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Sommerski-Impressionen

Remarque : Cet article est disponible dans une langue uniquement. Auparavant, les bulletins annuels n'étaient pas traduits.

VON WOLFGANG SCHWAB, SAC UTO

Im Mai und Juni, wenn der Hochwinter seine Herrschaft aufgegeben hat, aber der Sommer noch auf sich warten lässt, kommt der kurze, leichte Ski zu seinem Recht. Er ist uns in dieser Zeit ein lieber Kamerad. Bei Anmärschen verbindet er sich mit dem Rucksack und bringt sein Gewicht kaum zur Geltung. Gerne befreundet er sich mit einem kurzen, leichten Pickel.

Das Zuckerhütl(351l m ) Frohgemut steigen wir von Sölden aus durch lichten Bergwald im Wimbachtal empor. Als sich das Tal überm Wald verflacht, halten wir beschauliche Mittagsrast im kleinen Fiegl-Gasthaus. Weiter hinten führt der Pfad an den Steilhängen des Schussgrubenkogels in vielen Kehren zur Kammhöhe. Hier, nach vier Stunden Anstieg, halten wir Rückschau auf viele Ötztaler Gipfel, die wir im April auf langen Brettern erstiegen. Schon sichten wir unser heutiges Ziel, die Hildesheimer-hütte. Nach Überquerung einer schmalen Schlucht noch ein kurzer, steiler Anstieg, dann stellen wir Rucksack und Brettli vor der Hütte ab. Tief schauen wir hinab in den Kessel des Pfaffenferners. Vor Abend sitzen wir vor die Hütte und lauschen der stillen Sprache der Berge. Frieden ist um uns.

Am nächsten Morgen bringen uns unsere Bretter rasch in den Kessel hinab. Die Felle werden aufgezogen, und in Spiralen überwinden wir den Steilhang des Pfaffenferners, der darüber sanft ansteigend zum Pfaffenjoch führt. Die Sonne, die Lebensspenderin, hat der ganzen Landschaft leuchtendes Antlitz verliehen; auch wir lassen ihre goldenen Strahlen in uns dringen.

Nun auf dem Sulzenauferner queren wir seine oberen Hänge bis zum Pfaffensattel. Der weisse Zuckerhut, dem unser Sehnen gilt, steht gerade vor uns; noch leiten uns die Bretter an seinen Nordostgrat. Dort stecken wir sie neben den Rucksäcken in den Schnee und verbinden uns mit dem Seil. Der gute Firn erforderte fast kein Stufenschlagen, dann reichen wir uns nach dreistündigem Aufstieg auf dem Gipfel die Hände. Gegen Süden fällt der Berg in dunkler Felswand zum hintersten Teil des Wimbachtales ab.

Als der Firnrücken hinter uns liegt, rüsten wir uns zur Abfahrt. Auf den kleinen Brettern ist sie immer ein köstlicher Genuss. Als wir wieder am Pfaffenjoch sind, schwingen wir nach Herzenslust; leise singen unsere Bretter im Sulzschnee. Auch der Steilhang des Pfaffenferners lag nur zu rasch hinter uns.

Noch ist es Vormittag, als wir zur Hütte aufsteigen. Unsere nächste Sorge heisst: « Heisser Tee und Dolce far niente. » Wie ein Traum, dem Vorüberhuschen eines Schmetterlings vergleichbar, dünkt uns das heutige Erlebnis.

Talwärts grüssen da und dort die zarten, lieblichen Kinder der Flora und tragen eine warme Note in die Landschaft, die noch viele weisse Schneeflecken birgt.

Der Grossvenediger ( 3660 m ) Neukirchen früh verlassend, wandern wir durch das langgestreckte Obersulzbachtal der Venedigergruppe zu. Über dem bewaldeten unteren Teil des Tals verläuft die obere Talstufe eben, und nun sehen wir im Hintergrund den Ausfluss des Obersulzbachkees, der mit seinen vielen Seraks und Klüften die « türkische Zeltstadt » genannt wird und über dem der Grosse Geiger thront.In der Postalpe schalten wir eine Mittagspause ein. Die frische Gletscherluft regt uns zum Weitermarsch an; am Ende des Tals führt uns der « Klamm»weg am Felshang linker Hand höher. Durch schmales Couloir erreichen wir die Hochfläche, wo die Kürsingerhütte steht. Nun legen wir die Ski an und sind bald in der Hütte. Nach sechsstündigem Aufstieg erfrischt uns dort ein Göttertrank aus verschiedenen Säften und Gewürzen. Das Massiv des Grossvenedigers, das sich über dem Kees in hoher, weisser Wand erhebt, erscheint nun gegen Abend kalt und fahl.

Sehr früh fahren wir von der Hütte auf den oberen Teil des Obersulzbachkees ab, legen dort die Felle an und steigen mählich auf dem Gletscher höher. Alles ist weiss und erhält frohe Tönung durch Zauberin Sonne. Weiter oben bringt uns ein Steilhang im Zick und Zack in die Venedigerscharte zwischen dem Kleinen und Grossen Venediger. Nun stehen wir auf dem südlich abfliessenden Schlattenkees. Hier in der lichtoffenen Scharte, die dem Himmel nahe ist, hoch über dem Obersulzbachkees, empfinden wir aufs neue, wie die Berge zur Ewigkeit weisen. Zu tiefinnerst berührt steigen wir weiter gegen den Grossvenediger empor, der sich hier oben in sanfterer Form zeigt.

So erklimmen unsere Bretter ohne Schwierigkeit seinen Südostgrat und gleiten auf ihm zum Gipfel, der uns ein Ruheplätzchen gönnt. Die Schau ringsum unter strahlendem Himmel ist glückhaft schön. Ganz im Süden zeigen sich die Dolomiten - wir kennen ja ihre märchenhaften Fels-türmeaus ihnen heben sich der Monte Pelmo und die Marmolata heraus.

Nur zögernd denken wir an den Abstieg. Als die Gipfelkuppe selbst hinter uns liegt, bereiten uns die gleitenden Bretter viel Freude. Der Steilhang unterm Joch, nun Pulverschnee, verleitete zu manchem Schwung, und ehe wir 's uns versahen, lag auch der Gletscher hinter uns. Der Venediger war wieder zu gewaltiger Höhe gewachsen, als wir in die Hütte einzogen. Eine Sommerskifahrt reichen Ausmasses ist Erlebnis geworden.

Der Hochkönig ( 2938 m ) Erblickt man seinen Südabfall, die gewaltige, felsige Wetterwand, so möchte man kaum glauben, dass dieser Berg seine schwache Seite besitzt, über die er leicht erreicht werden kann.

Am Abend zuvor hatten wir uns in der Sauna des Arthurhauses, des heimeligen Alpengasthofs auf der Mitterbergalpe, erfrischt und steigen nun bei Tagesanbruch stetig und steil empor ins Ochsenkar. Östlich wird es von der Manndlwand begrenzt; ihre lange Reihe kühner Türme und Zacken erinnert lebhaft an die Dolomiten. Links von unserem Aufstiegshang ist eine tiefe, schmale Schlucht eingeschnitten, die noch völlig mit Schnee erfüllt ist; sie wird uns die Abfahrt weisen.

Weiter oben haben wir schon die Torsäule gesichtet. Als wir uns von diesem hohen Felsturm nördlich wenden, erreichen wir bald das uns bisher verdeckt gebliebene Plateau der « Übergossenen Alm ». Es glänzt und gleisst im sonnigen Vormittag, und es scheint wirklich, als sei der felsige Untergrund mit weissem Nidel Übergossen worden.

Flugs legen wir die kurzen Bretter an, die ob ihrer langen Untätigkeit schon ungeduldig waren, und gleiten über das topfebene Plateau bis ans Gipfelmassiv des Hochkönigs. Dort stellen wir die Bretter ab und gelangen über drahtseilversicherten Steig rasch auf den Gipfel, wo das Matrashaus steht. Der Blick schweift von den nördlichen Tiroler Bergen über die Ötztaler und Zillertaler zu den Hohen Tauern und zum Dachstein.

Unsere treuen Bretter führen uns wieder über das Firnfeld zur Torsäule. Dort beginnt der schönste Teil der Abfahrt; in vielen kleinen Schwüngen flitzen wir die enge Schlucht hinab Wir finden Auslauf zum Pfad ob der Mitterfeldalm.

Überall sprosst und grünt es; wir vermeinen, schon in den Sommer zu schreiten.

So lässt das Frühjahr die Natur aus der winterlichen Ruhe neu erwachen, bis sie im Sommer ihre höchste Entfaltung erreicht. Und so greift auch der Bergsteiger, der mit der Natur verhaftet ist, nach der Winterperiode, die ihn auf Skitouren beschränkte, zu den kurzen Brettern, die ihm so herrliche Kombinationen von Ski- und Bergfahrt schenken. So entfaltet auch er seine Kräfte für die grossen Fahrten, die im Sommer seiner harren.

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