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Vergletscherte Vulkane

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Jürg Alean, Bülach

Vulkan Ruapehu ( 2797 m ) auf der Nordinsel Neuseelands. Weihnachten 1953 kam es zu einem schlimmen Eisenbahnunglück, da ein vom Vulkan herkommender Schlammstrom eine Eisenbahnbrücke weggerissen hatte.

Schlammströme als Folge von Vulkanausbrüchen Am 24. Dezember 1953 bricht auf Neuseelands Nordinsel der Vulkan Ruapehu ( 2797 m ) aus. Wasser eines Kratersees rast zusammen mit Schmelzwasser von Schnee und Eis als Schlammflut talwärts, wobei eine Eisenbahnbrücke der Linie Wellington-Auckland weggerissen wird. Unmittelbar danach erreicht ein voll besetzter Expresszug die Stelle. Die Lokomotive und fünf Waggons stürzen in die Tiefe. 151 Menschen finden den Tod.

Am 13. November 1985 um 15 h 45 bricht in Kolumbien der 5389 m hohe Vulkan Nevado del Ruiz aus. Um 16 h 00 geht ein Regen von Asche und Schlacken über die 57 km nordöstlich des Vulkans gelegene Stadt Mariquita nieder. Asche regnet um 17 h 30 auch auf die Stadt Armerò herunter. Die Einwohner sind beunruhigt, bleiben aber in den Häusern, da es gleichzeitig wie aus Kübeln regnet. Um 22 h 00 ist der Aschenfall derart stark geworden, dass sich der Bürgermeister entschliesst, die Stadt zu evakuieren - zu spät. Durch das Nevado Coropuna, 6377 m, ein aus mehreren Kegeln zusammengesetztes Vulkangebirge mit ausgedehnter Vergletscherung in Südperu Bett des Rio Lagunilla wälzt sich bereits um 23 h 30 eine 40 m hohe Schlamm- und Geröllmasse mit einer Geschwindigkeit von etwa 35 km/h heran. Armero und der Grossteil seiner Bewohner versinken im Schlammstrom. Die bisher schlimmste Vulkankatastrophe des 20. Jahrhunderts fordert rund 25000 Todesopfer, die meisten in Armero und etwa 2000 in Chinchina auf der Westseite des Vulkans.

Zwei Tragödien aus dem ( Ring des Feuers ), der riesengrossen Vulkanzone, die den gesamten Pazifik umschliesst. Beide Ereignisse haben eines gemeinsam: Nicht die direkte Gewalt des Vulkanausbruches selber führte zu Tod und Verwüstung, sondern die indirekte Wirkung von Schlammströmen.

Gletscher auf tropischen bis antarktischen Vulkanen Gefahren des Schmelzwassers Die Tragödie von Armero hätte sich kaum in dieser Form und in diesem Umfang abgespielt, wäre der Vulkan nicht vergletschert gewesen, wie ja sein Name ( ver- Der Vulkan Parinacota ( 6342 m ) im äussersten Norden Chiles ist noch kaum von der Erosion angegriffen. Die Gletscher auf der Südseite ( rechts ) reichen etwas weiter herunter als auf der Nordseite, der Sonnenseite, in der Südhemisphäre. Im Vordergrund suchen Flamingos im seichten See nach Nahrung.

schneiter Berg ) andeutet. Von anderen Vulkangebieten, wie auch vom Nevado del Ruiz selber, war das Phänomen bekannt. Vor dem eigentlichen Ausbruch des Vulkans steigt Magma im Vulkanschlot langsam hoch. Die Gipfelregion erwärmt sich, wodurch Schnee und Eis zum Schmelzen gebracht werden. Weil das Schmelzwasser zuerst oft noch subglaziale Seen bildet und dort gespeichert bleibt, fliesst es dann auch nicht gleich ab. Bereits am 11. September 1985 ereignete sich am Nevado del Ruiz ein Wasserausbruch. Das Wasser riss viel Asche mit sich, so dass ein Schlammstrom, ein sogenannter , entstand. Dieser stiess 27 km vor, damit allerdings zu wenig weit, um Schaden anzurichten. Bereits bei historischen Ausbruchsphasen, und zwar am 12. März 1595 und am 19. Februar 1845, hatte der Nevado del Ruiz verheerende Schlammströme verursacht.

Viele Vulkane Südamerikas tragen Gletscher und sind für ihre Umgebung ebenso wie Der grosse Nachbar des Parinacota, der Nevado Sajama ( 6542 m ), ist der höchste Berg Boliviens. Die Erosion ist viel weiter fortgeschritten als beim Nevado Parinacota, so dass der Vulkan seine ebenmässige Kegelgestalt eingebüsst hat.

Schnee und Eis im Ring des Feuers Die Vulkane der Anden sind Teile im Ring des Feuers. Sie bilden eine Kette von Kolumbien über Ecuador, durch den Westen von Peru und Bolivien, weiter nach Chile und in das westliche Argentinien. Die Vulkane, immer dann vergletschert, wenn sie über die Schneegrenze hinausreichen, zeichnen in geradezu klassischer Weise ein Profil durch die Klimazonen des Kontinents. Trotz Äquatornähe ( ein Gletscher am Vulkan Cayambe, 5796 m, nordöstlich Quito, überquert gar als einziger der Welt den Äquator ) sind im niederschlagsreichen Kolumbien und Ecuador selbst Fünftausender-Vulkane eisgekrönt ( vgl. QH Ml/87, S. 137-148 ). Im Süden Perus thronen einige besonders imposante Vulkanbauten. Gegen die südliche Subtropen-Hoch-druckzone hin steigt jedoch die Schneegrenze an, so dass der 5842 m hohe Vulkan Misti bei der

Weiter südlich gibt es noch Gletscher auf dem höchsten Berg Boliviens, dem Vulkan Sajama ( 6542 m ), und den wunderschönen Vulkanen im äussersten Norden Chiles, z.B. auf dem Parinacota ( 6342 m ) an der Verbindungsstrasse La Paz-Arica. Danach folgen Dutzende von Sechstausender-Vulkanen, die aus der extrem ariden Atacamawüste aufragen und kein ewiges Eis tragen. Selbst der mit 6880 m höchste Vulkan der Erde, der Ojos del Salado, hat nur winzige Eisfelder.

Südlich von Santiago de Chile sinkt die Schneegrenze wieder. Südlich des Aconcagua trägt der 6800 m hohe Vulkan Tupungato be- Vulkan Lanin ( 3776 m ) in Argentinien reits wieder grosse Gebirgsgletscher. In der kühlen und niederschlagsreichen Westwindzone Patagoniens sind dann selbst 2000 m hohe Vulkane vergletschert, wie z.B. der sehr aktive Vulkan Villarica ( 2840 m ) und der klassisch geformte Vulkan Osorno ( 2660 m ), dessen Gipfelregion für die durch Fumarolen aus dem Gipfelgletscher herausgeschmolzenen Eisgrotten berühmt ist. Und während diese Zeilen entstehen, vernehmen wir vom Ausbruch des benachbarten Vulkans Lonquimay Gipfelpartie des Vulkan Lanin. Die Vergletscherung schützt den Gipfel vor stärkerer Erosion. Weiter unten am Vulkan haben sich schon deutliche Täler gebildet.

( 2800 m ), der die vorsorgliche Evakuierung von 2000 Personen erforderlich machte ( Tages Anzeiger, 27. Dezember 1988 ).

Vulkane der Antarktis Jenseits von Feuerland und Kap Hoorn gibt es vereiste Vulkane in der Antarktis, so auf dem der antarktischen Halbinsel vorgelagerten Deception Island. Grösster Vulkan der Antarktis ist der Mount Erebus ( 3794 m ), der zusammen mit seinem möglicherweise erloschenen Nachbarn Mount Terror ( 3240 m ) den Grossteil der Rossinsel ausmacht. Fast als eine Herausforderung gegenüber der antarktischen Kälte wirkt der im Krater des Mount Erebus tätige Lavasee. Glaziologisch ist von Interesse, dass der nicht allzu steile Gipfelaufbau des Erebus praktisch unvergletschert ist. Schuld daran ist weniger die vulkanische Wärme als die enorme Winderosion in der Gipfelregion ( vgl. QH III/87, S. 121 ff. ). Die unteren Flanken beider Vulkane tragen dann aber Gletscher, die direkt ins Rossmeer kalben.

Vulkane formen Gletscher- Gletscher formen Vulkane Unsere gedankliche Reise vom tropischen Kolumbien zum antarktischen Kontinent führte uns an prächtigen Beispielen glazial geprägter Vulkanbauten vorbei. Von einem einzigen Standort aus kann man die formgebende Wirkung der Gletscher an der chilenisch-boli-vianischen Grenze, im Naturschutzgebiet des Parque Lauca, beobachten: Der bereits erwähnte Vulkan Parinacota trägt einen auffallend symmetrischen Eiskranz. Der jugendliche und wohl kaum definitiv erloschene Vulkan ist von der Erosion praktisch nicht angegriffen. Seine Gletscher konnten vorerst noch keine merklichen Mulden schaffen und sind deshalb schlecht voneinander abgrenzbar. Da keiner der Gletscher über ein grösseres Akkumulationsgebiet verfügt, enden alle Zungen etwa auf ähnlicher Höhe. Die Gletscher der Südseite reichen etwas tiefer, da dies in der Südhemisphäre der Schattenhang ist.

Anders beim benachbarten Sajama. Seine unteren Hänge sind schon durch länger anhaltende Erosion zertalt. Auffallend ist allerdings beim Sajama und noch stärker am argentinischen Lanin ( 3717 m ), wie die Talbildung die Gipfelregion noch nicht erreicht hat. Eine Rolle dürfte dabei spielen, dass die Gipfelver-gletscherung den obersten Vulkanteil vor der viel wirkungsvolleren Erosion des fliessenden Wassers schützt.

Noch extremere Beispiele von Vulkanen, die von Gletschern mitgeformt wurden, finden wir auf der anderen Seite der Erdkugel in Island. Vielen Islandreisenden dürften die seltsamen tafelbergähnlichen Berggestalten nördlich der grössten isländischen Eiskappe, des Vatnajökull, auffallen, z.B. die Herdubreid ( 1682 m ). Wäre nicht die eiszeitliche Vergletscherung Islands gewesen, diese Vulkane wären ziemlich normale Schildvulkane geworden. Da ihre Ausbrüche jedoch unter einer Eiskappe vonstatten gingen, die damals ganz Island bedeckte, konnte sich die ausfliessende Lava seitlich nicht sehr weit ausbreiten. Die ungewöhnlich steilen Flanken markieren die Dämmwirkung des Eispanzers.

Gletscherläufe In Island begegnen wir früher oder später auch dem Begriff . Dies ist nicht etwa eine isländische Sportart, sondern die isländische Version von Lahars. Islands Eiskappen liegen teilweise direkt auf der aktiven Vulkanzone. Diese ist eine Riftzone, also eine Nahtstelle zwischen Erdkrustenteilen, die sich auseinanderbewegen. Island wird hier seitlich gestreckt und es entstehen im Gestein Klüfte, durch die Magma aufsteigen kann. Die sich öffnende Lücke wird somit von den Vulkanen immer wieder gefüllt.

Einer der aktiven Vulkane Islands, die Katla, rumort immer wieder unter dem Eis des Myrdalsjökull, der südlichsten isländischen Eiskappe. Seit 1625 gibt es genaue Aufzeichnungen über Beobachtungen von gewaltigen Wasserausbrüchen, die zweifellos mit der Tätigkeit der Katla zusammenhängen. Die Schuttebene, der sogenannte zwischen Myrdalsjökull und der isländischen Südküste, kann bei Gletscherläufen auf der gesamten Breite von 30 km überflutet werden. Es sollen kurzfristig bis 200000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde abfliessen. Das wäre mehr als die durchschnittliche Wasserfracht des Amazonas in den Atlantik. Den letzten Gletscherlauf verursachte die Katla 1918. Damals fielen den Beobachtern Riesenmengen Tafelförmiger Vulkan südlich des Myvatn in Island. Er verdankt seine Form der pleistozänen Eiskappe Islands, die die seitliche Ausbreitung der Lava behinderte.

von Eistrümmern auf, die das Wasser mitriss. Nach dem Hochwasser blieben Schutt- und Eisrücken von bis zu 20 km Länge und 30 bis 40 m Höhe zurück. So eindrücklich ist dieses Phänomen, dass es die Isländer mit dem gleichen Wort wie richtige Gletscher, nämlich ( Jökull ), bezeichnen.

Die grösste der isländischen Eiskappen ist der Vatnajökull. Er ist 150 km lang und durchschnittlich 420 m dick. Westlich seines Zentrums überdeckt er die Grimsvötn Caldera, die sich an der Gletscheroberfläche als 5 km breiter Krater bemerkbar macht. Hin und wieder melden isländische Flugzeugpiloten, wenn der Vulkan ausbricht. Sobald dann die Eruptionen das Eis durchschlagen, sind sie auch von weitem gut zu erkennen, da die ausgeworfene Asche die Firnoberfläche verschmutzt. Aber selbst wenn der Vulkan nicht ausbricht, ist der geothermische Wärmefluss in der Caldera so gross, dass riesige Eismengen aufgeschmolzen werden. Das Wasser sammelt sich zu- Der 2119 m hohe Hvanna-dalshnukur ist die höchste Stelle Islands und Gipfel des eisbedeckten Vulkans Oraefajökull am Rande des Vatnajökull. Vulkanausbrüche unter Islands Gletschern führen zu riesigen Überschwemmungen, sogenannten Gletscherläufen.

Mount Erebus ( 3794 m ), höchster Vulkan der Antarktis. Im Gipfelkrater befindet sich ein aktiver Lavasee.

nächst in der Caldera als gewaltiger subglazialer See. Dazu kommt etwa ein Viertel Regenwasser und normal an der Gletscheroberfläche durch die Sonneneinstrahlung entstandenes Schmelzwasser.

Die wachsende Wassermenge im See hebt den 220 m dicken Eisschelf an und entwickelt schliesslich so viel Auftrieb, dass der Gletscher buchstäblich von seinem Bett hochgehoben wird. Nun erst beginnt der Seeausbruch. Das Wasser muss etwa 50 km unter dem Vatnajökull zurücklegen, bis es im Skei-dararsandur als Gletscherlauf sichtbar wird. 1934 flössen 7 Kubikkilometer Wasser ab.

Gletscherläufe ereigneten sich zu Beginn dieses Jahrhunderts etwa alle zehn, derzeit etwa alle fünf Jahre, letztmals 1954, 1960, 1965, 1972, 1976 und 1982. Die Spitzenabflüsse sind etwas kleiner als auf dem Myrdalssandur, doch wurden auch schon 50000 Kubikmeter pro Sekunde registriert. Übrigens dauert es rund 20 Tage, bis der Jökulhlaup sein Maximum erreicht. Es ist kaum verwunderlich, dass wegen der immer wieder auftretenden Hochwasser bis Anfang der siebziger Jahre keine durchgehende Strassenverbindung der Südküste Islands entlangführte. Nach 1972 wurde eine Strassenbrücke über den Skeidarar-sandur errichtet, die die bisherigen Ausbrüche überstanden hat. Während des Ausbruches sinkt der Eisschelf in der Grimsvöth Caldera rund 100 m, und der Wasserfluss wird gestoppt, bevor sich der ganze See entleeren kann. Ein neuer Zyklus beginnt. Der Vatnajökull, zu deutsch ( Wassergletschen, wird auch weiterhin seinem Namen Ehre machen.

Mount St. Helens 1980 Der Mount St. Helens - Teil des Kaskadengebirges Kein Ausbruch eines vergletscherten Vulkans wurde je so genau vorausgesagt und in allen Einzelheiten beobachtet wie derjenige des Mount St. Helens im amerikanischen Bundesstaat Washington. Nach wochenlanger und dank Rauch- und Dampfentwicklung äusserst telegener Voraktivität brach er am 18. Mai 1980 sozusagen vor laufenden Kameras aus.

Der Mount St. Helens ist in guter Gesellschaft. Von Kanadas Mount Garibaldi über den gelegentlich dampfenden Mount Baker nahe der amerikanisch-kanadischen Grenze, den Glacier Peak, Mount Rainier ( siehe unten ), den Mount St. Helens und seinen Nachbarn Mount Adams erstreckt sich die Kette des Kaskadengebirges südwärts bis nach Kalifornien. Dort steht der südlichste vergletscherte Berg der Vereinigten Staaten: Der 4317 m hohe Mount Shasta hatte während der letzten 200 Jahre mindestens einen Ausbruch, bei dem auch Lahars entstanden.

Der Ausbruch kündet sich an Zurück zum Mount St. Helens: Historische Ausbrüche dieses Vulkans sind aus dem 17. und 19. Jahrhundert bekannt. Seit 1857 jedoch war Ruhe eingekehrt, und der damals formschönste Kaskadenvulkan hatte sich eine mehrere Quadratkilometer grosse, prächtige Krone von Gebirgsgletschern zugelegt. Die potentielle Gefahr von Lahars war gut bekannt, und als Ergebnis einer geologischen Studie lag eine Karte der besonders gefährdeten Gebiete vor, als der Vulkan am 20. März 1980 mit einem Erdbeben der Stärke 4.1 auf der Richterskala wiederum ein Lebenszeichen von sich gab. Weitere Beben folgten, und am 27. März durchschlug erstmals ein Ausbruch die Gletscherkalotte auf dem Gipfel.

In den folgenden Wochen nahmen die Erdbebentätigkeit und die Zahl und Heftigkeit der Ausbrüche zu. Während jedoch die Behörden immer grössere Gebiete aus Sicherheitsgründen zu Sperrgebieten erklärten und diese mit Hilfe der Polizei auch abzuriegeln versuchten, strömten gleichzeitig Tausende von Schaulustigen in die Nähe des Vulkans. Geschäfts-tüchtige Amerikaner stellten an günstigen Aussichtspunkten Imbissbuden auf, und es wurden sogar Kartenskizzen verkauft, aus denen hervorging, wie man auf abgelegenen Waldstrassen die Polizeisperre am besten umgehen konnte.

Als eine der Vorsichtsmassnahmen wurde das Wasser in einem Stausee des Swift River abgelassen, um beim erwarteten Lahar ein Rückhaltebecken für Wasser, Schlamm und mitgerissene Bäume zu bilden. Nach einer etwas ruhigeren Phase Mitte April begann das Verhalten des Vulkans wirklich bedrohlich zu werden. Seine Nordseite wölbte sich auf, was darauf hindeutete, dass der Vulkankegel asymmetrisch von Magma intrudiert wurde. An einzelnen Stellen betrug die Verdickung bis 80 m. Vor den Augen der Wissenschaftler führte der Vulkan ein kolossales glaziologisches Experiment durch: Er schüttelte die Gletscher der Nordseite nicht nur mit seinen Beben durch, sondern er machte sie als Folge des Aufblähens ihres Untergrundes auch noch steiler und steiler. Trotzdem traten erstaunlich wenig Eislawinen auf, die Gletscher blieben wider Erwarten grossteils haften.

Noch am 17. Mai 1980 fuhren Besitzer von Wochenendhäuschen unter Polizeieskorte in die nächste Nähe des Vulkans, um Habseligkeiten auszuräumen. Mindestens zwei Personen blieben am Fuss des Vulkans. Einer davon, Harry Truman, erlangte nachträglich so etwas wie nationale Berühmtheit. Er blieb dort, aus Sturheit oder weil er nicht ernstlich daran glauben wollte, dass ihm der Vulkan, in dessen Nähe er sein Leben verbracht hatte, irgend etwas anhaben könnte.

Ein Berg explodiert Am 18. Mai ereignete sich im Vulkan ein Beben der Stärke 5.1 auf der Richterskala. Vor den Augen eines legal im Gebiet ausharrenden Geologen und einiger Schaulustiger begann die Katastrophe. Die gesamte Nordseite des Vulkans rutschte als gigantischer Bergsturz ab. Fast der ganze Forsythe-Gletscher sauste in Form einer riesigen Eislawine talwärts ( sie konnte nachträglich mit Hilfe mathematischer Modelle der Lawinenfliessbewe- Baumstämme schwimmen noch 1988 auf dem Spirit Lake an der Nordseite des Mount St. Helens. Der Vulkan scheint zu rauchen, doch handelt es sich lediglich um Staubfahnen von Steinschlag. Es ist fraglich, ob der Berg in Zukunft wieder Gletscher entwickeln wird, da der Gipfel weniger hoch ist als vor dem Ausbruch 1980.

gung zur sekundengenauen Datierung von Se-rienaufnahmen verwendet werden, Aufnahmen, die dann Rückschlüsse auf die Geschwindigkeit des Ausbruchsvorganges erlaubten ). Von der Last der nordseitigen Vul-kanflanke befreit, explodierte die Magmakammer im Vulkan. Die Gewalt der Zerstörung entfaltete sich deshalb sehr einseitig auf der Nordseite. Insgesamt fanden 60 Menschen den Tod. Einzelne hatten offenbar bis fast zum Schluss weiterphotographiert und nicht realisiert, dass die Druckwelle so weit gegen Norden gelangen könnte. Andere rasten im letzten Moment mit ihren Autos aus der Zerstö- Zerstörungen durch einen Lahar an der Nordseite des Mount St. Helens, Washington. Zur Zeit der Aufnahme im August 1988 hatten sich wieder erste Blütenpflanzen festsetzen können.

rungszone, in der nachher die mächtigen Dou-glasfichten wie Zündhölzer weggeblasen wurden.

Wie erwartet, entstanden durch die ausgeworfene, glutheisse Asche Lahars. Sie rasten auch auf der vor der direkten Explosionswucht geschützten Südost- bis Südwestseite des Vulkans mit Geschwindigkeiten bis mindestens 150 km/h hinunter. Der Swift-River-Stausee hielt einen grossen Lahar zurück. Diejenigen der Westseite fuhren jedoch ungehindert mit einer Stirnhöhe von bis zu 8 m talwärts. Holzfällerlager, Brücken und Waldstrassen verschwanden im Schlamm.

Zur heutigen Lage Weitere Eruptionen ereigneten sich noch 1982, später beruhigte sich das Geschehen immer mehr. Interessant wurde nun das Verhalten der Gletscher: Alle hatten sie ihre Nährgebiete verloren, und trotzdem begannen sie vorzustossen! Ascheablagerungen schützten das Eis vor der Sonneneinstrahlung. 1988 waren allerdings nur noch kümmerliche Eisreste vorhanden. Der ehemals eisgekrönte Vulkankegel bietet heute ein wüstes Bild. Derzeit gilt der Vulkan als ungefährlich, und wer den vom Wind aufgewirbelten Staub in Kauf nehmen will, kann als Bergsteiger wieder den Weg zum 2549 m hohen Gipfel in Angriff nehmen ( vor 1980 hatte der Berg noch 2949 m erreicht ). Allerdings wird die Bergsteigerzahl pro Tag auf 100 beschränkt.

Im Staat Washington ist man jetzt besorgt über den nördlichen Nachbarn des Mount St. Helens, den Mount Rainier. Dieser könnte ebenso ausbrechen, dann wären aber 90 Quadratkilometer Gletscherfläche bereit, noch gewaltigere Lahars zu verursachen. Tatsächlich gibt es Ablagerungen prähistorischer Schlammströme noch in den Aussenquartie-ren der Stadt Tacoma in 110 km Entfernung. Dass er nicht erloschen ist, bewies der Mount Rainier durch mehrere, allerdings kleinere Ausbrüche im 19. Jahrhundert, und heisse Gase schmelzen noch heute Höhlen in die Eiskappe seines Gipfels. Wann wird der nächste grosse Ausbruch stattfinden?

Mount Rainier, gesehen von der Nordflanke des Mount St. Helens Nisqually-Gletscher am Mount Rainier ( Washington ), 1988. Die 90 Quadratkilometer umfassende Gletscherfläche stellt eine grosse potentielle Gefahr bei einem Ausbruch dar, da sich noch grössere Lahars als beim Mount St. Helens bilden könnten.

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