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Der Kammlistock

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Die verhältnismäßig nicht gerade zahlreichen Touristen, welche die schönen Berge des Linththales besuchen, begnügen sich meistens mit einer Besteigung des mit Recht berühmten Glärnisch, wenige nur widmen ihre Anstrengungen dem majestätisch im Hintergrunde des Thales thronenden Tödi mit seinen Ausläufern. Die letztern vollends sind sogar den Bewohnern des Landes oft nur dem Namen nach bekannt; wenn zur Seltenheit einmal eine Besteigung des Claridenstockes ausgeführt wird, so ist das schon ein Ereignis. Von seinem westlichen Nachbarn, dem Kammlistock, wußten selbst unsere Führer weder Gutes noch Böses zu sagen. Er figurierte deshalb zum erstenmal auf dem Exkursionsprogramm für 1892 und wurde mir die Leitung der Tour übertragen, obschon ich nach mehrmals gemachten Erfahrungen in den Geruch eines rechten Wetterverderbers gekommen war. Samstags den 13. August sammelte sich das Trüppchen der angemeldeten Teilnehmer für den Mittagszug nach Linthal, die Herren F. Örtly-Jenny, Christoph Iseli und Kasp. de Niki. Leuzinger von Glarus, Heinrich Blumer von Schwanden, ferner Dr. Näf von der Sektion Winterthur; J. J. Schießer war mit dem Morgenzuge vorausgeeilt, um den Kameraden das Nachtessen und die „ Zimmer " bereitstellen zn lassen. Führer Hämig erwartete uns in Linthal; ohne weiteren Aufenthalt ging 's über die Gängliwand an die sonnigen Fruttberge hinauf und um halb 4 Uhr saßen wir in der „ Sonne " auf dem Urnerboden beim Vesper. Eine Stunde später zogen wir unserem heutigen Ziele entgegen; eine Anzahl Kinder boten Edelweiß zum Kaufe an, doch war der Erlös gering. Vielleicht bringt die Post Linthal-Alt-dorf den Leuten einmal bessere Kunden, als die mit Eispickeln bewaffneten Clubisten sind. Etwas nach 7 Uhr langten wir auf der Kammlialp ( 2050 m ) an; der Abend war prachtvoll und versprach einen schönen Sonntag. Mit dem Quartier war es indessen nicht besonders gut bestellt. Die Alp ist sehr klein und bietet darum nicht viel Unterkunft. Das kleine Häuschen wird von der Familie des Sennen gefüllt. Der Knecht überließ uns seine Pritsche, in welche wir uns zu dritt teilten; die andern fünf Kollegen hatten ans Mangel an Heu Dachschindeln auf den Fußboden ausgebreitet, um darauf der Kühe zu pflegen. Von einem erquickenden Schlafe keine Spur, alle waren herzlich froh, als zum Frühstück gerufen wurde und man sich wieder ordentlich strecken konnte. Die Leute waren zuvorkommend und freundlich, sie thaten, was sie nur konnten; mehr Platz zu bieten, war ihnen nicht möglich gewesen. Gegen 4 Uhr brachen wir auf und marschierten über die sogenannten Krachen gegen die Munggenbänder und den mit Schutt überdeckten Griesgletscher. Am Fuße des zur Kammlilücke ansteigenden Firnhanges wurde eine kleine Pause gemacht und die Karawane in zwei Abteilungen je an ein Seil gebunden. Eine Strecke weit benutzten wir eine kleine Felspartie zum Aufstieg, weiter oben mußten einige „ Chlägge " mit aller Vorsicht überschritten werden. Der Firnhang ist gegen den Sattel hin ziemlich steil, an einigen etwas harten Stellen waren sogar gehauene Tritte nötig. Endlich ein Viertel vor 8 Uhr erreichten wir die Kammlilücke ( 2848 m ) und hatten den Hüfifirn mit seiner ganzen Umfassungsmauer vor uns: Zur Rechten das Scheerhorn und die schöne Pyramide des Düßistock, links den Kammlistock und den Claridenstock, über der Pianura erglänzte die blendend weiße Kuppe des Tödi. Von hier aus rekognoszierten wir den einzuschlagenden Weg. Dem Scheerhorn gegenüber springt an der Südseite des Kammlistockes ein steiles Schneefeld in die Augen. Dieses Schneefeld lehnt sich gegen Osten an einen Felsrücken an, ein großer Schrund konnte dank der von einer Lawine besorgten Ausfüllung ohne Schwierigkeiten überwunden werden. Eine starke halbe Stunde steigend, schwenkt man auf dem besagten Felsen nach rechts und erreicht wenig aufwärts haltend ( cirka 20 Minuten ) und über ein Geröllband die Südseite des Stockes; hier trifft man auf ein zweites sehr steiles Schneefeld und nach einer halben Stunde Steigens auf apere Felsen. Es sind rauhe, verwitterte Kalkplatten, welche möglichst links in Angriff zu nehmen sind; diese Partie erfordert etwelche Kletterübung, indem der Steilheit und des losen Gesteins wegen jeweilen nur einer sich bewegen darf. Oben dehnt sich ein gegen Norden abfallendes Schneefeld aus. Dem Grate folgend, langten wir nach 10 Minuten auf dem Gipfel an ( 10 Uhr ).

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