Prof. Jos. Zösmair: Die Ansiedlungen der Walser in der Herrschaft Feldkirch | Club Alpino Svizzero CAS
Sostieni il CAS Dona ora

Prof. Jos. Zösmair: Die Ansiedlungen der Walser in der Herrschaft Feldkirch

Hinweis: Questo articolo è disponibile in un'unica lingua. In passato, gli annuari non venivano tradotti.

der Herrschaft Feldkirch. Pfarrer L. E. Iselin: Walliser Ortsnamen und Walliser

Urkunden. W. A. B. Coolidge: Quelques noms* de lieux dans les

vallées du Visp.

Über die Frage der mittelalterlichen Völkerverschiebungen in den Schweizeralpen und deren Grenzgebieten kann ich dem mehr als geduldigen Leser, der diese Abschnitte im Jahrbuch nicht grundsätzlich überschlägt, wiederum nur Anzeigen über neu erschienene Arbeiten auf diesem Gebiete bringen, da es immer noch niemand gewagt hat, seine Studien in einer entscheidenden Arbeit abzuschließen.

Der oben zuerst Genannte, Gymnasialprofessor in Innsbruck, giebt in einer sehr brauchbaren Arbeit ( Separatabdruck aus dem XXXII. Jahresbericht des Vorarlberger Museumsvereins ) aus Urkunden geschöpfte Nachricht über die etwa anderthalb Jahrhunderte lang dauernde Einwanderung, Niederlassung und Ausbreitung der Walser, d.h. Walliser im Vorarlberg. Der Abschnitt über Abstammung und Herkommen der Walser sucht die Gründe und den Weg nachzuweisen, warum und wie diese alamannische Bevölkerung aus dem Rhonethal durch die Graubündner Rheinthäler in die Herrschaft Feldkirch gekommen ist. Er bezeichnet die Herren von Werdenberg und Montfort als die Vermittler dieser Versetzungen, und da „ Wilhelm der Ammann und seine Gesellen ", welche Davos besiedelten, durch Walther V. von Vatz unter der Leitung Hugos II. von Werdenberg standen, so scheint mir dieser Zusammenhang klar, während derjenige zwischen den Herren von Vatz und den Grundherren des Oberwallis, namentlich den Baronen von Raron, immer noch etwas dunkel bleibt. Es werden folgende Walserkolonien aufgezählt:

1. auf Salegen bei Rankweil ( ca. 1300—1370 ); 2. im Laternserthal ( 1313 und 1362 ); 3. zu Damüls ( 1313—1326 ), die zahlreichste und interessanteste dieser Kolonien; 4. am Dünser- und Schnlifiserberg ( vor 1363 ); 5. auf Übersaxen ( ca. 1363 ); 6. in Alpach, Weschach und Schwende; 7. in Ebnit und Hohenems ( seit 1351 ); 8. im Innern Bregenzerwald.

Unter den Gründen, die für die Abstammung aus Wallis gegeben werden, sind natürlich einige schwerwiegender als andere; zu den vielleicht vom Verfasser überschätzten möchte ich manche rechnen, die von Eigennamen ausgehen, z.B. „ Matheus von Flurel mag aus Flur im Wallis stammen. " Ein Flurel müßte im Wallis zuerst nachgewiesen sein. Daß St. Nikolaus sowohl in Damüls als in Laterns Kirchenpatron war, beweist, trotz des St. Niklausthales, ebensowenig für Walliserursprung, als der St. Theodul oder Joder in Graubünden. Und der Walther ze der Tannen, Stammvater der Ansiedlung auf der Alp Ugen, kann seinen Namen ebensogut anderswoher haben, als von der „ Ortschaft Zer Tannen am Monte Rosastock ".

Besser sind jedenfalls die Gründe, die aus dem Walserrecht und den Walserfreiheiten genommen sind. Herr Prof. Zösmair verfolgt die Walser nur in der aufstrebenden Linie ihrer Laufbahn bis etwa 1450 und giebt über ihren Niedergang bis zur Aufhebung ihrer Sonderrechte durch die bairische Regierung im Jahre 1806, nur kurze Andeutungen.

Herr Pfarrer Iselin hat seine ortsetymologischen Forschungen, welche auch der Geschichte und speciell der alpinen Historie sehr zu gute kommen, im Anzeiger für Schweizergeschichte, 1894, Nr. 5 und 6 fortgesetzt und mir auch brieflich nützliche Mitteilungen gemacht. So hat er mich überzeugt, daß auch der Name des Balmhorns als „ Balenhoren " in einer Walliser Urkunde von 1366 vorkomme und daß die bei Gingins-la Sarraz vorkommende Schreibsveise Finalet für das Dörfchen Finnelen oder Findelen ein Unsinn sei, daß die Schreibweise Finilae bei Simler und Finilen bei Stumpff deutlich auf die Bedeutung Heuschober weise, wie schon Stalder richtig erklärt habe, so daß also die Zusammenstellungen mit finale und vinea nie hätten vorkommen sollen. Wenn ich ihm hierin beistimme, wie ich auch letztes Jahr seine Deutung von Morgia und andern Ortsnamen des Saasthales gerne acceptiert habe, so kann ich ihm leider bei seinen,.

neuesten Deutungen nicht überall folgen. Ich finde auch, daß er sich ein wenig zu lustig macht über die Laien, welche, gestützt auf die historisch konstatierte Anwesenheit von Sarazenen in den penninischen Alpen, an die Möglichkeit, arabische Ortsnamen in den Visperthälern zu finden, geglaubt haben, da diese bedeutenden Orientalisten glaublich erschienen. Die Hypothese war übrigens aufgegeben, bevor Herr Iselin ihr den Rest gab. Von den von ihm a. o. O. aufgestellten Erklärungen gefallen mir die über AroleitArvenwäldchen ) und Lychbretterglatte Platten ) bei Zermatt vollkommen und sie beseitigen die Volksetymologien, die darüber im Schwange sind, mit vollkommenem Recht. Weniger glücklich sind seine Deutungen von Mischabel und Allalin. Daß die Worte nicht arabisch seien, meine ich auch. Prof. Brandstetter hat für das erstere deutschen Ursprung angenommen, nämlich Mistschabel, Mistschabeisen. Ich muß sagen, die Ähnlichkeit dieses sehr prosaischen Instrumentes mit Dom und .Täschhorn ( denn nur um diese zwei Spitzen handelt es sich in dem ursprünglichen Namen der Gruppe ) scheint mir nicht größer als die verspottete mit der „ Löwin und ihren Jungen ", und auch sprachliche Bedenken könnten geltend gemacht werden. Das von Herrn Iselin aus Dr. Giordani: La Colonia tedesca di Alagna-Valsesia als Beleg zitierte „ Missobla " ist jedenfallsMischschabla " Brandstetters, und Herr Iselin hätte die, wie viele andere in dem posthumen Büchlein Giordanis schlechte Übersetzung: tridente, Dreizack, gewiß nicht acceptiert, wenn sie ihm nicht in den Kram gepaßt hätte.

Mit Recht hat ihm Mr. Coolidge vom Standpunkt des Alpenkenners hierüber den Text gelesen, von dem Gedanken ausgehend, daß man nur entweder von 2 Zacken ( den höchsten ) oder einer ganzen Reihe reden könne. Er glaubt, und ich neige mich dieser Meinung ebenfalls zu, daß das Wort Mischabel romanischen Ursprungs und noch unerklärt sei. Gegenüber der Behauptung Iselins, daß das Wort in der Litteratur vor Engelhardt ( 1840 ) nicht vorkomme, weist Coolidge nach, daß die Mischabelhörner jedenfalls auf dem Woerlschen Atlas 1834 figurieren und vielleicht schon in frühern Karten.

Ganz beseitigt hat Mr. Coolidge nach meinem Gefühl die Etymologie Iselins für Allalin. Dieser ging aus von der urkundlichen Form Ayguelina ( für das Eginenthal ), „ welche auffallend an Allalin anklingt ", nahm an, daß Allalin ursprünglich aquilina vallis oder alpis = Adlerthal oder -Alp geheißen habe, wie das Eginenthal, wo noch der Ortsname Aarennest vorkomme, während über den Allalingletscher der Adlerpaß führe. Jetzt war die Reihe zu lachen an den Verfassern „ populärer Reiselitteratur ", die wohl wußten, daß der Adlerpaß so heißt seit 1853, wo Mr. Wills und Pfarrer Imseng auf der zum erstenmal betretenen Paßhöhe eine Adlerfeder fanden. Ich will beifügen, daß mir der sprachliche Zusammenhang zwischen Ayguelina und Allalin nicht einleuchten will, was deswegen schade ist, weil ja ein Berg Eginer, wie Mr. Coolidge mit Recht bemerkt, sich in unmittelbarer Nähe des Allalingletschers befindet. Ich muß also bis auf weiteres die Meinung Herrn Iselins, daß er Allalin und Mischabel sicher erklärt habe, für „ eine täuschende Fata Morgana " halten, wie er

Feedback