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Arnold Brügger

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Von Alfred Gräber.

Arnold Brügger aus Meiringen ist wohl einer unserer reinsten Alpenmaler. Er ist den Bergen verwachsen von Jugend an, sie sind für ihn ein nicht wegzudenkender Bestandteil seines Lebens. So wie sie jeden Tag auf ihn niederschauen, ebenso selbstverständlich werden sie ihm zum Vorwurf und Thema seines künstlerischen Schaffens. Aber Brügger bleibt als Maler nicht nur Betrachter und Beschauer aus der Ferne, er geniesst die Berge und ihre Schönheit nicht passiv, wie allzuviele Künstler dies tun; nein, er tritt ihnen nahe, er ist selbst ein aktiver Bergsteiger, und das erscheint mir als etwas ganz Wesentliches. Er ist eingedrungen in den Ideenkreis des Alpinisten, er kennt Klettertur, Eisarbeit und Skilauf ebenso wie die Wanderung über Berg und Tal. Zu allen Jahreszeiten hat er die Alpen durchstreift, den Berg in seinem ruhigen Frieden und den Berg im Aufruhr der Elemente, beide hat er gemalt.

Arnold Brügger ist nicht von ungefähr Bergsteiger geworden; er entstammt einer Bergsteigerfamilie von Tradition. Sein Grossvater mütterlicherseits war der bekannte Bergführer Melchior Anderegg, der manchen Pionier der klassischen Epoche des Alpinismus begleitet hat und dem viele Erstbesteigungen gelungen sind. Nicht vergebens wurde er von seinen Zeitgenossen der « König der Führer » genannt. Anderegg hat seinen Enkel zu Ehrfurcht und Respekt vor der Schönheit und Gefahr der Berge erzogen und ihm eine tiefe Liebe zu dieser Bergwelt mitgegeben. Man kann sich wohl denken, dass ein solcher Lehrmeister ein seltenes und hohes Geschenk für den jungen Brügger war.

Wenn Arnold Brügger in seiner Malerei in erster Linie die dämonische Seite der Berge zu uns sprechen lässt, so ist das zum Teil auch durch Erlebnisse in seiner Jugend bedingt, die sich damals tief in sein Gemüt eingegraben haben und eine bleibende Erinnerung hinterliessen. Schon bald musste er erfahren, dass die Berge nicht nur über alle Massen herrlich und besteigenswert sind, sondern auch voller Verderbnis und Gefahr für den Wanderer, der sich in ihren Bereich wagt. Der Bergtod riss frühzeitig Lücken in seine nächste Umgebung: Sein Onkel Andreas verunglückte in einer Lawine am Kranzberg, eine Verwandte stürzte am Rothorn zu Tode.

Dieser gewisse düstere Ausblick, der sich in seiner Jugend auftat, blieb denn auch in Brügger haften, seine Bilder tragen die Spuren davon. In diese Welt der Berge kann man nicht kampflos eindringen, das wusste er nun wohl, aber trotzdem lockten sie ihn immer wieder an.

Als Bergsteiger hat Arnold Brügger die meisten Gipfel des Berner Oberlandes betreten, manche von ihnen zu wiederholten Malen. Er ist ein ausdauernder Gänger, und er unternahm schon winterliche Fahrten ins Hochgebirge zu einer Zeit, da der Skilauf noch längst nicht eine Modesache war.

Auf seiner künstlerischen Laufbahn betätigte sich Brügger in seinen früheren Jahren als Lithograph. Als solcher nahm er Aufenthalt in Köln und später in Berlin, wo er, angeregt durch einen seiner Lehrer, an den Abend- kursen der Gewerbeschule erste Malversuche ausführte. So kam er immer mehr und mehr auf sein eigentliches Gebiet, die Malerei. Die Laufbahn, die er jetzt beschritt, bedingte für ihn die Gewinnung eines umfassenden Weitblicks über die Grenzen der Heimat hinaus. Obwohl er ihr zutiefst verwachsen blieb, siedelte er doch nach Paris über. Später taten es ihm Südfrankreich und Italien an. Er durchwandert diese Länder oft auf langen Fussmärschen, um ihre verborgensten Eigenschaften zu belauschen und zu malen. Das Meer und die südliche Landschaft wurden ihm zum Anreiz seines Schaffens und sind es heute noch. Reich ist allemal die Ernte, die Brügger nach Hause bringt. Dieses Zuhause aber ist ihm immer wieder ein willkommenes Refugium mit seinen wunderbaren Bergen, die der höchste und letzte Vorwurf seiner Malkunst bleiben.

Es ist nur wenigen nach Hodler gelungen, das Hochgebirge auf eine neue und eigene Weise darzustellen. Gerade beim Hochgebirge liegt ja die Gefahr sehr nahe, ins Konventionelle zu verfallen und mehr eine Farbenphotographie als ein Kunstwerk zu geben. Einer der wenigen, die dieser Gefahr nicht verfielen, ist Arnold Brügger. In seinen Bildern gibt er die Berge gross und einfach, auf eine durchaus besondere, manchmal fast urweltliche Art: Nebelschwaden streichen um die Berge, dunkle Wolken, ein düsterer Himmel überschattet sie. Es lebt etwas durchaus Dramatisches in diesen Bildern und eine intensive, packende Stimmung. Nicht stark farbig sieht Brügger die Berge, nein eher monochrom, er liebt grauweisse und schwärzliche Töne. Und gerade das schenkt seinen Bildern eine gewisse Strenge und Grösse und gibt ihnen das Dämonische. Dazu kommt eine kräftige und pastose Technik, die manchmal fast etwas Freskohaftes hat und den Motiven gut angepasst ist. Brügger ist seinen Themen gewachsen. Er gibt das Überwältigende und Massige der Berge in ihren grossen Linien, mit der Kantigkeit der Grate, die zur Spitze stürmen. So hebt er etwa in seinen « Wellhörnern » nur das Hauptsächliche hervor und erreicht damit eine faszinierende Gesamtwirkung. Brügger ist, wie schon betont, sparsam in den Farben, die Form ist ihm das Wesentliche, der Fels, der Abgrund, die Wolke: diese Welt aus den Urzeiten in ihrem Daseinsrhythmus. Der Berg ersteht wie eine überirdische Vision, sein Gegensatz zur wirtlichen Welt der Täler tritt stark in Erscheinung. Auch der Mensch in der Berglandschaft, der Bewohner wie der Bergsteiger, findet sich auf den Bildern Brüggers. Aber das Figürliche ist ihm auf seinen Bergbildern das weniger Wichtige.

Hie und da aber sucht der Maler auch zartere, pastellartige Töne. Kaum angedeutet und aus traumhafter Ferne herüberblickend, zeigt er dann die Gipfel, nur zu ersehnen, niemals zu besteigen, ein Gestade, das für uns Sterbliche nicht zu erreichen ist. Gerade in solchen gegensätzlichen Themen aber zeigt sich die schöpferische Tiefe und Wandlungsfähigkeit des Künstlers Arnold Brügger.

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