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Schwarz Mönch und Schmadrijoch

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In der Rundsicht von der Roten Fluh, die dem diesjährigen Jahrbuche beigegeben ist, möchte ich zwei Punkte hervorheben, die unverdienterweise sehr selten eines Besuches gewürdigt werden; es sind dies: der Schwarze Mönch und das Schmadrijoeh.

Der Schwarze Mönch.

Dieser in den Punkten 2654 und 2718 gipfelnde nordwestliche Vorberg der Jungfrau, der mit seinen hohen, düstern Felswänden ins Triim-leten- und Lauterbrunnental abfällt, gilt auch heute noch, obwohl mit Unrecht, als schwer besteigbar. Es mag dies auch der Grund sein, weshalb die erste bekannte touristische Besteigung nicht vor dem Jahre 1878 stattfand, und hätte sie nicht P. Montandon, der Eroberer so mancher jungfräulichen Spitze, ausgeführt, vielleicht wären noch verschiedene Jahre vergangen, bis jemand dem Berg seine Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Die Tour stellt etwelche Anforderung an Schwindelfreiheit, ist lang und tagsüber heiß, dabei aber nicht so gefährlich, daß sie nicht auch Nicht-Hochtouristen angeraten werden könnte, insofern ein wegkundiger Talbewohner mitgenommen wird.

Der kürzeste Weg führt — was auf den ersten Blick fast unmöglich scheint — südöstlich des Schulhauses Stechelberg in die Höhe. Er wird heute noch von Geißhirten begangen und war früher, als unterhalb der Strählplatten oft gegen 200 Schafe weideten, besser unterhalten. Sind einmal die sanfter geneigten Grashalden auf etwa 2000 m. Höhe erreicht, so hält man sich, nordwärts abbiegend, einige Zeit ungefähr in gleicher Höhe, bis man den obersten Kamm erblickt, der gefahrlos in direktem Aufstieg über Geröllhalden, am besten etwas westlich von Punkt 2718, betreten wird. Die Marschzeit beträgt etwa 5 7a Stunden von Stechelberg aus.

Eine andere Route zweigt zwischen Oberer Stufensteinalp und Bärenfluh vom Rottalweg ab; teilweise ist hier ein Weg noch sichtbar, ergibt sich aber meist von selbst, indem man bald auf- bald abwärts steigend, die Felsvorsprünge umgehend, die erstgenannte Route erreicht, wobei man gut tut, dem mit Gras bewachsenen Terrain zu folgen, dabei allerdings oft an Höhe einbüßend. Wer über viel freie Zeit verfügt, mag diese Tour mit dem Besuch des Rottales verbinden, in der bequemen Rottalhütte übernachten, um am Morgen nach einstündigem Abstieg die Obere Stufensteinalp zu erreichen, was angenehmer ist als der 2^2 stündige Anstieg vom Tale her.

Als dritter Ausgangspunkt sei noch das Trümletental erwähnt, indem Gemsjäger unter Benutzung der Runse, die sich aus der Tiefe dieses Tales direkt gegen Punkt 2654 hinaufzieht, den Kamm hier erreichten.

Schwarz Mönch und Schmadrijoch.

Phot. F. Beck ( Sektion Oberland ).

Touristisch kommt jedoch diese Route kaum in Betracht, hat doch Herr Dr. Dübi ( allerdings in anderer Richtung ), indem er den Abstieg nach der Wengernalp forcierte, hierzu einen ganzen Nachmittag gebraucht. Zu Kletterübungen eignen sich die gegen das Lauterbrunnental vorstehenden Felsköpfe, insbesondere die Stellifluh oder der Mönchskopf direkt über der Talsohle, dessen Umgehung die Schwindelfreiheit auf eine harte Probe stellt. In geologischer Hinsicht ist das Gebiet reich an interessanten Stellen. Was aber die Besteigung des Schwarzen Mönch besonders empfehlenswert macht, das ist dessen eigenartige Aussicht: man dominiert auf der einen Seite unmittelbar das Voralpenland und blickt auf der andern direkt ans Hochgebirge hinan. Imposant ist der scheinbar senkrechte Niederblick ins Lauterbrunnental. Wengen scheint in einer Ebene mit Lauterbrunnen zu liegen und selbst die Anhöhen über der Wengernalp verflachen sich. In Steinwurfsnähe wähnen wir die gleich Würmern über die Kleine Scheidegg schleichenden Bahnzüge; gleich rechts davon aber dünken uns die Riesengestalten des Eiger und des Mönch um so größer in den Himmel gewachsen; von keinem andern Punkte aus ist mir der Mönch so imposant erschienen wie vom Schwarzen Mönch, wo man ihn vom tiefen Grunde des Trümletentales bis zur firngekrönten Spitze in einem einzigen Zuge messen kann. Großartig nimmt sich auch der nahe Gießengletscher aus, wie er seine geborstenen Eis- Jahrbuch de Schweizer Alpenclub. 44. Jahrg.

23 massen dem Abgrund zuwendet. Der Jungfraugipfel ist durch das Silberhorn verdeckt, um so mehr fesselt dieses selbst mit seinem Felsen-schild, dem „ Roten Brett ", unsere Aufmerksamkeit. Vorstehendes Bild gibt einen teilweisen Begriff der Aufstiegsroute über den Rotebrettgrat, die seit dem ersten Bezwinger Sir Seymour King im Jahre 1887 keine Nachfolger mehr gesehen hat. Heute scheinen die Verhältnisse infolge Rückganges der Vereisung besser geworden zu sein; wer ist wohl der Nächste, der das Silberhorn von dieser seiner charakteristischen Seite her besiegt? Den Glanzpunkt des Panoramas jedoch bildet der offen zu Füßen liegende herrliche Gebirgszirkus des hintersten Lauterbrunnentales, durchflössen vom Silberband der Lütschine, belebt von zahlreichen Wasserfällen und blinkenden Gletschern. Und die hochragenden Felsenhäupter, von der Ebnen Fluh zum Gspaltenhorn, schließen in wunderbarer Harmonie ihren ungebändigten Gletschersohn, den mächtigen Schmadribachfall, in ihre Mitte.

Schmadrijoch.

Fern vom Getriebe der Eisenbahnen, dem Staub der Landstraße, dem Trubel des Fremdenverkehrs und dennoch nur wenige Stunden von der Station Lauterbrunnen entfernt, findet der Naturfreund im Bereiche des Schmadribaches noch jene Urwüchsigkeit, wie sie im Berner Oberland immer seltener wird. Auf selten begangenen Pfaden genießt er doppelt die Freuden von Hochgebirgsfahrten. Als eine solche möchte ich die Überschreitung des Schmadrijochs mit daran anschließender Besteigung des Großhorns oder Breähorns in Erinnerung rufen. Infolge Rückganges der Vergletscherung haben die Schwierigkeiten gegen früher abgenommen und für den, welcher den Aufstieg vom Rottal zur Jungfrau schon gemacht hat, dürfte es kaum einen besondern und zugleich kürzern Übergang vom Lauterbrunnental nach dem Konkordiaplatz geben als über das Schmadrijoch und die LöischenlücJce.

Den ganzen Sommer über stand diese Tour auf meinem Programm, aus verschiedenen Gründen wurde es Spätherbet, bis ich mich daran machen konnte. Am 10. Oktober 1908 zog ich mit Führer Müller aus Gsteigwiler nach Lauterbrunnen; hier schloß sich als dritter im Bunde Peter von Allmen, ein vorzüglicher Gemsjäger, der im laufenden Jahre das Führerdiplom erworben hatte, an, um das Schmadrijoch, das so wenige seiner Kollegen je betreten hatten, kennen zu lernen. Da die Tage im Oktober schon ordentlich kurz sind, wünschte ich, möglichst hoch oben zu nächtigen, und schlug die Sennhütte auf dem Tanzhubel vor. Auf Anraten Peters jedoch sicherten wir uns den Schlüssel zum hintern Hotel auf dem Steinberg, und wir taten wohl daran; wenn wir auch am Morgen einen um l1/« Stunden längern Weg machen mußten, so hatten wir dafür um so besser geruht.

Bei gutem Mondschein und angenehmer Temperatur wurde das Hotel um 5 Uhr morgens verlassen und der Oberhornalp zugesteuert. Über Schwarz Mönch und Schmadrijoeh.

einen steilen Felswall und die große Moräne gelangten wir auf den Breithorngletscher, und Punkt 2316 ( von Peter Wermutfluh genannt ) umgehend, erreichten wir nach 2*/a Stunden den Fuß des eigentlichen Überganges, nordöstlich von Punkt 2744. Der Topographische Atlas ist in diesem Gebiet immer noch ungenau, dafür gibt obenstehendes Bild von Dr. H. Brun einen guten Begriff von der Route. Den Einstieg in den Steilhang bewerkstelligten wir über einen Felskopf, der uns infolge seiner Grifflosigkeit ordentlich zu schaffen gab; wir hätten uns auch durch einen kleinen Gletscherbruch links davon in die Höhe arbeiten können, fürchteten aber, auf große Spalten zu stoßen. Nach Überwindung dieser ersten 50 Meter kamen wir erst über ein kurzes Stück Schnee, dann über steilen plattigen Fels rasch in die Höhe. Die steile Schneehalde rechter Hand ( im Sinne des Aufstieges ) wurde nur dann und wann betreten, wenn der Fels aussetzte oder zu steil wurde. Wir mochten schon auf 3000 m. Höhe sein, als der vorangehende Führer Müller ausrief: „ Da ist ja eine Hütte !" Bald gewahrte auch ich, wie ein überhängender Fels mit Trockenmauerwerk kunstgerecht derart zugemauert war, daß in der Mitte eine Eingangspforte frei blieb. Natürlich wollten wir wissen, von wem der Bau stamme, und bald war denn auch in einer Ecke des geräumigen Innern eine Flasche entdeckt, die Näheres berichtete. Im August 1906 hatte hier ein Pariser Tourist mit Führer Bleuer und einem zweiten Grindelwaldner Schutz vor Unwetter gefunden und die Nacht zugebracht. Genannter Hans Bleuer ist leider im Januar 1909 an der Furka durch eine Lawine umgekommen, bevor ich mit ihm über diese interessante „ Cabane du Steinschlag ", wie sie der Franzose taufte, gesprochen hatte. Einige Tage vor seinem Tode plauderte ich noch mit seinem Kollegen Bohren darüber, ihm eine Photographie der Hütte tnitgebend; ob Hansi dieselbe wohl noch erhalten hatVon Steinschlag merkten wir jedoch weder im Aufstieg noch Abstieg etwas; der im September gefallene Schnee hüllte die losen Felstrümmer wohl zu fest ein, und die Oktobersonne hatte nur kurzen Zutritt auf der Nordseite. Der weitere Aufstieg vollzog sich ganz gut bis auf die Höhe « ines Gletscherkopfes, der rechts von uns, durch eine steile Schneekehle vom Felsen getrennt, seine blauen Massen hervorstieß. Es galt nun, genanntes Couloir über dem Gletschervorstoß zu traversieren, um nachher auf sanfter geneigten Firn zu gelangen, von wo dann fast mühelos die Höhe des Sattels, das Schmadrijoch, erreicht wurde. Als schwierigste Stelle der ganzen Tour kam mir diese Überschreitung vor, indem pulveriger Schnee nirgends sicheren Stand gewährte. Im Sommer soll diese Partie schneefrei und infolgedessen leichter zu begehen sein. Es war fast Mittag, als wir auf dem Joch anlangten und der unermüdliche Müller bedauerte, daß die Tage nicht um zwei Stunden länger wären, ansonst er noch das Breithorn aufs Korn genommen hätte. Das Wetter war ideal und so gönnten wir uns einen längern Hält, um die interessante Aussicht zu mustern; besonders schön ist der Tiefblick in den Kessel des Jägigletschers und das Lötschental einerseits und auf den Breithorngletscher und das Lauterbrunnental anderseits. Greifbar nahe scheint das Großhorn, links von der Jungfrau, rechts vom Aletschhorn flankiert. Es läßt sich auch die Route nach der Lötschenlücke teilweise verfolgen, die von hier aus nie unter 3000 m, herabgeht und so den kürzesten Weg aus dem Lauterbrunnental nach der Egon von Steiger-Hütte bildet. Immer und immer wieder jedoch zog der Breithornostgrat unsere Augen auf sich, wußten wir doch, daß solcher noch nie in seiner ganzen Ausdehnung begangen wurde und eine großartige Kletterei bietet, wie uns Julien Gallet im Jahrbuche XXXII, pag. 119, erzählt. Genannter Herr hat den Grat erst westlich von Punkt 3387 — im Lauterbrunnental vielfach Schmadrihorn genannt — betreten. Ich wünsche, die Breithom-traversierung vom Schmadrijoch aus möchte dereinst für das Lauterbrunnental dieselbe Bedeutung erlangen, wie der Wildelsigengrat am Balmhorn für Kandersteg; an Abwechslung, Schönheit und Großartigkeit dürfte das Breithorn seinen Rivalen noch übertreffen.

Mangel an freier Zeit verbot mir, den leichtern Abstieg ins Lötschental zu nehmen, so konnte ich mir nun auch ein Urteil über die Schwierigkeit des Schmadrijochs im Abstieg nach Norden machen, wobei ich fand, daß die Route vom Großen Aletschfirn gegen Punkt 3739 westlich vom Aletschjoch vorstehender am meisten ähnelt. Ich habe beide Routen im Auf- und Abstieg unter gleichen Verhältnissen begangen; sie sind ungefähr gleich lang und gleich steil, es wechseln Felspartien mit Schnee ab; während eines trockenen Sommers dürften sich die Verhältnisse für Schwarz Mönch und Schmadrijoch.

die Aletschhornroute etwas besser stellen. Beide Routen werden infolge ihrer Steilheit bei ungebrochener Flucht stets lieber nur im Aufstieg benutzt, um so mehr, als mit der höhersteigenden Sonne auch die Steinschlag -und Lawinengefahr wächst.

Als wir gegen Abend die Sennhütte auf dem Tanzhubel erreichten, wurde ich inne, wie ungemütlich ein Nachtlager daselbst gewesen wäre. Auch auf Breitlauenenalp sah es nicht viel besser aus; von hier aus hätten wir infolge Gegengefall vor dem Steinberg kaum einen Vorsprung gehabt. Ein gutes Nachtessen im Hotel Schmadribach zu Trachsellauenen gab uns die nötige Kraft zum Weitermarsch, denn da um 9 Uhr in Stechelberg kein Fuhrwerk mehr aufzutreiben war, legte ich gleich sämtliche Phot. F. Beck ( Sektion Oberland ).

18 Kilometer bis Interlaken zu Fuß zurück, bis Gsteigwiler in Begleitung des 64jährigen Müller, der auch in Lauterbrunnen einen Wagen verschmähte, indem er treuherzig bemerkte, der Kutscher würde ihn dauern, der noch in später Nacht nach Lauterbrunnen zurückfahren müßte.

Über das Schmadrijoch sind schon in den Jahrbüchern XI und XX Artikel erschienen; daß ich nochmals darauf zurückkomme, geschieht nicht zuletzt deshalb, um baulustige Sektionen oder Einzelpersonen aufmerksam zu machen, wo sie eine neue Clubhütte errichten könnten. Es ist dies eine Stelle am Fuße des Großhorns, die von den Moränen des Breithorn-und Schmadrigletschers eingeschlossen wird, in etwa 2300 m. Höhe. Dieselbe würde als Ausgangspunkt folgender Besteigungen dienen: Schmadrijoch mit Übergang zur Lötschenlücke-Konkordiaplatz oder Lötschental, Großhorn, Breithorn über den Ostgrat, Wetterlücke über den Breithorngletscher, Schmadrirück, Mittagjoch und Mittaghorn. Schon beim Neubau der Rottalhütte wurden in Lauterbrunnen Stimmen laut, die der Sektion Oberland nahelegten, sich auch einer Hütte beim Schmadribrunnen, wie die angeführte Stelle genannt wird, anzunehmen. Dies ist aber der kleinen Sektion unmöglich, ist sie doch nach Neuerstellung der Rottal-und Guggihütte auf Jahre hinaus lahm gelegt und hat mit bloßem Unterhalt dieser zwei Bauten nachgerade genug Verpflichtungen. Ob aus der Zentralkasse in absehbarer Zeit ein Beitrag für eine neue Hütte in den Fritz Beck. Henry Ludescher.

Berner Alpen erhältlich wäre, ist fraglich; die Erbauer wären deshalb außer der Mithülfe der Interessenten im Lauterbrunnental auf sich selbst angewiesen. Allerdings brauchte die Hütte nicht groß angelegt zu werden und käme deren Transport infolge tiefer Lage nicht hoch zu stehen.

Fritz Beck ( Sektion Oberland ).

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