Ein Beitrag zur Bergnamenkunde des XVIII. Jahrhunderts | Club Alpino Svizzero CAS
Sostieni il CAS Dona ora

Ein Beitrag zur Bergnamenkunde des XVIII. Jahrhunderts

Hinweis: Questo articolo è disponibile in un'unica lingua. In passato, gli annuari non venivano tradotti.

Zur Einleitung1.

Bei Gelegenheit meiner ausgedehnten archivalischen Studien zur Geschichte der Streitfrage Balmat versus Paccard ( siehe Jahrbuch S.A.C. XLIII, pag. 415, und XLIV, pag. 411 ), deren Resultat ich noch dieses Jahr dem Publikum in einer besonderen Publikation vorzulegen hoffe, stieß ich an einer Stelle, die ich hier nicht weiter nennen darf, um nicht andere Entdeckungen vorzeitig zu verraten, auf einen mir und aller Welt bisher völlig unbekannten Brief von Gottlieb Sigmund Studer an Jakob Samuel Wyttenbach, vom 23. Juli 1788, der so interessante Aufschlüsse über die zu jener Zeit eben beginnende Forschungsarbeit der Wyttenbach, Studer u.a. in den Berner Alpen enthält, daß ich nicht umhin kann, ihn als Ergänzung der trefflichen Wäber'schen Arbeiten zu publizieren. Ich gebe den Brief wörtlich wieder, wie ich ihn gefunden und kopiert habe, nur daß ich die Interpunktion ergänzt oder in modernem Sinn verbessert habe. Die Rechtschreibung der geographischen Namen habe ich dem Zweck entsprechend beibehalten. Auch die Hervorhebungen im Druck stehen schon im Original. Zum Verständnis habe ich einige Anmerkungen hinzugefügt.Dr. H. Bubi.

P. P.

Das auf der Aussicht von Grissach so betitelte Rüblihorn ( nicht Rüblizhorn ) wurde mir von einem guten Freund, der das Sanenland bereiset hat, für dasselbe angegeben; dennoch will ich nicht gutstehen, daß er sich nicht geirrt habe. Dem sey wie ihm wolle, genug, daß das Rüblihorn oder Büblifluh und das Rizlihornzwey ganz verschiedene Berge sind. Ersteres liegt gleich hinter Schloß Rötschmund oder Rougemont, dem Sitz des Landvogts von Sanen. Seiner geschieht in Rebmanns Gespräch zwischen Niesen und Stokhorn Erwähnung, Seite 212 der altern Ausgabe von 1606, welche von der von Anno 1620 sehr verschieden ist: daselbst kommt es unter dem Namen Trüblin vor, welcher aber offenbar eine fehlerhafte Rechtschreibung ist, die blos durch die Verknüpfung des Hauptworts mit dem Vorsatzwort muß erzeugt worden seyn und eigentlich hätte heißen sollen D'Rüblin „ scilicet " Fluh. Wenn ich mich nicht sehr irre, so ist des Rüblihorns auch in den im Teutschen Merkur, nachher aber in Basel besonders abgedruckten Briefen über ein Schweizerisches Hirtenland ( welche den Schweizerischen Historiograph Müller zum Verfasser haben sollen, nach andern aber einen Hrn. von Bonstetten2 ) von hier ) gedacht. Auf der Karte von Sam. Loup von Rötschmunt, so Anno 1754 zu London herauskam, und den westlichen Theil des Bernischen Oberlandes oder das Comté de Gruyère enthaltet, welche Karte nachher auch von den Hrr. Née und Masquelier in die zu Paris herausgegebenen tableaux pittoresques etc. de la Suisse aufgenommen worden, finden Sie sowohl das Rüblihorn als die Dent de Brenleire. Ersteres nämlich ganz nahe bei Rougemont, das letztere aber bey Gruyère oder Greyers. Erinnern kann ich mich nicht, ob selbige nicht auch noch auf der von Mallet übers Pays de Vaud verfertigten Karte zu finden seyen; wohl weiß ich, daß der Nachbar der Dent de Brenleire, der Molosson oder Moleson auf der letztern angemerkt ist. Durch Hr. Barons von Gersdorf8 ) Zeichnung vom Signal bey Nidau ward ich zuerst belehrt, daß Brenleire und Rizlihorn eines und eben dasselbe seyen. Auf iztgedachter Zeichnung steht aber letzters links vom Moleson, da ich hingegen auf gleichem Standpunkt unser vermeintes Rüblihorn rechts davon suchen würde. Derselbe wird mir erlauben, einige kurze Anmerkungen über neuere Entdekungen hier einfließen zu lassen; durch eine von meinem Bruderlezten Sommer ins Frutig-Amt angestellte Reise ward derselbe und ich durch denselben belehret, daß wir das rechts von der Blümlisalp stehende Schneehorn fälschlich Alpschelenhorn J ) getauft hatten, sein wahrer Name ist Doldenhorn. Desgleichen wiederrufe ich die Benennung des zwischen diesem und der Blümlisalp hervorragenden niedrigem Schneeberges, ganz zuversichtlich vermag ich aber zur Zeit noch keine ächte an Plaz zu sezen. Doch mag dasselbe eigentlicher Außer Löcherhorn, welches sein wahrer Name von der hintern oder entgegengesezter Seite, dem Gasternthaie ist, oder auch die Freunde und in den Freunden zugenannt werden, wiewohl nach meines Bruders Erachten dieser leztere Name mehr einem ganz nahe daran gelegenen Paß durchs Gebirge, welcher bisher einzig den Jägern zugänglich war, mag beygelegt werden. Vielleicht, daß es von diesem Paß den Namen Freundhorn trägt, welcher Name richtig genug mir in dem unten gelegenen Kanderstegthal angegeben wurde, wiewohl ich wegen Länge der Zeit und damaligen Unkunde in den Bergen nicht zu sagen vermag, welcher Spitze er wirklich zugelegt worden sey. Zeither habe ich für mich auch noch andere Benennungen festgesetzt, ich nenne z. b. den Innern Eiger: Mönch oder ( zum Unterschied der kleinen unten im Lauterbrunnenthale stehenden Felsspitze ) den Großen Mönch. So wünscht mein Bruder auch, daß ich den Namen der Blümlisalp in den Namen Frau umänderte. Ich bin etc. Gotti.2 ) Studer.

* ) Studer scheint sich hier auf folgenden Vorfall zu beziehen. Im Jahre 1783 hatte J. S. Wyttenbach seinen Reisen durch die merkwürdigsten Alpen des Schweizerlandes, mit Kupfern, erstes Heft, zweite Ausgabe, ein Titelkupfer: Prospekt von Bern gegen das Eisgebirge, von Lafond auf der Großen Schanze aufgenommen, beigegeben und dasselbe nach der Einleitung und vor dem Text seiner 1776 gemachten und mit den Wagnerschen Prospekten im nämlichen Jahre publizierten „ Reise durch einen Theil der Bernischen Alpen " auf zwei Seiten erklärt. Er sagt daselbst „ Hinter N. li [dem Niesen] und zwischen N. 1 [dem Doldenhorn, das aber W. noch nicht zu benennen weiß] und N. 2 [der Blümlisalp] zeigt sich ein schmaler weißer Strich, ohne Nummer, und ich vermuthe, derselbe sey das Alp~ schelenhorn nahe bey Kanderstäg, welches ich vor einigen Jahren auf dem Öschenen-grat [dem Dündengrat Siegfr.] gleich vor mir stehen sähe. " Offenbar waren also die Studer schon bei der Namengebung zu dem Lafondschen Prospekte tätig gewesen und korrigierten nun ihre damaligen Angaben dahin, daß der früher von ihnen als Alpschelenhorn angesprochene Gipfel das Doldenhorn, der von Wyttenbach als Alpschelenhorn vermutete Gipfel das Fründenhorn sei. Seitdem ist der Name Alpschelenhorn aus dieser Gegend verschwunden.

2 ) Gottlieb Siegmund Studer ( 1761-1808 ), Notar, der Vater unseres Gottlieb Studer ( 1804-1890 ), war ein tüchtiger Panoramenzeichner und guter Kenner der bernischen Voralpen, hat aber auch weitere Reisen zu den Eisgebirgen, u.a. nach Chamonix, unternommen.

Feedback