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Oberalpstock im Frühling

Hinweis: Questo articolo è disponibile in un'unica lingua. In passato, gli annuari non venivano tradotti.

VON WOLFGANG SCHWAB

In vielen Kehren windet sich die weiss schimmernde Strasse von Amsteg ins Maderanertal hinauf. Überall jauchzt der Frühling. In saftgrünen Wiesen leuchten lange Streifen gelber Blumen. Bäume voll weisser Blüten stehen unter tiefblauem Himmel, und berauschend zarter Duft durchwebt die Landschaft. Noch lastet über der Strasse der Leib einer mächtigen Lawine, die nur langsam zerfällt. Über dunkelgrünem Bergwald ob Bristen glänzt im Schneebrokat ein dreiklotziger Gipfel, der Oberalpstock.

Ins Etzlital.

In seiner obersten Mulde tauchen die Dächer der Alphütten von Culma aus dem Schnee; hier legen wir die Ski an. Am Abend strahlt uns aus schlichter Holzhütte Licht entgegen, und bald begrüssen wir den Hüttenwart der Etzlihütte.

Frühmorgens 3 Uhr.

Schwer weicht die Nacht der Dämmerung. Eine Stunde später steigen wir ostwärts durch das gemuldete Tal und stehen um 5 Uhr auf dem Krüzlipass. Hier schauen wir den Oberalpstock wieder. Jetzt, im nachtdämmernden Tag, wuchtet er dunkel und fast abweisend auf. Die Ski über dem Rucksack, steigen wir ins schmale Val Strim hinab. Schüchternes Licht tastet sich in die fahle Dämmerung. Jetzt bricht ein Heer von Strahlen herein, und goldbraun leuchtet nun der Oberalpstock. Rasch queren wir die Talsohle des Val Strim, kanten jenseits den Harschhang hinauf. Allmählich legt er sich zurück, und zum Schluss zieht sich unsere Spur zu einem Felshocker, der in einer Scharte am Südgrat Wache hält. Hier schauen wir plötzlich die weite und weisse Pracht des Brunnigletschers, der sich an den Gipfelbau des Oberalpstocks schmiegt. Um 10 Uhr stehen wir am Gipfel ( 3300 m ).

Im Osten dominiert das mächtige Massiv des Tödi; ringsum erscheinen, fast nur wie Trabanten, die Urner und Glarner Berge. Westwärts verdecken Föhnwolken die Sicht.

Wieder am Höckerfels der Scharte, beginnen wir die lange Abfahrt, auf die wir uns schon beim Aufstieg gefreut hatten. Ein Stemmchristiania folgte auf den andern, und manche Schussfahrt ward dazwischen eingestreut; im untersten Teil kommt der Telemark zu seinem Recht. Nicht satt werden wir im Abfahrtsfieber! Wieder auf dem Krüzlipass, träumen wir lange an der Sonne und fahren am Nachmittag im Hui zur Etzlihütte ab.

Es ist 4 Uhr morgens.

Ins Wicheltal ziehen wir jetzt, zum Skiberg der Etzlihütte. Prachtvolle weisse Hänge, durch Mulden verbunden, liegen übereinander und sinken unter uns zur Tiefe. Oben in der Gratlücke zwischen Piz Ner und Piz Giuf versorgen wir die Bretter und stehen bald darauf am Gipfel des Giuf ( 3098 m ). Hier ist nun die Schau gen Westen frei. Wie ein grosser Dreikant aus Zucker erscheint der Bristenstock; starr und zackig ragt der Sonnigwichel im Winterkleid. Am Grat legen wir die Ski wieder an, gleiten lautlos und rastlos zur Tiefe. Und bald liegt das ganze Erlebnis hinter uns.

Noch fahren wir bis zum Etzliboden ab, wandern dann talaus. Neben Lawinenresten sind knorrige Stämme geschichtet. In den Frühlingssonnentag klingen die Glöcklein sich tummelnder Herden.

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