, zwischen Birghorn und P. 3132 des Petersgrates, hinaufstiegen, was keine großen Schwierigkeiten macht, und jenseits über ziemlich steile Schneehänge, nach J. R. Gruners Bericht sich mit der Axt den Weg bahnend, auf den Kandergletscher hinab und durch das Gasterntal hinaus nach Kandersteg und Frutigen gelangten, wo sie nachts den Kastellan alarmierten. Dies scheint eine den Talleuten zu beiden Seiten bekannte Kombination zu sein, um vom oberen Lötschental nach Kandersteg zu kommen. Zwischen 1705 und 1710 hat Bodmer einmal „ beim Birghorn eine verborgene Walliser Hochwacht gefunden " und in seinem Marchbuch verzeichnet. Es mag dies bei der Reise gewesen sein, da er selber „ über die grausamen Gletscher aus dem Lauterbrunnen in das Frutigland kam ", und noch 1895 notierte sich Mr. E. F. M, Benecke, daß der Birgpaß „ der Weg sei, den die Leute gewöhnlich gehen, wenn sie sagen, sie kommen von Kandersteg nach Ried über den Petersgrat ". ( Siehe Dübi: Hochgebirgsführer durch die Berner Alpen II 36 ). Diesen Vorfall muß S. Bodmer, dessen Feldarbeit 1710 abgeschlossen war, irgendwie erfahren haben. Er schloß dann aus seiner Lokalkenntnis, daß die zwei vom Petersgrat, beziehungsweise dem Kandergletscher, nach Lauterbrunnen abgestiegen seien, wie er es in umgekehrter Richtung als möglich erkannt hatte. Geht er doch so weit, zu behaupten, daß „ die Walliser im letzten Krieg von A° 1712 im Vorschlag gehabt, über diesen Gletscher in Lauterbrunnen einzufallen ". Die Erwähnung des Landvogts von Interlaken in der gesamten Tradition spricht dafür, daß die zwei ( oder drei ) Flüchtlinge dort ( oder in Grindelwald ) zu Hause waren, und sie werden nicht ermangelt haben, ihre Leistung dort gehörig herauszustreichen. Alles weitere ist Verderbnis der Tradition und Ausschmückung im Volksmunde, wie man deutlich erkennt, wenn man den Bericht Bodmers mit dem des Dekans Grüner vergleicht. Für meine Hypothese spricht, daß die nächstfolgende Überschreitung des Berner Hochgebirges, die der vier Bergknappen von den Blei-werken in Lauterbrunnen, im Jahre 1783 in der Richtung des Petersgrates erfolgte. Definitiv abgetan scheint mir die Sage, daß das Wagnis von 1712 über den Walchergrat ( Mönchjoch ) geführt habe Man beachte, daß der Dekan Grüner 1730 nicht ausdrücklich sagt, daß die Flüchtlinge bei Grindelwald ins Tal gekommen seien; das tun erst Altmann ( 1754 ) und G. S. Grüner ( 1760 ). Und dies zu wissen, ist schon die Mühe wert, die es kostet, sich in einer so verworrenen Tradition zurechtzufinden.

Dr. Coolidge bezeichnet selber die Studien zur Topographischen Geschichte der Belalp, des Aletschgletschers, des Eggishorns und Märjelensees, welche er in den „ Blättern aus der Walliser-Geschichte ", Bd. IV, 1915, veröffentlicht hat, als eine Ergänzung dessen, was er ( und ich ) im „ Hochgebirgsführer durch die Berner Alpen ", Bd. II und III, über die topographische Geschichte der vergletscherten Hauptketten vorgebracht haben. Diese Studien und deren Resultate, gestützt auf eine reiche Sammlung alter Karten im Besitz des Autors, werden den Forschern willkommen sein, auch nachdem ein Teil derselben, über das Aletschgletschergebiet und den Märjelensee, in dem 1915 erschienenen Prachtwerk von Ing. O. Lütschg ( siehe S.A.C., Jahrg. L, pag. 338-8 ) eine abschließende Behandlung gefunden hat. Ich habe an Dr. Coolidges Darstellung, welcher ich viel Belehrung verdanke, wenig auszusetzen. Sein „ leiser Anklang des Namens Aletsch an das Lötschental " ist ein etymologischer Mißton; denn das A in Aletsch ist stammhaft. Gründlich aufgeräumt hat dagegen Dr. Coolidge mit dem „ Antonienberg " älterer Karten und Schriftsteller, in welchem man das Aletschhorn oder eines der Fiescherhörner erkennen wollte. Er stellt fest, daß es eine Alpweide, wahrscheinlich die Riederalp, war. Und mit der Antoniuskapelle am Aletschgletscher verschwindet auch die sagenhafte Wallfahrt von da über den Walchergrat zur Petronellenkapelle am untern Grindwaldgletscher aus dem Bereich des Möglichen. Nützlich sind auch die genau belegten Angaben über die Hotelbauten am Eggishorn, auf Belalp und Riederalp und die Unterkunfts-bauten am Faulberg und Konkordiaplatz.

Sehr verdienstlich ist auch der in der English Historical Review vom Oktober 1915 erfolgte Abdruck eines außerordentlich seltenen Büchleins von Jaques Signot von 1518, welches die damals zwischen Frankreich und Italien üblichen 10 Passagen, vom Großen St. Bernhard bis zum Col de Tenda, aufzählt und ziemlich ausführlich beschreibt. Dr. Coolidge begleitet den sehr interessanten Text mit bibliographischen und historischen Erläuterungen.

In einer Reihe von Broschüren, von denen die erste und die vierte in den Bulletins Nr. 9 und 10 der Société de la Flore Valdôtaine 1913 und 1914, die mittleren in der italienischen Übersetzung von W. Lseng in der Rivista mensile erschienen sind, behandelt W. A. B. Coolidge ein altes Lieblingsthema: die kartographische, alpin-historische und Besteigungsgeschichte des Grand Combin, des Mont Collon, des Col de Collon und der Gegend zwischen diesem und dem Col de Valcournera. Er tut dies mit Meisterschaft, und diejenigen, welche Bd. I und II des Walliserführers in Arbeit haben, werden gut daran tun, sich diese Broschüren genau anzusehen. Warnen möchte ich freilich davor, wie Coolidge es tut, in Sebastian Münsters Text von 1550: „ est quoque passagium à Martinacht, quod Cumben vocatur, dividiturque in montibus ad diversa loca " etc., eine erste Anspielung auf den Combin zu erblicken. Hier hat schon A. Wäber, im Jahrbuch XL, pag. 252, das richtige gesehen. Es handelt sich bei Cumben ( dieses Wort, wie die ungezählten Kummen, Kummli, Kumbli, Combe, Comba etc. in den Schweizervoralpen beweisen, geht auf ein ml. Comba zurück ) schlechtweg nur um den gemeinsamen Zugang, der von Martigny-Combe nach Orsières führt, um sich dort in zwei Arme zu teilen, einen, der rechts ( der Irrtum Münsters, der links sagt, worauf Coolidge so großes Gewicht legt, ist schon zum voraus von Stumpf ( 1548 ) berichtigt worden ) zum Col de Ferret und weiter zum Kleinen St. Bernhard, den andern, der links oder geradeaus zum Großen St. Bernhard führt. In keinem Fall aber kann es sich, wie Coolidge will, bei dem Cumben Münsters und Stumpfs um einen dritten Paß, den Col de Fenêtre de Balme im Hintergrunde des Val de Bagnes, handeln, welcher „ ganz nahe am Fuß des Grand Combin vorbeigeht ". In mehreren der Fälle, wo Coolidge in dem Mont Coupeline der älteren Karten eine Kombination von Combin und Collon erblickt, bin ich zu Zweifeln geneigt. Aber die Frage ist zu kompliziert, um hier behandelt zu werden, und ich verweise auf die vorsichtige Auffassung Wäbers ( a. a. O. pag. 263 ). Das nämliche gilt vom M. Colombin der Walliskarte von Antoni Lambien. Da der Mont Collon nach Wäber „ bei seinem ersten sicheren Auftreten in der Literatur Mont Colomb heißt, so verschließe ich mich der Hypothese von Coolidge, welcher in diesem nur bei Lambien vorkommenden Namen eine Verbindung des „ Col " von Collon mit dem „ Ombinu von Combin wittert. In dem sehr amüsant geschriebenen Artikel: La Légende de la „ Crête à Collon ", welcher in der italienischen Übersetzung von W. Lseng eine weitere Verbreitung gefunden hat, mißfällt es mir, daß Mr. Coolidge sich und seine Leser ohne Not auch auf Kosten von Gottlieb Studer amüsieren will. Mr. Coolidge, welcher seine Darstellung auf den Bericht von Melchior Ulrich in den „ Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich, Bd. III, 1853, pag. 56—62, Jahrbuch de Schweizer Alpenclub. 61. Jahrg.

2 26Redaktion.

stützt, will uns glauben machen, daß Gottlieb Studer, in Begleitung von Melchior Ulrich, des Führers J. Madutz und eines Hirten von der Alp Liappey im Hintergrund des Hérémencetales, der sie schon am Vortage über die Cols de Seillon und du Mont Rouge nach der Alp Chermontane begleitet hatte, am 17. August 1852, bei der Überschreitung des Col de Crête sèche von Chermontane nach Bionaz im Valpelline, Gelegenheit gehabt habe, zu konstatieren, daß der Otemmagletscher oben zu einem Col führe, welchen der Träger Crête à Collon nannte, hinter welchem sich einige Felsgipfel zeigten, in denen Studer und Ulrich Berge des Eringertals, darunter die Aiguille de la Za, erkannten; daß rechts, südlich von diesem Col, sich eine felsige Masse erhob, von welcher Studer eine genaue Zeichnung anfertigte; daß am 18. August, bei der Überschreitung des Col de Collon von Prarayé nach Arolla, sie sich überzeugten, daß der Absturz des Vuibezgletschers, welchen sie mit der Aiguille de Za im Rücken, vom Plan de Bertol oberhalb Aroila aus vor sich sahen, im Süden durch eine felsige Masse begrenzt sei, die nämliche, welche Studer vom „ Glacier d' Ayace ", d.h. im Aufstieg zum Col de Crête sèche, als Grenzkamm im Nordosten des Otemmagletschers gezeichnet hatte. Trotzdem also, fährt Mr. Coolidge fort, das von dem Hirten von Liappey aufgebrachte Märchen von der Crête à Collon schon am ersten Tage durch die Beobachtungen von Ulrich und die Zeichnung von Studer widerlegt worden sei, habe der letztere in seiner 1853 erschienenen Neubearbeitung der Karte der südlichen Wallisertäler die Worte „ Crête à Collon " an den oberen Rand des Otemmagletschers gesetzt und damit einen ziemlich schmalen Col, „ beinahe eine Scharte " bezeichnet, während tatsächlich diese Öffnung ziemlich breit und weitflächig sei. Mr. Coolidge kann sich diese „ méprise " Studers nicht erklären und meint, er müsse, wie der gute Homer, zeitweilig geschlummert haben. Die Lösung des Rätsels ist überraschend einfach. Mr. Coolidge hat Ulrichs Text und noch mehr Studers Karte gründlich mißverstanden. Ich will es ihm nicht anrechnen, daß er die „ Crête à Collon " dem Hirten von Liappey aufs Kerbholz schreibt. Ulrich drückt sich zu knapp aus. Wir wissen aus Studers handschriftlichen „ Bergreisen ", daß der Betreffende, ein Jean-Baptiste Meirat, am 16. August 1852 die Gesellschaft nur bis auf die Höhe des Col du Mont Rouge begleitete und dort umkehrte. Der Träger Ulrichs und Studers am 17. August, welcher „ den Col am Schlüsse des Otemmagletschers Crête à Collon nannte ", war von der Alp Chermontane mitgekommen; er hieß Pierre-Maurice Maret und ist vor Bionaz wieder umgekehrt. Also auch ihn hätte Ulrich nicht, wie Mr. Coolidge zu bedauern scheint, in Arolla angekommen, für seine falsche Angabe rüffeln können. Schlimmer ist folgendes: Ulrich sagt mit keinem Worte, daß die felsige Masse, welche Studer zeichnete, identisch sei mit der Crête à Collon; er unterscheidet sie sogar ausdrücklich davon — Mr. Coolidge anerkennt das — und konstatierte, daß der Glacier de Vuibez die östliche Fortsetzung des Otemmagletschers sei. Das heißt doch, in unsere heutige Ausdrucksweise übersetzt: Die Crête à Collon ist ein Firnsattel, welcher den Otemmagletscher mit dem Vuibezgletscher, beziehungsweise dem Arollagletscher, der vom Col de Collon herunterkommt, verbindet. Er ist südlich begrenzt von einer felsigen Masse — unsere heutigen Karten nennen sie Petit Mont Collon — nördlich von Pigne d' Arolla, wie Ulrich ( pag. 62 ) ausdrücklich sagt. Und genau so stellt Studer auf seinen zwei Karten die Sache dar. Die kleine, als Beilage zu dem Aufsatz von Ulrich in den „ Mitteilungen " veröffentlicht und bezeichnet als „ Karte der Täler von Bagne, Nendaz und Hérémence im Wallis, G. St.1852 ", gibt dem Col noch keinen Namen ( aus Platzmangel lediglich ), zeichnet ihn aber deutlich als Firnsattel und verzeigt auch die unbenannte felsige Masse südlich von ihm, welche mit der vom „ Mont Collon " herkommenden im spitzen Winkel zusammentrifft. Viel deutlicher ist die Zeichnung auf der großen „ Karte der südlichen Wallistäler, frei gezeichnet nach topographischen Skizzen, mit Benutzung der eidgenössischen Aufnahmen und Berchtolds Triangulation, von G. Studer 1849. Umgearbeitet im Jahr 1853 ". Hier ist der Name Crête à Collon quer über einen breiten Firnsattel oder eine Firnmulde geschrieben und auch die Darstellung der umgebenden Felspartien des Mont Collon einerseits, des Pigne d' Arolla anderseits ist, am Maßstab der damaligen Kenntnisse Studers gemessen, befriedigend. Nur die Lokalisierung des Col de la Reuse d' Arolla, welchen Studer von der Valpellineseite her aus der Combe d' Oren erkundet hatte, ist irrig, weil zu weit nach Nordosten verschoben. Dieser Umstand hat selbst F. F. Tuckett 1861 in die Irre geführt, der über diesen neuen Paß nicht, wie er erwartete, auf den obersten Teil des Vuibezgletschers, sondern auf den des Otemmagletschers gelangte und den Grat, als welchen er sich die Crête à Collon der Karte Studers vorstellte, nirgends finden konnte. Daß sich dieses Vorurteil festsetzen konnte, mag von folgendem kommen: Für die Nomenklatur dieser Gegend scheint sich G. Studer auf einen gewissen Bernard Trollier, den „ ersten Jäger von Bagnes ", gestützt zu haben, welcher 1851 auf kurze Zeit sein Begleiter gewesen war ( siehe Berg- und Gletscherfahrten I, S. 113, Anmerkung, über seine Unzuverlässigkeit ). Dieser hat notorisch 1856 William Muthews und noch 1861 die Brüder Buxton mit dieser „ unüberschreitbaren Barriere " genarrt. Aber er war nie höher oben gewesen als die Spitze des Pointe d' Otemma, und er, wie die Hirten von Chermontane, mag ursprünglich die Schwierigkeiten gar nicht auf der Seite von Val de Bagnes, sondern auf der von Arolla gesucht haben, nämlich im Gletschersturz von Vuibez, von dem Studer in seinem handschriftlichen Reisebericht bemerkt, daß er einen früher üblichen Paß seit geraumer Zeit unmöglich gemacht habe. Wir halten also daran fest, daß es nicht Studers Schuld war, wenn die Crête à Collon zur Legende geworden ist. Denn an sich ist der Name für eine Wasserscheide, die ja nicht notwendig felsig zu sein braucht, gar nicht so ungeschickt und korrespondiert auch als Paß mit dem Col de Crête sèche, welcher bei seinem ersten Auftreten in der Literatur ( Ph. A. Arnod 1691/4 ) noch schlicht Creta sèche heißt. Also auch da kein Anlaß zum Spott.

Die Rätsel, die Mr. Coolidge in seiner nächstfolgenden Studie über die verschiedenen Formen des Namens Hérens übrig läßt, kann ich leider auch nicht befriedigend lösen. Ich mache nur darauf aufmerksam, daß der Personenname Erin auch in Breuil vorzukommen scheint.

Von solchen Rätseln, aber auch von den Verdiensten Ulrichs und Studers um deren Lösung, handelt die im B. Bulletin de la Société de la Flore Valdôtaine erschienene Studie über die topographische Geschichte des Obersten Valpelline zwischen 1820 und 1862. Von der über den ^Lyskamm in der Geschichte zwischen 1820 und 1861 " habe ich in meinem Walliserführer gerne und ausgiebig Gebrauch gemacht und verweise meine Leser darauf.

Eine Fülle zuverlässiger Notizen über Geschichte, Touristenverkehr, Besteigungen, Hotels und Wege etc. bietet die, in italienischer Übersetzung von W. Lang, in der Rivista Mensile erschienene Studie über die „ Historischen Anfänge von Arolla ". Die feudale Geschichte des Tales kann bis ins XIII. Jahrhundert zurück verfolgt werden; der erste Tourist, der bis dahin vordrang, scheint der Botaniker Abraham Thomas aus Bex gewesen zu sein, der zwischen 1758 und 1764 im Auftrag Albrecht v. Hallers reiste.

In Gegenden, wo wir mit unsern Kenntnissen nicht mehr folgen können, führen uns die zwei letzten noch zu besprechenden Artikel von Mr. Coolidge. Der eine, in der Rivista Mensile erschienen, betrifft die Geschichte des Passo di Pagar in den

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