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Naturgeschichtliches aus Arosa

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P. Mettier ( Sektion Ehätia ).

Von Im nördlichen Graubünden erhebt sich wie eine Insel ein Gebirge zu ansehnlicher Höhe, das den Geologen seines komplizierten Baues wegen noch manches Rätsel bieten wird. Im Osten, Süden und Westen wird es von dem Davoser Land wasser, der Albula und dem Rheine, im Norden von der Landquart umflossen. Wir nennen es das Plessurgebirge im weitern Sinne.

Die erste wissenschaftliche Beschreibung desselben hat uns der Schweizer Geologe Bernhard Studer gegeben, der anfangs der Dreißiger Jahre seine geologischen Studien in diesem Teile Graubündens machte und 1837 in den „ Neuen Denkschriften der allg. Schweizerischen Gesellschaft für die gesamten Naturwissenschaften " das Resultat seiner Untersuchungen in einer schönen Arbeit veröffentlichte. Sie trägt den Titel: „ Die Gebirgsmasse von Davos. Ein Vortrag, gehalten in der geologischen Sektion der Versammlung der allg. Schweiz. Naturforschenden Gesellschaft in Solothurn, den 26. Juli 1836. "

Es ist heute nicht ohne Interesse, zu vernehmen, wie er seinen Vortrag einleitet. Er sagt: „ Unter allen noch im Gebiete der Schweiz liegenden Gebirgen sind die Bündner Alpen bis jetzt am meisten vernachlässigt worden. An malerischen Schönheiten weit ärmer als die naheliegenden Schweizer Gebirge, und kaum auf den Hauptstraßen nach Italien die Bequemlichkeiten darbietend, die gegenwärtig der Reisende in den Alpen zu finden gewohnt ist, liegen sie außerhalb des Karawanenzuges der englischen Pilger, und man darf sich rühmen, die Schweiz gesehen zu haben, wenn man auch weder von den alten Erzgruben des Rothorns, noch von der „ Toten Alp " zu erzählen weiß. " Studer beklagt ferner die Mangelhaftigkeit der Karten, die es oft nötig mache, eigene zu zeichnen. Auch klagt er, daß die Bevölkerung gar keinen Sinn für Bequemlichkeit habe und dem Fremden nicht immer dienstwillig entgegenkomme. Er besuchte Arosa am 26. Juli 1834 und 15. August 1835, also zur Zeit der Heuernte. „ Um keinen Preis ", sagt Studer, „ waren die Leute zu bewegen, für einen Augenblick ihre Arbeit zu verlassen und mir ein Haus zu öffnen. " Er mußte jedesmal am gleichen Tage, an dem er von Parpan gekommen, das eine Mal über die Maienfelder Furka nach Davos, das andere Mal nach Langwies weiter wandern. Trotz dieser enormen Schwierigkeiten, mit denen der Forscher damals kämpfen mußte, hat Studer nach dem Zeugnisse von Theobald „ mit fast unbegreiflichem Scharf- blicke " die geognostischen Erscheinungen erfaßt und geordnet. Theobald hat denn in seinem Werke: „ Geologische Beschreibung der nordöstlichen Gebirge von Graubünden ", das als 2. Lieferung der Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz im Jahre 1864 erschienen ist, weiter ausgebaut, genauer untersucht und geordnet, was Studer in allgemeinen Umrissen festgestellt hatte. Und im großen und ganzen ist wohl heute noch maßgebend, was Theobald über unser Gebirge geschrieben hat.

Das Plessurgebirge im weitern Sinne besteht aus 3 Abteilungen: der Hochwangkette, reichend vom Montalin bis zur Weißfluh, der Faulhorn-oder Stätzerhornkette, vom übrigen Gebirge abgetrennt durch die Einsenkung der Lenzerhaide und das Erosionsthal der Rabiosa, und drittens der Strela-Rothornkette, oder wie Theobald sie nennt, das Plessurgebirge im engern Sinne. Die beiden Bergzüge Hochwang und Faulhornkette bestehen ausschließlich aus Bündnerschiefer und gehören somit der jüngsten Formation Mittelbündens, der Liasformation, an. Versteinerungen sind in derselben sehr spärlich vorhanden. Es sind welche am Stätzerhorn, bei Peist und an andern Orten gesammelt worden. Der Boden ist äußerst fruchtbar.

Das Plessurgebirge im engern Sinne, oder die Strela-Rothornkette, ist zwischen jene eingekeilt. Der Bündnerschiefer fällt beiderseits südlich und südöstlich gegen die altern Formationen ein, während die centrale Erhebung sich über ihn hinschob oder überklappte. Diese Erhebung der Urgesteine ist eine Fortsetzung der großen Centralerhebung der Silvrettagruppe, gelangt aber erst beim Rothorn zu bedeutender Mächtigkeit. Die Grundformation des ganzen Plessurgebirges ist Gneis, der oft mit Horn-blende- und Glimmerschiefer wechselt und die mannigfaltigsten Übergänge bietet. Durch seine metamorphischen Erhebungen hat er die Decke der Sedimentgesteine, wie Kalk und Schiefer, gesprengt, überworfen und teilweise als Mulden in seine eigenen Biegungen aufgenommen. Deshalb ist die Grundformation gar nicht häufig sichtbar. Dem Auge fallen vielmehr die Sedimentgesteine, die gewaltigen Kalkberge Weißfluh, Küpfenfluh, Jahrbach des Schweizer Alpenclub. 30. Jahrg.20 Mädrigerfluh, Thiejerfluh, Furkahorn, Schießhorn, Parpaner Weißhorn auf, die aus Hauptdolomit der Trias bestehen. Nicht nur bilden sie die Hauptmasse des Gebirges, sondern sie haben auch mit ihren Verwitterungsprodukten, den massenhaft die Bergabhänge deckenden Schuttmassen, die andern Felsarten vielfach verdeckt. Außer dem Gneis, der nach Theobald in zwei Hauptlinien von der Alp Tschuggen, Gemeinde Langwies, nach Südwesten streicht, ist noch eine dritte Erhebung, die des Porphyrs auf der Maienfelder Furka, zu nennen. Die Frage über die Porphyrnatur dieses Gesteins ist übrigens noch eine offene, indem einzelne Geologen es mit Verrucano-Quarz-Konglomeraten bezeichnen. Die ohnehin komplizierten Schiehtenverhältnisse der Gesteine sind noch komplizierter worden durch das Auftreten der Diorite und Variolite, vielleicht auch der Serpentine, die im Gebirgsbau die reinsten Revolutionäre zu sein scheinen. Nicht nur haben sie die Lagerungsverhältnisse der andern gestört, sie haben die Gesteine vielfach umgewandelt bis zur Unkenntlichkeit.

Nach diesen allgemeinen Ausführungen sei es mir gestattet, das Gebiet der Gemeinde Arosa selbst genauer ins Auge zu fassen und zu beschreiben.

Das Gemeindegebiet von Arosa liegt im hintersten und höchstgelegenen Teile des Schanfiggerthales und erstreckt sich im Norden von der Gemeindegrenze Langwies unterhalb des „ Rutland " bei 1400 m ü. M., südwestwärts bis zu 2985 m, dem höchsten Punkte des Plessurgebirges. Ostwärts steigt sein Territorium bis zu 2785 m ( Gipfel der Thiejerfluh ) und westwärts bis 2655 m ( Höhe des Aroser Weißhorn ). Die horizontale Ausdehnung beträgt in der Längenrichtung cirka 11 km ., in der Breite cirka 5 km ., den Flächeninhalt berechne ich auf 33,2 km2. Seine Nachbargemeinden sind im Nordosten Langwies, im Osten und Südosten Davos und Wiesen, im Süden Alveneu und Lenz, im Westen Obervatz und Tschiertschen, im Norden Molinis und Peist, letzteres als Muttergemeinde der Fraktion Maran, deren Grenzen den Obern See schneiden. Bei den folgenden Erörterungen wird es jedoch nicht immer angezeigt erscheinen, diese Marken streng innezuhalten, vielmehr sollen Nachbargebiete, wie z.B. Maran und Pretsch, in dieselben einbezogen werden.

Ich habe schon einleitend bemerkt, daß die höchste Erhebung des Plessurgebirges im Arosa-Rothorn ( 2985 m ) liegt, und daß dessen Felsenmasse aus Gneis, Hornblende und Glimmerschiefer besteht. Der letztere bedeckt den Gipfel und ist in starker Verwitterung begriffen. Deshalb ist der Gipfel des Aroser Rothorns breit, abgerundet und bietet für eine größere Gesellschaft von Bergsteigern bequem Raum.

Auf dem Aroser Rothorn genießt man, dank seiner freistehenden Lage, eine unvergleichliche Fernsicht.1 ) Im Osten die Ötzthalergruppe mit der Weißkugel ( 3741 m ), ferner der gewaltige Ortler, im Süden Monte della Disgrazia im Veltlin, 3688 m, im Westen einige Gipfel der Monterosakette, wahrscheinlich das Walliser Weißhorn, sind die entferntesten Punkte, die man bei klarem Wetter sieht. Einen imposanten Anblick gewährt die Bernina-Gruppe, die in ihrer ganzen Majestät sich dem Auge präsentiert. Im Vordergrunde stehen so nahe, daß man fast vermeint, sie mit den Händen greifen zu können, Piz Aela, Tinzenhorn und Piz Michel. Nach Nordwesten überblickt man die ganze Tödikette und einen Teil der Berner Alpen; im Norden liegen das Alpsteingebirge, näher der Rhätikon, und darüber weg mehrere Reihen Vorarlberger Gipfel. Dies nur eine dürftige Skizze des überwältigenden Gebirgspanoramas. Dagegen sind Bergün, Mutten und Arosa die einzigen Ortschaften, die dem Auge sichtbar werden.

An die Centralmasse des Aroser Rothorns schließt sich nordwestlich das Parpaner Rothorn ( 2870 m ) an, dessen Hauptmasse ebenfalls aus Gneis, Hornblende und Glimmerschiefer besteht. Die ganze Gruppe ist geologisch übrigens noch viel zu wenig erforscht. Theobald unterscheidet nicht einmal genau zwischen Aroser und Parpaner Rothorn. Zwischen beiden vorgeschoben steht das Älplihorn ( 2840 m ), wie die ganze Gruppe aus Urgestein, Hornblendeschiefer, bestehend. Es teilt den Hintergrund des Aroser Schafälpli in zwei Seitenthäler, im Norden Gredigs Älpli, im Süden das Quellenthal der Plessur, die im Hochsommer als starker Bach dem kleinen Rothorngletscher entströmt. Auf der topographischen Karte steht dort irrtümlich der Name Erzböden. Diese befinden sich am Fuße des Erzhorns hinter dem Älplisee, also im Hauptthal, und bedeutend tiefer gelegen. Der Rothorngletscher ist auf der topographischen Karte nicht verzeichnet, und doch hat derselbe eine Ausdehnung von mindestens einer halben Stunde ins Geviert. Er verläuft nach unten in die ungeheuren Schuttmassen, die sich dort angehäuft haben als Verwitterungsprodukte des Rothorns. Wahrscheinlich zieht sich das Eis des Gletschers noch weit unter dem Schutte fort; dadurch ist hier die Beobachtung des Vorrückens oder Zurückgehens des Gletschers wesentlich erschwert.

Nördlich schließt sich das Parpaner Weißhorn an, ein gewaltiger Dolomitstock von 2828 m Höhe, dessen Schichtenköpfe gegen das Urdenthal abfallen und im Frühling und Sommer täglich, ja fast stündlich ihren Tribut an die Geister des sagenumsponnenen Urdensees zollen. Mit unheimlichem Getöse kollert das lose Gestein vor jedem heftigen Windstoße oder vor dem Tritt der Gemse in die Tiefe. Zwischen Weißhorn und Parpaner Rothorn befindet sich der geologisch äußerst interessante Paß von Gredigs Älpli. Die Schiefer- und Kalkbildungen biegen sich hier mehrmals auf und ab, durch den mächtigen Seitendruck zusammengepreßt, den die Gneismasse des Rothorns darauf ausübt. Dann sind die altern Schichten übergebogen und man erhält die verkehrte Reihenfolge von oben nach unten: 1. Hornblendeschiefer, Gneis und Glimmerschiefer, 2. gelber Quarzit, 3. Rauchwacke, 4. Dolomit und Kalk, 5. Bündnerschiefer.

Beim Parpaner Weißhorn teilt sich die Kette in zwei Äste; der westliche geht nach dem Parpaner Schwarzhorn und dem Gürgaletsch, der östliche bildet die Plattenhörner und das Aroser Weißhorn. Zwischen diesen beiden Verzweigungen liegt das Urdenthal. Wir kommen in die Zone des Serpentins und der Diorite. Wie überall haben sie auch hier die Lagerungsverhältnisse gestört und das Gestein vielfach umgewandelt. Auf dem Grat zwischen Parpaner Weißhorn und Plattenhorn erhebt sich aus dem Schiefer heraus der stolze Variolitkegel des Hörnli. Über das dortige Gestein sagt Theobald: „ Es hieße der Natur Gewalt anthun, wollte man diese Felsart an dieser Stelle und unter diesen Verhältnissen nicht als ein Eruptivgestein anerkennen. " Im Urdenthal selber finden wir mehrere Felsköpfe aus demselben Gestein. Gegen das Aroser Weißhorn hin zählt Theobald nicht weniger als 13 getrennte Schichten verschiedenen Gesteins. Die Hauptmasse des Plattenhorns wie des Aroser Weißhorns besteht aus Dolomit. Dazwischen treten mächtige Gneisköpfe hervor, welche die Kalkdecke gesprengt haben. Kalkschiefer, bunte Schiefer, Casanna-Schiefer und Bündnerschiefer wechseln in rascher Folge. Beim Weißhorn unterscheidet Theobald folgende Schichten von oben nach unten gegen die Urdenalp hin: 1. Hauptdolomit auf der Spitze, 2. ein Streifen bunter Schiefer mit Serpentin, 3. Dolomit, 4. dünngeschichteter Kalk, 5. Kalkschiefer, die in graue Bündnerschiefer übergehen. Auf der Ostseite, also gegen die Churer Alpen hin, ist der Gneis vorherrschend. Zwischen Weißhorn und Brüggerhorn tritt mächtig der Serpentin hervor. Das Brüggerhorn besteht aus grünem Schiefer. Weiter hin gegen Prätsch wird der Serpentin mächtiger und nimmt große Flächen ein. Freilich nur selten sehen wir anstehenden Fels; meistens präsentiert er sich oberflächlich als Haufwerke und schwarze Sandrücken, die dann nicht selten jeglicher Vegetation entbehren und den Beweis leisten, daß der Serpentin an sich ein unfruchtbares Gestein ist. Wo er jedoch, wie im eigentlichen Arosa, mit anderm Gestein vermischt auftritt, namentlich mit Bündnerschiefer, bemerken wir die üppigste Vegetation, die schon Theobald aufgefallen ist.

Am Südostabhange des Weißhorns und des Brüggerhorns liegen die lieblichen Gelände von Aroia und Maran. Letzteres liegt nach Theobald auf einer Erhebungswelle des Gneiszuges, der aus der Langwieser Alp Tschuggen herstreicht. Die Decke bilden Kalk und darunterliegender bunter Schiefer. Zwischen Maran und Arosa springt der gewaltige Bergrücken Tschuggen mächtig ins Thal vor. Er besteht der Hauptmasse nach aus Gneis, dem Kalk aufgelagert ist. Unter dem Gneis treten mächtige Serpentinmassen hervor, die oberhalb der Pension Brunold gegenwärtig als Straßenkies verwendet werden. Durch die neue Straße ist der Fels am Fuße des Tschuggen vielfach bloßgelegt worden, und es ist geradezu überraschend, wie mannigfaltig hier die Schichten wechseln. Dr. Tarnuzzer zählt in der 3. Ausgabe von Theobalds Naturbildern aus den Rätischen Alpen von unten nach oben folgende auf: Hornblende-artiger Bündnerschiefer, grauer Bündnerschiefer, Serpentin und grüner Schiefer, grünlicher und gneisartiger und wieder grauer Schiefer, dann Haufwerke von Serpentin und oben größere Serpentinhalden. Eine Eigentümlichkeit von Arosa bilden die dioritischen Gesteinsmassen, die wir beim Hörnli kennen und die weiter unten, oberhalb des Schwellisees und beim sog. Einfang, wieder auftreten. Der Variolit des Hörnli giebt geschliffen und poliert wahre Schaustücke als Briefbeschwerer u. dergl. Sodann bemerken wir am Weg nach dem Schwellisee, hinterm „ Einfang, also hinter den obersten Wiesen, ein gewaltiges Trümmerfeld von mächtigen Gneisblöcken. Sie scheinen von einem Bergsturze herzurühren, der sich einst vielleicht vom Plattenhorn abgelöst hat. Jetzt stehen sie ganz rätselhaft in ihrer Isoliertheit da. Überhaupt bieten die Gebirgsformationen der ganzen Gegend so viele rätselhafte Bildungen dar, daß das Studium derselben für einen Geologen vom Fache eine schöne und dankbare Aufgabe bieten müßte.

Zur Erhöhung des landschaftlichen Reizes von Arosa tragen die beiden Churer Alpseen das meiste bei. Dieselben scheinen durch Vorlagerung von Moränenschutt entstanden zu sein, insbesondere beim Untern See ist diese Umlagerung heute noch deutlich sichtbar. Überhaupt scheinen die Gletscher einen bedeutenden Anteil an der Oberflächengestaltung zu haben.

Bevor ich auf die Seenbildung näher eingehe, muß ich noch der Bergzüge gedenken, welche Arosa im Süden und Osten begrenzen. Vom Parpaner Weißhorn aus zweigt der Tschirpen als mächtiger Bergrücken gegen den Älplisee ab. Seine Hauptmasse ist wie die des Weißhorns Dolomit, der sich beim Älplisee als Riegel übers Thal legt. Die Höhe des Tschirpen deckt in dicker Lage ein brauner Kalkschiefer, der auffallend gegen die weißen Dolomitfelsen absticht. Es ist schwarzer Plattenkalk. Vom Aroser Rothorn aus zweigt in nordöstlicher Richtung die Erzhornkette ab, deren höchster Gipfel, das Erzhorn, nur etwa 60 m niedriger ist als das benachbarte Rothorn. Der ganze Bergzug mit seinen schroffen Felswänden und den zerrissenen und zerklüfteten Spitzen besteht aus Hauptdolomit. Der Fuß ist nach der geologischen Karte Arlberger-kalk. Die Kette läuft mit dem Schafrücken aus, der sich gegen die Isel absenkt.

Es erübrigt mir noch, der Strelakette einige Worte zu widmen, soweit sie das Aroser Gebiet begrenzt. Ich gehe ebenfalls vom Rothorn aus. Da zieht sich, das Welschtobel umschließend, anfangs in südlicher, dann in südöstlicher Richtung bis zum Strela eine Reihe kahler Dolomitfelsen in langer Kette hin, die auf kurze Strecke sich verdoppelt hat. In der südöstlichen Gruppe liegen Sandhubel, Val Bella-Horn und Amselfluh, in der nordwestlichen Leid-Fluh und Schießhorn. Dazwischen ist der Alteiner Tiefenberg. Vom Furkapaß an ist die Kette wieder einfach. Während die Gipfel und Hauptmassen der Berge aus Hauptdolomit bestehen, gewinnen in den tiefern Lagen Verrucanokonglomerate eine bedeutende Ausdehnung. Wir finden sie schon im Hintergrunde des Welschtobels und besonders beim Sandhubel mächtig entwickelt. Nach der geologischen Karte besteht die Spitze desselben aus Porphyr, der sich auch am Kummerhubel hinter der Thiejerfluh findet, während die Verrucanokonglomerate eine bedeutende Ausdehnung gewinnen in den Alpen von Alveneu und Wiesen und besonders südlich vom Kummerhubel gegen Frauenkirch abwärts. Die Lagerungsverhältnisse dieser Partien sind äußerst interessante, und jedenfalls ist das letzte Urteil über die Natur dieses Gesteins, ob Sediment- oder Eruptivgestein, noch nicht gesprochen. Als Aussichtspunkte in dieser Kette verdienen hervorgehoben zu werden der Sandhubel, das Schießhorn und die Thiejerfluh. Der Sandhubel gewährt einen guten Überblick über das Albulathal und die gegenüberliegende Albulakette. Auch die Berninagruppe präsentiert sich da schön. Von Arosa aus kann er in etwa 4 Stunden leicht erstiegen werden. Vom Schießhorn aus gewinnt man den schönsten Überblick über Arosa und Maran, die ausgebreitet vor uns liegen. Auch der Einblick ins Welschtobel, in dieses wilde, öde und unfruchtbarste aller Thäler, ist sehr schön. Schwerer zu ersteigen ist die Thiejerfluh ( 2785 mindes ist der Gipfel mit einiger Vorsicht von Südosten her ohne Gefahr zu erreichen. Immerhin empfiehlt es sich, einen Führer mitzunehmen. Auf dem Ostgrate tritt eine Schichte Rauchwacke in sehr schöner Bildung zu Tage. Die Aussicht, die man auf der Spitze genießt, ist prächtig, wenn auch derjenigen vom Ar.oser Rothorn nicht ebenbürtig. Wunderbar ist der Ausblick auf die Berninagruppe und die Riesen der Albulakette. Wer das Bild einmal geschaut, dem muß es sich unauslöschlich in die Seele einprägen. Gegen Nordwesten liegen das ganze Schanfiggerthal, die Hochwangkette und der Rhätikon vor unsern Blicken. Wer schwindelfrei ist, kann über die 500 m hohe Felswand nahezu senkrecht in die Tiefe hinabsehen. Am Fuß breiten sich die Weiden der Alpen Tschuggen und Thiejen aus. Die Herden weidender Kühe und Rinder erscheinen uns so klein, wie die Bewohner eines Hühnerhofes. Im Frühjahr donnern die Lawinen durch die Felsenkamine hinunter, und bewundernd schaut der Mensch diesem großartigen Wirken der Natur zu. Ebenso überwältigend wirkt der Anblick der ungeheuren Sturzbäche, die bei großen Schlaggewittern über die Felsen herniederstürzen und in den großen Schutthalden am Fuße der Felsen beinahe spurlos versinken. Die Eindrücke dieser Naturphänomene, die ich als Knabe dort empfangen, stehen heute noch in lebendigster Erinnerung vor meinen Augen. Natürlich können Lawinenstürze auch an den andern Kalkbergen der dortigen Gegend beobachtet werden, wie z.B. am Schießhorn; wohl nirgends jedoch treten sie in dieser Großartigkeit auf, wie an der Thiejerfluh.

Das Rothorngebirge stand in alter Zeit im Rufe großen Metall-reichtums. Professor Brügger nennt es auch das rätische Erzgebirge. In der That muß im 16. Jahrhundert der Bergbau schwunghaft betrieben worden sein. In einem Verzeichnisse, das ich einer interessanten Arbeit von Prof. Dr. Brügger entnommen habe, über den Bergbau in den Zehn Gerichten ( erschienen im 11. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft ), werden in Arosa selbst vier Gruben aufgezählt: zumHubel: „ St. Josu; inn Alpen vorem innderen sehe ( See ): d' wysen Gruoben: „ St. Maria ", „ St. Magdalena "; inn Erzhorn: „ Zum heiligen Geist ". Im Welschtobel werden drei Gruben genannt: zu oberst: „ Zu unsern Frauwenmitter: „ St. Lucas "; underst: „ St. Michel ". Nach den Schriftstellern wurde Silber gewonnen, nach der Sage Gold, sagt sehr gut ein Geschichtsschreiber. In den genannten Gruben wurde wahrscheinlich Kupfer und Blei ausgebeutet. Der Chronist Sererhard glaubt, daß das Erz beim Hörnli hinüber nach der Schmelze geführt worden sei. Heute findet man Spuren von Malachit, Kupferlasur, Fahlerz, Eisen- und Bleierzen. Die geologische Karte verzeichnet in der Alp Ramoz zuhinterst im Welschtobel Silber und Blei, am Rothorn Schwefelkies und Kupfer. Von den Gruben in Arosa ist heute sozusagen keine Spur mehr vorhanden. Es scheint alles verfallen zu sein. Einzig am Hubelkopf ( Piz Erica ), hart an der Poststraße, bemerkt man noch eine kleine Höhlung. Heute wird in Arosa mit wechselndem Erfolge auf eine andere Art Gold gesucht. ( Vgl. Wanderbild Arosa, pag. 29. ) Es ist hier der Ort, auch noch kurz die Seenbildungen zu erwähnen, an denen Arosa reich ist. Auf der topographischen Karte sind einzig auf dem Gebiet der Gemeinde Arosa nicht weniger als 15 größere oder kleinere Seen oder Tümpel verzeichnet.

Im Hintergrunde von Gredigs Älpli liegt in der Höhe von 2400 m ein kleiner See, der jedoch den größten Teil des Jahres mit Lawinenschnee bedeckt ist und gewöhnlich erst im August oder auch gar nicht schneefrei wird. Am Ausgange des Schafälpli finden wir den Älplisee, dessen südliches Ufer von den Geröllhalden des Älpliseehorns gebildet wird. Im Sommer, bei starkem Zufluß, erreicht er eine ziemlich beträchtliche Ausdehnung. Er ist dann größer als der Untere See in der Seegrube. Im Herbst dagegen sinkt sein Wasserspiegel, und es ist mir jüngst versichert worden, daß er manchmal vollständig austrockne. Darum ist natürlich auch alles tierische Leben ausgestorben. Die Umgebung ist wild romantisch und macht einen tiefen Eindruck auf denjenigen, der zum erstenmal die Thalschwelle vor dem See überschreitet. Auf der Höhe am nördlichen Ufer erzielt man durch lautes Eufen oder Jauchzen ein vielfaches Echo, das uns aus den gegenüberliegenden Felswänden entgegenhallt. Bedeutend tiefer gelegen ( 1919 m ü. M. ), ebenfalls von der Plessur durchflössen, liegt der Schwellisee. Derselbe zeichnet sich aus durch seine wundervolle blaue Farbe. Er ist rings umgeben von der saftigen Alpweide. Ein malerischer Anblick bietet sich uns dar, wenn im Hochsommer um die Mittagszeit die Kühe am Ufer Kühlung suchen. Beim Einfluß ist der See ziemlich seicht, und da stehen dann die Kühe, oft 40—50 an der Zahl, im Wasser und halten Mittagsrast. Man hat merkwürdigerweise nie beobachtet, daß dies etwa nachteilige Folgen für die Gesundheit der Tiere hätte, obwohl sie stundenlang im kalten Wasser stehen. Vor 5 Jahren sind junge Forellen eingesetzt worden, die zu gedeihen scheinen. Noch ist die Zahl eine beschränkte, doch hat man bemerkt, daß sie Laich abgesetzt haben. An Nahrung wird es ihnen nicht mangeln; man bemerkt am Rande kleine Krustentierchen in Menge. Es wird sich nun zeigen, ob der Versuch gelingen wird. Vor etwa 40 Jahren habe man ältere Forellen eingesetzt, die jedoch ausgestorben oder ausgewandert sein müssen.

In den beiden Churer Alpseen werden jetzt alljährlich 15,000 junge Forellen eingesetzt und zwar Seeforellen, Regenbogenforellen und Bachforellen. Man unterscheidet beim Fange leicht außer diesen eingesetzten Neubürgern die Urbevölkerung. Seit 1885 wird hier rationelle Fischzucht betrieben. Neben der Forelle beherbergen die beiden Seen auch die kleinen Bammeli oder Elritzen in Masse. Daneben zählt Dr. Othmar Emil Imhof in seinen „ Studien über die Fauna hochalpiner Seen " fünf verschiedene Species niederer Tiere auf. ( Vgl. Wanderbild Arosa, pag. 32. ) Im Hubelseeli beim Waldhause haben die Besitzer desselben Forellen eingesetzt, die vortrefflich gedeihen. Alle übrigen Seelein und Wassertümpel, wie der Grünsee in der Maienfelder Furkaalp, der Schwarzsee im Walde unter Maran, der sogenannte Wasserbodensee unterhalb des Hörnli, beherbergen keinerlei Fische.

Im Anschluß an die Fauna der Seen möge diejenige der Wälder und Berge folgen. Vor dem Jahre 1887, d.h. vor Aufhebung des Freiberges, waren es die Gemsen, welche dem Wildstande das Gepräge aufdrückten. Von Arosa aus konnte man am späten Nachmittage mit dem Fernrohre ganz regelmäßig Rudel von 30 bis 40 Stück beobachten, welche in den Geröllhalden des Schieß- und Furkahorns ihr Wesen trieben. Bald sah man sie auf den langen Rasenflächen grasen, bald in raschen Sprüngen dahineilen oder ihre friedlichen Kämpfe ausfechten. Jetzt ist die Zahl der edlen Grattiere bedeutend zusammengeschmolzen, doch trifft man in den abgelegensten Revieren noch ziemlich häufig ein- zelne Tiere oder auch kleinere Rudel an. Der Bär, der in frühern Jahren nicht selten sich bemerklich machte und insbesondere der Schafherde im Älpli etwa einen Besuch abstattete, ist jetzt aus der Gegend völlig verschwunden. Dagegen hat sich das Reh, wie es scheint, zahlreich angesiedelt in den Wäldern der Furkaalp und auf Prätsch. Auch eine Kolonie des Edelhirsches hat in den Wäldern der Furka ihre Heimat gefunden, während vor 20 Jahren beide Tiergattungen vollständig fehlten. Als ein Charaktertier unserer Hochalpen kann noch das Murmeltier genannt werden. Vor einigen Jahren hat sich eine Murmeltierfamilie in einem etwas abseits stehenden verlassenen alten Häuschen angesiedelt. Im Sommer mußte sie vom Civilisationsversuche abstehen und wieder zurückkehren in ihr Heimatgebiet, die Bergweide. Da findet man häufig die bekannten Spuren, insbesondere unterm Weißhorn, beim Hörnli und im Schafälpli. Ich habe Murmeltierlöcher in der Höhe von nahe an 2700 m gefunden, im sogenannten Toten Älpli zwischen Parpaner Rothorn und Älplihorn. Das gemeine Wild an Füchsen, Hasen, Hermelin, Marder fehlt der Gegend natürlich nicht. Daneben hat sich auch der Fischotter als Räuber unterm Volke der Forellen eingebürgert. In den Legföhren und im Walde verbergen sich Auerhühner, Birk- und Haselhühner. Auf dem Weißhorn, im Schafälpli, auf Altein und in Urden begegnen wir oft dem Schneehuhn; auch Steinadler, Falken und Uhu sind nicht selten. Von andern Vögeln trifft man häufig Steindohle, Flühlerche, Schnee- und Citronenfinken, weiter unten die Ringdrossel, im Walde Kreuzschnäbel und verschiedene Spechtarten. Selten finden sich ein das Wasserhuhn, der Alpenmauerläufer und die Blauamsel; hingegen zeigen sich der Wiedehopf und der prächtig gefärbte Eisvogel ziemlich häufig. Die Bergwiesen sind reich an bunten, zum Teil seltenen Schmetterlingen, Käfern und andern Insekten. ( Vgl. Wanderbild Arosa, pag. 31/32. ) Die Mannigfaltigkeit der geologischen Verhältnisse läßt auch auf eine entsprechende Reichhaltigkeit der Flora schließen. In der That wird man selten eine Gegend finden, in der so viele, zum Teil seltene Pflanzenspecies auf so kleinem Raum sich zusammengedrängt finden.

Der Graswuchs in den Wiesen ist äußerst üppig. Bei mäßiger Düngung wird doch ein großer Heuertrag erzielt, weil der Boden eben durchschnittlich sehr fruchtbar ist. Freilich können die Wiesen in den meisten Lagen nur einmal gemäht werden. Die sonnigen Halden jedoch gestatten bis gegen 1850 m Meereshöhe noch einen zweiten Schnitt. Im Frühling nach der Schneeschmelze prangen die Wiesen im weißen Schmucke der Crocus vernus, die vom Volksmunde „ Futterreifen " genannt werden. Nicht selten sieht man, wie diese ersten Frühlingsblumen der Bergwiesen ihre weißen und lilafarbigen Köpfchen am Rande der abschmelzenden Schneeflecken durch den Schnee selber hervorstrecken, als ob sie Eile hätten, ihre Aufgabe in der Natur zu erfüllen und den Frühling zu verkünden.

In den sonnigen Rainen blüht die herrliche Anemone sulfurea, deren Früchte bekanntlich lang geschwänzt sind, weshalb wohl die Pflanze den Namen Bocksbart erhalten hat. Einige Wochen später prangen die fetten Wiesen wieder im schönsten Weiß. Es ist Ranunculus aconitifolius, im Volksmund „ Böndlä " genannt, die jetzt in voller Blüte steht und im Wiesenteppich dominiert. Die Pflanze gilt darum als eine schlechte Futterpflanze, weil sie schwer zu dörren ist. Die Blätter verdorren zu Staub, ehe der überaus saftreiche Stengel trocken ist. Im übrigen gilt sie bei den Bauern als sehr milchreich. Während die Hahnenfußarten des Thales als scharf bekannt sind, zeigt die „ Böndlä " absolut keine giftigen Eigenschaften. Man kann die Stengel im Munde kauen, ohne im mindesten ein unangenehmes Gefühl zu verspüren. Die Heuernte beginnt in der zweiten Hälfte Juli und dauert selten bis in den September hinein. Die Qualität des Heues ist im ganzen gut, nur wenige Wiesen weisen Riedgras auf. In jüngster Zeit sind einzelne mit Erfolg drainiert worden. Eines fehlt Arosa sozusagen vollständig, was den Nachbargemeinden bei Bewirtschaftung der „ Güter " im Thale zum großen Vorteil gereicht, nämlich das sogenannte Wildheu. Während in Langwies jeder Bauer seinen „ Aufzug " hat, wie das Wildheu in Beziehung zum Thalheu genannt wird, kennt man in Arosa nichts derartiges. In den letzten Jahren seit der Entwicklung der Fremdenindustrie ist allerdings viel Heu auswärts gekauft und eingeführt worden. Dadurch wurde viel Dünger gewonnen, und manche Wiesen geben jetzt beinahe den doppelten Heuertrag von früher.

Die Flora der eigentlichen Alpweiden ist nicht sehr reich an Arten, doch bietet sie einige Seltenheiten. Unternehmen wir einige Streiftouren in den Wald und in die Alpen hinein. Am schwarzen Seeli blüht im Juli die insektenfressende Drosera rotundifolia ( Sonnentau ). Im Wald zwischen Arosa und Maran findet man nicht selten die Alpenrebe, Atragene alpina L., eine herrliche Schlingpflanze unserer Bergwälder, deren violette Blüten zwischen dem dunkeln Grün der Tannenzweige hervorlugen. Gegen das Welschtobel hin im Walde pflückt man gerne das ein-blütige Wintergrün, Pirola uniflora; im Welschtobel selber finden wir den Frauenschuh, Cypripedium Calceolus. Es ist dies eine äußerst hohe Lage und kaum an irgend einem andern Orte mag diese Pflanze der Voralpen höher gehen. Auch unser Leberblümchen und Erica carnea, die in Ohur im Februar und März blühen, findet man noch im Aroser Walde; sie treiben dort ihre Blüten aber erst im Juni. Gegen den Herbst hin blüht an einzelnen Stellen massenhaft die gemeine Heide, Calluna vulgaris, die nächste Verwandte unserer Erica. Verlassen wir die Wälder, um die höhern Regionen zu besuchen. Auf den Serpentinrücken oberhalb Prätsch und am Wege finden wir im Juni und Juli die prächtige Viola calcarata. Merkwürdigerweise sind hier die gelben und weißen Varietäten die Regel, während man selten ein blaues Exemplar findet, und doch ist blau die Farbe der Species. Äußerst reich an Arten ist der Tschuggen, namentlich die hügelige Höhe und der Südostabhang. Es finden sich hier auffallend viele Albinos. Sogar Daphne striata ist hier schon weißblühend gesammelt worden. Am Brüggerhorn findet man die äußerst seltene Gletschernelke, Dianthus glacialis, am Weißhorn Ranunculus pyrenseus, ein weißer Hahnenfuß mit lineal-lanzettförmigen Blättern. Etwas höher oben in den Gneis- und Quarzfelsen des Krähentschuggen gedeiht das heilkräftige Ivakraut, Achillea moschata. Dieses bietet uns hier ein äußerst interessantes Beispiel, wie einzelne Pflanzen an bestimmte Felsarten gebunden sind. Da blüht die genannte Pflanze sehr üppig, jedoch nur so weit das Urgestein reicht. Sobald der Kalkfels auftritt, findet man kein einziges Exemplar. Auf dem Gipfel sammelt man Gentiana tenella. Gegen Carmenna hin folgt das Krainische Kreuzkraut, Senecio carniolicus, und auf der Carmenna-Paßhöhe finden wir Draba aizoides, gelb blühend, und Draba tomentosa, weiß. Unterhalb des Passes, auf der Seite gegen Tschiertschen, blüht im Juli die prächtige Alpenaklei, Aquilegia alpina und noch tiefer Tozzia alpina. Auf dieser Seite des Berges gedeiht auch die wundervolle Campanula thyrsoidea oder straußblütige Glockenblume. Die Alpenaklei habe ich auch schon im Aroser Schafälpli gefunden, dagegen die genannte Glockenblume und die schattenliebende Tozzia kommen auf Aroser Gebiet meines Wissens nicht vor. Nur ein einziges Mal in Arosa gesammelt habe ich auch den prächtigen Alpenklee, Trifolium alpinum, der in der benachbarten Lenzer Alp häufig ist, in Arosa aber selten gefunden wird. Er hält sich, wie mir scheint, besonders an das Urgestein. Eine sehr schöne Flora finden wir im Aroser Schafälpli. In den Kalkfelsen des Tschirpen blüht Potentilla caulescens, ein weißblühendes Fingerkraut. Auf dem braunen Kalkschiefer des Tschirpen finden wir die seltene Campanula Cenisia, die eigentlich den West- und Centralalpen angehört. Sie scheint im ganzen Gebiet des Rothorns heimisch zu sein, jedoch nur wo diese braunen Kalkschichten zum Vorschein kommen. Am Parpaner Rothorn kommt Potentilla frigida vor. Gegen das Schafälpli hin habe ich die Primula glutinosa einst gepflückt. Sie wurde früher schon von Richter Loretz in Chur hier beobachtet. Ich konnte sie seither jedoch nie mehr finden. Dieselbe gehört ganz den Ostalpen an und hat hier sehr wahrscheinlich den äußersten Vorposten ihrer westlichen Verbreitung aufgestellt. Am Älplihorn findet man die duftende Edelraute, Artemisia muttellina, den helvetischen Mannsschild, Androsace helvetica, die Primula viscosa, die Saussurea alpina und discolor und die seltene Adenostyles hybrida. Auf dem sandigen Gipfel des Aroser Rothorns zeigt sich häufig der Gletschermannsschild, Androsace glacialis, und der Gletscherhahnenfuß, der übrigens durchs Geröll hinabsteigt bis fast in die Thalsohle des Schafälpli. Er ist nach Prof. Schröter die am höchsten ansteigende Blütenpflanze der Schweizeralpen. Man hat den Gletscherhahnenfuß noch in 4270 m Meereshöhe gefunden. Am Rothorn pflückt man auch häufig die prachtvolle Gentiana bavarica var. imbricata. Im Geröll blühen der prächtige violette Steinbrech, Saxifraga oppositifolia, und der Alpenhahnenfuß massenhaft. In den Kalkfelsen des Welschtobeis ist auch der seltene Ranunculus parnassifolius gefunden worden. Und auf dem Schafrücken kommt Aster alpinus in weißer Varietät vor. Dort blüht auch die den Ostalpen angehörende Senecio abrotanifolius oder das stabwurzblättrige Kreuzkraut. In den Geröllhalden der Dolomitfelsen pflückt man nicht selten den Zwergbaldrian, auch eine reine Ostalpenpflanze. Sodann seien noch genannt das breitblättrige Hornkraut, Cerastium latifolium, das in den Geröllhalden der Kalkfelsen sein kümmerliches Dasein fristet. Die Primula auricula wird in Arosa „ Tschuggemeii " genannt und kommt natürlich sehr häufig vor. Ebenso gemein ist das Edelweiß, das sich auf den meisten sonnigen Bergrücken der höhern Lagen findet. Es wären noch viele der herrlichen Alpenpflanzen zu nennen, doch mag die kleine Zahl genügen.

Trotzdem Arosa ausgedehnte Waldungen besitzt, genügen dieselben heute den Bedürfnissen bei weitem nicht. Die Niedergelassenen erhalten seit zwei Jahren kein Losholz mehr. Bauholz wird zumeist aus den Alpwaldungen von Chur und Maienfeld bezogen, auch von Langwies herauf, sogar von Peist her ist schon Holz eingeführt worden. Den Hauptbestandteil der Wälder repräsentiert die Fichte. Die schönsten Bestände finden sich in der Maienfelder Furka, im Aroser Hintern Wald und hinter dem Rutland. Für die Verjüngung und Aufforstung hat die Stadt Chur schon seit Jahren bedeutende Anstrengungen gemacht, jedoch mit geringem Erfolg. Es liegt nun im Plane der Churer Stadtverwaltung, das Waldgebiet vom Weidgange abzuschließen, wodurch erst eine rationelle Forstwirtschaft möglich wird. Es darf hier hervorgehoben werden, daß die obere Waldgrenze in Arosa sorgfältig geschützt wird. Seit mehr denn 20 Jahren ist es waldpolizeilich verboten, nur einen grünen Ast aus dieser Gegend zu nutzen. Gegenwärtig geht der Wald noch in ziemlich geschlossenem Bestände bis 1900™, einzelne Vorposten mögen noch um 100 m höher steigen. Eine äußerst interessante Erscheinung bildet der sogenannte Arelenwald oberhalb Maran, dessen obere Grenze 2100 m übersteigt. Es ist ein ziemlich geschlossener Bestand von Legföhren, die aber vielfach zu geraden Stämmchen in die Höhe wachsen. Leider ist derselbe, wie es scheint, ziemlich stark dezimiert worden durch einen Schlag „ Deuchel " für die Maraner Wasserleitung.

Die Lärche ist in Arosa nicht stark verbreitet und kommt nur in gemischten Beständen vor. Auf den Nordabhängen des Furkahorns und des Schafrückens steigt sie wohl bis 2000 m Meereshöhe. Im Welsch- tobel erreicht die Legföhre noch 200 m mehr. Auch die Birke ist im Welschtobel stark verbreitet und bot in frühern Jahren ein sehr geschätztes Nutzholz für Heuschlitten, deren namentlich in Langwies viele gebraucht werden.

Die Arve kommt jetzt nur noch einzeln und nirgends in geschlossenen Beständen vor. Auf der Ochsenalp, am Schafrücken, an den Abhängen des Furka- und des'Schießhorns findet man einzelne Exemplare ziemlich häufig. Vor dem Schafälpli, in der Höhe von 2100 m, steht eine Stunde oberhalb des Waldes ein einzelner kräftiger Baum als Zeuge längst ver-schwundner Pracht. Ohne Zweifel ist in frühern Jahrhunderten der geschlossene Arvenwald bis in diese Höhe heraufgestiegen. Er mußte im Laufe der Jahre dem Weideboden Platz machen. Heute findet man im Schwellisee ( 1919 m ) eine große Zahl Arvenstämme von verschiedenen Dimensionen. Herr T. H. hat einige solcher Stämme herausgefischt, sie zu Brettern schneiden lassen und im Kurhause ein Zimmer damit getäfelt. Das Holz ist infolge des langen Liegens im Wasser stark gebleicht und darum nicht so schön, wie Arvengetäfel von frischem Holz. Dagegen ist es immerhin ein Unikum eines Zimmergetäfels.

Zu den Koniferen zählend, mag noch ein Juniperus erwähnt werden, der im Schafälpli als niedriger Strauch gegen 2300 m Meereshöhe sich findet.

Am Schlüsse meiner kleinen Arbeit sei es mir noch gestattet, auf die klimatischen Verhältnisse von Arosa in aller Kürze einzutreten. Seit 1890 ist Arosa eidgenössische meteorologische Station. Dr. Janssen führt die Beobachtungen aus. Für Berechnung von maßgebenden Durchschnittswerten ist der Zeitraum der Beobachtung zu kurz. Zur Vergleichung mit den Nachbarstationen Churwalden und Davos hingegen bieten sie ein hinreichendes Material. Dr. Janssen charakterisiert das Aroser Klima in folgender Weise: ( Vergl. Wanderbild Arosa, IV, pag. 25—27. ) „ Entsprechend der hohen Lage von Arosa, im Durchschnitte etwa 1800 m über Meer, ist der Luftdruck bedeutend vermindert und beträgt ungefähr */s des in der Ebene herrschenden Druckes. Die Zunahme der Höhe bedingt eine Abnahme der Temperatur; hierbei ist aber der Einfluß lokaler Verhältnisse so erheblich, daß die Lage Arosas in klimatologischer Hinsicht als außerordentlich günstig bezeichnet werden kann. Dieser Umstand zeigt sich hauptsächlich im Winter; denn dank seiner Lage an einem Abhänge ist bei heiterm Wetter die Temperatur bedeutend höher als in manchen tiefer gelegenen Kurorten. Die Beobachtungen zeigen nämlich, daß die mittleren Temperaturen während der Wintermonate mehr als 2 ° C. höher sein können als im benachbarten Davos ( Höhe 1560 m ). Der Unterschied zwischen den Temperaturminima kann sogar mehr als 5 ° C. betragen. " Dr. Janssen berechnet die mittlere Temperatur von 3 Jahren für den Winter auf —5,3 °, Frühling 1,6, Sommer 10,3 und Herbst 4,o °C. „ Obwohl die Temperaturen ziemlich niedrig sind, werden sie im Hochgebirge mit Leichtigkeit ertragen, da infolge der geringen Feuchtigkeit der Luft, hauptsächlich im Winter, das Kältegefühl bedeutend herabgesetzt ist. Die relative Feuchtigkeit ( Jahresmittel etwa 65ist im ganzen sehr klein und im Winter geringer als im Sommer; der jährliche Gang zeigt demnach das umgekehrte Verhältnis von dem in den Niederungen. " Zur Illustration des Gesagten lasse ich einige vergleichende Zahlen folgen:

Churwaldeiï Davos Arosa 1256 m ü. M.

1561 - ü. M.

1860 m Ü. M.

Jahresmittel.

1891 3,7 1,8 1,9 n 1892 4,5 2,5 2,7 Frühling..

1891 2,6

0,i 1892 3,i 1,0 0,6 Sommer..

1891 11,4 10,3 9,4 n 1892 12,7 11,3 10,9 Herbst..

1891 5,8 3,9 4,3 n 1892 5,9 4,0 Winter..

1891 - 4,9 — 8,3 — 6,0 n 1892 — 3,66,3 - 5,i Minima..

1891 —23,7 —29,8 —25,7 V 1892 —17,6 -24,7 — 19,3 Maxima..

1891 26,8 26,8 22,7 n 1892 27,9 27,8 25,0 Soweit die allerdings sehr kurze Beobachtungsreihe Schlüsse ziehen läßt, ist aus dieser Zusammenstellung ersichtlich, daß Frühling und Sommer in Davos bedeutend wärmer sind als in Arosa, dagegen zeigen hier Herbst und Winter eine mildere Temperatur. Der Winter 1891 ist in Arosa um 2,3 ° weniger kalt. Auffallend ist die Thatsache, daß die täglichen Schwankungen in Arosa bedeutend geringer sind als in Davos. Das Mittel der täglichen Schwankungen im Januar 1891 beträgt in Davos 9,7, in Churwalden 4,i und in Arosa 4,6; im Jahresdurchschnitt: Davos 8,6, Churwalden 4,8 und Arosa nur 4,6. Diese Gleichmäßigkeit der Temperaturen in Arosa hat ihre Ursache ohne Zweifel in dem gänzlichen Fehlen größerer Gletscher in der Nähe und der außerordentlich geschützten Lage des Ortes. Arosa liegt in einem nach Norden und Westen durch hohe Bergzüge abgeschlossenen Thalkessel. Die meteorologische Station ist in der Villa Janssen, also nahe an der Waldgrenze, eingerichtet. Ich bin überzeugt, daß die tiefer gelegenen Partien, namentlich die Gegend beim Untern See, noch günstigere, d.h. mildere Temperaturen aufweisen würden.

Ganz bedeutend sind in Arosa die jährlichen Niederschlagsmengen. Im Jahre 1891 sind da 1404 mm verzeichnet, während Churwalden 1247, Davos 1010 und Chur 1015 mm aufweist. Im Jahre 1892 hat Arosa 1251, Churwalden 1141, Davos 875, Chur 694 mm. Es hängt dies wohl mit der absoluten Höhe über Meer und der Nähe der höchsten Erhebungen des Plessurgebirges zusammen. Die aufsteigende warme Luft des Thales kühlt sich rasch ab, die vorhandene Wasserdampfmenge verdichtet sich und fällt als Regen nieder. Die Rothorngruppe bildet auf der Regenkarte der Schweiz ein eigentliches Regencentrum für ein großes Gebiet. Freilich sind auch hier die Niederschlagsmengen noch bei weitem nicht so bedeutend wie am Julier und St. Bernhardin. Auf den Einfluß der geschilderten meteorologischen Verhältnisse in Arosa auf die Vegetation u. s. w. will ich hier nicht weiter eingehen.

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